Netflix will eigenes Star Wars - mit Disney als großes Vorbild?

05.08.2020 - 09:12 UhrVor 4 Jahren aktualisiert
Star Wars und Harry PotterDisney/Warner Bros.
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Im Interview geht ein Verantwortlicher auf die Netflix-Zukunft ein. Zu den Zielen zählt ein großes Franchise à la Star Wars oder Harry Potter. Wird der Streamingdienst dadurch zum neuen Disney?

Wohin die Zukunft von Netflix führen soll, wird durch interessante neue Erkenntnisse klarer. Im Interview mit dem Hollywood Reporter  sprach Tendo Nagenda, der bei dem Streamingdienst seit August 2018 als Vizepräsident für die Planung von Originalfilmen verantwortlich ist, über aktuelle und künftige Strategien.

Dass Nagenda zuvor rund 8,5 Jahre bei Disney in der Führungsetage beschäftigt war und große Produktionen wie die Realverfilmungen von Die Schöne und das Biest, Dumbo und Mulan betreute, wirkt bei den neusten Erkenntnissen zur Netflix-Zukunft wie ein schlüssiges Puzzleteil.

Netflix will weiterhin mit berühmten Regie-Namen und originellen Stoffen überzeugen, doch große, familienfreundliche Franchises mit langjährigem Potenzial im Stil von Star Wars oder Harry Potter sind das nächste Ziel, das der Streaming-Gigant noch erklimmen will.

Doch wird Netflix dadurch automatisch zum neuen Disney?

Netflix-Verantwortlicher schwärmt von Harry Potter & Star Wars als Vorbilder

Im Hollywood Reporter-Interview wird Tendo Nagenda unter anderem danach gefragt, was denn auf seiner Liste an Traumprojekten stehen würde. Die Antwort des Netflix-Verantwortlichen fällt recht klar aus:

Wir betrachten große Abenteuerfilme auf kinderfreundlichem Niveau für ein großes Publikum als etwas, was wir umsetzen wollen. Etwas im Stil des ersten Star Wars-Films oder Harry Potter 1 und 2. Viel Live-Action-, Fantasy- und Spektakelfilme für Familien, die wir für groß halten und großartig ankommen. Eine Geschichte in der Art von Jumanji. Das ist die nächste Hürde.

Dass Netflix mittlerweile auch auf der Suche nach einem großen, familienfreundlichen Franchise ist, das sich über mehrere Filme und Jahre ausbauen lässt, klingt nach einem logischen Schritt.

Bislang glänzt der Streamingdienst vor allem dadurch, dass er seine Content-Strategie so vielseitig und abwechslungsreich wie möglich hält. Netflix bedient mittlerweile verschiedenste Zielgruppen und Nationalitäten und scheint sein Angebot praktisch monatlich um neue Facetten, Genres oder Zielgruppen zu erweitern.

Zum Angebot gehören amerikanische Teenie-Filme genauso wie asiatische oder andere fernöstliche Produktionen für ein Nischenpublikum, während der Streamingdienst im Prestige-Filmbereich zuletzt große Regisseure wie Martin Scorsese, Spike Lee und Michael Bay für sich gewinnen konnte.

Was Netflix bislang aber noch fehlt, ist die eine große Marke, die sich als familienfreundliches Franchise über einen langen Zeitraum verfolgen und ausbauen lässt. Potenzial dafür boten zuletzt Filme wie Tyler Rake: Extraction oder The Old Guard, die der Streamingdienst als große Erfolge verbuchen konnte.

Orientiert sich Netflix für die Zukunft zu stark an Disney?

Von Familienfreundlichkeit sind solche Erfolge, zu denen unter anderem auch Michael Bays 6 Underground mit Ryan Reynolds zählt, aber recht weit entfernt. Stattdessen scheint Netflix hier mehr auf Action-Franchises zu setzen, die der Streamingdienst beispielsweise auch mit einem angekündigten Projekt wie The Gray Man von den Russo-Brüdern weiterverfolgen will. Spionage-Action im großen Bond-Stil, unterstützt von großen Stars wie Ryan Gosling und Chris Evans.

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Im Interview mit dem Hollywood Reporter wird Tendo Nagenda auch darauf angesprochen, dass sich der Streamingdienst durch diese Pläne noch stärker in Konkurrenz mit den klassischen Filmstudios begeben würde. Der Netflix-Verantwortliche betont jedoch die Original-Qualitäten, auf die der Streamingdienst weiterhin verstärkt setzen will:

Nun, wir betrachten es als das, worauf sich die Studios nicht konzentrieren. Neue Ideen. Wir möchten große Talente ermutigen, so zu denken. George Lucas erschuf Star Wars - es basierte nicht auf einem Buch.
Wenn man diese Art von Fantasie hat - wie die Wachowskis mit Matrix -, sind wir der richtige Ort, diesen innovativen Ideen und Filmemachern eine Chance zu geben.

Dabei träumt auch Nagenda davon, in Zukunft mit weiteren Schwergewichten unter den Regisseuren zusammenarbeiten zu können:

Ich würde es lieben, Jordan Peele dazu zu bringen, einen Netflix-Film zu machen. Wir lieben Chris Nolan, wir lieben Quentin Tarantino. Wir müssen uns darauf konzentrieren, Leute mit diesem Talent zu finden, mit denen wir so früh wie möglich zusammenarbeiten können, um sie dann dazu bringen, Filme nur für Netflix zu machen.

Damit setzt sich der Netflix-Verantwortliche hohe Ambitionen. Gerade Filmemacher wie Christopher Nolan und Quentin Tarantino kämpfen noch immer stark für das klassische Kinoerlebnis. Ihre Verpflichtung für Streamingdienste, die das Kinofenster komplett ausschließen oder auf ein Minimum reduzieren, erscheint aktuell noch sehr unwahrscheinlich.

Trotzdem zog es selbst jemanden wie Martin Scorsese, den man auch stets in eine Kategorie der Kinoverfechter wie Nolan und Tarantino einordnen konnte, zu dem Streamingdienst. Bei einem klassischen Filmstudio wäre ein aufwendiges, kostspieliges Projekt wie Scorseses The Irishman nicht mehr möglich gewesen.

Netflix ist längst zur eigenen Instanz zwischen Kino und Streaming geworden

Insgesamt zeichnen diese neueren Aussagen von Tendo Nagenda ein spannendes Bild der Netflix-Zukunft. Während der geplante Schritt in Richtung großer, familienfreundlicher Franchises auch aufgrund der beruflichen Vergangenheit von Nagenda Vergleiche zur Disney-Strategie aufwirft, scheint sich Netflix weiterhin klug eine Alleinstellung auf dem Markt erkämpfen zu wollen.

Über Vergleiche zu klassischen Studios und als Konkurrenz zum Kino setzt sich der Streamingdienst längst als eigenständige Instanz hinweg. Durch originelle Stoffe, die zum massentauglichen, familienfreundlichen Franchise werden könnten, will sich Netflix deutlich von typischen Disney-Strategien abheben, bei denen auf bekannte Comic-Marken zurückgegriffen, beliebte Marken wie Stars Wars fortgesetzt oder eigene Klassiker in Realform wiederbelebt werden.

Netflix könnte dabei eine neue Ebene erreichen: Familienfreundliche Unterhaltung im großen Franchise-Format, das von originellen Ideen und kreativen Filmemachern angetrieben wird. Etwas, das es im Kino schon gab, aber verloren gegangen ist.

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