Er hat einen der besten Sci-Fi-Filme der letzten 25 Jahre gedreht und ist jetzt in der Vergangenheit gefangen – wann erlöst Netflix ihn?

16.11.2024 - 10:10 Uhr
Donnie DarkoAscot Elite
0
2
Mit seinem ersten Spielfilm Donnie Darko wurde Richard Kelly zum gefeierten Kultfilm-Talent. Nach zwei weiteren Werken hat er bis heute keinen Film mehr gedreht. Offenbar lässt ihn seine Vergangenheit nicht los.

Selten gibt es Filmdebüts, die so spektakulär und visionär daherkommen wie Donnie Darko. Regisseur Richard Kelly wurde mit dem Werk erst nachträglich zum jungen Kultregisseur, der seine Karriere anschließend ähnlich spektakulär fast ins Aus schoss.

Nach insgesamt drei Filmen und 15 Jahren später bleibt die Frage, ob Kelly nochmal auf den Regiestuhl zurückkehrt. Die Antwort ist ähnlich komplex wie die Zeitreise-Theorie in Donnie Darko.

Richard Kelly schuf Sci-Fi-Meisterwerk, als er erst Mitte 20 war

Ein schauriger Mann im Hasenkostüm offenbart dem Teenager Donnie Darko (Jake Gyllenhaal), dass die Welt in 28 Tagen untergehen wird. Mit dieser apokalyptischen Prophezeiung beginnt Kellys Debüt, das er im Alter von gerade mal 24 Jahren anfing zu drehen. Was folgt, ist ein melancholisch-poppiger Mix aus Highschool-Film, Sci-Fi-Zeitreise und düsterem Psycho-Thriller, der die Herzen von Filmfans nur verzögert erobern konnte.

Schaut hier noch einen Trailer zu Donnie Darko:

Donnie Darko - Trailer (Deutsch)
Abspielen

Da die Turbine eines abstürzenden Flugzeugs aus dem Film beworben wurde und die Terroranschläge vom 11. September 2001 kurz vor dem Kinostart passiert sind, wurde das Marketing für Kellys Spielfilmdebüt stark zurückgefahren. Donnie Darko floppte daher zuerst  und entwickelte sich erst in den Jahren danach durch die DVD-Veröffentlichung zum heiß diskutierten Kult-Erfolg.

In der Liste der 50 besten Independent-Filme  des renommierten Empire-Magazins hat es der Streifen beispielsweise auf Platz 3 hinter Martin Scorseses Hexenkessel und Quentin Tarantinos Reservoir Dogs geschafft. Richard Kelly wurde so rückwirkend zum Regie-Wunderkind erklärt, das wenige Jahre nach Donnie Darko mit weniger positiven Schlagzeilen auf sich aufmerksam machte.

Sci-Fi-Exzess Southland Tales hat Richard Kellys Karriere fast zerstört

Kellys zweiter Spielfilm ist die Art von überambitioniertem Spektakel, bei dem die Grenze zwischen Genie und Wahnsinn sehr schmal verläuft. Southland Tales feierte seine Premiere bei den Filmfestspielen von Cannes 2006 als unfertige, 160-minütige Rohfassung und bekam dort extrem negative Kritiken.  Trotz Stars wie Dwayne Johnson, Seann William Scott, Sarah Michelle Gellar und Justin Timberlake konnte der Sci-Fi-Film als kürzere, geschnittene Version in den Kinos mit einem Budget von 17 Millionen Dollar nicht mal eine Million einspielen. 

Der kommerzielle Untergang von Southland Tales könnte damit zusammenhängen, dass der Regisseur Themen wie den Dritten Weltkrieg, größenwahnsinnige Wissenschaftler, alternative Energie-Quellen, Verwechslungsspiele, Zeit-Risse, Verschwörungstheorien und Bibel-Zitate wild zusammenwirft. Im Vergleich dazu wirkt der nicht gerade leicht zu entschlüsselnde Donnie Darko wie ein geradliniger, simpler Mainstream-Blockbuster.

Hier könnt ihr noch einen Southland Tales-Trailer schauen:

Southland Tales - official trailer
Abspielen

Southland Tales beschädigte Kellys Ruf jedenfalls stark, wodurch er danach nur noch den Mystery-Thriller The Box - Du bist das Experiment gedreht hat. An den Kinokassen wurde der Film mit Cameron Diaz wieder ein Flop. 

Richard Kelly kann seine Science-Fiction-Vergangenheit nicht loslassen

In den Jahren nach The Box sprach der Regisseur über geplante Projekte wie einen 3D-Thriller , aus denen nie etwas wurde. Es schien, als würde Kelly sich in Ideen verlaufen und nach und nach vom Filmgeschäft verabschieden. In aktuelleren Interviews, in denen er lieber gar nicht erst auf kommende Projekte angesprochen  werden sollte, redet er lieber über die Vergangenheit.

Vor allem Southland Tales, Kellys berüchtigstes Desaster, scheint den Regisseur nicht loszulassen. Der Regisseur scheint immer noch weiter in das schräge Sci-Fi-Universum eintauchen zu wollen. Auf X erklärte er 2020 in einem Post:

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle findest du einen externen Inhalt von Twitter, der den Artikel ergänzt. Du kannst ihn dir mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.

Twitter Inhalte zulassenMehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Southland Tales ist eine Saga mit sechs Kapiteln. Der vorhandene Film deckt die zweite Hälfte ab. Ich habe Graphic Novels mit Brett Weldele geschrieben, die die ersten drei Kapitel abdecken. Ich habe ein ehrgeiziges neues Drehbuch fertiggestellt, das die Bücher als Blaupause für einen ehrgeizigen neuen Film nutzt.

Im Interview  mit Jane Schoenbrun (I Saw the TV Glow) sprach Kelly dieses Jahr darüber, dass er Southland Tales immer noch als unfertig ansieht. Als Schoenbrun ihn fragt, ob er den Film an sich fertigstellen oder die Story daraus fortsetzen und in ein anderes Werk übertragen will, antwortet Kelly:

Für mich ist das alles ein und dasselbe. Ich hoffe, die gesamten sechs Kapitel und die Graphic Novel erweitern und realisieren zu können. Wir werden sehen. Ich werde weiter dafür trommeln.

Bereits 2021 durfte er den sogenannten Cannes-Cut, also die 160 Minuten lange Originalfassung, als Bonusmaterial auf einer neuen Blu-ray-Edition  in den USA veröffentlichen.

Mit Comic Book  sprach Kelly in dem Jahr noch darüber, dass er am liebsten eine Southland Tales-Giga-Version mit sechs Stunden Laufzeit kreieren würde:

Es ist also wie eine Geschichte mit sechs Kapiteln, aber sie würde in zwei epischen Filmen präsentiert werden, wie ein großes Double Feature, das im Idealfall auf einer Streaming-Plattform existieren könnte, die für diese Art von langen Geschichten besser geeignet ist.
Wenn die Leute zu den Kapiteln springen möchten, hätten sie diese Möglichkeit, aber in einer idealen Welt würde es als sechsstündiges Projekt präsentiert, das in zwei große Spielfilme aufgeteilt wäre.

Könnten Streaming-Dienste wie Netflix Richard Kelly eine Zukunft bieten?

Die Erwähnung einer Streaming-Plattform erinnert dagegen an kinountaugliche Projekte wie den 4-stündigen Snyder-Cut von Justice League oder Martin Scorseses The Irishman. Beides Werke, die für Warners HBO Max und Netflix realisiert wurden. Überhaupt ist es mittlerweile am wahrscheinlichsten, dass der Regisseur seine offenen Wünsche und Ideen am ehesten mithilfe eines großen Streamers verwirklichen könnte.

Bis dahin wirkt es so, als wäre Richard Kelly mittlerweile zur Hauptfigur in einem seiner Filme geworden. Vielleicht wartet er nur darauf, wie Donnie Darko durch die Zeit reisen zu können, um mit seiner Vergangenheit abzuschließen.

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News