Tim & Struppi wecken den Indy in Steven Spielberg

27.10.2011 - 08:50 UhrVor 13 Jahren aktualisiert
Die Abenteuer von Tim und Struppi
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Die Abenteuer von Tim und Struppi
Kritiker grinsen wie Kinder. Allerorts wird die Wiedergeburt des wahren Steven Spielberg gefeiert. Tim und Struppi lässt die Indiana Jones-Herzen höher schlagen, die sich vom Kristallschädel betrogen gefühlt hatten. Wie kann das sein?

Steven Spielberg und Peter Jackson teilen sich eine Trilogie. Heute kommt mit Die Abenteuer von Tim und Struppi – Das Geheimnis der ‘Einhorn’ der erste Teil der Hergé-Adaption in die deutschen Kinos. Und irgendwie herrscht Aufbruchstimmung. Da liegt ein optimistischer Tenor in der Luft. Sie sprechen über Wiedergeburt, die Kritiker. Sie sprechen über die Rückkehr eines alten Steven Spielberg, den wir nach Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels schon für tot erklärt hatten. Wie kommen die dazu?

Young Indiana Jones: Brussels Edition
So fasst Jill Lawless von Associated Press ihre Tim und Struppi-Erfahrung zusammen. Da steht sie nicht allein. Überall sind die überwiegend begeisterten Kritiker schnell mit den Indy-Vergleichen bei der Hand. Das kommt ja auch nicht von Ungefähr. Allein das Plakat erinnert schon stark an die Motorrad-Fahrt aus Indiana Jones und der letzte Kreuzzug mit Indy-Senior Sean Connery im Beifahrersitz. Tim bewegt sich in Spielbergs Film wie Dr. Jones durch die Welt der Zwanziger und Dreißiger Jahre, ist gleichzeitig immer der älteren Vergangenheit und ihrem abenteuerlichen Kern auf der Spur.

Schon der Trailer macht klar, dass Tim und Struppi das Globetrotter-Image übernehmen und hierbei, genau wie Indy, die Nostalgie der Zeit für sich spielen lassen. Sie bereisen die Welt in Doppeldecker-Fliegern, schönen Motorrädern, alten Autos usw. Tim ist ein Weltenbummler mit abenteuerlichem Kern. Die Idee eines Schatzes aus vergangenen Tagen ist immer verlockend, genauso verlockend ist aber auch die Idee, das Gewohnte zu verlassen und in Postkarten-ähnliche Abenteuer-Szenarien zu flüchten. Das verbindet Tim und Struppi mit dem Kino-Zuschauer und dem Dr. Jones, der aus dem Uni-Hinterfenster flieht und sich auf die Suche nach dem heiligen Gral macht.

Einhorn statt Schädel – Tim ist der bessere 4. Indy
“Es waren die Aliens” – so ließe sich das Unbehagen vieler irgendwie auf einen griffigen Punkt bringen. Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels sah an vielen Stellen einfach falsch aus. Die Aliens waren da dann einfach noch die Höhe. Doch auch schon vorher sah der Film einfach zu oft zu stark nach CGI aus, zu sehr nach Sky Captain and the World of Tomorrow. Da konnten Harrison Ford und Karen Allen noch so für the good old times stehen. Drehbuch und Look des Films repräsentierten einfach das Gegenteil von Jäger des verlorenen Schatzes.

Natürlich macht es keinen Sinn, den Charme der alten Indy-Filme einfach eins zu eines umsetzen zu wollen. Aber eben das ist der Haken. Ein paar selbstreferenzielle Witze, ironische Verbeugungen vor der eigenen Filmgeschichte, Shia LaBoeuf – das reicht nicht. Schon Indiana Jones und der letzte Kreuzzug war zu großen Teilen selbstreferenziell. Mit Tim und Struppi könnte jetzt ein erfrischender Film in die Kinos kommen, der die Abenteuerstimmung, den nostalgischen Charme der alten Filme in sich trägt, ohne der Filmvergangenheit hinterher zu trauern. Mit Joe Cornish (Attack the Block) , Edgar Wright (Hot Fuzz – Zwei abgewichste Profis) und Steven Moffat (Doctor Who) hat Spielberg ein relativ junges und buntes Autoren-Team um sich gesammelt, das die Indian Jones-Magie produktiv atmet und sie auf ein neues Produkt übertragen kann.

Endlich wieder Kind – oder: Wie Zeichentrick Spielberg rettete
Vor ein paar Tagen blickte the gaffer schon voraus: Immer mehr große Namen beißen sich an der neuen 3D-Technik ab. Tim und Struppi wird auch in 3D zu sehen sein. Viel wichtiger ist aber, dass es ein Zeichentrick-Film ist, und außerdem mit der Motion-Capture-Technik gearbeitet wurde. Wenn wir den Kritiker-Stimmen trauen dürfen, dann war der Sprung in die animierte Welt für den alten Spielberg genau das Richtige. Das einstige Wunderkind hat eine neue Spielwiese gefunden. Indiana Jones I-III waren nicht zuletzt Materialschlachten. Gerade aus heutiger Sicht strahlen sie einfach die Ehrlichkeit eines Gruselkabinetts aus. Die Abenteuerlust ging einher mit der Freude, liebevolle Rätsel, gefährliche Fallen und fiese Skelette über die Leinwand huschen zu lassen. Im letzten Teil hat das nicht so geklappt.

Jetzt ist mit dem Sprung hin zum technisch hochversierten Zeichentrickfilm etwas ganz anderes gegeben. Spielberg hat sich vom alten Look getrennt, kann aber seinen alten Stil, seinen kindlichen Spaß an fulminanter Action und Abenteuer-Rätsel in ganz neuem Gewand wieder aufleben lassen. Die langen Action-Plansequenzen erstrahlen in der MoCap-Zeichentrickwelt wieder in neuem Glanz, sie fangen eine alte Faszination ein und schleudern sie ins 21. Jahrhundert. Vielleicht ist der Indy-Mythos ausgelutscht, doch hinter diesem Mythos steckte noch etwas anderes. Vor dreißig Jahren wurde Steven Spielberg darauf aufmerksam gemacht, dass Jäger des verlorenen Schatzes an die Tim und Struppi-Comics erinnern würde. So schließt sich der Kreis und Steven Spielberg ist wieder da angekommen, wo er begonnen hat: in einer unverbrauchten Abenteuerwelt

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