Synchronisation - Gottes Werk & Teufels Beitrag

25.01.2012 - 08:50 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Bekannt für ihre (deutsche) Stimme
Fox/Columbia Pictures/Warner Bros. Pictures/moviepilot
Bekannt für ihre (deutsche) Stimme
73
70
Die moviepilot-User haben noch immer etwas zu sagen. Und die Themen, zu denen sie sich äußern, sind stets hochinteressant. So auch diesmal, denn es geht um den Dauerstreitpunkt Synchronisation.

Jeder kennt sie, manch einer braucht sie, manch einer verachtet sie, manch einem fallen sie gar nicht auf – Synchronisationen. Jeder hat sich schon mal einen synchronisierten Film angesehen, schaut sie vielleicht sogar regelmäßig, oder weiß zumindest, was es damit auf sich hat. Denn gerade hier im deutschsprachigen Raum kommt man ja kaum an Synchronisationen vorbei.

Aber wieso werden Synchronisationen so sehr gehasst? Gibt es wirklich einen guten Grund dafür, die Originalfassung eines Films zu bevorzugen? Oder gibt es vielleicht auch Synchronfassungen, die einen Film verbessern können?

Es steht natürlich ganz zweifellos fest, dass die beste Fassung eines Films immer die Originalfassung ist. Denn zum einen passt natürlich keine Stimme so gut zu einem Schauspieler wie seine eigene, zum anderen klingen Dialoge immer am besten, wenn sie in der Sprache zu hören sind, in der sie geschrieben wurden. Akzente, Dialekte, Reime, Wortspiele oder auch das vor allem in amerikanischen Filmen gerne verwendete F-Wort, vieles geht bei der Übersetzung einfach verloren, was dann durchaus auch für Verwirrung oder unfreiwillige Lacher sorgen kann. Mehrsprachig gedrehte Filme, als prominentestes Beispiel sei an dieser Stelle mal Quentin Tarantinos Inglourious Basterds genannt, welcher zu ca. einem Drittel jeweils in Deutsch, Englisch und Französisch gehalten ist, können gar nicht korrekt übersetzt werden, ohne den Inhalt seines Sinns zu berauben.

Des Weiteren geht bei einer Synchronisation natürlich auch immer viel von der Atmosphäre eines Streifens verloren. Das Meiste dessen, was ein Schauspieler ausdrückt, kommt, neben seiner Mimik, durch die Arbeit mit seiner Stimme zustande. Wenn man einen Satz nur ein klein wenig anders betont, kann er oftmals schon eine komplett andere Bedeutung bekommen. Da ist es dann natürlich fatal, wenn ein Schauspieler dem wichtigsten Instrument seiner Arbeit beraubt wird, und jemand anders einen fremden Text über seine Darbietung spricht.

Einen Schauspieler, beziehungsweise seine erbrachte Leistung in einem Film, zu bewerten, ist daher überhaupt gar nicht möglich, wenn man ihn nicht im Originalton gehört hat. Eine nette, kleine Anekdote hierzu handelt von einem Typen, der nach unzähligen synchronisierten Filmen mit Robert De Niro mal einen im Original gesehen hat und dann nur meinte: „Mann, ist der mies.“

Dass Robert De Niro ein mieser Schauspieler wäre, kann ich so zwar nicht bestätigen, aber an dieser Geschichte lässt sich ganz klar erkennen, dass Synchronisationen nicht immer Teufelshandwerk sein müssen und einen Film nicht immer kaputt machen müssen. Gerade Christian Brückner gehört zu denjenigen, die ihren Job wirklich hervorragend machen. Seine markante Stimme hat nicht nur den Effekt, dass sich bestimmt schon manch ein Taxifahrer zu ihm umgedreht hat, um zu sehen, wer da gerade Platz genommen hat, sondern passt außerdem zum Hollywoodstar, wie die berüchtigte Faust aufs Auge. Christian Brückner ist außerdem ganz ohne Frage der Grund, warum ich Filme mit Robert De Niro auch problemlos auf Deutsch genießen kann.

Sowieso bin ich generell mit der Arbeit unserer Sprecher sehr zufrieden. Manchmal lässt es sich ja eben doch nicht vermeiden, einen Film in der deutschen Fassung zu sehen, sei es, weil man einen Filmabend mit Freunden macht, die nichts vom Originalton halten, oder weil man einen Film erst einmal im Fernsehen sehen möchte, bevor man ihn sich auf DVD zulegt. Und wenn ich mir einen Film in der synchronisierten Fassung anschaue, bin ich schon ziemlich froh, dass ich in Deutschland lebe, und nicht irgendwo anders.
Ich erinnere mich zum Beispiel noch ganz genau, wie ich vor ein paar Jahren in meinem Hotelzimmer in Brüssel saß, den Fernseher einschaltete, ein bisschen die Programme durchschaltete und schließlich bei Friends hängen blieb. Jedoch nicht besonders lange. Dies lag allerdings nicht einmal unbedingt daran, dass relativ schnell gesprochen wurde und ich deshalb nicht alles verstehen konnte, sondern einfach daran, dass die französische Synchronfassung insgesamt absolut grauenvoll war. Die Sprecher passten nicht zu den Darstellern und die Dialoge nicht zu den Gesten. Gar kein Vergleich zu Good Old Germany.

Bei allen, durchaus berechtigten, Kritikpunkten an dieser Arbeit, muss man nämlich ganz ohne Frage zugeben, dass die deutschen Synchronfassungen die mit Abstand besten sind, die es gibt. Da kommen die Franzmänner oder gar manche osteuropäische Länder, in denen alle Rollen eines Films von einem einzigen Menschen gelesen werden, nicht mal annähernd ran.

Denn mal ganz davon abgesehen, ob die Dialoge eines Films nun angemessen übersetzt wurden, oder ob die Sprecher zur Figur passen, die Stimmen, die uns hierzulande vorgesetzt werden, sind einfach großartig. Ob nun Philipp Moog, David Nathan oder Andreas Fröhlich, viele der deutschen Sprecher haben eine eingängige, sehr angenehme Stimme, der ich mitunter stundenlang zuhören könnte.

Und genau das ist der Grund, weshalb ich einer gut gemachten Synchronisation nicht vollkommen abgeneigt bin. Ein gutes Beispiel für jemanden, der seine Arbeit in diesem Métier voll und ganz versteht, ist der Berliner Tobias Meister. Den meisten Filmliebhabern vermutlich bekannt als die deutsche Stimme von Sean Penn, Gary Sinise, Forest Whitaker und vielen anderen. Und der Mann ist einfach gut, das kann man nicht anders sagen. Er ist sogar so gut, dass ich ewig nicht mitbekommen habe, dass Brad Pitt und Jack Bauer tatsächlich dieselbe Stimme haben. Jedenfalls nicht offensichtlich, irgendwo im Unterbewusstsein war diese Information vermutlich schon abgespeichert. Dennoch ist dies der Beweis dafür, dass Filme auch Spaß machen können, wenn sie nicht in ihrer Originalfassung zu hören sind, wenn die Synchronsprecher sich anstrengen und ihr Stimmorgan an den Schauspieler und die Rolle anpassen.

Und mal ganz ehrlich, es gibt definitiv auch sehr positive Beispiele für gelungene Synchronisationen. Bruce Willis beispielsweise ist natürlich im Original schon eine coole Sau, mit der Stimme von Manfred Lehmann wird dem Ganzen allerdings noch die Krone aufgesetzt und Bruno ist in der deutschen Fassung der ultimative Inbegriff von Coolness. Dem Schöpfer von Die Simpsons, Matt Groening, gefallen die deutschen Synchronstimmen der gelben Chaosfamilie zum Teil besser als ihre amerikanischen Pendants und Stanley Kubrick empfand die Stimme von Jörg Pleva, der Malcolm McDowell in Uhrwerk Orange sprach, sogar als passender, als McDowells eigene, weshalb er kurzerhand auch für die Synchronisation der Hauptfiguren Kubricks nächster beider Filme eingesetzt wurde.

Außerdem gibt es selbstverständlich auch noch Filme, die an ein jüngeres Publikum gerichtet sind. Und es gibt wohl niemanden, der einem Fünfjährigen einen Film in englischer, oder gar noch schwierigerer Sprache zumuten würde. Auch ständiges Lesen der Untertitel ist in so einem Alter sicher nicht das Wahre. Deshalb halte ich Synchronisationen für Animationsfilme, die vor allem Kinder ansprechen sollen, durchaus für wichtig, auch wenn ich dem modernen Trend, anstatt ausgebildeter, professioneller Sprecher und Schauspieler irgendwelche hippen „Comedians“ für die Vertonung eines solchen Werkes zu engagieren, nur weil sie eben gerade angesagt sind, überhaupt gar nichts abgewinnen kann und deshalb persönlich auch hier lieber beim O-Ton bleibe.

Letztendlich steht einwandfrei fest, dass dem geneigten Cineasten natürlich immer die Originalfassung eines Films zu empfehlen ist, nicht nur, weil man dadurch ein gutes Ohr für fremde Sprachen bekommt, was sich möglicherweise im nächsten Urlaub auszahlen könnte, sondern auch, weil Synchronisationen immer Veränderungen bedeuten, Kompromisse eingegangen werden müssen und Probleme entstehen. Thomas Danneberg hat in der Szene in The Expendables, in der „seine beiden“ Schauspieler Sylvester Stallone und Arnold Schwarzenegger auftraten im Grunde mit sich selbst gesprochen. Was wäre wohl gewesen wenn auch noch John Travolta oder Dennis Quaid mitgespielt hätten?!?

Alles in allem lässt sich aber trotzdem sagen, dass Synchronisationen im Grunde weit weniger nervig und störend sind, als man gemeinhin annehmen könnte. Zumindest hierzulande sind sie zudem sehr hochwertig, sodass es eigentlich gar nicht so schlimm ist, vielleicht sogar ganz angenehm sein kann, ab und zu auch mal einen Film in seiner Muttersprache zu genießen.


Vorschau: Für nächste Woche haben wir leider noch keinen Text. Wer also uns und allen moviepiloten etwas sagen will – nur zu!!!


Dieser Text stammt von unserem User Mr. Pink. Wenn ihr die Moviepilot Speakers’ Corner auch nutzen möchtet, dann werft zuerst einen kurzen Blick auf die Regeln und schickt anschließend euren Text an ines[@]moviepilot.de

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News