Die mutigen Wege des Daniel Radcliffe nach Harry Potter

11.04.2015 - 08:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Danie Radcliffe in Horns
Universal Pictures
Danie Radcliffe in Horns
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Mit der achtteiligen Harry Potter-Reihe wurde er zum weltbekannten Gesicht, aber hat Daniel Radcliffe eigentlich auch das Zeug zum vielschichtigen Charakterdarsteller fernab von Hogwarts?

Daniel Radcliffe hat praktisch sein ganzes Leben vor der Kamera verbracht. Mit gerade mal zehn Jahren spielte er 1999 in der BBC-Produktion David Copperfield den titelgebenden Helden. Seine Zeit als Teenager verbrachte er vor allem als Zauberschüler Harry Potter in den acht Verfilmungen der gefeierten Bestseller J.K. Rowlings. Seitdem steht er nicht nur vor der Kamera, sondern auch auf der Bühne und natürlich ohne Unterlass im Rampenlicht der Öffentlichkeit. Das führte in der Vergangenheit unter anderem dazu, dass Radcliffes temporäre Alkoholprobleme, seine sexuelle Orientierung und manch andere Dinge, die mit seiner eigentlichen Tätigkeit nichts zu tun haben, in aller Ausführlichkeit öffentlich diskutiert wurden. Deutlich interessanter ist aber nach wie vor die immer wieder gestellte Frage, ob seine Karriere nach dem beispiellosen Erfolg der Harry Potter-Reihe noch eine Zukunft hat. Immerhin wäre er nicht der erste Schauspieler im Kindesalter gewesen, der das harte Los eines rapiden Falls nach einem nicht minder rapiden Aufstieg gezogen hätte.

Der junge Wilde

Denken wir beispielsweise an seine direkten Vorgänger, Macaulay Culkin und Edward Furlong. Beide haben in Welterfolgen mitgewirkt, ein überschaubares Karrierehoch erlebt und sind ohne Glanz und Gloria, aber dafür mit jeder Menge Berichterstattungen über ihren Drogenmissbrauch nach wenigen Jahren wieder von der Bildfläche Hollywoods verschwunden. Dieses Schicksal ereilte in der Vergangenheit so manchen Kinder-Star, aber das war vor der Zeit der massenhaften Verfilmungen populärer Jugendromane, an denen ein gewisser Daniel Radcliffe ab 2001 maßgeblich beteiligt war. In gewisser Weise haben er und seine Kollegin Emma Watson langsam aber sicher den Stein ins Rollen gebracht, den auch Schauspieler wie James Dean in den 50ern anstießen. Wobei natürlich gesagt sein muss, dass die jungen Wilden der 50 und 60er, die ein neues, weil jüngeres Filmpublikum als die vorangegangenen Generationen ansprachen und einen völlig neuen Heldentypus etablierten, die 20 in der Regel bereits überschritten hatten. Denken wir beispielsweise an Radcliffes großes Idol Dustin Hoffman, der 1967 im Alter von 29 den 21-jährigen Protagonisten in Die Reifeprüfung spielte.

Es ist sicherlich zu einem gewissen Teil Daniel Radcliffe und seinen Harry Potter-Kollegen zu verdanken, dass das heutige Kino der jungen Wilden wie Kristen Stewart oder Jennifer Lawrence solch eine noch nie dagewesene Blütephase erlebt. Doch wie ging es eigentlich mit dem ehemaligen Harry Potter-Star nach seiner Zeit als Zauberschüler weiter? Im Gegensatz zu Stewart und Lawrence, die sich vor, während und nach ihrer großen Franchise-Reihen als gefragte Charakterdarstellerinnen in sämtlichen Genres und unter der Regie großer Namen etablieren konnten, hat Radcliffe zumindest im Filmbereich seit Harry Potter und die Heiligtümer des Todes 2 lediglich vier Kinorollen vorzuweisen: Die Frau in Schwarz, Kill Your Darlings, The F-Word - Von wegen gute Freunde! und den hierzulande im Sommer startenden Horns. Was hat der junge Brite also in den letzten Jahren getrieben, das so viele Kritiker und so manchen Zuschauer dazu veranlassen konnte, ihn zum vielschichtigen Charakterdarsteller mit viel Zukunftspotenzial zu erklären?

Vom Filmset zur Theaterbühne

Die Antwort liegt nicht auf den Sets eines Filmstudios, sondern auf der Theaterbühne. Hier fühlt sich Radcliffe nämlich schon seit einigen Jahren sichtlich wohl und hier feierte der Schauspieler seinen großen Erfolg abseits des Potter-Rummels. Gleich sein erster großer Auftritt am Londoner Gielguld Theatre in Peter Shaffers Equus verhalf Radcliffe zu einer Flut an Lobpreisungen seitens der Kritiker. Natürlich stürzte sich die Kritik insbesondere auf den kontrovers gehandelten Nacktauftritt des damals 17-jährigen Schauspielers, der nur wenige Monate später als pubertärer Harry Potter in Der Orden des Phönix seinen ersten Kuss stahl. Wesentlich entscheidender als sein viel diskutierter Nacktauftritt - dem Guardian  gegenüber sagte Radcliffe, der auch in seinen letzten Filmen so manche Nacktszene drehte, dass er nicht bei jedem Lesen eines Drehbuchs darüber nachdenke, ob sein Genital zum Einsatz käme - war seine kühne und von manchen Kritikern als tollkühn gefeierte Darbietung als zutiefst gestörter Alan Strang, der sechs Pferden die Augen aussticht. Diese (Toll-)Kühnheit setzte er erst singend und tanzend in How to Succeed in Business Without Really Trying und zuletzt leidend und zurückgelassen in dem gefeierten The Cripple of Inishmaan fort. Seine eindringliche Darstellung als verkrüppelter Billy in letzterem Stück war laut vielen Kritikern so weit von jener als Harry Potter entfernt, wie wir es uns nur vorstellen können.

Als Theaterschauspieler hat Radcliffe seine Zeit als Harry Potter scheinbar hinter sich gelassen, doch wie sieht es in der Welt des Films aus? Dem Fantasy-Genre ist er offensichtlich treu geblieben, wie wir an dem schnell in Vergessenheit geratenen The Woman in Black unschwer erkennen konnten und erneut in Horns und Victor Frankenstein feststellen werden. Sogar dem Thema der Zauberei wird er sich in Now You See Me 2 erneut widmen. Wenn wir aber hinter diese schnell verklärbaren Dinge wie Genres, Themen oder Mittelmaß (auch die Inszenierung von Equus wurde abgesehen von Radcliffes Leistung nicht gerade von der Kritik umjubelt) blicken, entdecken wir in Radcliffe immer wieder einen wandelbaren und angenehm wenig festgelegten Schauspieler, der komplexen Rollen risikofreudig entgegenschreitet. Vielleicht wird er niemals sein Harry Potter-Image endgültig loswerden können, aber dass er sich mittlerweile einen Ruf als achtsamer Charakterdarsteller erarbeitet hat, kann eigentlich niemand bestreiten. Und das ist doch schon mal ein guter Anfang.

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