Ausgerechnet Halloween Ends erklärt, was Star Wars und Jurassic World ruiniert hat

15.10.2022 - 12:30 UhrVor 1 Jahr aktualisiert
Halloween Ends
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Halloween Ends wird Fans vor den Kopf stoßen. Damit zeigt der letzte Kampf von Laurie Strode und Michael Myers, was Star Wars 9 und Jurassic World 3 falsch gemacht haben.

Wenn eine Filmreihe ihr eigenes Ende ankündigt, ist das fast, als würde sie allein in den Keller gehen, um nach dem Rechten zu schauen. Wir wissen, dass das nicht gut ausgehen kann, aber die Reihe spaziert unbekümmert in den eigenen Ruin.

Als Star Wars 9: Der Aufstieg Skywalkers das Ende der Skywalker-Saga proklamierte, war das so, und bei Jurassic World 3: Ein neues Zeitalter ebenfalls. Nun ist Halloween Ends an der Reihe, der unumstößlich letzte Teil der Horror-Saga um Laurie Strode und Mörder-Maskenmann Michael Myers. Nach 12 Filmen nimmt es sich der 13. heraus, einen Schlussstrich zu ziehen.

Das kann eigentlich nur im kreativen Blutbad enden und doch spaziert Halloween Ends mit mittelschweren Blessuren aus dem Keller. Ausgerechnet dieser Slasherfilm macht richtig, was bei den Blockbuster-Reihen Star Wars und Jurassic World falsch lief.

Achtung, es folgen Spoiler für Halloween Ends.

Halloween Ends verbannt Michael Myers in die zweite Reihe

Die Sequel-Trilogien von Jurassic World und Star Wars haben neue Held:innen etabliert und zu unterschiedlichen Zeiten bewiesen, dass sie keinerlei Vertrauen in diese Franchise-Erben haben. Bei Star Wars 7 wurde die junge Generation um Rey von Anfang an von alten Bekannten flankiert. Hauptsache, man bietet einen Wiedererkennungswert (als wären Lichtschwerter nicht genug!).

In Jurassic World wurden die Stars des Originals nochmal alle für Teil 3 in den filmischen Futtertrog der Dinos geschleift. Das kam einer erzählerischen Bankrotterklärung der Reihe gleich. Jurassic World und Star Wars endeten im kreativen Desaster.

Schaut euch den Trailer für Halloween Ends an:

Halloween Ends - Trailer 2 (Deutsch) HD
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Die durchwachsene Horror-Trilogie von Danny McBride und David Gordon Green vollzieht nach Halloween (2018) und Halloween Kills (2021) immerhin einen radikalen Schritt. Michael Myers verkrümelt sich diesmal in die Kanalisation. Stattdessen konzentriert sich das Drehbuch auf Corey (Rohan Campbell), einem Produkt der Paranoia von Haddonfield.

Vor vier Jahren kam es bei seinem Babysitting-Einsatz zur Tragödie. Jetzt ist Corey der Kinderschreck und stadtbekannte Psycho, zumindest in den Augen seiner Umgebung. Je länger er in diese Augen schaut, desto stärker nähert er sich dem Bild an, das die Leute von ihm haben. Er beginnt einen Rachefeldzug gegen seine Bullys und dazu zählt er auch Laurie. Denn sie glaubt, der Schwarm ihrer Enkelin Allyson (Andi Matichak) sei Michael Myers 2.0.

Halloween Ends bietet natürlich einen Endkampf von Michael und Laurie. Michael schwingt das Messer jedoch so selten, als wollten McBride und Green die Fans gezielt gegen sich aufbringen. Das kommt dem Film zugute. Halloween Ends erzählt die Geschichte einer Frau, die ihre Dämonen externalisiert hat. Michael ist alles, was in Lauries Leben falsch gelaufen ist. Wenn man ihn aufs Podest des Bösen stellt, bietet er ein praktisches Argument, um die eigenen Probleme gleich mit auf dieses unerreichbare Podest zu verfrachten.

Damit kämpft Laurie in den drei Teilen der Sequel-Trilogie. In Halloween Ends dient Coreys Weg in den Abgrund dazu, dass sie sich darüber klar wird. Sie kann Michael wieder zum Menschen machen.

Star Wars und Jurassic World sind Sklaven der Mythologie, Halloween Ends befreit sich davon

Filme und Serien werden mittlerweile als Fließband einer Story-Fabrik betrachtet, die Fragen klärt, Backstorys ausleuchtet und neue Mythologie produziert, um die nächsten Fragen zu klären, Figuren einzuführen etc. Es ist ein Kreislauf, der die wissensdurstigen Fans mit einspannt. So werden die IPs von Film zu Serie zu Film am Leben erhalten.

Halloween Ends

Mit Corey entwickelt Halloween Ends die Mythologie der Reihe weiter. Das Drehbuch allerdings schiebt der Sehnsucht nach Erklärungen einen Riegel vor. Welche Beziehung hat Michael wirklich zu Laurie? Ist er das Böse? Was machte ihn zu dem, was er ist? Halloween Ends interessiert sich nicht dafür, denn für die Story ist nur eines wichtig: Was bedeutet er für Laurie?

Während Jurassic World 3 sich in Heuschrecken versteigt und diese an Dogdson, einer Randfigur aus dem ersten Jurassic Park, anbindet, und Star Wars 9 mühsam die Palpatines in die Geschichte quetscht, zeigt Halloween Ends mit seiner Absage an die Befriedigung von Fangelüsten ungewohnten Mut.

Der Horrorfilm weiß, dass das Ende nur ein "Ende" ist

Der Titel Halloween Ends stellt schon eine Provokation dar: Wie kann sich ein Film aus dieser unkaputtbaren Reihe ein Ende anmaßen? Wie soll man das als Horror-Fan ernst nehmen nach Jahrzehnten mit Filmtiteln wie:

  • Freddy's Dead: The Final Nightmare
  • Saw: The Final Chapter
  • Friday the 13th: The Final Chapter
  • Jason Goes to Hell: The Final Friday

Wenn Hollywood ein Kryptonit besitzt, dann ist es der Abschied von seinen IPs. Das macht die großen Franchise-Enden, die in den vergangenen Jahren angekündigt wurden, dermaßen absurd: Jurassic World, Star Wars, Fast and Furious usw.

Das Ende der Skywalker-Saga, sieben Jahre nach dem Kauf Lucasfilms durch Disney, war deswegen nichts Geringeres als ein schlechter Scherz. Der sollte über die weitere Ausbeutung des Franchise hinweg täuschen. Die Planlosigkeit der Sequels kulminierte in Teil 9. Ihre Existenz basierte schließlich nur auf der Erneuerung einer Marke, nicht ihrer Archivierung.

Halloween Ends

Halloween Ends beendet hingegen eine Geschichte und legt genügend Ehrlichkeit an den Tag, um im selben Schritt den Weg für andere frei zu räumen. Michael ist tot, aber es könnte zig Coreys da draußen geben, die seine Maske aufsetzen.

Damit verwandelt der Film Michael im letzten Schritt in seinen Slasher-Erben Ghostface aus der Scream-Reihe: Eine Maske, die das Böse verbirgt, das in jedem Menschen lauern kann. Das steht im Einklang mit dem pessimistischen Bild, das die neue Trilogie von Haddonfield zeichnet, einem Ort in dem sich das Böse auch ohne Michael wie ein Lauffeuer verbreitet.

Vielleicht verabschiedet sich Laurie Strode hier wirklich ein für alle Mal. Aber das ist im Prinzip egal. Innerhalb von Halloween Ends gibt es einen Abschluss und im Zeitalter der Franchises ist das das einzige, woran wir uns festhalten können. Vor den Augen der Stadt wird das Schreckgespenst Michael zerhäckselt. Halloween endet in den finalen zehn Minuten glaubhafter, als es die letzten Star Wars- und Jurassic-Filme in ihrer gesamten Laufzeit schafften.

Wie findet ihr Halloween Ends?

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