Nicolas Winding Refn & die postmoderne Ästhetik

17.07.2013 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Ryan Gosling und Nicolas Winding Refn
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Ryan Gosling und Nicolas Winding Refn
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Der dänische Regisseur Nicolas Winding Refn gilt als einer der großen Vertreter des aktuellen Arthouse-Kinos. Ich habe mir sein bisheriges Film-Œuvre angeschaut und versucht darin eine Tendenz zu erkennen.

Mit seinen bisher neun Kinofilmen hat sich Nicolas Winding Refn mittlerweile zu einem hochangesehenen Regisseur etabliert. Angefangen hat Refn seine Filmkarriere mit dem Low-Budget Kleinkriminellen-Drama Pusher im Jahre 1996. Sein letzter Film Drive brachte dem Dänen 2011 den Regiepreis bei den Filmfestspielen in Cannes ein. In den 15 Jahren zwischen den beiden Filmen scheint viel bei Refn passiert zu sein. Ich habe mich gefragt, inwiefern eine Veränderung in dem bisherigen Werk von Nicolas Winding Refn zu erkennen ist. Hat sich sein Stil verändert oder ist er gleich geblieben?

Die Filme von Nicolas Winding Refn können alle unter dem Begriff der Postmoderne verstanden werden. Die Postmoderne als “Kunstrichtung” im Film begann in den 1980er Jahren. Durch die Vermischung verschiedenener bestehender Elemente aus unterschiedlichen Epochalstilen ergab sich eine neue Form. Diese Form ist jedoch nicht klar definierbar, sondern wandelt sich stetig weiter. Maßgebende Elemente der Postmoderne sind jedoch Doppelcodierungen und Intertextualitäten. Darunter sind Doppeldeutigkeiten, bzw. Anspielungen auf bereits bekannte Medien gemeint sowie die Vermischung verschiedener Ebenen von Medien. Als Paradebeispiel der Postmoderne gilt der Regisseur Quentin Tarantino, der in seinen Filmen häufig auf bekannte Filme anspielt, bzw. diese neuinterpretiert. Nur dem Zuschauer, der die anderen Medien kennt, werden diese Codierungen auffallen. So bedeuten diese Anspielungen eine zusätzliche Herausforderung an den Rezipienten, der versucht die Originalquellen zu erraten. Doch funktionieren die Filme auch ohne das Apriori-Wissen. Es ist keine Voraussetzung, um den Film verstehen zu können, sondern bildet eine weitere Unterhaltungsebene.

Nicolas Winding Refn nutzt ebenfalls diese Codierungen in seinen Filmen. So spielen beispielsweise in Bleeder Filme eine große Rolle für die Protagonisten, insbesondere für die Figur Lenny (Mads Mikkelsen). Diese Verbindung von Filmen in einem Film stellt eine Intertextualität im Sinne der Postmoderne dar. Doch nicht nur in Bleeder setzt Refn auf Intertextualität, sondern auch in seinen anderen Filmen, wie z.B. Bronson. Mittels der Vermischung von Spielfilmszenen und Szenen einer Art “Theateraufführung” kommt es in Bronson zu einer Kombination zweier medialer Unterhaltungsformen. Auch durch den Bruch der vierten Wand, also der direkten Ansprache des Zuschauer, nutzt Refn ein unkonventionelles Mittel, das im gewöhnlichen Hollywood-Kino als Tabu gilt.

Ein weiteres Merkmal der Postmoderne sind Tabubrüche, die in alltäglichen Banalitäten stattfinden. Refn nutzt hier stets, ähnlich wie Tarantino, die Inszenierung von Gewalt im alltäglichen Leben. Die Darstellung von gewalttätigen Übergriffen zieht sich durch das gesamte Machwerk Refns. In seinem, für mich, brutalsten Film Walhalla Rising, bildet Gewalt den Mittelpunkt des Films. Ruhige, weite Einstellungen der Highlands werden mit harten, schnellgeschnitten Kampfszenen konterkariert. Auch in Drive wird Gewalt als ein Gegenpol zu der sonst sehr langsamen Erzählweise des Films eingesetzt. Im Unterschied zu Walhalla Rising, verzichtet Refn jedoch in Drive auf den Einsatz von künstlerischen Inszenierungen wie den Visionen von OneEye (Mads Mikkelsen). Nicolas Winding Refn kann dementsprechend als ein postmoderner Filmemacher angesehen werden, treten Merkmale der Postmoderne doch in all seinen Filmen auf.

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