Im Frühling 2018 schlugen sich der Streaming-Dienst Netflix und das Filmfestival von Cannes die Köpfe ein. Das elitäre Cannes versagte dem Emporkömmling Netflix entschlossen den Zugang zur Veranstaltung, weil Netflix seinen Filmen den Zugang zum Kino verweigerte. Ein Jahr später geht Netflix als Sieger aus diesem Streit hervor, auch weil es sich, wenn auch murrend, dem Kino als Filmverwirklichungsstätte öffnete. Um Roma, dem Vorzeige-Netflix-Orginal, den Oscar-Run zu ermöglichen, mietete der Streaming-Anbieter weltweit Kinos an.
Heute wurden die Oscar-Nominierungen 2019 vergeben und bei dem wichtigsten Filmpreis der Welt ist Netflix in so vielen Kategorien vertreten wie noch nie. Netflix kann seit Kurzem die erste Nominierung in der Kategorie Bester Film überhaupt vorweisen und stellt zudem den Film mit den meisten Nominierungen im Teilnehmerfeld.
4 Netflix-Filme haben Oscar-Chancen
Die 15 Oscar-Nominierungen (sieben mehr als 2018) für Netflix-Originals verteilen sich auf vier Filme. Der von den Coen-Brüdern inszenierte Episdenwestern The Ballad of Buster Scruggs erhielt davon drei. Gleich zehnmal ist Alfonso Cuaróns Roma vertreten - kaum ein anderer Film im Feld vereint mehr Oscar-Chancen auf sich. Nur The Favorite konnte ebenfalls 10 Nominierung ergattern. Zwei Eisen im Feuer hat Netflix darüber hinaus in der Kategorie Bester Dokumentar-Kurzfilm.
Hier seht ihr alle Nominierungen für Netflix-Filme beim Oscar 2019
Bester Film
Roma
Beste Regie
Alfonso Cuarón - Roma
Yalitza Aparicio - Roma
Beste Nebendarstellerin
Marina De Tavira - Roma
Bestes Originaldrehbuch
Roma
The Ballad of Buster Scruggs
Bester fremdsprachiger FilmRoma
Beste Kamera
Roma
The Ballad of Buster Scruggs
Bestes SzenenbildRoma
Bester TonschnittRoma
Beste Tonmischung
Roma
Bester Filmsong
When a Cowboy Trades His Spurs for Wings - Buster Scruggs
Bester Dokumentar-Kurzfilm
Endspiel
Period. End of Sentence
Der Oscar-Erfolg von Netflix ist bemerkenswert, aber keine Überraschung
Wie Vox schreibt, puschte Netflix die Oscar-Kampagne für Roma mit 25 Millionen US-Dollar. Die deutliche Präsenz im Oscar-Feld ist kein Zufall. Netflix braucht Aushängeschilder wie Roma, um weitere Filmemacher an- und von den etablierten Studios wegzulocken. Mit Buster Scruggs und Roma wurden zudem jeweils Filme von Regisseuren betreut, die bereits Oscars gewannen, also ein gewisses Prestige mitbringen und den Mitgliedern der Academy bekannt sind.
Netflix kaufte sich quasi eine Oscar-Garantie, wobei gerade die flächendeckende Anwesenheit von Roma natürlich nicht planbar ist. Das Sozialdrama ist sowohl in technischen Kategorien als auch in Darsteller-Kategorien vertreten - auch Cuaróns Drehbuch fand Beachtung. Zudem darf sich der Gravity-Regisseur über Nominierungen in den Königskategorien Bester Film und Beste Regie freuen. Der Erfolg von Roma hatte sich jedoch schon lange angedeutet. Roma siegte im Herbst beim Wettbewerb von Venedig. Filme, die dort erfolgreich sind, haben meist auch gute Chancen bei der Oscar-Verleihung.
Netflix erzwingt den Erfolg bei den Oscars
Einen ersten Versuch, in den Oscar-Klub einzudringen, startete Netflix 2016 mit Beasts of No Nation von Cary Fukunaga. Spätestens bei der Verleihung im Jahr 2018 sorgte Netflix dann auch mit Erfolgen für Aufsehen. Mit der Dokumentation Ikarus gewann erstmals ein von Netflix exklusiv verbreiteter Film einen Oscar. Im selben Jahr zog das in Sundance eingekaufte Drama Mudbound 4 Nominierungen an, konnte davon aber keine in eine Trophäe umwerten. Dass Roma in diesem Jahr dasselbe Schicksal widerfährt, ist so gut wie ausgeschlossen. Netflix-Filme sind bei den Oscars nicht mehr nur zu Gast, sondern Favoriten.
Wird Roma zum großen Abräumer bei den Oscars 2019?