Der letzte große Darth Vader-Moment ist 7 Jahre her und Star Wars hat keine Ahnung, was es mit dem legendären Bösewicht machen soll

03.10.2023 - 12:00 UhrVor 7 Monaten aktualisiert
Rogue One: A Star Wars Story
Disney
Rogue One: A Star Wars Story
0
1
Star Wars hat vor sieben Jahren mit Darth Vaders Rogue One-Auftritt eine der besten Szenen der gesamten Saga geschaffen – und dann komplett vergessen, was es mit dem Bösewicht eigentlich anstellen soll.

Ich denke oft an Rogue One: A Star Wars Story. Eigentlich täglich. Die unglaublichen Bilder von Kameramann Greig Fraser, die bereits die Eröffnungssequenz wie einen Samurai-Film aussehen lassen. Der Moment, wenn Michael Giacchinos Musik im Finale den Countdown zur Ankunft des Todessterns untermalt. Und natürlich die Szene, in der ein rotes Lichtschwert in der Dunkelheit aufleuchtet und purer Terror den Film übernimmt.

Der Darth Vader-Auftritt im Rogue One-Finale sorgt selbst sieben Jahre nach Kinostart für Gänsehaut bei mir. Regisseur Gareth Edwards beschwört ein Monster, das sich mit glühender Klinge erbarmungslos durch die schmalen Gänge eines Raumschiffs metzelt. Es ist eine der besten, weil ungeheuerlichsten Szenen der gesamten Saga. Aber bis heute hat Lucasfilm keinen Weg gefunden, daran anzuschließen.

Star Wars hat einen grandiosen Bösewicht und keine Ahnung, was es damit anfangen soll

Vaders Schatten lungert seit Jahren über dem Star Wars-Universum, allerdings traut sich niemand, ihn von der Leine zu lassen. Kylo Ren verehrt den Sith in der Sequel-Trilogie. In der Ahsoka-Serie blitzt Darth Vaders Silhouette durch den Kriegsnebel. Letztes Jahr trat er gleich zweimal gegen seinen ehemaligen Meister Obi-Wan Kenobi an. Doch selbst hier wirkt die womöglich ikonischste Star Wars-Figur verschwendet.

Darth Vader in der Obi-Wan-Serie

Natürlich gibt es zwei, drei starke Augenblicke. Insgesamt entsteht aber der Eindruck, als wird Darth Vader aktuell nur mit Samthandschuhen angefasst, obwohl er die robusteste Figur des Franchise ist. Von dem Furcht einflößenden Bösewicht aus Rogue One ist nicht viel zu spüren. Gezähmt statt gewissenlos: Könnte dieser Vader überhaupt ganze Planetensystem im Auftrag des Imperators einnehmen und zerstören?

Vader bekommt das aktuell beliebteste Motiv zur Charakterentwicklung übergestülpt: Trauma. Fast jede wichtige Figur hat dieser Tage ein Trauma, das verarbeitet werden muss, besonders wenn es sich um einen Legacy-Charakter handelt, der eine lange Franchise-Vergangenheit mitbringt. Jetzt erleben wir einen Vader, der von seinem Selbsthass verzehrt wird, und an Padmés Grab trauert – eigentlich ein starkes Bild.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle findest du einen externen Inhalt von Twitter, der den Artikel ergänzt. Du kannst ihn dir mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.

Twitter Inhalte zulassenMehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Als ich das obige Comic-Panel zum ersten Mal gesehen habe, sorgte es für Gänsehaut. Inzwischen wirkt es wie die Verlängerung eines Memes, das seinen Weg von der Rezeption in die tatsächlich erzählte Geschichte gefunden hat. Vader wird für kurzlebige Nostalgie-Momente ausgegraben, die etwas Profundes bedeuten sollen. In Wahrheit sind sie aber extrem flach und nichtssagend, wie zuletzt Ahsoka bewies.

Ahsoka zeigt Darth Vader für den Bruchteil einer Sekunde und sperrt ihn dan sofort wieder weg

Die 5. Folge von Ahsoka bringt uns zurück in die Klonkriege, wo Vaders Gestalt kurz den Platz von Anakin im Kriegstreiben einnimmt. Eine verlockende Horroridee, die in ihrer Verspieltheit ganz der Magie des Kinos verschrieben ist. Danach: Leere. Vader wird für einen Trick herausgeholt. Eine bedrohliche Präsenz darf er sich nicht aufbauen. Alles funktioniert ausschließlich über die Erinnerung an ein vergangenes Star Wars.

Das Trauma-Label kolportiert eine Tiefe, die weder erzählerisch noch inszenatorisch vorhanden ist. Es geht nur darum, die Figur zu zeigen. Wie sie aussieht, weiß ich. Ich will sehen, wie sie sich bewegt. Genauso wie in den letzten Minuten von Rogue One, wo uns eine Lawine angestauter Star Wars-Fantasien überrollt. Vader als Kriegsherr, der wirklich Bösewicht und nicht nur Merchandise-Erinnerung sein darf.

Darth Vader in der Ahsoka-Serie

An tragische Figuren ist überhaupt nichts schlimm, im Gegenteil, gerade in Star Wars sind sie mitunter für die besten Geschichten verantwortlich. Das Problem ist, dass Vaders Tragik nicht weiterentwickelt wird. Im Grunde hat George Lucas mit Anakins Fall in Die Rache der Sith und seiner Erlösung in Die Rückkehr der Jedi-Ritter vor Jahrzehnten die Parameter der Figur festgelegt. Seitdem kann sie sich nicht mehr bewegen.

Das Vader-Problem steht stellvertretend für ein größeres Star Wars-Problem: Lucasfilm traut sich nicht, das Vermächtnis anzukratzen, schafft es aber auch nicht, sich davon loszulösen. Immer wieder werden Figuren aus der Vitrine geholt und so schnell wie möglich wieder hinter der sicheren Glaswand weggesperrt, um das Gleichgewicht der Macht zu wahren. Die Wahrheit ist: Das ist zutiefst unbefriedigend.

Bei Star Wars geht es nur noch darum zu zeigen, welche Figuren man hat, obwohl viel mehr möglich wäre

Die digitalen Verjüngungen beliebter Figuren wie Luke Skywalker sind das beste Beispiel dafür. Ein kurzer Wow-Effekt und dann ... nichts. Star Wars kann mit diesen Figuren auf Cameo-Basis im Uncanny Valley keine guten, geschweige denn neuen Geschichten erzählen. Und um Neubesetzungen wird seit dem Flop von Solo: A Star Wars Story ein großer Bogen gemacht. Darth Vader ist eigentlich der perfekte Joker.

Darth Vader in Rogue One: A Star Wars Story

Kostüm und Maske machen die Figur unsterblich. Im Lauf der Zeit wurde Vader von 14 verschiedenen Schauspielern zum Leben erweckt. Allein in der Obi-Wan-Serie sind vier Namen in Verbindung mit Vader im Abspann gelistet. Braucht es noch mehr Vader? Vermutlich nicht. Aber wenn sich Star Wars nicht von seinem Vermächtnis lösen kann, dann sollte es wenigstens eine Figur entfesseln, die man richtig entfesseln kann.

Darth Vader: Fury Road. Ein Bösewicht in Hochzeit seiner Schreckensherrschaft, der seinem Hass freien Lauf lässt, ohne dass wir sofort wieder bei der vertrauten Tragik der Figur sind. Vader als Bösewicht, der wirklich einen Pfad einschlägt, auf dem wir ihm nicht folgen können, weil er in den Abgrund führt. In einer solchen kompromisslosen Geschichte hätte auch der Besuch von Padmés Grab ein völlig anderes Gewicht.

Rogue One hat uns kurz gezeigt, wie aufregend dieses Star Wars aussehen könnte.

*Bei diesem Link zu Disney+ handelt es sich um einen Affiliate-Link. Mit dem Abschluss eines Abos über diesen Link unterstützt ihr Moviepilot. Auf den Preis hat das keinerlei Auswirkung.

Das könnte dich auch interessieren

Schaue jetzt Star Wars: Ahsoka

Kommentare

Aktuelle News