Roger Deakins - Magier hinter der Kamera

10.10.2013 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Prisoners
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Einige unter euch dürften seinen Namen nicht kennen, doch ohne Kameramann Roger Deakins sähen viele eurer Lieblingsfilme anders aus. Anlässlich des Kinostarts von Prisoners blicken wir auf eine Karriere vieler cineastischer Meilensteine.

Zehn Nominierungen. So oft stand Kameramann Roger Deakins im Wettbewerb um den Oscar. Zehn Mal ging er leer aus. Zu den nominierten Werken gehörten Die Verurteilten, Fargo und zuletzt James Bond 007 – Skyfall. Dieses Jahr rechnen ihm viele Chancen für seine Arbeit in Prisoners von Denis Villeneuve aus. Der Thriller mit Hugh Jackman und Jake Gyllenhaal ist diese Woche in den deutschen Kinos gestartet und dürfte die Zuschauer mit seinen düsteren, verregneten Landschaften auch noch nach dem Kino verfolgen, woran der gefeierte Director of Photography (DP) nicht ganz unschuldig ist.

Eine der beeindruckendsten Sequenzen in Prisoners – und hier braucht sich niemand Sorgen um Spoiler machen – findet sich gegen Ende, wenn ein Auto nachts über einen verregneten Highway rast und die Umgebung aussieht, als wäre die Welt von einem Meer ineinander verschwommener, leuchtender Farben verschluckt worden. Der Serienkiller-Thriller ist voll von solchen Momenten, in denen sich vereinsamte Lichtquellen aus dem Dunkel herausschälen, in dem eine kühle Straßenbeleuchtung oder das warme Gelb von Kerzen Täter, Opfer und Polizisten in einer Atmosphäre ständiger Bedrohung einzwängt. Der Einsatz natürlicher Lichtquellen wie dieser ist eines der Markenzeichen von Kameramann Roger Deakins, der seine Karriere als Dokumentarfilmer begann.

Mehr: Infos zu Prisoners im Tobis Filmclub

Der im englischen Torquay geborene Roger Deakins studierte zunächst Grafikdesign in Bath, wo er seine Liebe zur Fotografie entdeckte, was ihn zur National Film and Television School führte. Für das Fernsehen realisierte er schließlich Dokumentationen über Konflikte in Simbabwe und Eritrea. Die positive Resonanz führte Roger Deakins zur Arbeit hinter der Kamera bei Produktionen wie 1984, Sid & Nancy und Land der Schwarzen Sonne. Letzterer stammt aus dem Jahr 1990 und war Deakins erstes Engagement bei einem amerikanischen Spielfilm. Ein Jahr später begann mit Barton Fink die langjährige Kollaboration des Briten mit den Brüdern Joel Coen und Ethan Coen, deren früherer Kameramann Barry Sonnenfeld nun selbst unter die Regisseure gegangen war. Fünf seiner zehn Oscarnominierungen erhielt Deakins für Coen-Filme. Dabei fällt immer wieder die Experimentierfreudigkeit auf, mit denen der Brite den Look seiner Filme bereichert. So setzte die digitale Farbkorrektur in der Postproduktion von O Brother, Where Art Thou? – Eine Mississippi-Odyssee Maßstäbe, war es doch der erste Hollywood-Film, der komplett in diesem Verfahren nachbearbeitet wurde. Der Film Noir The Man Who Wasn’t There wiederum wurde auf Farbfilm gedreht und erst im Nachhinein entsättigt, unter anderem weil Deakins keinen klassisch aussehenden Schwarz-Weiß-Film wollte, sondern einen weichen, modernen Look.

Doch auch außerhalb seiner Arbeiten mit den Coen-Brüdern, für die er zuletzt True Grit gedreht hat, sticht Deakins Expertise hinter der Kamera hervor, ohne aber den Rest des Films zu überschatten. Eine seiner berühmtesten Kreationen entstand in Zusammenarbeit mit Andrew Dominik beim Western Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford. Hier gerät der Überfall auf einen Zug mitten in der Nacht zu einem poetischen Tanz aus Licht und Schatten und einer der eindrucksvollsten Sequenzen der vergangenen zehn Jahre. Deakins dazu: “Wir hatten Glück, weil es eine kalte, ruhige Nacht war und der Rauch einfach in der Luft über den Schienen hing. Als ich sah, wie das Licht des Zuges durch den Rauch schien, entschied ich mich, alle anderen Lichter auszumachen und nur dieses zu nutzen. Jeder, auch mein Oberbeleuchter, sah mich nur an à la ‘Was?’. Aber das Risiko hat sich gelohnt.” (via Vulture)

Ob die weiten Landschaftsaufnahmen in No Country for Old Men und True Grit oder der Schattenkampf im Hochhaus in Skyfall von Sam Mendes, mit dem Deakins auch Jarhead – Willkommen im Dreck und Zeiten des Aufruhrs drehte – Roger Deakins ist einer der besten Kameramänner, der derzeit im Filmgeschäft tätig ist und sein neuer Film Prisoners wieder einmal ein Beweis dafür. Wen interessiert da schon ein Oscar?

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