Ein Niederknien vor Sir Michael Caine

27.08.2013 - 08:45 Uhr
Michael Caine
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Dieser moviepilot kniet vor Sir Michael Caine und hat sich dafür “nur” zwei Filme ausgesucht. Diese zwei Filme haben aber sehr viel miteinander zu tun und Michael Caine schaut damit auch einbisschen auf seine Karriere. Lest selbst!

Meine Damen und Herren, ich heiße Sie herzlich willkommen! Nehmen Sie bitte Platz und richten Sie Ihre Blicke zur Bühne! Bevor wir anfangen, lassen Sie mich Ihnen noch kurz eine Geschichte erzählen, die mich persönlich sehr beeindruckt hat. Es ist eine Geschichte über das Wandelbarsein, die andere besser und schöner vorgetragen haben als ich es je könnte, doch bevor es sonst niemand ins Gedächtnis ruft, will ich es immerhin versuchen!

In dem Theater, in dem Sie sich gerade befinden, wurde vor nicht allzu langer Zeit „Die Zoogeschichte“ aufgeführt – ein Stück mit nur zwei Rollen. Jeden Abend, kurz vor der Vorstellung, würfelten die beiden Darsteller, welcher von ihnen den Peter und wer den Jerry spielen sollte, wodurch die Vorführung von Tag zu Tag anders sein konnte. Ein interessanter Ansatz, der von einem Schauspieler einiges an Wandelbarkeit verlangt.
Im Filmgeschäft ist so ein Vorgehen kaum möglich, da dieses Medium, einmal produziert, nur vervielfältigt wird und lediglich durch Remakes neue Möglichkeiten eröffnet. Allerdings tauchen die Schauspieler des Originals dann meist nur als Gastrolle auf (wie Franco Nero in Django Unchained) oder spielen ihre ursprüngliche Rolle noch einmal (wie Penélope Cruz in Vanilla Sky). Meines Wissens nach einzigartig in der Filmgeschichte ist jedoch Michael Caines Interpretation von Wandelbarkeit, die der erwähnten Theateraufführung der Zoogeschichte gar nicht unähnlich ist:

Im Jahre 1972 erschien der letzte Film von Joseph L. Mankiewicz in Deutschland mit dem Titel Mord mit kleinen Fehlern. Michael Caine verkörpert Milo Tindle, der einen Mann namens Andrew Wyke, gespielt von Laurence Olivier, aufsucht, um mit ihm über dessen Frau zu sprechen. Das Gespräch beginnt harmlos, doch jede Dialogzeile ist ein kleiner Windstoß, durch den sich langsam aber sicher ein Orkan zusammenbraut, der unweigerlich über beide hinwegfegen wird. Tindle und Wyke spielen sich gegenseitig aus – Caine und Olivier spielen sich gegenseitig an die Wand. Milo Tindle durchläuft ein Wechselbad der Gefühle – Michael Caine durchläuft Darstellungen sämtlicher Emotionen und der Zuschauer kauft ihm jede einzelne ab. Zweieinhalb Stunden lang brennt das Feuer der Schauspielkunst immer höher und als Milo Tindle und der Film schließlich ihr Ende finden, tanzt ein ganzer Raum voller Puppen den Applaus für den Mann der stirbt, für Milo Tindle, für Michael Caine.

Als 2007 der Film 1 Mord für 2 in die Kinos kommt handelt es sich um ein Remake von Mord mit kleinen Fehlern, wieder stattet Milo Tindle Andrew Wyke einen Besuch ab. Alles erscheint so vertraut, als würde man einer Schallplatte lauschen, die springt. Doch auch, wenn die Geschichte dieselbe ist, ist alles anders, denn 35 Jahre nach der ersten Verfilmung sind die Würfel vor der Vorstellung anders gefallen und Michael Caine spielt dieses Mal Andrew Wyke, seine Nachfolge als Milo Tindle tritt Jude Law an.
Doch Caine kopiert nicht einfach Oliviers Verkörperung, er schraubt das ironische Schwadronieren eines Edelmannes zurück und würzt stattdessen mit Zynismus und blankem Hass. Sein Wyke unterscheidet sich so sehr von seinem Tindle, dass ein geschickter Cutter beide Filme zusammenschneiden und Michael Caine den Film alleine bestreiten lassen könnte.
Als nun der finale Schuss fällt, stürzt Jude Laws Milo Tindle in den Tod und Streichinstrumente singen die Huldigung an die Sonne Michael Caine, der der Ikarus zu nahe geflogen ist.

Ich hoffe, Sie können mir verzeihen, dass ich Sie habe warten lassen, aber ich als Theater- und Filmfreund möchte einen so großartigen Schauspieler nicht unerwähnt wissen und habe ihm daher aus gegebenem Anlass ein Denkmal gesetzt! Aber nun wünsche ich Ihnen viel Spaß mit dem Stück, dessen Verfilmungen mich gelehrt haben, Michael Caine zu ehren – viel Spaß mit Sleuth!


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