Die Hintergrundgeschichte zu William Friedkins Remake von Henri-Georges Clouzots Thriller-Meilenstein Lohn der Angst ist fast schon spektakulärer als die schweißtreibend spannende Geschichte um vier Truckfahrer, die eine Ladung hochexplosives Dynamit zu einer brennenden Ölquelle transportieren müssen. Nach langen Jahren als Fernsehregisseur war Friedkin 1971 mit dem spröden Cop-Krimi French Connection - Brennpunkt Brooklyn in die erste Liga des New Hollywood vorgestoßen. Ein paar Oscars später setzte Friedkin noch eins drauf und inszenierte den extrem erfolgreichen Horror-Schocker Der Exorzist. Mit so viel Ruhm und Erfolg im Rücken nutzte er seinen Status und machte sich an die Verwirklichung eines Herzensprojektes: der Neuverfilmung von Henri-Georges Clouzots Klassiker Lohn der Angst. Noch heute ranken sich Legenden um die immensen Kosten, die das Projekt verschlungen hat. Atemlos vor Angst (im Original Sorcerer) ging neben Martin Scorseses New York, New York und Michael Ciminos Heaven's Gate - Das Tor zum Himmel als einer der größten Flops in die Geschichte des Kinos ein und trug nicht nur zur Beendung der Blütezeit von Autorenregisseur Friedkin, sondern auch zu der des New Hollywoods bei. Was nicht zuletzt auch an der Geburt des modernen Blockbuster-Kinos mit Filmen wie Steven Spielbergs Der Weiße Hai oder George Lucas' Krieg der Sterne lag. Der Kassenerfolg des letzteren war übrigens mit verantwortlich für den Untergang des zeitgleich erschienenen Atemlos vor Angst an den Kinokassen.
Dass große Flops nicht immer automatisch schlechte Filme sein müssen, belegen bereits die zwei genannten Filme von Scorsese und Cimino. Und auch Atemlos vor Angst ist eines der ganz großen und völlig zu Unrecht vergessenen Spektakel des modernen Abenteuerkinos. Jackie Scanlon (Roy Scheider) hat sich nach seiner Flucht vor den Auftragsmördern eines Gangsterbosses in einem südamerikanischen Dorf fernab von der Zivilisation niedergelassen. Eines Tages erhalten er und drei weitere Männer aus dem Dorf den Auftrag, zwei alte Trucks herzurichten und damit eine Ladung hochexplosives Dynamit zu einer brennenden Ölquelle zu transportieren. Da sich der Brand mit Wasser nicht löschen lässt, sollen die Flammen mit einer gewaltigen Explosion erstickt werden. Aufgrund falscher Lagerung ist der Sprengstoff allerdings instabil, das Nitroglyzerin in den Sprengstäben ist abgelaufen und droht bei der geringsten Erschütterung zu explodieren. Während die vier Abenteurer von ihrer tödlichen Fracht und denTücken des Dschungels bedroht werden, begeben sie sich auf eine lebensgefährliche Höllenfahrt durch das Herz der Finsternis...
Wie zuvor erwähnt, fielen die meisten Kritiken zu Atemlos vor Angst eher harsch aus. Kritiker-Legende Roger Ebert bildete eine der wenigen Ausnahmen. Er bezeichnete 1979 Friedkins Thriller, den er zu seinen Top Ten der Filme von 1977 zählte, als „übersehenen Klassiker.“ Vor allem die legendäre Brückenszene lobte Ebert in höchsten Tönen: „Es ist die vielleicht spannendste Szene im gesamten Film. Es handelt sich um eine Kombination von Verzweiflung, Spannung und großartigen Spezialeffekten.“ Insbesondere die Kulissen und Szenarien fesselten den Kritiker: „Die Dschungel-Szenen, die Regenfluten und die Feuerkatastrophen gehören zu den spannendsten Szenen, die ich jemals gesehen habe.“ Na wenn das mal nichts ist.
Arte zeigt William Friedkins Atemlos vor Angst erstmals in der ungekürzten Schnittfassung von 121 Minuten. Zuvor konnte man den Abenteuer-Thriller hierzulande lediglich in einer arg verstümmelten Fassung von nur 88 Minuten sehen. Wer sich Blockbuster- und Abenteurfilm-Spezialist schimpft und Atemlos vor Angst noch nicht gesehen haben sollte, hat heute Abend ein Pflichtprogramm, das es zu absolvieren gilt!
Was? Atemlos vor Angst
Wann? 21:45 Uhr
Wo? arte