Erwartungen eines Fanboys an ... The World's End

12.06.2012 - 08:50 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Erwartungen eines Fanboys
moviepilot
Erwartungen eines Fanboys
R
12
27
Ob uns ein Film gefällt oder nicht, hängt auch damit zusammen, was wir von ihm erwarten. In unserer neuen Reihe geht es um kommende Filme, die mit besonders hohen Erwartungen verbunden sind.

Seit fünf Jahren kündigen Simon Pegg und Edgar Wright das Projekt The World’s End an, jetzt ist das Drehbuch endlich fertig. Die Dreharbeiten zum Nachfolger der Kultfilme Shaun of the Dead und Hot Fuzz – Zwei abgewichste Profis sind für den Herbst angesetzt, im nächsten Jahr soll der Film, über dessen Handlung noch nicht viel bekannt ist, außer dass sie sich um eine Kneipentour einer Gruppe Freunden um Gary King (Pegg) drehen wird, dann endlich in die Kinos kommen. Pegg und Wright schließen damit ihre Blood and Ice Cream-Trilogie (benannt nach den teils cartoonartig überzogenen Gewaltdarstellungen und dem von ihren Figuren verspeisten Cornetto-Eis) ab und sehen sich nicht nur mit hohen Erwartungen ihrer Fans konfrontiert, sondern auch mit ganz neuen eigenen Ansprüchen.

Von Fans für Fans – Was wir uns von The World’s End erhoffen
Mit Shaun of the Dead gelang Regisseur und Co-Autor Edgar Wright, Hauptdarsteller und Co-Autor Simon Pegg und seinem Sidekick Nick Frost, die zuvor, abgesehen von ein paar kleineren Kinorollen Simon Peggs, in erster Linie im britischen Fernsehen gearbeitet hatten, 2004 ein beeindruckendes Kinodebüt: Die Horror-Komödie trug mit ihrer Mischung aus augenzwinkernder Parodie von Genreklischees, echtem Grusel und einer Portion Gore maßgeblich (wohl mehr noch als 28 Days Later von Danny Boyle und Dawn of the Dead von Zack Snyder) dazu bei, dass das für manchen wohl schon – Achtung! – totgeglaubte Zombie-Genre einen bis heute andauernden Beliebtheitsschub erlebte. Drei Jahre später gelang ihnen mit der liebevollen Homage Hot Fuzz ein ähnliches Kunststück für das Buddy-Cop-Genre, lange bevor sich Kevin Smith (Cop Out – Geladen und entsichert) oder Will Ferrell und Adam McKay (Die etwas anderen Cops) an dessen Wiederbelebung versuchten.

Shaun of the Dead und Hot Fuzz waren von Edgar Wright rasant, beinahe virtuos inszeniert, boten für Parodien durchaus glaubhafte Charaktere und komplexe Plots und fühlten sich dennoch so an, als wären sie von ein paar Freunden aus purer Lust am Filmemachen und Liebe zum Genre gedreht worden. Das lag an den vielen Fanboy-Momenten, in denen Genre-Klassiker wie obskure Fan-Favoriten zitiert wurden, mehr noch aber an den Protagonisten des Films: liebenswerte Slacker, die sich solcher Zitate bewusst waren, da sie mit derselben Popkultur aufgewachsen waren wie das Zielpublikum. Selten sahen Nerds und Genre-Fans sich so auf der Leinwand vertreten wie in Shaun of the Dead und Hot Fuzz – es waren Filme von Fanboys für Fanboys, die vom Zuschauer eine gewisse Genre-Kenntnis verlangten und in Kauf nahmen, dass nicht jeder Mainstream-Zuschauer alle Referenzen versteht. Das ist bis heute selten und erklärt, warum in so kurzer Zeit ein Kult um die Filme entstand und warum Fans so sehnsüchtig auf The World’s End warten.

Raus aus der Fan-Nische – Was trotzdem schiefgehen kann
Nach Hot Fuzz trennten sich die Wege von Pegg und Wright vorerst. Wright drehte den fantastischen Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt, der sich zwar immernoch an ein Nerd-Publikum richtete, Wright in Hollywood aber so manche Tür öffnete: Er schrieb am Drehbuch zu Die Abenteuer von Tim und Struppi – Das Geheimnis der ‘Einhorn’ von Steven Spielberg mit und entwickelt derzeit für Marvel eine Adaption der Comic-Reihe Ant-Man. Pegg war in Blockbustern wie Star Trek von J.J. Abrams und zuletzt Mission: Impossible – Phantom Protokoll zu sehen und schrieb mit Shaun of the Dead und Hot Fuzz-Co-Star Nick Frost Paul – Ein Alien auf der Flucht, der ebenfalls den Lieblingsfilmen seiner Macher huldigte (diesmal in erster Linie Steven Spielbergs Science Fiction-Filmen), mit seinem deutlich brachialeren Humor aber auch eine eindeutige Öffnung Richtung (amerikanischem) Mainstream darstellte.

Die Frage ist angesichts der noch immer hohen Qualität ihrer Filme vielleicht also weniger, ob Pegg und Wright einen weiteren Film im Stil ihrer ersten beiden Werke drehen können, sondern ob sie es wollen. So kündigte Pegg im Interview mit Empire nicht nur einen reiferen Film an, er sagte über das Drehbuch zu The World’s End auch: Als wir angefangen haben, sagten wir uns: ‘Lass uns keine Referenzen machen.’ Wir wollten, dass es komplett unser Ding wird und nicht augenzwinkernd auf andere Filme verweisen. Zwar verweist Edgar Wright ein paar Sätze später augenzwinkernd auf Der große Frust (Gary King ist im Grunde die Leiche. […] Wenn Simon zu beschäftigt ist, fragen wir Kevin Costner.) und sagt, auf die Genre-Zuordnung angesprochen, der Film sei Social Science Fiction und Fans sollten John Christopher und John Whyndham büffeln, beides scheint jedoch halb im Scherz gesprochen zu sein und sich eher auf Plot und Genre (die genannten Autoren legen nahe, dass eine Alien-Invasion eine Rolle spielen könnte) als auf den Stil des Films und tatsächlich enthaltene Referenzen als filmisches Mittel zu beziehen. Die Ankündigung, auf diese zu verzichten, überrascht daher und ist im Kontext der Blood and Ice Cream-Trilogie keine Kleinigkeit: Wer an Shaun of the Dead und Hot Fuzz denkt, denkt automatisch auch an Zitate und Verweise. Sie waren nicht Selbstzweck, sondern dienten dazu, Figuren zu charakterisieren oder die Handlung ironisch zu kommentieren, sie waren ein wichtiges Stilmittel, ja, ein Erkennungsmerkmal (nicht umsonst enthält jede DVD eines Edgar Wright-Films eine Untertitel-Spur, die die Referenzen erklärt).

Wenn Pegg und Wright nun bei The World’s End auf dieses Merkmal verzichten wollen, muss dabei kein schlechter Film rauskommen – nur ob der Film wirklich den in seinen Vorgängern eingeschlagenen Weg fortsetzen wird (womit Pegg und Wright in ihre Fanboy-Nische zurückkehren würden), ist fraglich.

Neue Risiken und Ambitionen – Was Fans zu erwarten haben
Man kann Peggs und Wrights Aussagen, gerade vor dem Hintergrund ihrer an Fahrt gewinnenden Hollywood-Karrieren, sicherlich so deuten, dass sie mit The World’s End einen weiteren Schritt in Richtung Mainstream gehen wollen, einen zugänglicheren Film drehen wollen, der sich eben nicht mehr explizit an ein Nerd-Publikum richtet. Andererseits: Dass sie von ihrem bisherigen Erfolgsrezept abweichen, zeigt auch, dass sie Risiken eingehen und sich nicht wiederholen wollen. Im Empire-Interview erklären sie auch, der Film sei ein Grabmal für das ‘Mannskind’ – also jenen Charaktertypen, von dem sie in Shaun of the Dead und Hot Fuzz erzählten. In einem Tweet kündigte Pegg außerdem an: Es ist einfach, drei Filme großspurig als Trilogie zu bezeichnen, doch The World’s End wird das Band, das Shaun of the Dead und Hot Fuzz verbindet. Treiben Pegg und Wright die Metaebene am Ende also gar auf die Spitze und kommentieren nicht ein Genre, sondern ihre eigenen Filme?

Von der Idee, dass uns mit The World’s End einfach eine weitere augenzwinkernde Genre-Parodie erwartet, müssen wir uns anscheinend jedenfalls verabschieden. Pegg und Wright haben sich seit ihrem letzten gemeinsamen Film getrennt voneinander weiterentwickelt und breit gefächerte Talente bewiesen, die über clevere Parodien hinausgehen – da ist es nur konsequent, dass sie diese Entwicklung mit The World’s End fortsetzen wollen. So manche Interview-Aussage mag gerade uns Fans auf den ersten Blick irritieren, doch letztlich klingen sie doch auch spannender als eine bloße Ankündigung, welches Genre Pegg und Wright als nächstes parodieren wollen – die Lust daran, ihre Fans zu überraschen und herauszufordern, haben sie offensichtlich noch nicht verloren.

Oder? Was meint ihr – haben Pegg und Wright euch mit ihren Aussagen zu The World’s End verunsichert oder konnten sie eure Vorfreude noch steigern?

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News