Alien: Earth schlägt unerwartete Richtung ein und passt trotzdem exzellent zur Sci-Fi-Reihe

05.08.2025 - 15:00 Uhr
Alien: Earth
FX/Disney+
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In einer Woche startet Alien: Earth bei Disney+ und hier erfahrt ihr jetzt schon spoilerfrei, ob sich die allererste Serie des ikonischen Sci-Fi-Horror-Franchises lohnt.

Anfang des Jahres kürten wir Alien: Earth zur meisterwarteten Serie 2025. Nun startet sie am nächsten Mittwoch, dem 13. August 2025, endlich bei Disney+ *. Ob sich das Warten auf die erste Alien-Serie für Sci-Fi-, Horror- und andere Fans gelohnt hat, findet ihr im folgenden Serien-Check heraus.

Grusel, Sci-Fi, Menschlichkeit: Die Alien-Serie wählt einen packenden Weg

In der Chronologie der 9 Alien-Kinofilme ordnet Alien: Earth sich direkt vor Ridley Scotts erstem Alien-Abenteuer ein. Die Handlung beginnt 2120, also zwei Jahre vor Ripleys Aufeinandertreffen mit dem Xenomorph. Zu dieser Zeit buhlen mehrere Unternehmen auf der Erde um die Vorherrschaft.

Die fünf Konzerne Weyland-Yutani, Lynch, Dynamic, Threshold und Prodigy wollen das Wettrennen der Menschen zur Unsterblichkeit gewinnen. Sind komplett künstlich-intelligente Androiden (Synths) oder doch Cyborgs, also technisch aufgerüstete Menschen, dafür der beste Weg? Der neuste Konkurrent des unter Alien-Fans bekannten Unternehmens Weyland-Yutani heißt Prodigy und geht den Mittelweg. Deren Forscher verpflanzen das menschliche Bewusstsein in einen künstlichen Körper und erschaffen so Hybriden. Hauptfigur Wendy (Sydney Chandler) ist eine davon.

Dann aber geschieht das große Unglück: Ein Raumschiff stürzt auf der Erde ab, mitten in der Großstadt Prodigy City. Die USCSS Maginot befand sich auf dem Rückweg einer geheimen Mission und hat fünf außerirdische Lebensformen an Bord, darunter auch den Xenomorph. Weyland-Yutani schickt Rettungskräfte wie Sanitäter Joe Hermit (Alex Lawther) los, um das Gebäude samt der wertvollen Fracht zu sichern. Zur gleichen Zeit entsendet Prodigy-Gründer Boy Kavalier (Samuel Blenkin) seine Hybriden, um herauszufinden, was die Konkurrenz da in sein Gebäude gecrasht hat. Es dauert nicht lange, bis die Lage zwischen Menschen, Aliens und Androiden eskaliert.

Wer die Karriere von Noah Hawley verfolgt hat, weiß bereits, dass der Serienschöpfer von Fargo und Legion es versteht, populären Stoffen einen neuen Dreh zu geben. So mutig wie er den blutigen Kultfilm der Coens zu einer eigenständigen Anthologie voller Sonderlinge ausbaute und seine X-Men-Figur in einen visuellen LSD-Trip schickte, geht er nun erneut ans Werk. Das Ergebnis: Eine aufregende Alien-Serie mit eigener Identität, die trotzdem zum Sci-Fi-Horror-Franchise passt. Häufig unheimlich, manchmal nachdenklich und trotz seiner vielen künstlichen Figuren überraschend menschlich.

Funktioniert eine Alien-Serie, die nicht im Weltall spielt?

Aber kann die Serie mit ihrem irdischen Schauplatz überhaupt echte Alien-Vibes hervorrufen? Wer Aliens vs. Predator 2 gesehen hat, weiß, wie lächerlich der Xenomorph sich in einer Kleinstadt fernab von Raumschiffen anfühlt. Im Weltall hört dich niemand schreien, auf unserem Planeten bei frustrierenden Filmerfahrungen hingegen schon.

Noah Hawley löst dieses Problem auf clevere Weise: Indem die USCSS Maginot in ein Hochhaus stürzt und dort hängenbleibt, betreten wir trotzdem eine fremde Welt. Wenn die Figuren sich in die Gänge des Schiffs vorwagen, macht es keinen Unterschied, ob wir noch durchs All rasen oder in einem Gebäude festhängen. Dass futuristische Korridore durch die Kollision der Welten plötzlich in gewöhnliche Treppenhäuser übergehen, macht die Serie sogar noch unheimlicher. Der Sicherheitsabstand einer weit entfernten Bedrohung fehlt. The Raid mit Aliens beginnt.

Eine Vorstellung von der Größe der Bilder gaben bereits die bombastischen Trailer zu Alien: Earth. Dieses visuelle Versprechen löst die fertige Serie bei Disney+ ein. In einer atemberaubenden Szene tritt beispielsweise Sanitäter Joe aus der dunklen Enge seines Einsatzwagens, der Staub lichtet sich und über ihm hängt die Hülle des abgestürzten Weltraumkreuzers in der Stadtkulisse. Die überzeugenden Effekte und Sets des 2 Milliarden Dollar schweren Filmuniversums erfüllen die hohen Erwartungen, die auf ihnen lasten. Trotzdem hält die Serie augenzwinkernd an dem (damals) futuristischen Look der ersten Alien-Filme fest, in denen klobige 80er-Jahre-Bildschirme mit grüner Schrift und eckigen Tastaturen ein anderes Zukunftsbild zeichnen als die meisten glatten Sci-Fi-Designs heute.

Wer ein Wiedersehen mit dem ikonischen Alien kaum erwarten kann, muss zudem nicht lange warten. Sabbernd und mordend darf der Xenomorph schon in Folge 1 sein blutiges Handwerk verrichten. Auch später bleibt er präsent, wenn er in unheilvollen Auftritten ein Sonderkommando im Alleingang zerlegt.

Außerdem kommen vier weitere Weltraummonster im abgestürzten Raumschiff auf die Erde. Wo H.R. Gigers Kreatur den erwarteten Schrecken beisteuert, sorgen die neuen außerirdischen Mitstreiter für den Nervenkitzel des Unbekannten. Von einer Alien-Zecke mit gewaltigem Blutsack bis zu einem wandelnden Auge, das sich auf widerlichste Weise Zutritt zum Kopf seines Wirts verschafft, gelingen Alien: Earth ein paar fantastische neue Schreckensvisionen. In Wahrheit gehört die Serie jedoch den künstlichen Menschen.

Hybride Menschlichkeit: Die Serie wagt sich in ein spannendes, unerforschtes Alien-Element

Androiden waren von Beginn an ein wichtiger Teil der Alien-Filme, mal als Bedrohung, mal als Verbündete. Alien: Earth rückt sie nun so stark ins Zentrum, dass die Serie fast Blade Runner Konkurrenz macht, wenn sie fragt, was das Menschsein für eine künstliche Schöpfung bedeutet.

Prodigy-Gründer Boy Kavalier ist in Alien: Earth der intellektuell gelangweilte Peter Pan, der verlorene Kinder ins Nimmerland zerrt. Erst mit dem Erwachsenwerden, so zitiert er Autor J.M. Barrie, verliert der Mensch die "Gewissheit, dass er gewinnen kann". (In einem Alien-Werk vielleicht berechtigterweise?) Entsprechend können in der Serie nur Kinder den Transfer aus ihren todkranken Körpern in synthetische Leiber überleben. Wendy wird der erste, aber nicht der letzte Hybrid mit einem Namen aus dem Roman Peter Pan. Sydney Chandler spielt die rehäugige Hauptfigur als einnehmend starke Ripley-Nachfolgerin.

Viel des unerwarteten Humors, der den düsteren Tonfall auflockert, zieht die Alien-Serie aus der Idee, Kinder in erwachsene Körper zu stecken; weil die äußerlich Erwachsenen sich trotzdem wie neugierige, bockige und unbedarfte Kinder verhalten. Wie menschlich die Hybriden trotz ihrer technisch überlegenen Körper sind, zeigt sich zudem in Abgrenzung zu ihrem stoischen Aufpasser, dem Androiden Kirsh (ein extrem blonder Timothy Olyphant).

Wie zuletzt Alien: Romulus versteht Alien: Earth bei aller Nostalgie für säurehaltige Weltraumkreaturen, dass die Serie einen emotionalen Kern benötigt. Diesen findet sie erfolgreich in der Geschwister-Beziehung von Wendy und Joe, die (wie Rain und Andy in Romulus) ihre Gefühle nicht von maschinellen Körpern begrenzen lassen. Wo hört die Blutsverwandtschaft auf und wo beginnt die Kopffamilie? Nach geteilten Kindheitserinnerungen an Ice Age 4 (!) dürften selbst synthetische Herzen mit ihnen mitfiebern.

Zum Auftakt zeigt Alien: Earth sich somit als aufregendes neues Kapitel in der Alien-Geschichte. Es wird weiterhin vom bedrohlichen "Wesen aus einer fremden Welt" angetrieben, legt seinen Fokus aber auf die Androiden, Cyborgs und Maschine-Mensch-Hybriden des Franchises. Das entpuppt sich als überzeugende Entscheidung. Schließlich bedeutet das englische Wort "Alien" nicht nur "Außerirdischer", sondern auch "fremd" und kann genauso gut auf künstliche Menschlichkeit bezogen werden. In Erwartung, das weiter auszuloten, fließt der vorfreudige Speichel angesichts weiterer Folgen nicht nur beim Xenomorph.

Dieser Serien-Check basiert auf den ersten sechs Folgen von Alien: Earth, bespricht zur Vermeidung von Spoilern aber nur die ersten zwei Episoden. Folge 1 und 2 starten am 13. August 2025 bei Disney+. Den Rest der insgesamt 8 Episoden veröffentlicht der Streamer danach wöchentlich.

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