Der Gang des Westerners der Alten Schule

06.08.2013 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
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Westernhelden schießen und reiten nicht nur, sie tun auch so etwas ganz Normales wie gehen. Das allerdings auf eine ganze besondere Art und Weise. Über den Gang des Westerners der Alten Schule könnt ihr hier einiges nachlesen.

Gutgelaunt und sommerlich gekleidet vom Nordseestrand kommend, wurde ich kürzlich harsch und wenig politisch korrekt von einem Freund ob meiner femininen Gehweise angegangen. Ich hatte keine Ahnung, wovon der gute Mann redete, da ich gerade dabei war, den wippenden Gang von Idris Elba aus The Wire zu imitieren. Ich wies ihn auf die zutreffenden Adjektive hin: männlich, raubkatzengleich, wundervoll. Er schüttelte nur den Kopf. Was war passiert?

Es gibt Schauspieler, deren Gänge so unverwechselbar sind wie ihre Gesichter. Sie in diesem Departement zu imitieren, wird zu ähnlich tragischen Resultaten führen, wie zu versuchen, das oscargekröntes „Wer-hat-hier-gepubst“ Gesicht eines Robert De Niro nachzuahmen. Idris Elba gehört sicherlich zu diesen wundervoll daherwandelnden Leinwandriesen. Aber da Idris Elba leider kein Westernheld ist, wird hier nicht weiter von ihm die Rede sein.

Nein, hier soll es um die großen Westernhelden und die Art und Weise gehen, wie sie den Raum bemessen, zum Duell schreiten, sich ihrem treuen Gaul nähern. Da dieser Artikel weniger ein historischer Abriss und mehr die Schilderung einer persönlichen Obsession ist, fangen wir ganz unvermittelt bei dem vielleicht größten Mann des Westens an.

John Wayne – Unbeholfen & elegant
Das Dahinschreiten von John Wayne schien mir schon als Kind faszinierend. Zu gleichen Teilen unbeholfen und elegant, steif und mit genug Hüfteinsatz, um einen Sambatänzer erröten zu lassen, war ich mir immer nicht ganz sicher, ob die wandelnde Filmlegende gerade einen Hexenschuss auskuriert oder nur euphorisch den Whiskey zur Toilette trägt. Es schien mir immer ein bisschen so, als ob der Duke eine Windel trug: Er presste die Hüfte einfach sehr verdächtig nach vorne. Wenn er denn eine trug, Teufel nochmal, gut für ihn. Sie bewirkte Wunder. Wir alle kennen die ikonische Bildkomposition am Ende von Der schwarze Falke: John Wayne steht wortwörtlich zwischen Tür und Angel, vor sich die Wildnis, hinter sich Heim und Familie, Hüfte leicht vertikal, eine Legende.

Robert Mitchum – Schwungvoll & schleichend
Robert Mitchum drückte selbst in seinem schwungvoll-schleichenden Gang aus, dass das, was da um ihn herum geschah, ihm doch eigentlich ziemlich egal war. Der lakonische Schwerenöter, der im Film Noir Film ebenso leichtfüßig dahinglitt wie im Western, war ähnlich wie John Wayne ein Berg von Mann. Auch seine Bewegungen zeichneten sich durch ein gehöriges Maß an Hüftschwung aus. Anders als John Wayne allerdings, war nichts Unbeholfenes an Robert Mitchum. Er wusste genau, wo er hinging und wie er am besten dort hinkam. Stand ihm irgendwas im Weg, hat er dieses Hindernis meist ohne viel Gezeter entweder erschossen oder geküsst, kein Problem, dankeschön. Lee Marvin, selbst eine Raubkatze von Schauspieler, bemerkte einmal seufzend folgendes über Mitchum: „The beauty of that man. He’s so still. He’s moving and yet he’s not moving.“ Recht hat er gehabt!

Gary Cooper – Gradlinig & beherzt
Zwölf Uhr mittags war der erste Western, den ich gesehen habe, auf jeden Fall der erste, den ich abgöttisch liebte. Neben dem hypnotischen Titellied („Do Not Forsake Me Oh My Darling“) und wundervoll ausdrucksvollen Gesicht von Gary Cooper, fand ich es immer faszinierend, wie der Schauspieler zum finalen Duell schritt: beherzt, aber auch ängstlich, sich vorher genau umsehend, die Hände über den Pistolen. Gary Cooper war immer geradlinig, mit viel Schwung in den Armen schlaksig, ich möchte fast sagen: Effet. Aber in High Noon, vom Alter gezeichnet, von den Freunden verlassen, wirkt “Coops“ geradliniger Schritt trotzig gegenüber der eigenen Angst. Nicht überlebensgroß wie John Waynes, noch übermäßig gelassen, wie Robert Mitchums. Nein, Cooper ist realistisch heroisch.

Lee Marvin – Explosiv & elegant
Oh Lee Marvin! Wenn Robert Mitchums midtempo Shuffle so etwas ausdrückte, wie „hey, ich bewege mich genauso schnell wie ich will, egal was DU willst“, vermittelte Lee Marvin den Eindruck eines Raubtieres, das seine Beute umkreist. Es war immer eine explosive Spannung in dem Schauspieler, selbst wenn er stillstand. Hinzu kam eine natürliche, recht überraschende Eleganz, die auch nicht zu zügeln war, wenn der Weltkriegsveteran einen wankenden Trunkenbold spielte, wie in Cat Ballou – Hängen sollst du in Wyoming. Niemand taumelte so schön wie Lee Marvin!

Timothy Olyphant – Schlürfend & unbeholfen
Damit wir nicht zu sehr verzweifeln, ob der Tatsache, dass alle Westernhelden auf dieser Liste schon tot sind, kommen nun ein paar Worte zu Timothy Olyphant(Deadwood). Der Darsteller hat mit der Rolle des Marshall Rayland Givens in Justified sicherlich die Rolle seines Lebens gefunden. Der Gang des Schauspielers ist ein wenig bizarr: Er geht mit den Schultern voraus, schlürft à la Robert Mitchum, schwinkt die Arme wie Gary Cooper, hat etwas unbeholfen Tapsiges, das ein wenig an John Wayne erinnert … ich hab immer ein bisschen Angst, dass der Mann gleich stolpert. Aber es ist schön zu sehen, dass es den Gang des Westerners der Alten Schule noch gibt und dann auch noch in einer solch schillernden Form! Wenn auch nur im Fernsehen…

Das sind meine fünf, ganz persönlichen Lieblingsgänge von Westernschauspielern. Aber welchen Schauspieler mit besonderem Gang mögt ihr? Wen habe ich vergessen?

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