Japan im Film

05.08.2010 - 13:00 Uhr
Eine Karte der Klänge von Tokio: Ryu
Alamode Filmverleih
Eine Karte der Klänge von Tokio: Ryu
An diesem Donnerstag kommt Eine Karte der Klänge von Tokio in die Kinos. Das Sozialdrama um eine verhängnisvolle Liebe erzählt die Geschichte der schönen Ryu und ist das neueste Werk der spanischen Regisseurin Isabel Coixet.

Heute läuft der Film Eine Karte der Klänge von Tokio in den deutschen Kinos an, der in der Megametropole Tokio spielt. Daher präsentieren wir euch einen genaueren Blick auf die Stadt und ihre filmischen Referenzen, die sie über die Jahrzehnte angesammelt hat.

Ryu (Rinko Kikuchi) ist eine Einzelgängerin, deren zerbrechlich-schöne Erscheinung in krassem Gegensatz zu ihrem Doppelleben steht: Sie arbeitet nicht nur nachts auf Tokios Fischmarkt, sondern nimmt tagsüber auch Aufträge als Profikillerin an. Eines Tages wendet sich der Assistent des mächtigen Geschäftsmanns Nagara mit einem neuen Auftrag an Ryu. Nagaras Tochter Midori hat sich vor kurzem das Leben genommen. Die Schuld an Midoris Tod gibt der Vater deren Geliebtem, dem spanischen Weinhändler David (Sergi López).

Doch statt David wie vereinbart schnell aus dem Weg zu räumen, verliebt sich die Killerin
in ihr potentielles Opfer und lässt sich auf eine leidenschaftliche Affäre mit dem Fremden
ein. Ein Toningenieur, beseelt von den Klängen Tokios und fasziniert von der
geheimnisvollen Ryu, wird Zeuge einer Liebesgeschichte, die jenseits aller Regeln ihren
Lauf nimmt.

Japan im Film

Ein Ort voller Rätsel. Und voll imaginärer Kraft. Japan und seine Hauptstadt sind ein
“Reich der Zeichen”. Auf seinen Spuren bewegt sich die spanische Filmemacherin Isabel Coixet – wie seit langem schon viele Filmemacher des Westens. Dass man sich im Westen für Asien interessiert, ist nichts Neues. Doch lange Zeit blieb solches Interesse vor allem äußerlich: Japan wurde primär als etwas sehr Fremdes, sehr Anderes angesehen, eine unverständliche, irgendwie auch unheimliche Region, die ein wenig zurückgeblieben schien, und im Zweifel auch ziemlich bedrohlich.

Auch im Kino blieb es lange dabei: Noch in den 80er Jahren sorgte Black Rain von
Ridley Scott für Furore: Michael Douglas als US-Polizist taumelt durch ein dunkles undurchschaubares Tokio. Manche warfen dem Film Rassismus in der Darstellung der Japaner vor. Doch Black Rain – der Titel bezieht sich übrigens auf den Ascheregen nach dem Atombombenabwurf von Hiroshima – ist doppelbödig: Bei der Douglas-Figur handelt es sich um einen frustrierten Zyniker, einen “schlechten Polizisten”, der durch die Begegnung mit einem japanischen Kollegen wieder Selbstachtung bekommt und ein “guter Polizist” wird. Nebenbei führt diese Lektion in japanischer Lebensart auch zu einem besseren Verständnis für Japan und seine Menschen. Doch in solchen Filmen, selbst dem von Liebe und Neugier zu Japan erfüllten Mishima von Paul Schrader (1985) und Wim Wenders’ Dokumentation Tokyo-Ga (1985) bleibt Japan immer noch “das Andere”, der ehemalige Feind. Japan fungiert hier als disziplinierter und spiritueller Gegenpol zu einem chaotischen Amerika, als die von Tradition, Hierarchien und aristokratischen Werten geprägte Alternative zu einer demokratischen, von Zufall und Ironie dominierten Moderne.

Die Filmkulisse der Moderne

All das änderte sich mit Matrix, der 1999 deutlich von japanischer Animation inspiriert war und vor allem mit Quentin Tarantino, der sich ganz offensichtlich ins japanische Kino verliebt hatte: 2003 kam Kill Bill: Volume 1 ins Kino, und entfaltete ein lustvolles Bilder-Zauberreich, das aus den Posen und Zeichen, Tagträumen und Stilen des japanischen Kinos zusammengesetzt war. Es folgte Babel von Alejandro González Iñárritu, wo Tokio einen Eckpunkt bildet in einem dichten Netz aus Beziehungen, das die ganze Erde umspannt und die Moderne zusammenhält.

Dann kam Lost in Translation – ein Meilenstein. Das gefeierte zweite Werk von Sofia Coppola, der Tochter des großen New-Hollywood-Heroen Francis Ford Coppola, erzählte in zarten, hochsensiblen Bildern die scheinbar abgegriffene Geschichte vom alten Mann und dem Mädchen noch einmal ganz neu und ungewöhnlich. Und die Neonglitzerstadt Tokio wurde in seiner chaotisch-undurchschaubaren und zugleich faszinierenden Gestalt zum Spiegel der inneren Desorientierung der Hauptfiguren. Wie die Figuren driftet auch Coppolas Kamera durch die Nacht, unterstützt von präzise gewählter Elektropop-Musik, die alles in Trance zu tauchen scheint. Als ob die Bilder schlafwandeln würden. In Kirschblüten – Hanami von Doris Dörrie ging es ungleich bodenständiger zu, aber ebenso voller Liebe für die japanische Kultur in all ihren Facetten. Bereits zuvor in Erleuchtung garantiert hatte Dörrie zwei Deutsche zur Zen-Meditation in ein japanisches Kloster geschickt. Nun entdeckt ein braver deutscher Beamter die Faszination des japanischen Lebens – sowohl in Tokio mit seinem Nachtleben und seinen Kirschblütenparks, als auch auf dem Land, am Fuße des heiligen Bergs Fujiyama.

Die Filmemacher sind fasziniert vom schillernden Tokio

Was die heutigen Filmemacher am zeitgenössischen Japan fasziniert, ist genau diese
zufallsgeprägte, ironische, westliche Moderne, die sich im ehemaligen “Reich der
aufgehenden Sonne” noch weitaus rasanter und ungebändigter zu entfalten scheint. In
Japan kann man einer Freiheit begegnen, die aus Unübersichtlichkeit und Unordnung
entsteht. Hinzu kommt die Kraft der japanischen Ästhetik. Vielleicht kann man heute gerade das von Japan lernen: Nach wie vor steht das Land für Hypermodernismus in jeder denkbaren Form, für das beste Industriedesign der Welt und wild-faszinierenden Stilmix. Man kann dies ebenso in der schrillen Warenwelt von Kinderlabels wie Hello Kitty wiederfinden, wie in der phänomenal-futuristischen japanischen Architektur, in Anime-Filmen oder den märchenhaften Werken von Takeshi Kitano. Man erkennt es an japanischem Werbedesign und Kommunikationstechnik, an schrillem Nippon-Pop, den Kitsch-Universen des ganz normalen, für unsereins trotzdem unvorstellbaren Wahnsinns japanischer TV-Sender und der Neonkulisse der Großstädte. Wer – und sei es nur virtuell – nach Japan reist, fährt immer nach A World Beyond (William Gibson). Denn im Osten geht die Sonne auf.

Eine Karte der Klänge von Tokio erscheint am 05. August im Kino. Wo er läuft, sehr ihr in unserem Kinoprogramm.
Wer von euch gerne sein Glück versuchen möchte, kann in unserem Gewinnspiel Freikarten für den Kinobesuch gewinnen. Viel Glück!




Mit Material vom Alamode Filmverleih

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