Die andere Seite von Amerikas Filmindustrie

09.02.2011 - 08:50 Uhr
Berlinale Countdown 2011
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Berlinale Countdown 2011
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Südamerikas Filmländer sind schon längst kein Geheimtipp mehr, doch noch nie war der Kontinent mit seinen Filmen auf der internationalen Filmbühne so präsent wie heute. Auch auf der Berlinale sind sie allgegenwärtig und das nicht erst seit heute.

Was die Berlinale Leitung bei der Pressekonferenz am 1. Februar verkündete, wussten wir schon längst: Südamerikanische Filme befinden sich nicht mehr bloß auf dem Vormarsch, sondern sind schon längst auf Augenhöhe mit den anderen großen Filmmärkten. Länder wie Brasilien, Argentinien und nicht zuletzt Mexico beweisen eine erstaunliche Erfolgskurve und Beständigkeit.

Der Goldene wird zum Latino Bär
2008 gewann mit Tropa de Elite ein brasilianischer Vertreter den Goldenen Bären. Eine streitbare Entscheidung, aber nicht, dass es sich dabei um eine beeindruckende, kompromisslose Momentaufnahme des korrupten Polizeiapparates von Rio de Janeiro handelte. Ein Bruder im Geiste von City of God: das selbe Schlachtfeld, andere Perspektive. Ein Jahr später wusste ein kleiner Film aus Peru die Jury zu überzeugen. Eine Perle Ewigkeit, der die peruanische Vergangenheit der 1980er Jahren während des Bürgerkrieges aufrollte. Es war der erste Beitrag, der Peru bei der Berlinale vertrat und wurde prompt zum Sieger gekürt. Gigante krönte 2009 den Siegeszug des südamerikanischen Films, in dem er drei Ehrungen – bester Erstlingsfilm, Alfred-Bauer-Preis und den Großen Preis der Jury – mit nach Hause nahm. Exakt zehn Jahre bevor Tropa de Elite diese Erfolgswelle lostrat, gewann übrigens mit Central Station der letzte Beitrag aus Gefilden südlich des amerikanischen 15. Breitengrades.

International trugen Filme wie Sin Nombre oder In ihren Augen die Fackel weiter. Letzterer erkämpfte sich 2010 gar den Oscar für den Besten fremdsprachigen Film und verwies damit die beeindruckende Konkurrenz wie Das weiße Band – Eine deutsche Kindergeschichte, Ein Prophet und den Berlinale Gewinner Eine Perle Ewigkeit auf ihre Plätze. Dieses Jahr stehen die Chancen mit Biutiful erneut gut, denn Alejandro González Iñárritu, der für jeden seiner Filme bislang eine Oscar-Nominierung erhielt und mit Babel auch den Goldgipfel bezwang – geht erneut als Favorit ins Rennen um die Trophäe.

Berlinale 2011 – Neue Hoffnungsträger
Dieses Jahr können sich zwei südamerikanische Filme Hoffnungen auf den Goldenen Bären machen. Rätselhafte Welt, eine argentinisch-uruguayische Koproduktion, und The Prize aus Mexiko stellen sich im Wettbewerb der Konkurrenz aus 19 Ländern. Daneben läuft in der Panorama Sektion Und dann der Regen, der lange Zeit als potentieller Oscar-Kandidat gehandelt wurde, aber schlussendlich ohne Nominierung auskommen musste. Dieser wurde im Vorfeld der Berlinale bereits gezeigt und wusste durch ein beeindruckendes Spiel mit seinen verschiedenen Erzählebenen zu begeistern. Ein Filmteam versucht in Cochabamaba, Bolivien, einen Film über Christoph Kolumbus zu drehen, was dem echten Film ermöglicht, die Realitätsebenen fließend zu wechseln. Verknüpft wurde die Handlung mit den tragischen Vorfällen, die als Wasserkriege im Jahr 2000 traurige Berühmtheit erlangten und die das Filmteam mit einer ganz anderen Art von Realität konfrontierte. Ebenfalls als Panorama-Beitrag wird Elite Squad 2 – Im Sumpf der Korruption gezeigt, die Fortsetzung des Berlinale Gewinners 2008. Der zweite Ausflug in das korrupte Rio de Janeiro entwickelte sich in Brasilien zum erfolgreichsten Kinofilm aller Zeiten und auch wenn der Biss und die Konsequenz des ersten Teils fehlt, weiß auch diese neue Eliteeinheit zu überzeugen. Die Brasilianer verstehen sich einfach darauf, ihre eigenen Missstände mit knallharten Bildern zu unterlegen, damit sie auch bei uns einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Als dritter im Bunde komplettiert der argentinische Beitrag Medianeras das Filmpaket aus Übersee. Eine kleine Romanze über Mariana, Martìn und die Stadt Buenos Aires, die aus einem preisgekrönten Kurzfilm entstand.

Das Who-is-who von Südamerika
Jedes Land bedient sich eigener Stilmittel, aber was alle Länder – sowohl Mexico, Argentinien oder Brasilien – verbindet, ist die Rückbesinnung und Verarbeitung der eigenen Geschichte und der eigenen, teils katastrophalen sozialen Strukturen. Mexico darf als der experimentierfreudige Rohdiamant bezeichnet werden, der durch Regisseure wie Alejandro González Iñárritu, Alfonso Cuarón oder Guillermo del Toro auch von den einflussreichsten Filmemacher des Kontinent repräsentiert wird. Dicht gefolgt von Brasilien, dessen Filmindustrie auf Walter Salles (Central Station, Die Reise des jungen Che), Fernando Meirelles (City of God, Der ewige Gärtner) oder José Padilha (Bus 174, Tropa de Elite) zurückgreifen kann. Oder Juan José Campanella (In ihren Augen) aus Argentinien und Marco Bechis (Birdwatchers – Das Land der roten Menschen) aus Chile, um nur ein paar zu nennen.

Wie steht ihr zum Filmschaffen der südlichen Hälfte des amerikanischen Kontinents?

Der Berlinale-Countdown läuft!
Tag 9: Jedem Tierchen sein Plaisierchen – Die Sektionen
Tag 8: Süd-Korea als Filmland und die Berlinale
Tag 7: Berlinale ist Sprungbrett und Ideenfabrik in einem
Tag 6: Künstler, Knastis & Langeweiler – Die Juroren
Tag 5: Wanderer, kommst du zur Berlinale…
Tag 4: Unsere Berlinale Highlights und Erwartungen
Tag 3: Gewinner des Goldenen Bären & eure Bewertung
Tag 2: 7 Gründe, Ingmar Bergman zu lieben

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