Wie sich Hollywood dem Drogenkrieg nähert

23.09.2015 - 23:50 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Benicio del Toro in SicarioStudiocanal
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Mit Sicario startet am 1. Oktober ein Thriller in den deutschen Kinos, der sich mit dem Drogenkampf an der Grenze zwischen Mexiko und den USA beschäftigt. Auch vor Denis Villeneuve bemühten sich Regisseure um das Thema - jeder auf seine eigene Weise.

Wir in Deutschland bekommen verhältnismäßig wenig von den Drogenkriegen in Nord- und Mittelamerika mit. Trotzdem scheinen wir auf dem aktuellsten Stand zu sein, denn die Filmmaschinerie Hollywood liefert uns regelmäßig Werke, die sich mit dieser Thematik auseinandersetzen. Den neuesten Ableger liefert am 1. Oktober 2015 Regisseur Denis Villeneuve mit Sicario, der schon jetzt als Oscar-Favorit gehandelt wird. Mit Benicio del Toro als knallhartem Killer und Emily Blunt, die mit unsagbarer Gewalt konfrontiert die Welt in sich zusammenstürzen sieht, schildert er den Konflikt zwischen Behörden und Kartell an der Grenze zwischen Mexiko und den USA.

Vor Villeneuve gab es in der Vergangenheit zahlreiche Filmemacher, die sich in ihren Filmen mit diesem wichtigen Thema auseinandersetzten und jeder von ihnen geht dennoch komplett anders mit dem Thema um. So ist Robert Rodriguez' Art, das Ganze zu verarbeiten, nicht wirklich vergleichbar mit der Herangehensweise von Joe und Ethan Coen oder Ridley Scott. Das Thema Drogenkampf ist allgegenwärtig und liefert trotz oder gerade wegen seiner real existierenden Tragik den optimalen Filmstoff für Hollywood.

Die Unterhalter

Eine Herangehensweise an eine filmische Verarbeitung des Drogenkampfes ist das leicht unterhaltende, aber in seiner Action gleichzeitig harte Blockbuster-Kino. Diese Art des Films war vor allem in den 90er Jahren beliebt und noch heute sind diese Muster erkennbar. Als mit Lethal Weapon - Zwei stahlharte Profis Ende der 80er Jahre Mel Gibson und Danny Glover als zwei ungleiche Partner ihre Nasen in das Drogenmillieu von Los Angeles steckten, kam vor allem der Otto-Normal-Kinobesucher auf seine Kosten. Die leichte Dialogführung und die in den Vordergrund gerückte Action relativierte die Dramatik des polizeilichen Drogenkampfes. Ähnliches gelang ein paar Jahre später Will Smith und Martin Lawrence in Bad Boys - Harte Jungs, inszeniert vom Action-Meister Michael Bay. Das Szenario wurde in den nächsten Drogen-Brennpunkt nach Miami verlegt und die beiden Drogenfahnder hinterlassen mit einem lauten und unterhaltsamen Knall einen bleibenden Eindruck auf der Kinoleinwand.


Die Insider

Noch vor den harten und oft auch stahlharten Kollegen war vorwiegend eine Person für den Drogenkampf im US-Kino verantwortlich. Er beleuchtete das Milieu nicht von der Seite des Gesetzes, sondern zeigte uns den Wahnsinn, den sowohl der Drogenkonsum als auch die daraus resultierenden Machtverhältnisse hervorrufen. Mit Scarface gelang Brian De Palma eine Studie, die die Thematik von einer ganz anderen Warte aus betrachtete. Al Pacinos Porträt eines kubanischen Einwanderers ist bis heute so etwas wie das Steckenpferd, wenn es um die Schattenseiten des amerikanischen Traums geht. Auch das Original Narbengesicht von Howard Hawks war wegweisend. Als der Film 1932 erschien, war die Prohibition ein hochbrisantes Thema und der Drogenkrieg rund um Tony Montana fokussierte sich damals noch auf den Alkohol. Narbengesicht, für den Al Capone als Vorlage diente, arbeitet wie viele seiner Nachfolger die zeitgenössischen kriminellen Hergänge bezüglich illegaler Drogen auf und dient uns heute als Studie der jeweiligen Zeit.


Die Stilvollen

In den letzten Jahren schien sich der Trend dahingehend zu entwickeln, dass das eher trübe und ernste Thema des Drogenkrieges mit Hochglanz-Optik aufpoliert wird. Sehen wir uns die vor zwei und drei Jahren erschienenen The Counselor und Savages an, so erinnern wir uns wohl am ehesten an die charismatischen Auftritte von Brad Pitt, Taylor Kitsch, Blake Lively und Cameron Diaz. Ridley Scott und Oliver Stone legten schon immer Wert auf stylische und tolle Bilder. Neben der Aufarbeitung von realen Problemfällen der Gesellschaft wollen sie wie Michael Bay doch vorwiegend eines: Sie wollen unterhalten. Und das gelingt diesen Filmemachern meistens sehr gut. Zwar ist ihre Darstellung keineswegs realistisch, doch vielleicht kann sich ein Teil in uns mit dieser Herangehensweise, dem schwierigen Thema ebenfalls etwas leichter annähern. Außerdem wird keineswegs an harten und drastischen Bildern gespart, die uns wieder auf den Boden der Tatsachen holen.

Die Persönlichen

Dass Filme, die sich mit Drogenkonflikten im amerikanisch-mexikanischen Raum beschäftigen, nicht nur beim Publikum gut ankommen können, hat vor allem No Country for Old Men von den Coen-Brüdern im Jahr 2008 bewiesen. Der Thriller räumte bei der Oscar-Verleihung die begehrten Trophäen für den besten Film und die beste Regie ab und zeigte, dass auch die Academy Interesse an der Darstellung dieser Thematik hat. Der Roman von Cormac McCarthy lieferte die perfekte Vorlage und mit dem personifizierten Bösen in Gestalt von Javier Bardem wurde der Kampf um die Droge plötzlich zu einer persönlichen Angelegenheit. Dass Texas kein Land zum Altwerden ist, wurde spätestens jetzt klar. Plötzlich schwirrte in den Köpfen vieler Amerikaner ein beunruhigender Gedanke umher: Es kann jeden erwischen. Der Drogenkrieg an der Grenze ist keine Sache, die nur in den Medien stattfindet.


Da kommt Sicario wohl genau zum richtigen Zeitpunkt, denn hier nimmt es eine amerikanische Spezialeinheit selbst in die Hand, um einen entscheidenden Schlag gegen ein Oberhaupt eines Drogenkartells durchzuführen. Doch so einfach sieht es nur auf den ersten Blick aus, denn nicht nur der von del Toro großartig verkörperte Alejandro ist nicht der, für den ihn die von Emily Blunt gespielte Kate Macer hält. Die schonungslose Rollenverteilung ist es, die Sicario auszeichnet und den Drogenkrieg auf brutale Weise porträtiert.

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