"Widerlich und beschämend": Einer der größten Skandalfilme aller Zeiten soll nach 44 Jahren endlich in der nie gesehenen Original-Version erscheinen

20.05.2023 - 10:50 UhrVor 11 Monaten aktualisiert
Malcolm McDowell als Caligula
Penthouse Video
Malcolm McDowell als Caligula
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Es ist einer der Skandalfilme schlechthin. Nach 44 Jahren soll Caligula erstmals in der "originalen" Version veröffentlicht werden. In Cannes wurde sie gezeigt.

Pervers und grausam wie sein Held soll er sein: Caligula. 36 Jahre stand er auf der Liste der jugendgefährdenden Medien. Wer als junger Filmfan in den 90ern oder frühen 2000ern nach Skandalfilmen Ausschau hielt, kam an dem Machwerk mit Uhrwerk Orange-Star Malcolm McDowell nicht vorbei. Die turbulente Produktionsgeschichte des 1979 erschienenen Films ist längst selbst Legende. Sie führte zudem dazu, dass sich die Schöpfer von dem Film über den orgiastischen römischen Kaiser Caligula distanzierten und mehrere unterschiedlich lange Fassungen veröffentlicht wurden, keine davon die "definitive".

Das soll der neue Caligula Ultimate Cut ändern, der bei den diesjährigen Filmfestspielen von Cannes der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Die neue Fassung soll den Ruf eines Films retten, der mit Porno-Szenen und Chaos hinter den Kulissen assoziiert wird.

Darum hat Caligula so einen miserablen Ruf und ist trotzdem Kult

Filmkritiker Roger Ebert bezeichnete Caligula als "widerlichen, absolut wertlosen, beschämenden Trash". Ebert hatte eine Fassung des Historiendramas gesehen, in dem die Story von echten Sexszenen unterbrochen wird. Dabei standen wesentlich größere Ambitionen hinter der Produktion.

Der renommierte Schriftsteller Gore Vidal schrieb das Drehbuch über den selbstzerstörerischen Spross Roms. Kultregisseur Tinto Brass führte Regie und vor der Kamera sammelten sich bekannte Stars wie Peter O'Toole, Helen Mirren und John Gielgud. Die Querelen begannen bei Autor und Regisseur, die sich uneins über die kreative Vision waren. Sie eskalierten in der Entscheidung des Produzenten von Penthouse (ja, genau, dem Penthouse), gegen den Willen der Kreativen unsimulierte Sex-Szenen einzufügen.

Malcolm McDowell und Helen Mirren in Caligula

In Deutschland landete die dekadente Mär auf dem Index und wurde erst 2018 von der Liste der jugendgefährdenden Medien gestrichen. In der Zwischenzeit erschienen unterschiedliche Fassungen in Bootleg- und anderen Versionen. Der Ruf von Caligula geht deshalb sowohl auf seine filmreife Produktionsgeschichte, die vernichtenden Kritiken als auch die Vorstellung zurück, dass da womöglich ein Meisterwerk der 70er Jahre zwischen den Porno-Szenen verloren gegangen ist. Umso größer ist deshalb die Neugier auf den Ultimate bzw. Caligula MMXX Cut.

Das ist das "Neue" an der neuen Caligula-Fassung

Der Ultimate Cut von Caligula verspricht eine neue alte Version. Der Produzent Thomas Negovan hat rund 90 Stunden originales Filmmaterial und Ton-Aufnahmen vom Set durchleuchtet und auf Basis von Gore Vidals Drehbuch eine neue Schnittfassung erstellt. Die Laufzeit der restaurierten Version beträgt 157 Minuten. Diese Fassung enthält keine echten Sexszenen, sondern soll die Geschichte des quasi-inzestuösen Kaisers aus der Schmuddelschublade befreien und zur kritischen Auseinandersetzung anregen. Fans können sich auf nie gesehene Aufnahmen aus der dekadenten Hölle Rom freuen.

Im französischen Filmmagazin Premiere  wird der neue Caligula gelobt. Das Magazin beschreibt diese Version als eine Mischung aus Fellinis Satyricon und der HBO-Serie Rom, aber keineswegs als verlorenes Meisterwerk:

Auch wenn er sauber, ordentlich und gut gekämmt ist, bleibt Caligula ein schmutziges Objekt der 70er Jahre - der Kaiser vergewaltigt ein Paar während der Hochzeitszeremonie mit allen Details. [...] Dennoch hat man wirklich das Gefühl, einen neuen Film zu entdecken, vielleicht etwas radikaler, aber immer noch genauso monströs.

Tinto Brass droht bereits mit dem Anwalt

Ist es die Definitive? Wohl kaum, da mit Vidal und Tinto Brass von Anfang an zwei streitende Geister über dem Projekt standen. Der 90-Jährige Tinto Brass hat sich bereits von dem Ultimate Cut distanziert und drohte in einem Statement mit rechtlichen Schritten, wie die Variety  meldet.

Brass erklärt darin, er sei überzeugt davon, dass diese neue Fassung nicht seiner Vision entsprechen könne. Verhandlungen über seine Beteiligung waren demnach im Vorfeld gescheitert.

Dass selbst die mögliche "Rettung" von Caligula nicht ohne Rechtsstreit auskommt, hätte man angesichts der Vorgeschichte dieses Films ahnen sollen. Noch gibt es keinen deutschen Veröffentlichungstermin für den Ultimate Cut von Caligula.

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