In den 90ern definierte er das moderne Effekte-Kino und ließ in Independence Day Aliens in Furcht vor einem Computervirus erschaudern. Roland Emmerich war unser Mann in Hollywood und irgendwie konnten wir stolz darauf sein. Doch das 21. Jahrhundert meinte es nicht so gut mit dem Sindelfinger. Dank der dienlichen Hinweise von einigen moviepiloten rufen wir heute das Filmgericht ein!
Auf der Anklagebank: Der deutsche Erfolgsregisseur Roland Emmerich.
Die Tat: 10.000 BC (2008).
Führungszeugnis
Roland Emmerich war vielleicht nie darauf aus, der anspruchsvollste Regisseur aller Zeiten zu werden, aber eines konnte er besonders gut: unterhalten. Das gelang ihm mit Perlen wie Universal Soldier und Stargate. Mit Independence Day lieferte er einen der größten Blockbuster der 90er ab. Sein Erfolgsrezept: wegweisende Effekte, simple Stories, große Katastrophen und Darsteller, die keinen komplexen Charakter brauchen, um sympathisch zu wirken. Er machte Will Smith zum Star und jagte Matthew Broderick, Jeff Goldblum und Dennis Quaid durch Weltuntergangszenarien. Selbst sein Godzilla war ein Spaß. Irgendwie.
Beweisaufnahme
In den letzten zehn Jahren begann Roland Emmerich seine eigenen Fantasy-Disaster-Stories zu ernst zu nehmen. Das merken wir besonders bei 10.000 BC an, der von Discovery-Channel-Dokus und pseudowissenschaftlicher Literatur beeinflusst wurde. So entstand ein Film, in dem einfach alles zusammengeworfen wird (Steinzeit, Atlantis, Pyramiden, Mammuts), ohne das daraus jemals ein kohärentes Ganzes entsteht. Schlimmer noch: Die Hauptdarsteller, denen jedes Charisma abgeht, ertrinken im Effektgewitter, bis nichts mehr übrig bleibt, außer ein paar gelangweilte Ohs und Ahs. Die Figuren sind dann auch nur so interessant, wie ihre Namen: D’Leh, Evolet (einfach mal rückwärts lesen) und Tic’Tic … nämlich gar nicht.
Einspruch
Positive Kritiken sind für 10.000 BC recht schwer aufzutreiben. Ein Autor vom Daily Telegraph meinte seinerzeit: “Roland Emmerichs prähistorische Odyssee 10.000 B.C. ist bisher sein albernster, sinnlosester Blockbuster. Aber er macht auch ziemlich viel Spaß.” Die BBC dagegen meinte: “Nehmt die Kinder mit ins Kino, außer sie wollen Paläontologen werden.” Zumeist führt die Verteidigung also das Argument an, dass 10.000 B.C. zwar ziemlich doof, aber trotzdem unterhaltsam sei.
Schlussplädoyer
Doof und trotzdem unterhaltsam? Bäh! Godzilla war doof und unterhaltsam! The Day After Tomorrow war möchtegern-ernst-also-in-Wirklichkeit-doof und unterhaltsam! 10.000 BC ist allerdings einfach nur doof. Es ist ein Film, bei dem sich der Regisseur dermaßen in die Effekte verliebt hat, dass er alles um sich herum vergisst. Statt ein zweites Stargate zu sein, ist 10.000 B.C. nur ein Beweis dafür, was an Emmerichs Filmen seitdem mehr und mehr falsch läuft. Deshalb verdient 10.000 BC eindeutig den Schuldspruch, schließlich unterbietet das Urzeitdebakel sogar noch den nicht gerade überragenden Nachfolger 2012.
Urteil der Jury
Ihr habt die Beweisaufnahme und den Einspruch der Verteidigung gehört. Nun liegt es bei euch, zu entscheiden, ob Roland Emmerich für 10.000 BC eine Verurteilung durch das Filmgericht verdient.
Nach unserer Umfrage sind wir ins uns gegangen und haben neue Formate entwickelt. Das Filmgericht ist eines davon. Sagt uns eure Meinung dazu!
Solltet ihr auch einen Schauspieler oder Regisseur zur Anklage bringen wollen, weil er sich einen Ausrutscher erlaubt hat, dann schreibt doch bitte eine Email an texte[@]moviepilot.de. Wir berufen dann das Filmgericht erneut ein.