1997 - Technikspektakel auf der Titanic

18.03.2013 - 08:50 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Technikspektakel auf der Titanic
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Technikspektakel auf der Titanic
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1997 setzte James Cameron mit seiner Katastrophenschmonzette Titanic technische und wirtschaftliche Maßstäbe. Künstlerische vielleicht nicht so sehr.

Jeden Dezember zur ungefähr gleichen Zeit laufen auf den einschlägigen Fernsehkanälen die üblichen verdächtigen Vorweihnachtsblockbuster. Bei einigen davon habe ich mich schon immer gefragt, was genau die jetzt eigentlich mit Weihnachten zu tun haben. Zum Beispiel Titanic mit Kate Winslet und Leonardo DiCaprio. Für einen großen Teil des Publikums ist dieser Streifen doch entweder ein tränentreibender Schmachtfetzen, eine nicht enden wollende Fremdschamtortur oder schlicht ein Grund zum Echauffieren, wenn Rose sich am Ende auf der verdammten Tür so breit macht.

Ein Film bricht Rekorde
Ich werde den Teufel tun und an dieser Stelle über den Inhalt von Titanic urteilen. Sicher steckte in dem Stoff mehr Gehalt, als der Film letztlich transportiert. Aber er verstand sich eben auch von Anfang an als kommerziell ausgerichteter Blockbuster, hat also in dieser Form durchaus seine Existenzberechtigung. Diverse wissenschaftliche Texte über das Epos von James Cameron zeigen, dass der Film trotzdem Anhaltspunkte für tiefgründige Studien bietet. Und nicht zuletzt war Titanic eben ein Riesenerfolg, der einen Rekord nach dem anderen brach.

Das bereitgestellte Budget war damals mit 200 Millionen US-Dollar geradezu unanständig hoch angesetzt, was sich aber ganz schnell wieder auszahlte. 1,8 Milliarden US-Dollar spielte Titanic ein, und knackte somit als erster Film überhaupt die magische Milliardengrenze. Elf Oscargewinne von stattlichen 14 Nominierungen gesellten sich dazu. Erst 2009 gelang es wiederum James Cameron, sich selbst zu übertrumpfen und Titanic mit Avatar – Aufbruch nach Pandora vom ersten Platz auf der Liste der erfolgreichsten Filme aller Zeiten zu schubsen.

Mensch gegen Maschine
Fade Handlung und schlechte Dialoge hin und her – was bei Titanic definitiv wenig umstritten ist, ist der immense technische Aufwand, den Filmwissenschaftler gar mit Monumentalfilmen à la Ben Hur oder Cleopatra auf eine Stufe stellten. Während in den frühen Neunzigern spektakuläre Special Effects eingesetzt wurden, um in Filmen wie Jurassic Park oder Independence Day fantastische Welten zu kreieren, verwendete James Cameron die neueste Technik nun eher, um einen möglichst realistischen Eindruck zu erwecken.

Ein eigenes Filmstudio mit den Ausmaßen einer Kleinstadt entstand in der Nähe der mexikanischen Stadt Playas de Rosarito und bot Platz für zwei gigantische Tanks. Der erste beinhaltete eine originalgetreue Nachbildung des Schiffs, der zweite die Inneneinrichtung der ersten Klasse, die sich mit 30cm pro Sekunde im Wasser versenken ließ. Ein Gelenk sorgte außerdem dafür, dass sich das Heck innerhalb von Sekunden um 90°aufrichtete. Den rein menschlichen Makeln konnte aber auch dieser gewaltige technische Aufwand nicht beikommen. Wenn sich die Dreharbeiten verzögerten, lag das hauptsächlich an Kate Winslet und hunderten Statisten, die sich nach stundenlangen Drehs in dem kalten Wasser der Tanks Erkältungen und Niereninfektionen zuzogen.

Als verwirrend beschrieben viele Darsteller außerdem das sogenannte Floppen. Weil der Wind den Rauch der Schornsteine in die falsche Richtung blies, ließ James Cameron die Titanic für die Einstiegsszene nur auf der Steuerbordseite aufbauen – was allerdings nicht mit den historischen Gegebenheiten zusammenpasste – in Southampton hatte das Schiff backbord am Kai gelegen. Also versahen die Ausstatter alles mit spiegelverkehrter Schrift, die Schauspieler mussten entgegengesetzt zu den Angaben im Drehbuch laufen – und gespiegelt wurde schließlich alles in der Postproduktion.

Geschichte in der Gegenwart
Mit historischen Gegebenheiten nahm der Regisseur es generell sehr genau. Das Team recherchierte bei der Originalwerft Harland & Wolff und suchte nach Gegenständen aus dem Katastrophenjahr 1912 – trotzdem weist das Resultat eine stattliche Anzahl von Filmfehlern auf. Um schließlich die dokumentarische Rahmengeschichte um den Schatzsucher Brock Lovett zu drehen, mietete James Cameron das russische Forschungsschiff Akademik Mstislaw Keldysch, das einerseits als Drehort, andererseits als Basis für die Tauchgänge fungierte. Ein auf Snoop Dog getauftes Mini-U-Boot erkundete dabei die nie zuvor gesehenen Innenräume des Wracks.

Aber auch auf der Keldysch gab es noch den menschlichen Makel: Ein bis heute unbekanntes Besatzungsmitglied mischte die Droge Phencyclidin ins Essen der Crew – für den Regisseur und viele andere Mitglieder des Teams endete die Aktion im Krankenhaus. Nach über 160 Drehtagen war der Film aber schließlich abgedreht und trat seinen kommerziellen Siegeszug an. Aus heutiger Sicht setzte Titanic eher wirtschaftliche als ästhetische Maßstäbe.

Was die Menschheit sonst noch im (Film)Jahr 1997 bewegte:

Drei Filmleute, die ihr Debut feierten
Orlando Bloom in Oscar Wilde von Brian Gilbert
Jennifer Garner in Harry außer sich von Woody Allen
Aaron Eckhart in In the Company of Men von Neil LaBute

Drei Filmleute, die gestorben sind
14. März 1997 – Fred Zinnemann, Regisseur von Der Schakal
30. Oktober 1997 – Samuel Fuller, Regisseur und Autor von The Big Red One
04. Dezember 1997 – Richard Vernon, Colonel Smithers aus James Bond 007 – Goldfinger

Die großen Festival- und Award-Sieger waren unter anderem
Oscars – Titanic von James Cameron
Goldener Löwe – Hana-bi – Feuerblume von Takeshi Kitano
Goldener Bär – Larry Flynt – Die nackte Wahrheit von Milos Forman

Die drei kommerziell erfolgreichsten Filme
Titanic von James Cameron
Vergessene Welt – Jurassic Park von Steven Spielberg
Men in Black von Barry Sonnenfeld

Drei wichtige Ereignisse der Nicht-Filmwelt
01. Juli 1997 – Großbritannien gibt Hongkong zurück an die Volksrepublik China
15. Juli 1997 – Slobodan Milošević wird zum Staatspräsidenten der Bundesrepublik Jugoslawien gewählt.
31. August 1997 – Lady Di stirbt bei einem Autounfall in einem Pariser Tunnel

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