Superhelden als Krankheit des Kinos? M. Night Shyamalan im Interview über Glass

17.01.2019 - 14:40 UhrVor 1 Jahr aktualisiert
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Mit Glass vereint M. Night Shyamalan die Helden und Bösewichte seiner Filme Unbreakable und Split. Wir haben den Regisseur und Drehbuchautor zum Interview getroffen und über seinen neuen Film ausgefragt.

Fast zwei Dekaden hat es gedauert, bis der von Bruce Willis verkörperte David Dunn ein zweites Mal sein Superhelden-Cape überstreifte und sich durch nächtliche Gassen bewegte, um die Menschen vor dem Bösen zu bewahren. In Glass wird der unwahrscheinliche Retter nicht nur mit seiner alten Nemesis in Form von Samuel L. Jackson konfrontiert, sondern steht ebenfalls jenem Biest gegenüber, das James McAvoy vor drei Jahren in Split zum Leben erweckte.

Orchestriert wurde dieses Aufeinandertreffen von niemand Geringerem als M. Night Shyamalan, der als Regisseur und Drehbuchautor schon die zwei vorherigen Filme in die Kinos brachte. Im November vergangenen Jahres haben wir uns mit dem Filmemacher zu einem Interview getroffen und einige Fragen zu dem lang ersehnten Crossover gestellt.

moviepilot: Hallo, wie geht es Ihnen?

M. Night Shyamalan: Hi, mir geht es gut.

Mit Glass kommt nun die Zusammenführung von Unbreakbale und Split in die Kinos. Doch war Split von Anfang an als Teil des Unbreakbale-Universums geplant? Welchen Prozess/Etnwicklungsstufen gab es?

Shyamalan: Ich wusste [bei der Produktion von Split], dass ich zuvor ein paar Szenen geschrieben hatte. Ich skizziere gerne einzelne Dinge und manchmal schreibe ich ein bisschen Dialog und ein paar Momente, um ein Gefühl dafür zu bekommen. Diese [Ideen] hatte ich schon 1999 - konkret Patricia, Dennis, Hedwig. Ich wusste damals, dass sie Figuren werden würden, diese drei. Alles andere wusste ich nicht. Und ich hatte ebenfalls keine Ahnung, was das Biest war. Es wurde immer nur von einem Biest geredet, aber [in meinen Entwürfen] kamen sie nie an den entscheidenden Punkt.

Bruce Willis und M. Night Shyamalan bei den Dreharbeiten zu Glass

Warum hat es so lange gedauert, bis das Unbreakable-Universum zurück ins Kino kam?

Shyamalan: Das liegt daran, dass ich lange Zeit versucht habe, eigenständige Filme zu drehen, bis ich mich dann kleineren, zurückgehaltenen Filmen gewidmet habe. Da habe ich plötzlich gemerkt, dass sich die Geschichte des zweiten Films, Split, in einem dieser kleinen, gruseligen Filme versteckt. Daraufhin beschloss ich, die Geschichte als Thriller mit einer Figur zu erzählen, die drei Mädchen entführt hat und mehrere Persönlichkeiten besitzt. Jetzt müssen die Mädchen die verschiedenen Persönlichkeiten manipulieren, um zu entkommen.

Es ist eine unterhaltsame Geschichte, die unaufhörlich von der Ankunft eines Biests kündet, bis dieses endlich in Erscheinung tritt. Es ist ein bisschen verrückt - wer oder was ist dieses Biest? Aber gerade dieser eigenartige Tonfall der Geschichte hat mir gefallen und ich wollte ihn mehr erforschen. Also habe ich die Entwürfe ausgearbeitet und bin zu Disney gegangen und habe gesagt: "Könnte ich ... vielleicht ... [auf Unbreakable] verweisen. Wenn sie mir keine Erlaubnis gegeben hätten, hätte ich Split nur als Thriller umgesetzt. Aber am Ende war alles perfekt.

Über die Jahre gab es viele Gerüchte bezüglich einer Unbreakable-Fortsetzung. Wenn Sie den Film früher, also Anfang der 2000er Jahre, gemacht hätten, wie hätte dieser dann ausgesehen? Steckt im Kern von Glass immer noch ein Teil dieses potentiellen Sequels?

Shyamalan: Das wäre wahrscheinlich ein deutlich aufwendigerer Film geworden, sowohl was die Größe der Geschichte als auch des Budgets angeht. Wenn ich ihn direkt danach gemacht hätte, wäre das vermutlich so passiert. Aber jetzt mache ich kleinere, straffere Filme. Ich hätte damals vermutlich keinen Thriller gedreht, der sich überraschend als Fortsetzung herausstellt. Vermutlich wäre das Biest die Hauptfigur gewesen und Bruce [Willis' Figur David Dunn] hätte herausgefunden, wer dahinter steckt. Das musste ich alles für Glass noch einmal überdenken (lacht).

Bruce Willis in Glass

Sie haben bereits Blockbuster mit Budgets in Millionenhöhe gedreht. Seit ein paar Jahren ist das nicht mehr so. Vermissen Sie es, Filme mit einem großen Budget zu machen?

Shyamalan: Die einzigen Filme, die wirklich teuer waren, waren die zwei, die ich nicht geschrieben habe. Das waren die Verfilmungen ... After Earth und Die Legende von Aang. Der Rest hatte moderate Budgets. Ich war schon immer ein zurückhaltender Filmemacher, was das angeht. Aber jetzt gehe ich einen Schritt weiter. Ich werde nicht bezahlt, solange der Film keine schwarzen Zahlen schreibt. Die Schauspieler haben alle auf ihre üblichen Gagen verzichtet. Wenn der Film erfolgreich ist, werden sie [am Gewinn] beteiligt. Es ist eine ganz andere Mentalität. Alles Geld [20 Millionen Dollar bei Glass] ist auf der Leinwand. Jetzt sind es sehr kleine Budgets.

Seit Unbreakable in die Kinos kam, haben wir eine Schwemme an Superheldenfilmen erlebt. Franchises wie das Marvel Cinematic Universe werden immer größer. Wie passt Glass in diese Landschaft an Superheldenfilmen?

Shyamalan: Da Unbreakable vor all diesen Filmen erschienen ist, gibt es in Glass eine ganze Menge an Kommentaren. Der Film kommentiert diese Entwicklung.

Können Sie dafür ein konkretes Beispiel nennen?

Shyamalan: Dafür muss man den Film schon sehen, aber es er wird definitiv kommentieren, was in den vergangenen Jahren passiert ist, mit all diesen Filmen, von denen auf einmal jeder besessen ist. Dadurch werden nicht nur Comicverfilmungen thematisiert, sondern auch die Gesellschaft, die sich nicht mehr von ihnen losreißen kann. Ich darf in Glass also jede Menge reflektieren, was sehr viel Spaß macht.

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