Als sich Star Wars 2015 nach einer zehnjährigen Pause auf der großen Leinwand zurückmeldete, war es vor allem das Entdecken von etwas Altem durch die Augen von neuen Figuren, das die Geschehnisse bestimmte. Wenn wir Rey (Daisy Ridley) das erste Mal auf Jakku begegnen, existiert da nur eine ungefähre Vorstellung des Sternenkriegs, denn alles, was die Schrottsammlerin aufgeschnappt hat, sind Mythen und Legenden.
Han Solo (Harrison Ford) kann sie als Leitfigur der Rebellion gegen das Imperium identifizieren, genauso wie den Millennium Falcon als schnellstes Schiff der Galaxis. Doch nachdem sich die jungen Helden langsam ihren Vorbildern in Star Wars 7: Das Erwachen der Macht angenähert haben, stellte die Sequel-Trilogie all das gesammelte Wissen mit dem großen Paukenschlag Star Wars 8: Die letzten Jedi komplett infrage.
Neue Star Wars-Helden ringen mit dem Vermächtnis der alten
Geschickt positioniert sich Star Wars damit zwischen Neuanfang und Nostalgie, während die Figuren von der Unsicherheit über ihr Erbe angetrieben werden. Rey und Co. sind auf der Suche nach einer eigenen Identität in diesem Krieg, der seit Jahrzehnten tobt und der nächsten Generation einfach übergestülpt wird. Von den alten Helden erhoffen sie sich orientierende Worte, doch alles, was sie entdecken, ist Fehlbarkeit.
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Fehlbarkeit, die am eigenen Selbstvertrauen nagt und Kylo Ren (Adam Driver) im Auftakt von Star Wars 9: Der Aufstieg Skywalkers direkt ins dunkelste Grabmal der Sternensaga schickt. Zuletzt wollte er sich im Funkenregen endgültig von der Vergangenheit abwenden und den ersten Schritt in eine ungewisse Zukunft wagen, doch abseits jener Fehlbarkeit, aus der er geboren wurde, führt ihn nun die Einsamkeit in das Verließ der Toten.
Der Aufstieg Skywalkers führt in eine finstere Grabkammer
Kylo Ren wühlt sich in seiner rasenden Verzweiflung in die Tiefen der Star Wars-Mythologie und findet dort niemand Geringeren als den Bösewicht und Drahtzieher der vorangegangenen Trilogien. Als letzter Kanzler der Republik orchestrierte Palpatine (Ian McDiarmid) den Niedergang dieser, ehe er das erste galaktische Imperium gründete, aus dessen Asche wiederum die Erste Ordnung entstanden ist.
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Damit bringt J.J. Abrams in Star Wars 9: Der Aufstieg Skywalkers die letzte große Figur der Saga zurück. Ein billiger Trick, so scheint es auf den ersten Blick - die Bilder, die er damit schafft, sind dennoch gewaltige und dem Finale einer Trilogie fraglos würdig. Zuerst sind da nur Blitze, die das Böse als gespenstische Schattengestalt andeuten, ehe unzählige Sternenzerstörer die Kruste der Vergangenheit aufbrechen.
Seit zwei Filmen versuchen Rey und Kylo, ihren eigenen Weg zu gehen, doch die Geschichte wiederholt sich und schleudert sie zurück in den Konflikt ihrer Eltern, den sie schließlich auf den Trümmern des alten Krieges austragen. Die See hat den Todesstern nicht verschluckt und in Vergessenheit geraten lassen, im Gegenteil: An diesem symbolischen Ort peitschen die Wellen das Vergangene unermüdlich auf.
Star Wars 9 als Schlusspunkt eines Generationenkonflikts
Spitz und rostig ragen die Metallteile aus der Tiefe und künden vom Schmerz, der nun auch dieser neuen Generation zu widerfahren droht. Hier wird Rey mit der düstersten Version ihres unheimlichen Spiegelbilds aus der Höhle von Ahch-To konfrontiert, nachdem sie sich bereits zuvor zu einer Grenzüberschreitung provozieren lässt. In den tobenden Wogen entdeckt J.J. Abrams aber auch einen Ort der Versöhnung.
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Die Bewegung zeugt aber nicht bloß von zerstörerischen Kräften, sondern ebenso von Möglichkeiten und Veränderung. Am deutlichsten kommt das etwa zum Ausdruck, wenn J.J. Abrams seinen rasanten Film für einen unerwartet ruhigen Moment unterbricht, der in bester Star Wars-Tradition Vater und Sohn an einem Abgrund zusammenführt. Dieses Mal bestimmen aber nicht verletzende, sondern vergebende Worte die Szene.
Selbst wenn Star Wars 9: Der Aufstieg Skywalkers kein perfekter Film ist, trifft J.J. Abrams mit seinem Skywalker-Finale sehr viele richtige Töne, die nicht zwangsläufig im Widerspruch mit der von Rian Johnson in Episode 8 entworfenen Vision stehen, sondern ihre eigenen Schwerpunkte und Interpretationsansätze liefern. Ob Rey ein Sith, alle Jedi ist oder einfach nur niemand - das nimmt sich am Ende nicht mehr viel.
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Gewissermaßen lässt J.J. Abrams die Vergangenheit also doch sterben, wenn auch nicht so radikal und spektakulär, wie es Kylo Ren vor dem brennenden Vorhang der Ersten Ordnung verlangte. Am Ende geht Rey aber ihren Weg, unabhängig von der Blutlinie, der sie entstammt, und wählt die Familie, mit der sie sich identifizieren kann. Das Gleichgewicht der Macht ist hergestellt, besiegelt von Tatooines Zwillingssonnen.
Podcast: Wird The Mandalorian den Erwartungen gerecht?
Die neue Folge von Streamgestöber - auch bei Spotify - steht ganz im Zeichen von The Mandalorian bei Disney+. Wir besprechen die 1. Staffel detailliert, inklusive der Frage, ob Baby Yoda für die Serie ein Gewinn ist.
Für den Podcast hat Jenny zwei große Star Wars-Fans eingeladen, Moviepilot-Redakteur Matthias und Kollege Tobias von FILMSTARTS und dem Podcast Leinwandliebe. Zu dritt diskutieren sie die Qualität der Serie und spekulieren über neue Figuren in der 2. Staffel.
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