X-Men - Warum die erste Trilogie nicht zu unterschätzen ist

24.05.2016 - 08:50 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
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Derzeit schließt X-Men: Apocalypse die zweite Trilogie um die Marvel-Mutanten ab. Aus diesem Grund habe ich mir die ersten drei Verfilmungen noch einmal angesehen und musste feststellen, dass sie den jetzigen Filmen nicht in allem nachstehen.

Bereits vor 16 Jahren begannen Marvels Mutanten mit X-Men - Der Film, das Kino zu erobern. Seitdem werden wir in nicht allzu großen Abständen immer wieder von Wolverine, Professor X und Magneto vor die große Leinwand gezerrt. Doch im Zuge der neuen Trilogie, die mit X-Men: Erste Entscheidung ihren Anfang gefunden hat, geraten die ersten drei Filme der X-Men-Reihe immer mehr in Vergessenheit. Um dem entgegenzuwirken, habe ich mir die alten Streifen noch einmal zu Gemüte geführt. Dabei sind mir diverse Faktoren aufgefallen, die dort sogar besser funktionieren als bei den letzten drei Filmen.

Muss Figurenvielfalt immer ausgeschöpft werden?

Es gibt unzählige X-Men. Da muss ich nicht einmal auf die Comic-Vorlage verweisen, denn die Filme demonstrieren immer wieder, dass sie aus einem scheinbar unendlichen Vorrat aus Figuren für die nächste Fortsetzung ein paar neue Charaktere aus dem Hut zaubern können. Schon mit dem ersten X-Men-Film aus dem Jahr 2000 wird uns klar, dass wir niemals alle Schüler aus Charles Xaviers (Patrick Stewart) Schule für begabte Jugendliche kennenlernen werden. Dementsprechend haben sich die Verantwortlichen um Regisseur Bryan Singer damals für das Erzählen einer kleineren Geschichte entschieden. Zentraler Dreh- und Angelpunkt war Rogue (Anna Paquin). Ihr zur Seite stehen Wolverine (Hugh Jackman) und der engere Kreis aus Xaviers Gefolgschaft. Jeder der Handvoll Mutanten hat innerhalb der Story seine Aufgabe, aber niemand steht so sehr im Mittelpunkt wie Rogue und ihre Rolle für Magnetos (Ian McKellen) Vorhaben. Als Zuschauer sind wir nicht enttäuscht, Comic-Fans freuen sich, ihre Lieblinge zu sehen, und der Kinoanhang, der eigentlich nichts mit Comic-Verfilmungen am Hut hat, bekommt die Gesellschaftsparabel auf dem Silbertablett serviert. Alle sind glücklich, jeder wird satt. Es gab Anfang der 2000er eine andere Definition für einen guten Blockbuster. Heute ist der Konsument der Großproduktionen gieriger. Ich zähle mich zu solchen.

Beginnt jemand mit X-Men: Erste Entscheidung, in das Universum der Mutanten einzutauchen, besteht die Gefahr der Überforderung. Wir bekommen die Geschichte von diversen Figuren vorgesetzt und niemand kann wirklich als zentraler Charakter definiert werden. Xavier (James McAvoy) ist genauso wichtig wie Magneto (Michael Fassbender), Raven (Jennifer Lawrence) besticht allerdings auch durch eine riesige Leinwandpräsenz. Selbst die Entwicklung von Mutanten wie Beast (Nicholas Hoult) oder Havok (Lucas Till) bekommen wir nicht nebenbei erzählt. Nein, jede Figur kriegt ihre Leinwandzeit, niemand wird vernachlässigt, und erst recht darf sich keine ihre Geschichte für das Sequel aufbewahren. Nun ja, nach letzterem sieht es zumindest aus. Während wir als Zuschauer uns nach X-Men: Erste Entscheidung fühlen, als würden wir alle Charaktere kennen, ist beispielsweise Wolverine in X-Men - Der Film für uns ein Mysterium geblieben, wie er es auch für sich selbst ist. Erst in X-Men 2 wird uns ein Einblick in seine Vergangenheit gewährt. Drei Jahre haben wir damals gewartet, denn das macht eine Blockbuster-Reihe eben aus: Cliffhanger und Abschluss so zu verpacken, dass niemand bockig, sondern alle in großer Erwartung das Kino verlassen.

Zu viel, zu groß, zu doll?

Und nochmal: Ich finde die drei neueren X-Men-Filme hervorragend. Aber das Ergebnis der alten Trilogie waren drei Filme, die ich gern auch den Nicht-Comic-Liebhabern präsentiere, denn über ein gutes Märchen rümpft niemand die Nase. Filme, die jedoch mit Figuren, der Konstellation ebendieser, riesengroßen Geschichten und einer uneingeschränkten Aufmerksamkeit arbeiten wollen, sind nicht für jeden zu verdauen. Da wird der Kopf schnell schwer und die Fortsetzung kann sich der Comic-Nerd dann bitte allein ansehen. Das stimmt mich ein wenig traurig, denn X-Men: Zukunft ist Vergangenheit ist in meinen Augen eine der besten Comic-Verfilmungen überhaupt. Nur eben kein Film für "die ganze Familie."

Am Wochenende hat mir dann ein wenig das Herz geblutet, denn egal, mit welcher Intensität sich Bryan Singer auch bei X-Men: Apocalypse wieder in die Tiefe jeder einzelnen Figur geschmissen hat, ist die Botschaft des dritten Films der neuen Trilogie dann doch die zugänglichste. Allmächtiger Bösewicht tritt gegen die gesammelte Power der Guten an. Herzschmerz ist dabei und Familie wird rechtschreibkonform groß geschrieben. Für die Nicht-Comic-Fans, für den Kino-Anhang wäre X-Men: Apocalypse wieder ein guter und entspannter Einstieg. Leider ist der Film dann kaum verständlich, wenn die beiden vorigen Streifen nicht gesehen wurden. Da hat selbst X-Men: Der letzte Widerstand, den jeder X-Men-Fanatiker nicht wirklich gucken mag, für das Blockbuster-Publikum mehr getan.

Eigentlich alles super, aber ...

Das ist alles ziemlich schade. Denn gerade, was die Tiefe der Charaktere angeht, gibt sich die neue Trilogie auf erfolgreiche Weise um einiges mehr Mühe. Nur macht einen das als Unkundiger nur fertig, da gleich diverse Figuren ihre eigenen Tiefen erkunden (müssen). Heute wird von einem gepflegten Comic-Blockbuster alles verlangt: pralle Action, eine Geschichte, die nicht nur Sinn ergibt, sondern auch noch komplex für das zweite und dritte Anschauen ist, und verständliche Charaktere. Das Ergebnis sind schnelle Filme, die ohne Überlänge selten auskommen. Als Fan der allgemeinen Comic-Verfilmung erfreut mich diese Entwicklung natürlich ungemein. Allerdings glaube ich auch, dass es eine ganze Menge an potentiell neugierigen Kinogängern abschreckt. Steile Hypothese, ich weiß.

Welche X-Men-Trilogie ist für euch die bessere?

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