The Boys bei Amazon Prime Video: Was sich Marvel & DC von den Supes abgucken können

10.09.2020 - 09:00 UhrVor 3 Jahren aktualisiert
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Marvel und DC dominieren das Superhelden-Geschäft. The Boys bei Amazon Prime Video zeigt jedoch, was in dem Genre noch alles möglich wäre. Was die Blockbuster von den Supes lernen können, lest ihr hier.

Ich muss nicht sehen, wie Superman heimlich an einem Fläschchen Muttermilch nuckelt, aber die gestandenen Ikonen des Superhelden-Kinos können trotzdem einiges von der satirischen Serie The Boys bei Amazon Prime Video lernen.

Seit 20 Jahren herrscht der reale Supes-Boom in Kino und Fernsehen. Allein das Marvel Cinematic Universe besteht aus mittlerweile 23 Spielfilmen, während DC-Fans zwischen den ganzen Joker-Darstellern langsam den Überblick verlieren. Von den Serien ganz zu schweigen ...

Trotzdem wirkt das Genre seltsam eintönig, zumindest im Realfilm-Bereich. Wohl auch dadurch lässt sich der Erfolg von The Boys erklären. Marvel und DC sollten die schmerzhaft witzige Serie nicht nachmachen. Von einzelnen Elementen können die Superhelden-Giganten trotzdem lernen.

The Boys bei Amazon Prime Video: Gute Bösewichte

Die Serie nach den Comics von Garth Ennis und Darick Robertson stellt die Superhelden-Welt auf den Kopf. Der strahlende Held Homelander (Antony Starr) entpuppt sich als psychopathischer Schurke, während sich sein Erzfeind Billy Butcher (Karl Urban) zum tragischen Helden entwickelt.

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Grund ist nicht zuletzt Garth Ennis' private Abneigung gegen Superhelden. Der Ire kam mit den einschlägigen US-Comics erst spät in Berührung und fand sie lächerlich. Das spiegelt sich in seinem subversiven Blick auf die Seven wieder. Diese sind Geschöpfe eines Konzerns, unterliegen dessen PR und nutzen ihre Macht privat aus, um Gewinn daraus zu ziehen.

Aus Ennis' dekonstruierendem Ansatz gingen aber auch erstklassige Bösewichte hervor. Staffel 2 wartet mit dem unheimlichen Vought CEO Stan Edgar (Giancarlo Esposito) und der unberechenbaren Stormfront (Aya Cash) auf.

Aber auch der wahnsinnige Homelander ist natürlich wieder mit dabei. Der schüchtert durch seine Macht ein. Sein komplexer Charakter, die Hintergrundgeschichte und der schwarze Humor bleiben noch stärker in Erinnerung als die roten Laser-Augen.

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Die Comics von DC und Marvel geben zahlreiche starke Schurken her. Doch auf jeden Joker kommen im Kino drei CGI-Klötze, die sich auf einer nichtssagenden Brache mit den Helden prügeln. Auf jeden Killmonger kommt eine Hela, ein Yon-Rogg oder ein Alexander Pierce, die ihre Top-Schauspieler sichtlich unterfordern.

The Boys erinnert derweil daran, wie man Bösewichte in Superhelden-Storys aufbauen, mit den Helden verzahnen und weiter entwickeln kann. Das Serienformat hilft dabei natürlich gewaltig. Aber in Zeiten von 20 Filme großen Universen stellt das keine annehmbare Ausrede mehr dar.

The Boys vs. Marvel & DC: Das darf man nur als Erwachsener

Was The Boys natürlich am auffälligsten von den meisten US-Superheldenfilmen unterscheidet, ist die Altersfreigabe. Die Serie fällt mit ihrer Brutalität förmlich ins Haus (bzw. klatscht auf die Straße) und lässt davon auch nicht ab. Menschen platzen, Köpfe werden durchlasert und sogar Delfine müssen dran glauben.

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Damit erinnert The Boys auch an Deadpool. Der damalige Fox-Film war eine brutale Ausnahme im Superhelden-Einerlei und findet mittlerweile immerhin ein paar Nachahmer. Sowohl Logan - The Wolverine als auch Birds of Prey und Joker sprengten die FSK-12. Dass das über 20 Jahre nach dem Kinostart von Blade noch eine Besonderheit bleibt, stimmt traurig.

The Boys beschränkt sich allerdings nicht aufs Blut. Sex oder Erotik existieren in der Kinowelt von Marvel und DC im Prinzip nicht mehr. In The Boys gehört es zum Plot. Vor allem schlägt sich der erwachsene Ansatz aber auch in den erwachsenen Themen nieder.

Machtmissbrauch und sexuelle Nötigung in der Supes-Welt werden offen thematisiert. Die inneren Wunden, welche solche Ereignisse schlagen, werden zum Teil eindringlicher inszeniert als manch geplatzter Kopf.

The Boys

Eine erwachsene Herangehensweise an Superhelden muss eben nicht nur Regen, Grunzen und schlechte Laune unterm Cape bedeuten. Im Kino haben die Marvel- und DC-Helden längst nicht die thematische Vielfalt ihrer Comic-Pendants erreicht.

The Boys vs. Marvel & DC: Schaut mal in den Spiegel

Deadpool fiel auch durch seine Meta-Verweise auf. Doch eine echte Selbstreflexion geht dem Genre im Kino noch ab. Ausnahmen wie Super - Shut up, Crime! von James Gunn oder Watchmen - Die Wächter von Zack Snyder bestätigen die Regel.

In Spider-Man: Far From Home finden sich im großen Twist um den Bösewicht Ansätze einer Selbstreferenzialität. Hier gab sich der Schurke schließlich als Regisseur eines Spektakels voller Spezialeffekte.

Nach 20 Jahren Superhelden-Boom bleibt das allerdings eine arme Ausbeute. Andere Genres wie der Horrorfilm oder der Western betrachten sich in ihren Hochphasen kontinuierlich selbst und entwickeln sich auf Basis dessen weiter. Der Superheldenfilm schaut im Kino meist nur geradeaus: auf zum nächsten Sequel!

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Während sich die hohe Altersfreigabe schwer mit einem 4 Quadranten-Blockbuster für die ganze Familie vereinen lässt, sieht das bei der Selbstreflexion allerdings anders aus. Ein Blick auf The Lego Movie bestätigt das.

Autoren wie Alan Moore, Frank Miller und andere zeigten schon vor Jahrzehnten auf, wie populäre Superhelden-Erzählungen und Genre-Reflexionen aussehen können. Im US-Kino scheint den Supes dagegen der Rahmen zu fehlen, um eine ähnliche Entwicklung hervor zu bringen.

Denn das zeichnet The Boys bei aller Brutalität und Grausamkeit aus: Die Serie lockt nicht nur durch ihr Blut, sondern vor allem durch ihren cleveren Umgang mit den altbekannten Bausteinen der Superhelden-Erzählung.

Im Moviepilot-Podcast erfahrt ihr noch mehr über The Boys

In der Supes-Folge unseres Podcasts Streamgestöber diskutieren Andrea und ich, warum The Boys von Amazon Prime Video die bestbewertete Superhelden-Serie bei Moviepilot ist:

Wir stellen fest, dass The Boys genau zur richtigen Zeit kommt und sowohl Superhelden-Fans als auch -Gegner abholt. Wir besprechen die besten Figuren und geben einen Ausblick auf die heiß erwartete, 2. Staffel.

Was haltet ihr von The Boys? Habt ihr schon in die 2. Staffel hineingeschaut?

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