Wenn ich mir die bedeutenden Kriegsfilme der letzten Jahrzehnte vor Augen führe, kommen mir Apocalypse Now, Platoon, Full Metal Jacket, Der Soldat James Ryan, Black Hawk Down und Dunkirk in den Sinn. Der Film, der mir jedoch aufgrund seiner Vielschichtigkeit am eindrücklichsten im Gedächtnis geblieben ist, fehlte in der Aufzählung: Der schmale Grat von Terrence Malick. Das Werk feiert heute sein 20-jähriges Jubiläum. Zeit, die Qualitäten des Kriegsepos nochmals hervorzustellen.
Der schmale Grat: Grausamer Krieg in wunderschönen Landschaften
Kaum ein Kriegsfilm stellt die wunderschöne Natur so gekonnt in Kontrast zu den schrecklichen Bildern des Krieges. Der schmale Grat spielt im Zweiten Weltkrieg auf den Salomonen-Inseln im Pazifischen Ozean. Die USA bekriegen sich mit Japan und so müssen sich die Soldaten durch dichten Regenwald und üppige Graslandschaften kämpfen, die wir abwechselnd mit malerischen Strändem und Küsten zu sehen bekommen. Es drängt sich permanent die Frage auf, wie die Soldaten in diesem fantastischen Naturparadies nur daran denken können, sich gegenseitig umzubringen.
Verstärkt wird dieser Eindruck dadurch, dass auf den Inseln indigene Völker leben, welche mit dem abscheulichen Schauspiel des Krieges nichts zu tun haben oder nur die Leidtragenden sind. In keiner Szene wird die Absurdität des Krieges deutlicher als in jener, in der ein Ureinwohner völlig gelassen eine amerikanische Patrouille passiert. Die Szene spricht Bände und wird mir immer als mahnendes Symbol im Gedächtnis bleiben.
Kriegsgemetzel in Der schmale Grat, das einen nicht kalt lässt
Natürlich zeichnet sich Der schmale Grat auch durch hervorragend inszenierte Kampfhandlungen aus. Besonders eindrücklich sind die Szenen, in denen eine Einheit der Amerikaner eine Gefechtsstellung der Japaner an einem Grashügel einnehmen will. Dabei bewegt sich die Kamera wie die Angreifer gebückt auf Augenhöhe durch das Gras. Sobald ein Soldat seinen Kopf im falschen Moment aus dem hohen Gras hebt, pfeifen ihm und dem Zuschauer die glühenden Kugeln um die Ohren. Ringsum schlagen Granaten ein und der Rezipient bleibt nicht lange von den Schmerzensschreien der Verwundeten und den Bildern von zerfetzten Körpern verschont. Der Film beleuchtet dabei auch eindringlich das Leid der japanischen Soldaten und zeigt damit auf, dass der Krieg stets Täter und Opfer auf beiden Seiten produziert.
Poetisch reflektierende Soldaten in Der schmale Grat
Es wäre kein Terrence Malick-Film, wenn es nicht lange Einstellungen gäbe, in denen die Figuren, in dem Fall Soldaten, über Gott und die Welt sinnieren und ihre Gedanken in Off-Kommentaren zugänglich machen würden. Da der Film nicht nur aus solchen Passagen besteht und es genügend spannende Szenen gibt, tragend sie in Der schmale Grat zur Vielschichtigkeit bei und wirken sehr bereichernd.
Ich kann mich noch genau daran erinnern, als meine Mutter starb. Ganz verschrumpelt und grau sah sie aus. Ich hab sie gefragt, ob sie Angst hat, doch sie schüttelte nur den Kopf. Ich hatte Angst, den Tod, den ich in ihr sah, zu berühren. Ich konnte nichts Schönes oder Erhebendes daran finden, dass sie zu Gott zurückkehrt. Manche Menschen reden von der Unsterblichkeit. Doch die hab ich noch nie gesehen.
Kommt unser Untergang der Erde zugute? Hilft er dem Gras beim Wachsen, der Sonne beim Scheinen? Ist diese Dunkelheit auch in dir? Hast du diese Nacht durchschritten? Warum herrscht dieser Krieg im Herzen der Natur ?
Warum bekriegt die Natur sich selbst? ... Kämpft das Land gegen die See ... Gibt es eine rächende Kraft in der Natur ? ... Nicht nur eine, sondern zwei?
Der schmale Grat: Zahllose Stars als Soldaten
Vielleicht wäre es einfacher aufzuzählen, welcher Hollywood-Star in Der schmale Grat nicht in Erscheinung tritt. Die größte Rolle hat zweifellos Jim Caviezel. Er spielt glänzend einen jungen Soldaten, der sich in den Wirren des Krieges immer wieder von der Truppe entfernt, um in der Natur und bei den Einheimischen seinen inneren Frieden zu finden. Daneben treten im Film auch folgende Stars auf: Woody Harrelson, John Travolta, Sean Penn, Nick Nolte, John Cusack, George Clooney, Adrien Brody, John C. Reilly, Jared Leto, Miranda Otto, Ben Chaplin und viel mehr.
Die Musik von Hans Zimmer
Schließlich unterstreicht der Soundtrack von Hans Zimmer sowohl die Kriegsszenen als auch die poetisch angehauchten Reflexionen der Soldaten wunderbar. Genial wird der Score, wenn er die folkloristischen Gesänge der melanesischen Ureinwohner einbindet und so die zuvor gesehenen Gräueltaten kontrapunktiert.
Somit kann ich für mich behaupten, dass der schmale Grat auch 20 Jahre nach seiner Premiere noch zu begeistern vermag. Da er genau das bietet, was ich von einem guten Kriegsfilm erwarte: Einen Film, der den Krieg aus mehreren Blickwinkeln betrachtet, nichts beschönigt und spektakuläre Bilder gepaart mit einem guten Soundtrack liefert. Wenn dann auch noch einige Hollywood-Stars auftreten, umso besser.
Welcher Kriegsfilm ist bei euch am stärksten im Gedächtnis hängen geblieben?