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Eine neue Garde #2

17.10.2017 - 11:15 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
Eine neue Garde
Patrick Kracke
Eine neue Garde
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Mit diesem Blogartikel möchte ich einen Blick in die Zukunft wagen und allesamt vielversprechende Regisseure aufzeigen und ansprechen. Genaue Bedingungen gab es im Vorhinein kaum, allerdings hat sich im Endeffekt herausgestellt, dass kein Regisseur über 50 Jahre alt ist oder mehr als 5 Filme gedreht hat.

Überischt:

Nachdem im ersten Teil dieser Blog-Reihe schon 9 Regisseure angesprochen und thematisiert wurden, diesen findet man hier, von denen mehrere schon große Produktionen hinter sich haben. Kommen hier nun, einige "kleinere" Regisseure von denen einige erst ein, zwei Filme inszeniert haben und teilweise erst wenig über ihr Herkunftsland heraus bekannt sind.

Ich hoffe ihr habt Spaß beim lesen und könnt ein paar Informationen wie auch Inspirationen mitnehmen.


J.A. Bayona (42)


Juan Antonio Bayona ist mir gerade einmal durch einen Film bekannt und das ist Sieben Minuten nach Mitternacht und dieser ist wirklich hervorragend gewesen, eine fantastische, mit Metaphern angereicherte Geschichte voller Tragik in dem sich Traum und Realität miteinander verbinden. Als nächstes Projekt konnte er für das Reboot-Sequel Jurassic World gewonnen werden. Da werde ich jedoch mit einiger Skepsis herangehen, da man bei solchen Studioproduktionen als Regisseur nie das letzte Wort hat und die Vision des Künstlers immer verändert wird um finanziellen Erfolg zu sichern.

Nächster Film: Jurassic World: Das gefallene Königreich - startet am 07.06.2018

Max Golds, Felicity Jones und J.A. BAyona am Set von "A Monster Calls"


Pablo Larraín (41)

Von Pablo Larrain kenne ich wiederum bisher nur einen Film. Das Biopic Jackie über die Ehefrau des ermordeten US-Präsidenten John F. Kennedy. Larrain, der vorher ausschließlich in Chile gedreht hatte, lieferte damit ein packendes Drama das nicht wie ein klassisches Biopic sondern bietet einen anachronistischen Aufbau, fragile Streichermusik und eine wunderbare im Mittelpunkt stehende Natalie Portman, welche die verschiedensten Facetten Jackies zeigt. Die beiden vorangegangenen Filme No! und El Club spiegeln unterschiedliche zeitgeschichtliche Phasen Chiles wieder und konnten damit bei etlichen Festivals punkten.

Nächster Film: The True American - startet 2019

Pablo Larrain am Set von "Neruda"


Hong-jin Na (43)

Folgender Regisseur hat sich mit seinem neuesten Film eine Menge Zeit gelassen, The Wailing hat zum Glück nun auch einen deutschen Kinostart bekommen und ist einer der am heißesten erwarteten Filme des Jahres für mich. Der Grund sind die beiden Erstlinge von Na, The Chaser und The Yellow Sea. Beide sind pulsierende, dicht inszenierte, physische und harte Action-Thriller im Dunstkreis klassischer, koreanischer Thriller-Thematiken - Mord, Verzweifelung, Rache. Auch dank Na, hat Südkorea weiterhin den Spitzenplatz im Bereich Thriller inne, da sie weitab von hollywoodesker Sehgewohnheiten stattfinden und wesentlich mehr wagen als viele andere Regisseure. Wenn man ersten Stimmen glauben darf, wird sich The Wailing auch dort einreihen.

Nächster Film: The Wailing - Die Besessenen - 12.10.2017

v.l. Yun-seok Kim, Hong-jin Na und Jung-woo Ha


Ana Lily Amirpour (37)

Ab dem Jahr 2009 hat Amirpour mit zahlreichen Kurzfilmen auf sich aufmerksam gemacht und als Regisseurin, Autorin, Produzentin und Schauspielerin ihr Können unter Beweis gestellt. Im Jahr 2014 kam dann der endgültige Durchbruch mit dem selbstbetitelten ersten "Iranian Vampire Spaghetti Western" - A Girl Walks Home Alone At Night. In schwarz-weiß gedreht mit Elementen aus dem Bereich Fantasy, Horror, Western und Film noir ist ihr ein unvergleichlicher Genre-Mix gelungen der stilsicher gefilmt und reich an Metaphern im Bezug auf die aktuelle iranische Gesellschaft ist. Genauso wird das aktuelle Hipstertum gefröhnt indem elektronische Musik und Zitate quer durch die Popkultur ihre Filme prägen, dabei ist der Nachfolger The Bad Batch noch stärker davon betroffen.

Nächster Film: Bisher ist kein nächstes Projekt bekannt.

v.l. Rome Shadanloo und Ana Lily Amirpour


Jeremy Saulnier (41)

Dieser "junge" Mann weiß wohl im Moment am besten wie man das Thema Rache filmisch am besten auflöst, jedenfalls außerhalb Südkoreas. Mit seinem zweiten Werk als Regisseur Blue Ruin konnte er Kritiker wie Zuschauerschaft überzeugen und legte einen der besten Rachethriller der letzten Jahre hin. Der Unterschied zu seinen Hollywoodkollegen ist, er setzt hier auf eine authentische und durchdachte Hintergrundgeschichte sowie auf eine nachvollziehbare Charakterentwicklung. Wie auch in seinem Nachfolgewerk dem Terrorfilm Green Room setzt er die Gewaltspitzen eher bedacht, dafür aber äußerst konsequent und brutal ein. Dieses gekonnte Gespür für Charaktere und Atmosphäre macht ihn zu einem Hoffnungsträger für den amerikanischen Independentfilm.

Dass er dazu noch die Teilregie der dritten Staffel der HBO-Serie True Detective übernimmt, rundet sein Programm für die Zukunft sehr gut ab.

Nächster Film: Hold the Dark - 2018

l. Jeremy Saulnier


Ava DuVernay (45)

Zu Ava DuVernay kann ich gar nicht so viel schreiben, da ich bisher nur eine Film von ihr gesehen habe, der war allerdings eine glatte 10.

Im Jahr 2016 wurde der Dokumentarfilm Der 13. von Netflix ins Programm genommen nachdem er keinen deutschen Kinostart bekommen hatte und nur vereinzelnt auf Festivals gezeigt wurde. Bei der diesjährigen Oscarverleihung für die beste Dokumentation nominiert ist diese Doku auf meinem Schirm gelandet, die Folge ist - Es ist die einzige Dokumentation der ich bisher 10 Punkte gegeben habe.

Bei dem immernoch hochaktuellen (es ist immer hochaktuell) Thema Rassismus und der Darstellung dessen im Medium Film gibt es immer einen schmalen Grat auf dem man wandert, auch diesem hier wurde Opferkult, Falschdarstellung und fehlende Gegenstimmen vorgeworfen.

Für mich zeigt er eindrucksvoll und auf erschütternde Weise wie tief der Rassismus in die amerikanische Gesellschaft und deren Geschichte integriert ist und zugleich ist es auch ein Plädoyer für Freiheit und Selbstbestimmung und eine mächtige Stimme gegen den institutionalisierten und alltäglichen Rassismus und die Ungleichheit in den USA.

Nächster Film: The Battle of Versailles - 2018

v.l. David Oyelowo und Ava DuVernay


Jakob Lass (35)

Im Juli 2016 bin ich erstmals auf Jakob Lass aufmerksam geworden in dem ich mir ein erstes Mal Love Steaks angesehen habe. Seitdem bin ich Fan. Von Lass und von FOGMA.

FOGMA ist das von Lass und seinem Team in die Welt gerufene Regelwerk, welches ihm möglichst viel Freiheiten am Set bietet. Die sehr reduzierten Drehbücher lassen viel Spielraum für Improvisation und Spontanität, der Verzicht auf Komparsen und der Einsatz von "echten" Menschen (im Fall von Love Steaks, das echte Personal eines Hotels) bringt ein hohes Maß an authentischen Situationen herbei.

Durch diese Reduzierungen im Produktionsprozess sind die Ergebnisse unvorhersehbarer und bietet einem ein komplett anderes Filmerlebnis, sie dokumentarisch geprägt und haben ein hohes Maß an Authentizität. Dies alles ist nicht jedermanns Sache und wird einigen nicht gefallen aber es bringt einfach ein frischen Wind in die deutsche Kinolandschaft.

Nächster Film: So was von da - 10.05.2018

Jakob Lass 3. v.l.


Julia Ducournau (33)

Der bisher einzige Film von Julia Ducournau als Regisseurin heißt Raw und dort ist der Name Konzept, denn Raw ist eine psychologisch angehauchte, mit reichlich Bodyhorror versehene Kannibalismusmetapher auf das Heranwachsen der Jugend. Alles ist sehr roh, die Gefühlswelten kippen immer wieder und lassen sich nicht im klare Worte fassen, der Körper verändert sich, immer mehr primitive Instinkte machen sich breit.

Ducournau inszeniert diesen Film ziemlich klug und setzt simple Symbolik, Bodyhorror-Ekel wie auch gezielte Splatterelemente zu einem faszinierenden Debütfilm zusammen, der sich auf eine interessante Weise mit einem heiklen Thema auseinandersetzt und immer wieder neue Denkanstöße setzt und damit mehr sein möchte als ein einfacher Genre-Splatter-Film, was ihm auch gelingt.

Ob die studierte Drehbuchautorin auch weiterhin als Regisseurin arbeiten wird steht im Moment wohl noch in den Sternen, ein weiteres Projekt steht jedenfalls bisher nicht an.

Nächster Film: Bisher ist kein nächstes Projekt bekannt.

Julia Ducournau


An alle die hier angekommen sind - Vielen Dank für das lesen und die Aufmerksamkeit die ihr meinen Worten geschenkt habt.

Ich hoffe Reihe hat euch gefallen, auch wenn zwischen den beiden Teilen zu viel Zeit lag, was ich mit dem Vorbehalt von chronischer Prokrastination entschuldige.

Euer,

VincentVega


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