Warum ist Cobra Kai ausgerechnet in der finalen Staffel so öde, Netflix?

28.07.2024 - 10:00 UhrVor 7 Monaten aktualisiert
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Eigentlich habe ich mich auf die 6. Staffel Cobra Kai gefreut. Nach den ersten 5 Folgen wünschte ich allerdings, es ginge mit der Hit-Serie so schnell wie möglich zu Ende.

Cobra Kai startete letzte Woche bei Netflix in die 6. Staffel. Ein großes, dreigeteiltes Finale ist geplant. Aber während ich die letzten fünf Staffeln mit Freude geschaut habe, ermüden mich die ersten fünf Folgen von Teil 1. Was ist da nur passiert, dass Cobra Kai mich plötzlich verloren hat?

Das "große Finale"? Cobra Kai verspielt in Staffel 6 mein Interesse

Mit 2 Serien und bald 6 Filmen besitzt die Kampfsportwelt von Karate Kid ein beachtliches Universum. Als Netflix die gehypte YouTube-Premium-Serie Cobra Kai ab Staffel 3 übernahm, wurde auch ich neugierig, obwohl ich weder für den Sport noch die Filmvorgänger eine Leidenschaft übrig hatte. Meine Neugier wurde belohnt: Das Revival war ein absoluter Triumph, der Nostalgie mit Humor und Action kombinierte und ganz nebenbei toxische Männlichkeitsbilder auseinandernahm.

Grund für das Lob war die Mischung aus alten Stars, die nach (mittlerweile 40) Jahren in ihre Rollen zurückkehren, und einer neuen Riege junger Kampfsportler:innen. Dass diesmal der Bösewicht zum Helden aufstieg, machte die Rückkehr mit einer neuen Perspektive interessant. Durch die Augen von Johnny Lawrence (William Zabka) wurde die vorige Hauptfigur Daniel Russo (Ralph Macchio) zum Widersacher.

Davon ist in Staffel 6 nicht mehr viel übrig. Die alten Konkurrenten haben sich buchstäblich zusammengerauft. Und auch wenn die Versöhnung theoretisch ein erstrebenswertes Ziel fürs Finale ist, verliert Cobra Kai schon vor Staffel 6 den interessantesten Serienkonflikt und damit die nötige Reibung. Kleine Streitigkeiten über den Namen des neuen gemeinsamen Dojos ("Miyago-Do" oder "Eagle Fang") und die unterschiedlichen Trainings-Techniken können das nicht ausgleichen.

Sogar die Erzfeindinnen Sam (Mary Mouser) und Tory (Peyton List) sind plötzlich beste Freundinnen, woran auch Johnnys Manipulationen zugunsten besserer Leistungen nichts ändern. Eine harmonische Kampf-Serie hat allerdings nicht denselben Schneid. Und dass sich alle plötzlich (zu) lieb haben, ist nicht das einzige Problem.

Netflix' 6. Staffel Cobra Kai tritt mit alten Mustern auf der Stelle

Dass Cobra Kai mit den dramatischen Russo- und Lawrence-Familienkonflikten sowie den wechselnden Liebeleien der Jung-Stars zuweilen recht seifenopernhaft daherkam, störte mich nie, solange die Charaktere charmant und vielschichtig blieben. Jetzt gründet Johnny mit Sohnemann Robby (Tanner Buchanan) und der Mutter (Vanessa Rubio) seines Protégés Miguel (Xolo Maridueña) ein Zuhause samt Baby. Das wirkt wie der nächste logische Schritt dieser Action-Comedy-Soap-Opera.

Doch während langlebige Seifenopern im Fernsehen von immer neuen dramatischen Skandalen leben, verfällt Cobra Kai nach 6 Staffeln in abgenutzte Muster. Dabei rede ich nicht einmal nur vom mitgeschleiften Erbe eines Mr. Miyagi, der mittlerweile schon posthum Kisten unter Dielenbrettern verstecken muss, um relevant zu bleiben. Sondern von den Schurken.

Die alten Film-Bösewichte John Kreese (Martin Kove) und Terry Silver (Thomas Ian Griffith) in die Serie zurückzuholen, war in der Vergangenheit reizvoll. Inzwischen sind die interessanten Feinde allerdings aufgebraucht und ich muss mit der Enkelin (Alicia Hannah-Kim) eines 1985 nur kurz erwähnten Meisters (C.S. Lee) vorliebnehmen, die das ausgelutschte Schema des wiederbelebten Film-Gegenspielers bedient. Ein Treffen mit Hilary Swanks Karate Kid 4-Heldenfigur wäre spannender gewesen, ist aber mittlerweile fast ausgeschlossen.

Selbst der am Ende von Teil 1 der 6. Staffel als großer Twist verkaufte Seitenwechsel von Hauptfiguren, zieht mir nicht länger die Kampfsportmatte unter den Füßen weg. Auch das ist nämlich ein allzu häufig bemühtes Muster von Cobra Kai. Dass Tory nun für John Kreeses Gegenseite zum Turnier antritt, hätte mehr Durchschlagskraft, wenn diese Entscheidung ihrer Figur zuwiderlaufen würde. Wer zu oft die Loyalitäten wechselt, erntet für den erneuten Betrug jedoch nur ein müdes Schulterzucken.

Mit der 3-geteilten 6. Staffel stellt sich Cobra Kai selbst ein Bein

Mit dem "Sekai Taikai" plant Cobra Kai später in Staffel 6 noch einen großen Karate-Wettbewerb. Ein Kampfsportturnier ist in der Netflix-Serie natürlich nichts Neues mehr. Doch es verspricht zumindest etwas aufregendere Action im bisher schwachen Schlagabtausch.

Dass Netflix Cobra Kais finale Staffel in drei Teilen veröffentlicht, erweist sich allerdings als Nachteil. Statt wie zuletzt bei Bridgerton, You oder The Witcher einen Monat auf die Fortsetzung zu warten, kommt Teil 2 erst Mitte November und Teil 3 sogar erst 2025. Netflix will die Kobra-Kuh im Finale offenbar nochmal richtig melken. Nur leider kommt aus dem Serien-Euter nur noch verwässerte Milch. Nach dem auf der Stelle tretenden Auftakt frage ich mich sogar, ob ich nach monatelanger Wartezeit überhaupt noch Lust auf das Finale habe.

Bei aller Liebe für Cobra Kai kann ich nicht ignorieren, dass Staffel 6 die Ideen ausgehen. Es ist also gut, dass die Hit-Serie zu Ende geht, bevor Netflix sie mit einer uninspirierten Weiterführung ganz kaputt macht. Ich wünschte nur, die Karatekinder könnten mit einem Knall Schluss machen, statt den Abschied auf Raten derart zu verschleppen. Denn einen Gegner zu zermürben, ist im Serien-Marathon noch langweiliger anzusehen als im Kampfsport.

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