1992 - Feministen streiten wegen Basic Instinct

06.05.2013 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
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1992 zeigte Sharon Stone in Basic Instinct von Paul Verhoeven ganz neue Seiten von sich. Der Erotikthriller war an den Kinokassen erfolgreich, machte sich aber nicht ausschließlich Freunde.

Wenn ein zeitgenössischer Regisseur stets für einen Skandal gut ist, dann ist es wohl der Niederländer Paul Verhoeven. Schon ein Artikel über die Debatte um Starship Troopers hat Markante Momente vor etwa einem Jahr mehr Kommentare beschert als je zuvor. Wir werden sehen, ob die Erinnerung an den Film Basic Instinct einen ähnlichen Effekt hervorrufen kann. Als der Streifen 1992 in die Kinos kam, sorgte er jedenfalls für reichlich Aufruhr.

„Der schweinischste Film aller Zeiten“
„Der schweinischste Film aller Zeiten“, so titelte damals auf bekannt polemische Art und Weise die BILD-Zeitung. Mit Basic Instinct feierte Sharon Stone als unterkühlte Blondine ihren weltweiten Durchbruch über Nacht. Obwohl sie für die Rolle erst gecastet wurde, nachdem Michelle Pfeiffer, Kim Basinger, Geena Davis, Ellen Barkin und Mariel Hemingway abgelehnt hatten, aber pssst… Stone übernahm letztlich die Rolle der bis heute ikonischen Catherine Tramell, die es trotz eines Mordverdachtes schaffte, mit dem ermittelnden Detective Curran (Michael Douglas) anzubandeln.

Der Erotikthriller erlangte in erster Linie durch seine expliziten Sexszenen Berühmtheit, und natürlich für die berühmte Verhörsequenz, in der Sharon Stone auf dem Stuhl… na, ihr wisst schon. Kein Wunder jedenfalls, dass Basic Instinct in den USA nur in gekürzter Version in die Kinos kam. Auf dem Festival in Cannes 1992 und in europäischen Lichtspielhäusern lief er hingegen ungekürzt – und spielte in kürzester Zeit um die 352,700,000 US-Dollar weltweit ein, während sich Sharon Stone, ganz den gespaltenen Reaktionen auf den Film treu bleibend, gleichzeitig einen MTV Movie Award als Beste Darstellerin und eine Goldene Himbeere als Schlechteste Neuentdeckung in den Trophäenschrank stellen durfte.

Handfester Streit um ein Drehbuch
Basic Instinct sorgte allerdings schon im Vorfeld seiner Premiere für Debatten und sogar Demonstrationen. Um das Drehbuch zu entschärfen hatte sich Paul Verhoeven mit Schwulen- und Lesbenvereinigungen in San Francisco zusammengetan. Diese forderten die drastische Abänderung des Plots und der Charaktere, woraufhin ihnen der Regisseur die Zusammenarbeit aufkündigte. Mehr als 150 Demonstranten erschienen in der Folge schon am ersten Drehtag, um mit lauten Parolen die Entstehung des Films zu verhindern. Nicht einmal von der anrückenden Polizei ließen sie sich abhalten und mussten letztlich mit diversen Verhaftungen zahlen.

Auch mit dem Drehbuchautoren selbst kam es in dem Zusammenhang zu Auseinandersetzungen. Während sich Joe Eszterhas nämlich prinzipiell zu Änderungen bereit erklärte, lehnten Paul Verhoeven und die Produzenten sämtliche Umgestaltungen kategorisch ab und bezeichneten ihren Autoren als „wehleidigen Heuchler“. Dieser erklärte daraufhin, seine Änderungen hätten aus Basic Instinct neben dramaturgischen Verbesserungen auch “im Hinblick auf seine gesellschaftliche Perspektive einen besseren Film gemacht”.

Feministinnen rufen zum Boykott auf
Mit dem letztlich abgedrehten Film verstummten die Proteste noch immer nicht. Die größte feministische Organisation der Vereinigten Staaten, die NOW (National Organization for Women) rief in Anzeigen zum Boykott des Streifens auf, und versuchte sogar mit Körpereinsatz Kinoeingänge in vielen US-amerikanischen Großstädten zu blockieren.

Selbst Schauspielerin Sharon Stone distanzierte sich im Nachhinein von den expliziten Darstellungen in Basic Instinct. Die Verhörszene sei mit ihr abgesprochen worden, erklärte Paul Verhoeven, und Stone habe ihm vor Drehbeginn sogar ihre Unterwäsche geschenkt. Alles Lüge, schlug die Actrice zurück und beschuldigte den Regisseur, sie in Bezug auf die visuelle Eindeutigkeit der Sequenz hereingelegt zu haben.

Das Erotikthriller-Konzept stirbt einen schnellen Tod
So umstritten Basic Instinct auch war – er brachte nicht nur die Kinokassen zum Klingeln, sondern auch eine Welle von nacheifernden Erotikthrillern ins Rollen. Für das Sequel Basic Instinct 2: Neues Spiel für Catherine Tramell schlüpfte Sharon Stone unter der Regie von Michael Caton-Jones noch einmal in die Rolle der klischeehaft eiskalten Blondine. Von Erfolg war der Versuch allerdings nicht gekrönt, stattdessen regnete es wieder einmal Goldene Himbeeren.

Ähnlich enttäuschend liefen auch andere Thriller, die versuchten, an das ursprüngliche Erfolgsrezept von Basic Instinct anzuknüpfen. Sliver von Phillip Noyce wollte mit der selben Hauptdarstellerin das Vermächtnis von Catherine Tramell weiterführen, und in Fair Game von Andrew Sipes versuchte sich das Model Cindy Crawford als Femme fatale. Es versteht aber eben kein Regisseur so zuverlässig Skandale auszulösen wie Paul Verhoeven.

Was die Menschheit sonst noch im (Film)Jahr 1992 bewegte:

Drei Filmleute, die geboren sind
11. Februar 1992 – Taylor Lautner, der Oben-Ohne-Typ aus Twilight 4: Breaking Dawn – Biss zum Ende der Nacht – Teil 2
22. Juli 1992 – Selena Gomez, Studentin Faith aus Spring Breakers
12. Otober 1992 – Josh Hutcherson, Peeta aus Die Tribute von Panem – Catching Fire

Drei Filmleute, die gestorben sind
23. April 1992 – Satyajit Ray, Regisseur von Apus Weg ins Leben: Apus Welt
06. Mai 1992 – Marlene Dietrich, die titelgebende Zeugin aus Zeugin der Anklage
12. September 1992 – Anthony Perkins, Norman aus Psycho

Die großen Festival- und Award-Sieger waren unter anderem
Oscars – Das Schweigen der Lämmer von Jonathan Demme (Bester Film, Hauptdarsteller/in, Regisseur)
Goldener Bär – Grand Canyon – Im Herzen der Stadt von Lawrence Kasdan
Goldener Löwe – Die Geschichte der Qiu Ju von Yimou Zhang

Die drei kommerziell erfolgreichsten Filme
Aladdin von Ron Clements und John Musker
Bodyguard von Mick Jackson
Kevin – Allein in New York von Chris Columbus

Drei wichtige Ereignisse der Nicht-Filmwelt
30. Mai 1992 – der deutsch-französische Sender Arte geht auf Sendung
22.-26. August 1992 – Die Ausschreitungen von Rostock-Lichtenhagen sind die größten ausländerfeindlich motivierten Übergriffe in Nachkriegsdeutschland
25. August 1992 – Bei der Belagerung von Sarajevo beginnt der durch Kriegseinwirkungen ausgelöste Brand der Nationalbibliothek Bosnien und Herzegowina

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