Scott, Spielberg & Co. - Altmeister auf Abwegen

26.09.2012 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Ridley Scott am Set von Robin Hood
Universal Studios
Ridley Scott am Set von Robin Hood
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Die Arbeiten von Filmschaffenden verändern sich mit den Jahren. Was ist davon jedoch zu halten? User _Garfield hat sich mit ein paar Regiegrößen und deren Karrierewegen auseinandergesetzt.

Ist es womöglich nur die verklärte Erinnerung? Oder vielleicht der Umstand im Laufe der Jahre kritischer geworden zu sein? Oder befinden sich die Altmeister der Regie tatsächlich auf cineastischen Abwegen? Um eines gleich voranzustellen: Eindeutige Antworten werde auch ich nicht liefern können. Ich hatte einfach das Bedürfnis dieses Thema mal anzusprechen.

Als ich vor einiger Zeit Prometheus – Dunkle Zeichen im Kino sah (Ridley Scotts Vorgeschichte zu seinem Erfolg Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt aus dem Jahr 1979) überkam mich ein Gedanke, der mich bis zum Verfassen dieses Textes nicht mehr loslassen sollte. Ist die Zeit meiner Kindheits-Helden, der ganz Großen des alten und neuen Blockbuster-Kinos vielleicht längst vorüber? Haben Ridley Scott, Steven Spielberg und Co. ihren Zenit und das Renteneintrittsalter womöglich längst überschritten? Sollten sie besser Platz machen für neue, kreative und frische Regie-Neulinge? So viele Fragen und keine Antworten. Eine erste Parallele zu Prometheus – Dunkle Zeichen.

Kurz nach unserem Kinobesuch zu Scotts „Alien“- Prequel, schrieb mir mein Bruder eine SMS mit dem Inhalt „Prometheus eine Trilogie? Altersvorsorge?!“. Und tatsächlich liegt die Vermutung nahe. Was soll das? Was soll dieses leere Bombast-Kino von einem Mann, der uns vor gar nicht mal allzu langer Zeit Meilensteine des Genres wie Blade Runner oder eben Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt selbst bescherte? Obwohl das Phänomen nachlassender Qualität bei Ridley Scott ein gar nicht allzu neues ist…

Seit Jahren schon scheint der einstiege Regie-Virtuose neben sich zu stehen. Überstand er die Jahrtausendwende mit dem zwar etwas überbewerteten, aber nicht weniger grandios gespielten Gladiator noch ohne merkliche Anzeichen verlorener Klasse, folgte nur ein Jahr später der hoffnungslos pathetische Black Hawk Down, der Sozialkritik ohnehin zu einem Nebenschauplatz degradierte. Ausfälle dieser Ausmaße blieben anschließend zwar aus, dennoch wusste weder das lieblose Ausstattungs-Geplänkel Königreich der Himmel – Kingdom of Heaven zu überzeugen, noch der Agenten-Thriller Der Mann, der niemals lebte einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen.

Mit Steven Spielberg verhält es sich ganz ähnlich. Den Peitsche schwingenden Harrison Ford mit Schlapphut und Lederjacke, machte er gemeinsam mit George Lucas unsterblich. Das „Indiana Jones“-Franchise wurde zu einem festen und unwiderruflichen Bestandteil unserer Popkultur, ebenso wie seine Science Fiction-Beiträge E.T. – Der Außerirdische und Unheimliche Begegnung der dritten Art. Technik-Meilenstein Jurassic Park, Holocaust-Drama Schindlers Liste, sowie eines der wegbereitenden Werke des Creature-Horror (Der weiße Hai) folgten. Spielberg erwies sich als unfassbar vielseitiger Filmemacher, der – obwohl er stets dem Blockbuster-Kino treu blieb – sich immer wieder an gänzlich anderen Projekten versuchte. Mit dem Ende der 90er ging aber auch bei seinen Filmen ein steter Qualitätsverlust einher. Während die obligatorische Fortführung des Dino-Franchise noch absolut verkraftbar war, lieferte Spielberg mit dem generischen und schmerzhaft pathetischen Einheitsmüll Der Soldat James Ryan einen Offenbarungseid.

Dennoch: Allzu kritisch kann und sollte man seine Karriere nicht betrachten. Mit dem Stückwerk A.I. – Künstliche Intelligenz hatte er eine schwierige Aufgabe, Catch Me If You Can steht einmal mehr in der Tradition etwas zähen, aber nicht minder virtuos inszenierten Erzählkinos im „Wahre Geschichte“- Anstrich und der Zukunftstrip mit Tom Cruise geht ebenfalls in Ordnung. Steven Spielberg liefert weiterhin gutes Kino und mit einigen Ausnahmen, sowie wenigen cineastischen Frechheiten (die grandios verblödete Fortsetzung des Archäologen-Franchises) blitzt auch immer wieder dessen Genie auf. Dennoch ist sein Karriereverlauf aus einer gewissen Distanz zu betrachten. Er steht mehr denn je auf dem Prüfstand. Oder sollte vielleicht in Rente gehen.

Kompagnon George Lucas dagegen machte es cleverer. Nach der Erschaffung der legendären alten „Star Wars“-Trilogie (die er immer wieder mittels Nachbearbeitungen misshandelte), blieb er einfach bei seinem Universum, knallte in den Jahren ’99 bis ’05 eine dreiteilige Vorgeschichte auf die Leinwand und verdiente sich blöd. Die Spin-off-Serie Star Wars: The Clone Wars folgte und die Altersvorsorge war gesichert. Lucas ist endgültig zum Geschäftsmann mutiert, lediglich noch damit beschäftigt die Cash-Cows „Indiana Jones“ und „Star Wars“ zu melken, bis die Euter ganz wund sind. Seine Ambitionen scheinen in erster Linie finanzieller Natur zu sein. Vielleicht ist er aber auch einfach nur Altersweise geworden, schlürft nur noch teure Drinks an weißen Stränden und hat sich einen von diesen Strandbuggys gekauft.

Was ist also los mit unseren Altmeistern? Sind sie wirklich so einfallslos, so faul und geldgierig geworden? Eindeutige Antworten auf solch allgemeingültige Fragen habe ich nicht. Ich sehe Leute wie Scott und Lucas aber ein Stück weit auch als Opfer in einem sich verändernden System. Studios geben immer mehr Geld für die Produktion von Filmen aus, das Marketing ist ein zentraler Schritt zu immer höheren Umsätzen und beschränkt sich nicht mehr nur auf Plakate an Litfaßsäulen. „Virales Marketing“ ist das Wort der Stunde. Filme werden Jahre vor ihrem Release mit einem gigantischen Aufwand promotet, wöchentlich neue Poster, Videoschnipsel oder Interviews veröffentlicht. Allein James Cameron s Avatar – Aufbruch nach Pandora gab vor seinem Kinostart über Einhundert Millionen Dollar allein für das Marketing aus. Innerhalb dieser Ökonomie hat überbordende Kreativität vielleicht nicht mehr den selben Platz, wie vor zehn oder zwanzig Jahren noch.

Das ist also die Erklärung? Die Altmeister als Opfer raffgieriger Studiobosse?

Womöglich spielt uns unsere verzerrte Wahrnehmung für Vergangenes einfach nur einen Streich. „Früher war alles besser.“ – Kein Wunder, als leicht zu beeindruckende Knirpse ohne jede cineastische Vorbildung. Ansprüche und Sehgewohnheiten waren andere, Erfahrungen waren rar und wenn dann ein gigantomanischer Dino durch die Gegend stampfte oder obskure Alien-Wesen Freundschaften mit Nachbarjungen schlossen, war das womöglich beeindruckender, als es heute der Fall wäre. Ist das vielleicht der Grund?

Am Ende liegt die Wahrheit wohl bekanntermaßen irgendwo dazwischen. Dennoch ist es beunruhigend zu sehen, wenn ein Regisseur eine Trilogie plant und schon im ersten Teil nichts zu erzählen hat. Andererseits ist man doch irgendwie froh, dass sie noch da sind. Auch wenn man ihre Filme inzwischen kritischer betrachtet, sich nicht mehr so schnell beeindrucken lässt und die ein oder andere Enttäuschung einstecken musste. Und wenn wir sehen, dass die Konkurrenten unserer Regie-Altmeister heutzutage Battleship und Kampf der Titanen heißen, sollten wir vielleicht doch ganz froh sein, dass es sie gibt. Die Helden unserer Kindheit.


Vorschau: Er schneidet Grimassen und albert herum, aber er kann auch anders. Mehr zu diesem Schauspieler gibt es kommenden Mittwoch.


Dieser Text stammt von unserem User _Garfield. Wenn ihr die Moviepilot Speakers’ Corner auch nutzen möchtet, dann werft zuerst einen kurzen Blick auf die Regeln und schickt anschließend euren Text an ines[@]moviepilot.de

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