Sylvester Stallone hat nur eine Möglichkeit, die Rambo-Reihe zu retten – und die hat ausgerechnet mit seiner größten Enttäuschung zu tun

04.06.2023 - 11:00 Uhr
Sylvester Stallone in Rambo: Last BloodUniversum Film
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Laut Sylvester Stallone soll Rambo 6 kommen. Für das Action-Sequel muss sich der Star an seiner größten Karriere-Enttäuschung orientieren und warum das so ist, lest ihr hier.

Sylvester Stallone ist wie Konrad Adenauer. Er weiß einfach nicht, wann Schluss ist. Eigentlich sollte Rambo: Last Blood seine größte Action-Reihe endgültig abschließen, aber laut einem Interview mit dem Hollywood Reporter  kommt Rambo 6 jetzt trotzdem. Wenn der Film gut werden soll, muss sich der Star seine Creed-Rolle zum Vorbild nehmen.

Gegen Sylvester Stallones Willen: Rambo 6 soll die nächste Generation zeigen

Stallone hatte für Rambo 6 eigentlich ein Prequel geplant, in dem John Rambo vom quietschfidelen Footballspieler zur traumatisierten Ein-Mann-Armee im Vietnam-Dschungel wird. Die Produzenten haben darauf aber offenbar keine Lust. Stattdessen soll der Kriegsveteran in einer Nebenrolle auftreten und den Staffelstab übergeben. Umso besser.

Die Mentoren-Rolle ist Stallone in seinem Spätwerk nämlich auf den Leib geschneidert. Nirgendwo zeigt sich das so stark wie in den ersten beiden Filmen des Rocky-Sequels Creed.

Sein Auftritt in Creed zeigt Sylvester Stallones späte Paraderolle

Es ist kein Wunder, dass der Action-Star für seine Performance im ersten Creed für einen Oscar nominiert wurde. Die Leidenschaft, die Ambition, die Bescheidenheit der Arbeiterklasse, alle Rocky-Eigenschaften sind noch da. Aber Stallone hat einen scharfen Blick für die Jahre und die harten Lektionen des Alterns, die dem Champion in den Knochen stecken.

Rockys Trauer über den Tod seiner geliebten Frau Adrian (in der Original-Reihe: Talia Shire) schwingt in jeder Bewegung mit. Aber sie hat ihm auch Zärtlichkeit beigebracht, eine Rücksicht und Gutmütigkeit, die der unterprivilegierten Naturgewalt im ersten Rocky völlig fremd gewesen wäre.

Wenn Stallones Figur in der Creed II-Krankenhausszene von Adonis' (Michael B. Jordan) Wut getroffen den Kopf senkt, an seinem Hut herumnestelt und sich traurig zum Gehen wendet, ist klar, wie viel der Star über das Innenleben eines alternden Kämpfers verstanden hat. Diesen Reichtum nicht für eine Figur wie John Rambo zu nutzen, ist die pure Verschwendung.

Sylvester Stallone hat Probleme mit der Creed-Rolle

Natürlich gibt es zwei Probleme, wenn Stallone sich Creed-Rocky zum Rambo-Vorbild nehmen soll. Einerseits ist Sylvester Stallones De-facto-Rauswurf aus der Creed-Reihe vor Teil 3 für den Star sicherlich eine unfassbare Enttäuschung. Immerhin begann das Franchise mit nichts anderem als seiner Willenskraft. Ob er also seine schlimmste Karriere-Niederlage als Blaupause für den Schwanengesang seiner größten Action-Reihe verwenden will, ist zweifelhaft.

Andererseits sind Rocky und Rambo zwei sehr unterschiedliche Figuren. Rambo hat kein Klassenbewusstsein, Begriffe wie Underdog oder Sportsgeist zählen für ihn nichts. Er lebt nicht aus Demut bescheiden, sondern weil Töten ein einfaches Geschäft ist. Und das ist alles, was er wirklich kennt.

Creed ist das perfekte Vorbild für Rambo 6

Der letzte Auftritt der Figur wird dadurch aber nur spannender. Rambo ist eine weit traurigere Figur als Rocky, aber seine Tragik wird nur im ersten Rambo und den besseren Momenten des zutiefst problematischen Rambo 5 überhaupt erzählt. Wenn Stallone seine Creed-Erfahrungen mit Rambos Geschichte verbindet, könnte er der Figur nicht nur einen würdigen Abschied verschaffen. Sondern zum ersten Mal ihrer Komplexität überhaupt gerecht werden.

Das ist es wohl auch, worauf Sylvester Stallone mit seiner Prequel-Idee abgezielt hat. Aber die Mentoren-Idee ist viel intuitiver. Immerhin könnte der Action-Star nur so überhaupt eine größere Rolle spielen. Und die Rolle des alten Kämpfers, dessen vernarbter Körper und geschundene Seele ihn mit Hochgeschwindigkeit einholen, passt perfekt auf ihn. Das hat er neben Creed mit Tulsa King und Samaritan bewiesen.

Wie könnte ein Creed-inspirierter Rambo-Abschied also aussehen? Die beste Idee wäre eine Mentoren-Dynamik wie zwischen Jaimz Woolvett und Clint Eastwood in Erbarmungslos: Der Eine ist ein großspuriger junger Hitzkopf, der die düstere Konsequenz seiner Handlungen nicht erkennt. Und der Andere der wandelnde Tod auf zwei Beinen, die zurückliegende Grausamkeit nur mühsam in Schach gehalten von der Würdelosigkeit eines alternden Körpers und der Zärtlichkeit weniger ausgewählter Menschen. Am Ende ist er dennoch unrettbar verloren.

So muss Sylvester Stallone als Rambo sterben

Eine solche Dynamik könnte alle Funktionen des Rambo-Abschieds erfüllen. Sie zeigt Rambo als Mentoren und Krieger mit einer ungekannten Komplexität, die Stallones neuem Rollenprofil Rechnung trägt. Sie setzt nicht nur einen Nachfolger ein, sondern verschafft ihm eine fesselnde Figurenentwicklung.

Und sie öffnet das Tor zum einzig wirklich ehrlichen Ende der Reihe: Rambo verliert den Kampf um seine Seele und stirbt, wahnhaft verliebt in den Blutrausch, im Kugelhagel. Wie ein perverses und tragisches Militär-Experiment, dem man endlich den Gnadenschuss gibt.

Ich glaube, dass Sylvester Stallone dafür die Erniedrigung der Creed-Reihe herunterschlucken kann. Denn wenn er, Rocky und Rambo eines gemeinsam haben, dann ist es die Fähigkeit, Demütigungen wegzustecken und weiterzumachen. Selbst wenn man aus dem eigenen Haus geworfen wird wie Konrad Adenauer.

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