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Vorab-Bewertungen - Geltungsbedürftigkeit oder Ignoranz?

27.09.2014 - 12:29 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Zum Haare ausreißen...
National Broadcasting Company (NBC)
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Seit ich Mitglied bei Moviepilot bin, hat sich meine Filmauswahl grundlegend geändert. Es bleibt oftmals mehr Zeit für gute Filme und sehr schlecht bewertete Filme werden nicht mehr ausgeliehen oder gekauft. Das birgt natürlich auch immer das Risiko, dass man seinen persönlichen Filmgeschmack ablegt und sich der „MP“-Masse beugt – die Vorteile überwiegen aber und man spart sich wirklich viel Zeit.

Wenn ein Film von beinahe jedem User eine Bewertung zwischen 4-5 Punkte bekommt, dann weiß ich, dass ich mir diesen nicht ansehen muss. Im Regelfall verpasse ich wenig.

Anders sieht es bei Filmen aus, die (überspitzt) von der einen Hälfte 0 und der anderen Hälfte 10 Punkte bekommt. Da lohnt sich dann eine Sichtung oftmals. Bestes Beispiel ist derzeit „Under the Skin" – von manchen als riesen Entdeckung und Filmperle deklariert, von anderen gehasst. Ich schließe mich der Hater-Riege an. Nichtsdestotrotz bin ich froh, dass ich den Film gesehen habe. Eine Erfahrung, die bei mir Kopfschütteln auslöste und schon zu manchen hitzigen Diskussionen führte. Ein anderes Beispiel für solch einen Film ist sicherlich David Lynchs „Eraserhead“. Bei Filmen von David Lynch ist die Grenze zwischen Genialität und Quatsch sehr nah. Eraserhead war mir dann doch zu viel und ich werde mir dieses Martyrium nie mehr antun – trotzdem war es eine interessante Grenzerfahrung.

Es kommt natürlich auch immer wieder vor, dass man einen von der Kritik (und von Usern) hochgelobten Film anschaut und ungläubig aus dem Kino kommt – fragend, wie jeder diesen Film gut finden kann. Bestes Beispiel hierfür war „The Dark Knight Rises“. Letztendlich haben sich aber dann doch noch einige negative Kritiken unter die sehr positiven Reviews geschlichen. Schön war auch, dass meine Filmbegleitung nach dem Film das gleiche empfand, eine der größten Enttäuschen im Kinojahr 2012 – und das nach dem sehr guten „Batman Begins“ und dem Blockbuster-Meisterwerk „The Dark Knight“.

Es bleibt also immer genügend Diskussionsstoff und Individualität, auch wenn man sehr viel auf Einschätzungen und Punkte auf Moviepilot gibt. Um einen Film nicht gänzlich vorab zu zerstören, werden die Kritiken oder Inhaltsangaben auch nicht wirklich gelesen, es wird nur versucht, sich schon mal vorab ein Bewertungs-„Bild“ von einem Film zu verschaffen. Also sozusagen ein kurzes runterscrollen bei den Kritikern und Usern um die Punkteverteilung zu sehen.

Eine weitere Möglichkeit, einen Film gänzlich unvoreingenommen zu sehen sind Filmfeste. Ich bin fleißiger Filmfestbesucher (jährlich ca. 30 Berlinale-Filme, 30 Filme auf dem Filmfest München, 10 auf dem Fantasy Filmfest und hin und wieder Max Ophüls Festival). Dadurch ergeben sich dann auch viele Entdeckungen und großartige, kleine Filme. Leider sind jedoch auch einige Rohrkrepierer dabei, die man nach dem Start niemals angeschaut hätte. Aber diese Up´s and Down´s gehören bei einem Filmfestival dazu und machen einen Teil der Magie dieser Filmfeste aus. Außerdem ist man dann auch einer der ersten, die seinen Eindruck zu einem Film abgeben kann und teasert vllt. bereits den ein oder anderen MP-User an oder warnt ihn vor. Letztendlich muss sich ja dann eh jeder selbst ein Bild vom Film verschaffen.

Nun aber genug geschrieben und aufgezeigt, warum MP-Bewertungen für mich wichtig sind. Jetzt kommt es endlich zur eigentlichen Aussage, zur Quintessenz meines Artikels:
Ich verabscheue User, die Filme bewerten und Punkte vergeben, ohne den Film jemals gesehen zu haben. Versteht mich nicht falsch, Vorab-Einschätzungen, Kommentare, Links, Trailer uvm. vor einem Film ohne Punktvergabe sind ja vollkommen in Ordnung, aber ein Kommentar zum Film inklusive Bewertung (meist dann eine 0 oder eine 10) sind für mich der größte „Aufreger der Woche, des Monats, … aller Zeiten“. Ich verstehe die Beweggründe dieser User nicht. Ist es Geltungsbedürftigkeit, eine „gegen alles sein“-Attitüde, einen Film aufgrund seiner künstlerischen Arthouse-Ansätze bereits vorab zu lieben?

Zuletzt begegnete ich dieser Form der Punktevergabe bei „Die Wolken von Sils Maria“, mit der Begründung, dass der Film gar nicht so schlecht sein kann, wie er bisher bewertet wurde und die User, die ihn kommentiert und bewertet haben, den Film gar nicht gesehen haben können. Die nötige Konsequenz war natürlich ein langer Kommentar und eine 10-Sterne-Bewertung. Egal welche Beweggründe ein User hat – ich werde sie nie verstehen können. Bei jeder dieser Bewertungen geht meine Laune kurzfristig in den Keller. Ich bin mir sicher, dass es den meisten von euch genauso geht und ich bin froh, dass es nur eine geringe Anzahl dieser Vorab-Bewertungen gibt (dafür meistens immer von den gleichen Usern). Die letzte Konsequenz von MP war, dass das Community-Rating erst ab Kinostart angezeigt wird. Eine falsche Entwicklung, die aber leider nötig war. An alle, die sich nun ertappt fühlen – schämt euch, stellt euch ins Eckchen und denkt über euer Verhalten nach... 

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