Matt Murdock (Charlie Cox) eröffnet zusammen mit seinem Partner Foggy Nelson (Elden Henson) eine neue Anwaltskanzlei im Herzen des New Yorker Stadtbezirks Hell’s Kitchen. Was jedoch kaum jemand weiß, ist, Murdock verkleidet sich des Nachts und bringt Verbrecher zur Strecke. So weit, so Batman (nur ohne Kohle). Das Besondere daran ist jedoch: Murdock ist blind. Nach einem Unfall im Alter von neun Jahren ist der kleine Matt erblindet. Dafür kann er umso besser hören, riechen, seine anderen Sinne nutzen eben. Dass ihn das dazu befähigt im besten Martial Arts-Style ganze Berufsverbrecher zu vermöbeln, ist dann doch sehr beeindruckend.
Der Mann mit der MaskeDie Macher der Serie machten es recht clever, da sie in einer Zeit einsteigen, in der Daredevil eben noch nicht Daredevil ist. Er kleidet sich mit einer einfachen schwarzen Maske, einem Sportshirt und schwarzen Hosen. Hin und wieder werden zur Vorbereitung kleine Andeutungen auf den Teufel gemacht. So erzählt Matt in einem Beichtstuhl, dass schon sein Vater ab und an „den Teufel raus ließ“, wenn er im Boxring stand. Am Tag sind Nelson und Murdock jedoch Anwälte, die gerade ihre eigene Kanzlei aufgemacht haben. Als erste Klientin nehmen sie sich Karen Page (Deborah Ann Woll) an, die auf Verdacht wegen Mordes verhaftet wurde. Dieser war jedoch von ihren Arbeitgebern inszeniert um kriminelle Machenschaften zu vertuschen. Karen kommt frei und wird die neue Assistentin der beiden Anwälte. Als Karen die Hintermänner dieser Intrige verfolgen und ausfindig machen will, gerät sie mit ihren neuen Freunden in die Schlingen der Unterweltbosse von New York.
So setzen sich die Anwälte am Tag
unter anderem für alte Frauen ein, die aus ihren Wohnungen vertrieben werden
sollen. Nachts setzt Murdock jedoch die Maske auf und setzt da an, wo ihm per
Gesetz die Hände gebunden sind. Nach und nach werden immer mehr Geheimnisse
offenbart, bis er zum Kopf allen Übels stößt: Wilson Fisk (Vincent D'Onofrio). Er
zieht die Fäden im Hintergrund und vereint alle großen
Verbrecherorganisationen. Am Ende versuchen die drei, mit Hilfe des Reporters
Ben Urich (Vondie Curtis-Hall), Fisk mit legalen und nicht so legalen Mitteln
zur Strecke zu bringen. Erst dann wird der Mann mit der Maske zum titelgebenden
Helden.
Staffel 2 beginnt dann mit der Einführung einer neuen Figur: dem Punisher (Jon Bernthal). Dieser ist genau wie Daredevil hinter den bösen Buben her. Nur macht er keine Gefangenen. Für ihn zählt: Nur ein toter Verbrecher ist ein guter Verbrecher! Für diese Überzeugung scheint er jedoch einen verdammt guten Grund zu haben. Daredevil und der Punisher treffen vermehrt aufeinander und bekommen auch die Zeit sich auszutauschen. So kommt vor allem die moralische Frage auf inwieweit Selbstjustiz tatsächlich gerechtfertigt ist. Sind nicht beide in gewisser Weise Gesetzlose? Ist Daredevil tatsächlich besser als der Punisher, weil er seine Gegner nicht tötet?
Die Einführung des Charakters von
Elektra (Elodie Yung) bringt weitere Würze in die zweite Staffel. Zusammen
versuchen sie und Daredevil das zu tun, was nach seiner Auffassung seine Aufgabe
ist, nämlich die Stadt zu beschützen und vom Gesindel zu säubern. Seine geheime
Zweitidentität wirkt sich jedoch vermehrt auf sein Leben als Matt Murdock und
seinen Beruf aus. Matt und Foggy geraten immer mehr aneinander und auch die
Beziehung zu Karen leidet darunter. Doch zurück zu Elektra. Mit ihr verbindet
Murdock eine Art Hassliebe. Zum einen ist sie die einzige Person, bei der
Daredevil wirklich er selbst sein kann und die ihn versteht. Andererseits
scheut sie nicht davor zurück im Kampf zu töten, was Murdock nicht akzeptieren
kann.
Mitte der zweiten Staffel tritt dann eine neue Bedrohung auf den Plan. Eine vermeintlich sehr alte Geheimorganisation namens „die Hand“. Angeführt von Nobu (Peter Shinkoda) stiftet diese Gemeinschaft von Ninjas überall in der Stadt Unruhe. Die genauen Ziele der Gemeinschaft und was dahinter steckt, bleiben jedoch bis zum Ende eher undurchsichtig, wodurch die Serie ab Mitte der zweiten Staffel etwas schwammiger wirkt.
DarstellungWas die Serie und die Darstellung des Charakters des Daredevil so besonders macht, ist dies: Er wird nicht als übermächtiger Superheld dargestellt, der jede Bedrohung im Nu löst. Er ist ein normaler Mensch, der physisch und psychisch an seine Grenzen stößt. Nicht nur einmal muss er von einer befreundeten Krankenschwester (Rosario Dawson) wieder zusammengeflickt werden. Trotz aller Strapazen und Schmerzen, die er aushalten muss, gibt er jedoch nicht auf, sondern kämpft weiter. Das ist, was ihn ausmacht. Trotz des Teufelsanzugs hat er wenig Böses an sich. Der Gedanke einen Gegner töten zu müssen, treibt ihn oftmals in die Kirche und lässt ihn fast verzweifeln. Er ist ein (fast) normaler Mensch, der genauso seine Schwächen hat, wie jeder andere auch. Stand die erste Staffel im Zeichen dessen, dass der Held eben nicht unverwundbar ist, wurde in der zweiten Staffel die Konzentration darauf gelegt, dass ein Superhelden-Doppelleben nicht so leicht vereinbar ist. Daredevil erkennt, dass er entgegen dem Rat seines Mentors Stick (Scott Glenn) das Böse nicht allein bekämpfen kann. Damit etablieren die Macher einen hohen Realitätssinn innerhalb der Serie und schaffen die Voraussetzung für das Seriencrossover Marvel's The Defenders mit Jessica Jones (Krysten Ritter), Luke Cage (Mike Colter) und Iron Fist (Finn Jones).
Auch die anderen Darsteller
verleihen der Serie ihre besondere Qualität. Foggy als Sidekick von Murdock,
der immer mehr die Verantwortung in der Kanzlei allein schultern muss. Karen
als Opfer eingeführt, die ihr Schicksal selbst in die Hand nimmt und allem Übel
in Hell’s Kitchen auf den Grund geht. Elektra, die Murdock in ein inneres Zerwürfnis
bringt und nicht zuletzt der Punisher, der stoisch und verbittert seinen
Rachefeldzug durch die Stadt durchzieht.
Die Macher von Marvel zeigen, dass sie auch auf der kleinen Leinwand einfach alles richtig machen. Die Serie ist wundervoll und fügt sich sehr gut in das Marvel Cinematic Universe ein. Vor allem die Kampfchoreographien sind schon das Anschauen wert. Interessant dabei ist dann auch, ob Daredevil es irgendwann auf die große Leinwand schafft und in einem Film des MCU mitmischen darf. Kleine Hinweise hier und da machen auch die Verknüpfung zu den anderen Helden von Marvel deutlich. So hängen im Büro des Reporters Ben Urich eingerahmte Zeitungsausgaben mit Referenzen zu den Avengers und deren Kampf in New York sowie den unglaublichen Hulk. Dabei merkt man jedoch, dass Marvel in der Serie einen etwas dunkleren Ton benutzt als in den Filmen. Das vermindert jedoch die Qualität der Serie keineswegs. Ganz im Gegenteil, die Stimmung passt sehr gut zur Geschichte. Es ist nun mal so: Ohne das Böse, kann es nichts Gutes geben.