Während sich die 3. Staffel von The White Lotus im Fernsehen dem Ende neigt, kündigt sich auf der großen Leinwand der nächste Traumurlaub an, der in einer Katastrophe endet. Eden entführt auf die Insel Floreana, die sich vor der Westküste Südamerikas befindet und zum Galápagos-Archipel gehört. Hier kann man der Gesellschaft und ihren Problemen entkommen und eine neue Welt schaffen – weit gefehlt.
Der von Ron Howard inszenierte Film beginnt mit Berichten aus einer Utopie. Schnell wird jedoch klar, dass im vermeintlichen Paradies nicht nur die Sonne scheint. Vielmehr ziehen graue Wolken auf und verdunkeln den Himmel. Schatten breiten sich aus und offenbaren die zerfressene Seele der Figuren. Eden ist das mit Abstand düsterste Werk in Howards Filmografie, die sich überwiegend aus Comfort-Blockbustern zusammensetzt.
Nach The White Lotus verwandelt sich in dem Surival-Thriller Eden das Paradies in die Hölle
1929 kehren der deutsche Arzt Dr. Friedrich Ritter (Jude Law) und seine Lebensgefährtin Dore Strauch (Vanessa Kirby) ihrer Heimat den Rücken, um auf Floreana ein neues Leben anzufangen. Während Strauch, die an Multipler Sklerose leidet, auf die Heilung ihrer Krankheit hofft, will Ritter ein philosophisches Manifest schreiben und berichtet in Briefen, die begeistert in Europa gelesen werden, von seiner Pionierarbeit.
Hier könnt ihr den Trailer zu Eden schauen:
Besonders angetan von den schriftlichen Übermittlungen ist der Kriegsveteran Heinz (Daniel Brühl). Mit seiner Frau Maragret (Sydney Sweeney) und seinem an Tuberkulose erkrankten Sohn Harry (Jonathan Tittel) macht er sich drei Jahre später auf den Weg nach Floreana. Kurz darauf taucht die selbsternannte Baronin Eloise Wehrborn de Wagner-Bosquet (Ana de Armas) mit ihren beiden Liebhabern auf.
Von einem Luxusressort ist hier zwar weit und breit keine Spur zu entdecken. Schon bald trifft Eden aber einen ähnlichen Nerv wie The White Lotus: Vor traumhafter Kulisse brodelt es tief im Inneren der Figuren, sodass man nur darauf wartet, dass die Situation eskaliert. Und das tut sie – gewaltig. Denn Eden basiert auf einer wahren Geschichte, die mit mehreren Toten endet. Doch wie konnte es so weit kommen?
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Mit Eden entfesselt Ron Howard seinen heimlichen Werner Herzog und blickt direkt in den Abgrund
Den versöhnlichen Filmemacher Ron Howard, der Robert Langdons Schnitzeljagden in Szenen setzt und drei Astronauten auf dem beschwerlichen Heimweg begleitet, sucht man in Eden vergebens. Von Anfang an ist klar, dass an diesen Sandstränden niemand glücklich wird. Auf den trügerischen ersten Blick offenbart sich eine unbarmherzige Natur, die den Siedler:innen alles andere als wohlgesonnen gegenübersteht.
Bevor die Gemüter aneinandergeraten, werden Körper und Geist von der Umgebung auf die Probe gestellt. Mitunter wirkt es, als schielt Howard in die Richtung von Werner Herzog, den nur wenige Dinge so sehr faszinierenden wie die Ohnmacht des Menschen im Angesicht der Wildnis. "Es gibt keine Harmonie im Universum", erklärt Herzog in Die Last der Träume. Eden löst dieses Versprechen 129 Minuten lang ein.
Jeder Versuch, eine neue Welt auf Floreana schaffen, scheint zum Scheitern verurteilt. Vor allem dann, wenn sich die Menschen gegeneinander wenden. Teils, weil sie gebrochen sind. Teils, weil sie nicht einander vertrauen. Oder im Fall der Baronin: Weil sie keinerlei Gespür für irgendwas besitzt. Ein Umstand, den sich Ana de Armas zum Anlass nimmt, um eine ihrer bis dato wahnwitzigsten Performances abzuliefern.
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Ana de Armas macht in Eden keine Gefangenen: Ihre Baronin zerstört die Insel im Alleingang
Erinnert ihr euch noch, als de Armas in Knock Knock an Keanu Reeves' Haustür klopfte und ihm den Albtraum seines Lebens bescherte? Genau das wiederholt sie nun mit Jude Law, in dessen Augenringen sich mehr Menschenhass mit jeder Person sammelt, die ihr Lager auf seiner Insel aufschlägt. Floreana verwandelt sich in einen kochenden Kessel, in dem sich fünf Hollywood-Stars auf engstem Raum an die Gurgel gehen.
Während de Armas das Paradies genüsslich in Flammen aufgehen lässt, versteifen sich Laws Gesichtszüge, bis ihm die Bestie in seinem Inneren entwischt und sich sogar mit Vanessa Kirbys entschlossener Härte anlegt. Daniel Brühl versucht, die Naivität und Schaffenskraft seiner Figur zu bündeln, doch irgendwann liegen auch hier die Nerven blank, ehe sich Sydney Sweeney als das (eiskalte) Herz des Films entpuppt.
Selbst dem niederschmetternden Überlebenskampf von Im Herzen der See konnte Howard mehr Hoffnungsschimmer abgewinnen, als diesem bissigen, intriganten Treiben zwischen verführerischen und destruktiven Blicken. Was als Zivilisationsflucht beginnt, mutiert zum ungemütlichen Psycho-Thriller in trüben Farben, die Floreana wie den trostlosesten, feindseligsten Ort auf Erden wirken lassen. Willkommen am Abgrund.
Eden läuft seit dem 3. April 2025 in den deutschen Kinos.