Spoiler Wars Episode 2 - Up the shut fuck, you must!

04.10.2014 - 08:50 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
I am your...oh, Shut Up!
20th Century Fox/moviepilot
I am your...oh, Shut Up!
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Eine Spoilerknigge ist nicht genug. Nun muss mit härteren Bandagen gekämpft werden, denn ein Star Wars: Episode VII-Spoiler der Marke "Ich bin dein Vater" macht zur Zeit die Runde und droht uns das Filmerlebnis des Jahrzehnts so richtig zu versalzen.

Auf den Tag genau ein Jahr ist vergangen, seit unserer Spoilerknigge zu Breaking Bad, dem Versuch, der deutschen Fachpresse einen verantwortungsbewussten Umgang mit Spoilern näher zubringen. Ein edles, aber hoffnungsloses, weil zum Scheitern verurteiltes Unterfangen, denn spätestens seit gestern wissen wir, dass die dunkle Seite der Macht stark in der nach großen Schlagzeilen und schnellen Klicks heischenden Onlinewelt ist. Seit gestern grassiert ein Spoiler im Netz, der sich getrost als die Mutter aller  Star Wars 7: Episode VII -Spoiler rühmen darf. Ich spreche hier nicht von den Gerüchten, die die letzten Tage die Runde machten. Nicht von Max von Sydow. Nicht von AT-ATs und nicht von Yavin IV (alles hier nachzulesen). Ich spreche von einem "I am your Father"-Kaliber. Einem Tyler Durden, Einem Keyser Söze. Und davon, wie eine solche Spoilerpandemie in unserer sozial vernetzten Zeit in just diesem Augenblick in rasender Geschwindigkeit um sich greift. Also seid auf der Hut vor dieser einen Information, die euch den Tag so richtig ruinieren kann. Die Info, die die Macht besitzt, eure Star Wars-Vorfreude und Filmleidenschaft an ihrer empfindlichsten, weichsten Stelle zu treffen.

Spoilerwarnungen - ein Relikt?

Ich werde den Spoiler hier nicht nennen. Mit keinem Wort. Mit keinem Link. Wenn ich eines seit der Spoilerknigge 2013 gelernt habe, dann dass selbst die aufrichtigsten Spoilerwarnungen nur billige Ausreden sind. Ausflüchte vor der unbequemen Entscheidung, ganz oder gar nicht Stellung zu beziehen. Um dem Ehrenkodex gerecht zu werden, ist der Verzicht auf die Verbreitung von kritischen Informationen die einzige richtige Entscheidung. Ein Luxus, den sich kaum mehr jemand erlauben kann - oder will. Und selbst wenn, folgen auf jeden spoilersensiblen Redakteur/Blogger hunderte weniger zimperliche Verbreiter und Multiplikatoren. Wenn auf etwas Verlass ist, dann auf die Sensationsgier, Ignoranz und Clickbaiter-Bereitschaft des Webs. Dazu kommt die technische Komponente: Suchmaschinenalgorithmen, RSS-Feeds oder ähnliches klammern Spoilerwarnungen im Zuge der Hauptkeywords nicht selten aus. Das Netz definiert sich längst aus Filtern und vorgefertigten Schablonen, die nur Platz für Kerninformationen kennen. So werden Spoilerwarnungen zu einem sentimentalen Relikt.

Einerseits genieße ich die Errungenschaften und Bequemlichkeiten des Informationszeitalters. Allen voran das soziale Internet, die Echtzeit des immer währenden, globalen Informationsstroms. Aber in meinem Leben für die Liebe zum Film erreiche ich immer häufiger den Punkt, an dem das Internet zur Last wird. In solchen schwachen Momenten erinnere ich mich wohl eine Spur zu nostalgisch an meine Anfangszeiten als Filmfan in der Mitte der 90er-Jahren zurück. Eine Zeit, wo Filme wie Jurassic Park, Der letzte Mohikaner oder Last Action Hero meinen jugendlichen Filmfanatismus bestimmten und das Fehlen regelmäßiger und umfassender Informationen mich in meinem Fansein bestärkten. Ich genoss damals - ohne es zu realisieren - die Abgeschiedenheit des cineastischen Einsiedlerdaseins. Der Informationsaustausch beschränkte sich auf den Freundeskreis und auf die monatlichen Flaschenpostsendungen aus den Printredaktionen einer Cinema oder Moviestar. Dieser schützende Kokon war Fluch und Segen zugleich. Der Hunger nach neuer Informationen war allgegenwärtig. Gleichzeitig kam dieser Hunger der Sehnsucht nach den finalen Filmen zu Gute. Heutzutage ist das Überangebot an News nicht selten der Auslöser völliger Übersättigung oder Desinteresse. Ein Problem, das in "News-Terror im Blockbuster-Zeitalter" vor ein paar Monaten bereits thematisiert wurde.

Spoilerfreiheit - ein Grundrecht?

Dem Tag der deutschen Einheit haben wir es zu verdanken, dass der besagte Star Wars 7: Episode VII-Spoiler nicht augenblicklich in Lichtgeschwindigkeit auf deutsche Blogs und Newsseiten übergriff. Aber lassen wir uns nicht täuschen, der Spoiler ist da draußen. Und dabei spielt es nur eine sekundäre Rolle, ob sich dieser am Ende als wahr herausstellt, als Hirngespinst oder als PR-Finte. Suggestion allein kann unsere Wahrnehmung und Rezeption in ihr Gegenteil umkehren.

Aber es gibt sie noch, die Idealisten und Romantiker, die sich gegen alle sensations- und scoopgierige Bedürfnisse hinwegsetzen und sich auf ihre Anfänge zurückbesinnen: Die Liebe zum Film. Die Liebe zu echten, unverfälschten Filmerfahrungen, wie sie uns in jeder Phase unseres Cineastendaseins prägten. Slashfilm , Badassdigest  und andere stellen sich bewusst gegen die Verbreitung des Star Wars-Spoilers. Sehen sich als Bewahrer und nicht Vermittler der lukrativen, aber Film ruinierenden Information. Dabei geht es nicht um die Grundsatzdebatte, ob und wie Spoiler sich auf Filme und den Zuschauer auswirken können. Diese Diskussion lässt sich ohnehin nur auf einer individuellen Basis austragen. Vielmehr sehe ich die Spoilerfrage auf einer Ebene mit dem Nichtraucherschutz. Nicht das Recht des Aktiven, sondern das Recht des Passiven steht im Vordergrund. Auf den Spoiler angewendet, ist das Recht auf eine eigene, gesunde und uneingeschränkte Filmerfahrung ein Grundrecht, dass andere unbeachtet ihrer Ansichten zerstört werden darf. Was das betrifft bin ich ein Spoilerphobiger, ein Fundamentalist, wie er im Buche steht.

Call me a dreamer

Abschließend möchte ich James Gunn das Wort übergeben, dem erst kürzlich mit Guardians of the Galaxy eine ganz eigene, gelungene Star Wars-Interpretation gelang und der auf seiner Facebook-Seite  eigentlich alles Wesentliche zum Thema Star Wars-Spoiler gesagt hat:

Major kudos to Slash Film for acting like human beings and not publishing the Star Wars spoiler. I unfortunately stumbled across it. Anyone who didn't publish it has won me over big time. I know most sites that published it didn't mean harm, but if you love movies, it'd be honorable if you helped the rest of us love them more, instead of, admittedly probably unintentionally, depriving us of our pleasure. I love movies. I love being surprised in movies. And call me a dreamer, but I think film journalism should be about more than 'scoops'.

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