Auf der Suche nach dem Kribbeln im Bauch

02.06.2014 - 17:30 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Rocket Science
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Mein Name ist Charel und ich bin der Neue, das heißt der neue Praktikant bei moviepilot. Hier erzähle ich kurz, wie meine Leidenschaft für Film entstanden ist, was bei mir etwas länger gedauert hat als bei vielen anderen.

Wenn es ums Kino geht bin ich eher ein Spätzünder. Natürlich mag ich Filme seit meiner frühen Kindheit, aber eher zum Zeitvertreib denn als Lebensinhalt. Meine erste Erinnerung an die große Leinwand ist gleich einer der besten Kinderfilme aller Zeiten: Toy Story 2. Kein schlechter Start, doch mein Andenken an diesen Tag sind nicht die Abenteuer von Woody und Buzz, sondern das leckere Popcorn, das in der Lobby verkauft wurde. Erste Tränen gab es drei Jahre später, als E.T. – Der Außerirdische zum zwanzigjährigen Jubiläum zurück in die Kinosäle kam. Ansonsten hat die siebente Kunst meine Kindheit kaum geprägt. Wie die meisten in meiner Generation wuchs ich mit VHS-Kassetten von Disney- und Pixar-Klassikern auf. Wie die meisten in meiner Generation schaute ich Der Herr der Ringe: Die Gefährten und Spider-Man, als ich eigentlich noch zu jung war.

Es dauerte bis zum Jahr 2007, bis ich mich endlich ins Kino verliebte. Dafür ist Rocket Science verantwortlich. Eine kleine amerikanische Independen-Produktion, die kaum einer gesehen hat, aber immerhin die Karriere von Anna Kendrick startete. Der Film selbst ist nichts Besonderes. Er handelt von einem stotternden Teenager, der sich in der Debattiermannschaft seiner Schule engagiert, um das Herz eines Mädchens zu gewinnen. Das Besondere war der Kontext: Es war mein erster Film bei den Filmfestspielen von Deauville. Da ich meine Ferien in der Gegend verbrachte und etwas Abwechslung von Sonne, Strand und Meer benötigte, beschloss ich, mich in die Dunkelheit des Kinos zurückzuziehen. Diese dunkle Seite hat mich bisher nicht losgelassen. Zwei Tage und acht Filme später war ich ein anderer Mensch; ich war ein Cineast. Die intensive Erfahrung und einzigartige Atmosphäre eines Filmfestivals hat mir die Augen geöffnet. Hier hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, das alle Filmfans kennen. Das wunderbare Kribbeln im Bauch, wenn du Zeuge von etwas Besonderem bist, wenn du einen Film verstehst.

Dieses Gefühl macht süchtig. Seit diesem ersten Mal bin ich ständig auf der Suche nach der nächsten Dosis. Plötzlich war ich zwei bis drei Mal pro Woche im Kino. Nein, ich war nicht im Kino; ich reiste für zwei Stunden nach New York, in den Wilden Westen oder nach Hogwarts. Es mag ein Klischee sein, aber es ist war: Das Kino ist grenzenlos und Träume werden wahr. Ich entdeckte den skurrilen Humor von Joel Coen und Ethan Coen, den selbstsicheren, eleganten Stil von Martin Scorsese und die Muskeln von Arnold Schwarzenegger. Um ein weiteres Klischee zu nennen: Die Vielfältigkeit des Kinos ist einmalig. Bald begann ich über Filme zu lesen und später sie an der Universität zu studieren.

Meine Verbindung zu Filmfestivals bleibt. 2013 hatte ich das Glück, die Festspiele von Venedig und London zu besuchen. Der Rummel (rote/blaue/grüne Teppiche, hunderte Fotografen, große Stars) rundherum ist allerdings nur Nebensache und eher eine Ablenkung. Das, was zählt, ist das, was in den dunklen Räumen vorgeht. Ob auf Filmfestivals, im Multiplex oder in kleinen Lokalen; ob in Deutschland, England oder Luxemburg, ich bin immer im Kino zu finden auf der Suche nach diesem Kribbeln im Bauch.

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