Kaum ein Serienbösewicht wurde während der letzten Jahre so stark gehyped wie Negan aus The Walking Dead. Der charismatische Bösewicht kloppte sich mit seinem Baseballschläger Lucille direkt in die Herzen der Serienfans. Und das, obwohl er bei seinem Einstand Fanliebling Glenn (Steven Yeun) unsanft ins Jenseits beförderte.
Seitdem ist Negan (Jeffrey Dean Morgan) aus The Walking Dead nicht mehr wegzudenken und spielt auch in Staffel 11 eine wichtige Rolle. So lange hielt kein anderer Antagonist der Serie durch, nicht einmal der ikonische Gouvernor (David Morrissey). Auch in der Moviepilot-Redaktion gibt es einige begeisterte Negan-Fans. Zu Unrecht! Ich erkläre euch, warum Negan in meinen Augen der überschätzteste Bösewicht der Zombie-Serie ist
1. Grund: Negan ist berechenbar
Zugegeben: Als Negan zum ersten Mal in The Walking Dead auftrat, hat er damit einen der spannendsten Serien-Cliffhanger aller Zeiten ausgelöst. Wer wird seinem Baseballschläger Lucille zum Opfer fallen? Eine ganze Sommerpause lang mussten wir auf die große Entscheidung warten. Zu Beginn der 7. Staffel wussten wir dann endlich, wen es trifft, und waren schockiert über Negans skrupellose Brutalität. Der eigentliche Schock folgte aber erst später: Das war so ziemlich alles, was Negan als Bösewicht zu bieten hat.
In Staffel 7 war Negan noch der primäre Antagonist der Serie
Das liegt daran, wie Negan gestrickt ist. Der Chef der Saviors hat feste Prinzipien und Regeln. Wer sich daran hält, wird in Ruhe gelassen. Wer dagegen verstößt, wird mit maximaler Härte bestraft. Das sorgt dafür, dass wir Zuschauer:innen immer wissen, wann er zuschlägt. Die Frage ist nur, wie brutal das Ganze abläuft – vom heißen Eisen im Gesicht bis hin zum Verbrennen bei lebendigem Leib. Im Kontrast dazu stehen Charaktere wie der Gouverneur oder Negans rechte Hand Simon (Steven Ogg), die Negan in Sachen roher Gewalt in nichts nachstehen, dabei allerdings völlig unberechenbar sind.
2. Grund: Negans relaxte Art wirkt im The Walking Dead-Universum aufgesetzt
In einem Endzeitszenario wie in The Walking Dead bleiben nur Psychopathen so cool und lässig wie Negan. Negan ist aber kein Psychopath, sondern ein an sich überlegter Typ, der zu extremen Mitteln greift, weshalb seine Lockerheit aufgesetzt wirkt. Ja, wir haben es verstanden, du bist der leicht angeknipste Typ mit dem exzentrisch dekorierten Baseballschläger und der brandneuen Lederjacke, der sich gerne fies lachend zurücklehnt. Kommt da noch was?
Viel schlimmer noch: Die Darstellung zielt an seinen Absichten vorbei, die Welt zu retten. Eine sachliche, strategische Entschlossenheit hätte seine Motive viel deutlicher unterstrichen. So wirkt er wie ein Zehnjähriger, der auf dem Schulhof der Coolste sein möchte. Dazu trägt leider auch maßgeblich Schauspieler Jeffrey Dean Morgan bei, der Negan so spielt, wie man sich einen Bösewicht als Kind vorstellt. (Wobei schon Comic-Negan eine absurd überzeichnete Person war. Die Schuld liegt also auch bei der Vorlage.)
3. Grund: Man kauft Negan seine Grausamkeiten nicht ab
Man hätte Negans überzeichnetes Verhalten damit auffangen können, indem man seine menschliche, nahbare Seite organischer herausstellt und ihn damit zu einem glaubhafteren Charakter macht. Leider schafft The Walking Dead es nicht, die Verbindung zwischen Negan, dem gewalttätigen Tyrannen, und Negan, dem einfühlsamen Normalo, herzustellen. Vielmehr wirken die beiden wie zwei unterschiedliche Charaktere, die sich nur schwer unter einen Hut bringen lassen.
Staffel 11 von The Walking Dead beginnt mit einem langerwarteten Konflikt: Maggie vs. Negan
Bei Rick Grimes (Andrew Lincoln) beispielsweise zeigt sich die Hin- und Hergerissenheit zwischen Skrupellosigkeit und Empathie. Der ursprüngliche Protagonist der Zombie-Serie hatte bis zum Ende Graustufen, er war kompliziert, vielschichtig und dadurch spannend. Negan hingegen scheint nur Schwarz oder Weiß zu kennen, wodurch seine Gräueltaten an Glaubwürdigkeit verlieren. Im einen Moment lockere Sprüche klopfen und im nächsten Moment als angeblich folgerichtige Bestrafung für Fehlverhalten Schädel einschlagen? Das passt zum Joker, aber nicht zu Negan, für den der Tod kein Spiel, sondern ein notwendiges Übel ist.
4. Grund: Negan verhält sich in The Walking Dead oft haarsträubend dumm
Die Vergebung für Simon in Staffel 8, Folge 15? Come on! Der Typ hat versucht, dich verrecken zu lassen, und das weißt du ganz genau. Oder Eugene, der Negan eine Testwaffe in die Hand drückt und ihm dazu rät, dass alle Saviors ihre Waffen beim Angriff auf Ricks Truppe gleichzeitig abfeuern? Wie verdächtig kann man sich machen, ohne dass Negan argwöhnisch wird?
An Stellen wie diesen offenbart Negan sein fehlendes Urteilsvermögen, was ihn deutlich weniger bedrohlich macht, als es einem Superschurken würdig wäre. Wie gefährlich kann man noch sein, wenn man sich so leicht austricksen und manipulieren lässt? Sorry Negan, aber: The Walking Dead hatte in seinen mittlerweile 11 Staffeln schon viele faszinierende Bösewichte. Und du befindest dich definitiv nicht an der Spitze.
Mehr Zombie-Spaß im Podcast: Sind wir bereit fürs Ende von The Walking Dead?
Der Anfang vom Ende hat begonnen. Die 11. Staffel von The Walking Dead ist gestartet und Max und Yves sprechen über ihre Erwartungen, Wünsche und auch Sorgen für die finale Season.
Was sind unsere Theorien? Wer steht auf unserer Todesliste? Und darf die Serie nach 177 Folgen überhaupt ohne Rick enden?
Wie findet ihr Negan in The Walking Dead? Überschätzt oder zurecht gefeiert?