Hannibal - Mads Mikkelsen lädt zum Festmal ein

24.09.2015 - 08:50 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
HannibalNBC
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In Bezug auf Hannibal bekommt der Ausdruck Mein Herz für Serie eine ganz neue Bedeutung. Warum ich Mads Mikkelsen als tiefbösen Psychiater und Hugh Dancy als FBI-Profiler Will Graham so toll finde, erfahrt ihr heute.

Mit Hannibal startete vor zwei Jahren eine Serie, die ich von Anfang an verfolgte und die auch mich von Anfang an verfolgte. Ich kannte den FBI-Agenten Will Graham aus Roter Drache in Gestalt von Edward Norton und natürlich war für mich der einzig wahre Hannibal Lecter schon immer Anthony Hopkins. Dass diese ikonischen Rollen für eine Serie neu vergeben wurden und der Stoff von Thomas Harris schon wieder neu aufgerollt wird, bereitete mir Bauchschmerzen. Völlig zu Unrecht, wie sich ab April 2013 immer mehr herausstellte.

Die Ästhetik im Vordergrund

Angenommen wir schalten bei Hannibal den Ton aus. Die Serie würde zwar an Zugkraft verlieren, aber visuell würde sie immer noch so viel hergeben. Die Bilder sind großartig, triefen vor tiefen Farben und besonders das Blut wiegt mächtig auf dem Bildschirm. Anzüge und Kleider sind perfekt auf das Setting und die folgenden Handlungen abgestimmt. Kein Bluttropfen bleibt unbemerkt, dafür sorgen Schöpfer Bryan Fuller und seine Crew und setzen jedes noch so kleine Detail so plastisch wie möglich in Szene. Am besten schalten wir den Ton jetzt wieder ein, denn dann bemerken wir, wie sich das Gefühl der perfekt inszenierten Ästhetik intensiviert. Die metallischen und surrealen Klänge bauen eine Spannung auf, welche die bewegten Bilder fast einfrieren lassen.

In Kombination bilden Bild und Ton in Hannibal eine Symbiose, die mir bis ins Mark ging. Bei vielen Szenen hatte ich das Gefühl, ich sei mitten drin und der Weg von Hannibals tödlichen Händen zu meiner Kehle erschien mir nicht allzu weit. Es gab Szenen, die gingen bis an die Grenzen des guten Geschmacks, denn mit Grausamkeit und Brutalität spart diese von Beginn an vermittelte Ästhetik nicht. Kunstvoll geöffnete Menschenleichen bildeten nicht selten ein Werk, das an Absurdität kaum zu überbieten war. Ich will hier nicht von Schönheit sprechen, aber eine morbide Ansehnlichkeit hatte das ganze allemal und selbst ein von Menschenkörpern geschmückter Silo hatte seinen Charme.

Mads Mikkelsen of Puppets

Die Besetzung gelang besser, als ich es mir hätte erträumen lassen. Mads Mikkelsen war mir neben seiner Rolle als Bond-Bösewicht schon aus Nicolas Winding Refns Filmen Pusher und Walhalla Rising bekannt und mit der Rolle des Hannibal konnte er sich nun endlich richtig austoben. Die finsteren und nicht einzuordnenden Gesichtszüge hat er schon als Le Chiffre perfektioniert. Seine Verkörperung des Hannibal versprüht Intelligenz, Charisma, Manipulation und pure Energie, die sich auf seine Mitspieler auswirken. Was seinen Charakter ausmacht, ist nichts, was Anthony Hopkins vor ihm schon vermittelte. Mads Mikkelsen ergänzt die Figur Hannibal mit Körperkraft und lässt ihn so noch furchteinflößender und unberechenbarer wirken.

Hugh Dancy ordnet sich in seiner Rolle des Will Graham keinem bisher bekannten Opfer-Muster ein, sondern definiert fast die Bezeichnung neu. Er ist ein hochintelligenter FBI-Profiler, der immer weiter in das Grab rutscht, das Hannibal von allen unbemerkt für ihn schaufelt. Es ist oft eine Qual, ihm beim Leiden zuzusehen, doch trotzdem baut Dancy um seine Figur eine Ambivalenz auf, die uns zweifeln lässt, ob wir wirklich mit dem Richtigen mitfiebern. Denn auch er ist im Wahn und scheint nicht immer Herr seiner eigenen Gedankenwelt zu sein. Wir als Zuschauer tauchen mit ihm in eine Traumwelt ein, die keiner freiwillig betreten will und vor Absurditäten und Ungereimtheiten nur so strotzt. Und alles scheint eine einfache Erklärung zu haben, denn immer haben wir Hannibal im Hinterkopf, der alles nur inszeniert haben könnte.

Neben Hugh Dancy gibt es noch einige andere Mitspieler in Mads Mikkelsens Puppentheater und so spielt kein Geringerer als Laurence Fishburne Jack Crawford, den Leiter der Abteilung für Verhaltensforschung beim FBI. Er ist noch überzeugt davon, dass Dr. Lecter eine weiße Weste anhat und es für die immer seltsamer werdenden Vorkommnisse eine einfache und angenehme Erklärung gibt. Auch ihn hat Hannibal voll unter Kontrolle.

Faszination des Bösen

Hannibal hat es mir besonders angetan, weil ich sehr leicht eine Faszination für Antihelden entwickeln kann. Da Lecters Intentionen für seine unfassbar grausamen Taten nicht immer klar ersichtlich sind, ist er ein Charakter, der das Faszinosum 'Tier im Menschen' nach außen trägt. Seine soziopathischen Züge, die seine selten vorhandene Empathie schnell in Mordlust umwandeln können, müssen oft als Erklärung herhalten. Ich persönlich finde, dass dies dem Geheimnis Hannibal nur im positiven Sinne dient, denn auch die Serie will diese Person nicht völlig entschlüsseln.

Das Böse wird in Hannibal auf die Spitze getrieben, indem die ausschweifenden Küchen-Eskapaden des Haupt-Antagonisten bis ins kleinste Detail gezeigt werden. Auf die kontroverse Frage, ob mir bei diesen Bildern der Appetit vergeht, muss ich verneinen. Was Hannibal da aus menschlichem Gewebe zaubert, sieht meistens herrlich aus und allen scheint es zu schmecken.

Habt ihr Hannibal schon gesehen? Seid ihr traurig, dass die Serie nach der dritten Staffel abgesetzt wurde?

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