Die erste Season der 7 Fragen ist vorbei und vielen, vielen Dank, dass das Format so gut bei euch angekommen ist! Ab heute gehen die neuen Fragebögen an die unerschrockenen Freiwilligen raus und diesmal wird nicht einfach gegessen, was auf den Tisch kommt! Ab heute stellen wir unsere Opfer vor die Wahl: Wir verschicken einen ganzen Katalog von Fragen, und ihr könnt euch die 7 Fragen, die ihr beantworten wollt, selbst aussuchen. Diese überwältigende Freiheit wollten wir natürlich nicht einfach so auf euch loslassen (explodierende Köpfe sind nichts Schönes) – also feiern wir die neue Season mit einer Special Edition: Diesmal stammt das Versuchskaninchen nämlich aus unseren eigenen Reihen! Jenny aus der Redaktion hat sich todesmutig in die Fragen gestürzt – the gaffer, hit it!
Was ist deine erste Erinnerung an Film, Kino oder Fernsehen? Womit fing alles an?
Es ist bestimmt nicht meine früheste Erinnerung, aber irgendwie doch. Klingt komisch? Ist es auch, aber wenn ich mir im Nachhinein vorstelle, was ich in frühen Jahren so geschaut habe, dann kommt mir nur dieses Bild in den Sinn. Zeitlich ungefähr vor meiner Schuleinführung hocke mit meinem sechs Jahre älteren Bruder vor dem Fernseher. Es läuft ein öffentlich-rechtliches Programm, um genau zu sein das ZDF. Ein paar hakelig gezeichnete gelbe Figuren hüpfen über den Bildschirm, darunter eine Frau mit einer bizarren Frisur, die sie – ich bin sicher – nur trägt, um zu schockieren! Wie gesagt, Die Simpsons waren garantiert nicht meine erste Laufbild-Erfahrung, aber ich stelle mir gern vor, es wäre so. Memento lässt grüßen…
Ab nach Pleasantville: Wenn du einen Tag in einem Film leben könntest, welcher würde es sein und welche Figur wärst du?
Am liebsten würde ich als Sidekick von John Wayne mit dem schönen Namen Groot den großen Treck in Red River begleiten. Allerdings würden das ewige Reiten und der schlechte Kaffee auf Dauer die Nerven (und Muskeln) strapazieren. Glücklicherweise hat der großartige Walter Brennan in Rio Bravo ebenfalls den Sidekick gespielt (und nicht nur dort), diesmal unter dem noch schöneren Namen Stumpy. In Rio Bravo wird nicht soviel geritten, dafür darf Stumpy lustige Oneliner von sich geben und sich am Zwist des dauerbesoffenen Dude (Dean Martin) mit dem Sheriff Chance (John Wayne) belustigen. Könnt ihr euch eine coolere Beschäftigung mit cooleren Menschen vorstellen? Da verwandelt sich selbst die gefährliche Belagerung in eine belanglose Nebensächlichkeit.
Gibt es ein Buch, eine Serie, die du abgöttisch liebst – und deren Verfilmung dich maßlos enttäuscht hat? Was hätte besser gemacht werden müssen?
Wenn nicht gerade Adorno auf dem Nachttisch liegt, dann lese ich leidenschaftlich gern Fantasy-Romane. Okay, ich habe gar keinen Nachttisch, aber wie dem auch sei, mein liebster Fantasy-Zyklus heißt Erdsee (bzw. Earthsea) und wurde von Ursula K. LeGuin geschrieben. Als ich ihn zum ersten Mal gelesen habe (so ca. 2000), lief im Hintergrund ständig das Album Parachutes von Coldplay. Jedes Mal, wenn ich also Yellow oder Spies oder Trouble höre, schweife ich gedanklich ab, bin wieder bei dem Helden Ged. Der macht aus Egoismus einen großen Fehler und wird dafür fürchterlich bestraft. Harter Tobak und gar nicht heroisch ist das Ganze, aber gerade deswegen ein wunderbarer Coming of Age-Roman. Jedenfalls wünsche ich mir seit Jahren eine Verfilmung der Erdsee-Bücher (vielleicht von Tom Tykwer oder Shunji Iwai?). Stattdessen musste ich eine sagenhaft furchtbare TV-Verfilmung (Earthsea – Die Saga von Erdsee) ertragen, die das Buch bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt und (ausgerechnet!) einen Ghibli-Film (Earthsea – Die Saga von Erdsee), der im Grunde in die selbe Falle tappt, nur eben einen Tick sympathischer (ewiger-Totoro-Bonus und so).
Welcher Film, welche Serie hat dein Leben verändert? Was war danach nie wieder so wie vorher?
Es ist die große Tragik meines Lebens (mal abgesehen von der Tatsache, dass es keine Mettkuchen zu kaufen gibt), dass ich all die tollen Filme der 90er Jahre nicht im Kino gesehen habe. Dazu gehört Jurassic Park. Den schnappte ich 1997 dann doch mal im Fernsehen auf und von da an war es um mich und meine Freiluftfreizeit-Gestaltung geschehen. Ich war dermaßen begeistert von den Dinos, dem Score, Jeff Goldblum, den Dinos, Sam Neill, den Dinos (habe ich schon die Dinos erwähnt?), dass ich die Bücher von Michael Crichton verschlang, mich in die Chaostheorie einlas und schließlich Paläontologin werden wollte. Leider fand ich in der neunten Klasse heraus, dass man im Paläontologie-Studium auch Chemie-Stunden hat, dass Chemie eine Naturwissenschaft ist, dass Mathe auch eine Naturwissenschaft ist und dass ich in Mathe seit jeher versagt habe. Auf einmal wurden mir das Leben, das Universum und meine fehlgeleiteten Berufswünsche bewusst. Dann kam mir der brillante Gedanke: Jurassic Park ist ein Film! Tja, und hier sitze ich nun.
Welchem Schauspieler oder Regisseur würdest du jeden Fehltritt verzeihen? Und womit hat er oder sie diese Nachsicht verdient?
Wahrscheinlich ist er nur Asia-Afficionados ein Begriff, aber Anthony Wong Chau-Sang aus Hongkong ist einer meiner absoluten Lieblingsschauspieler und das schon seit einigen Jahren. Anthony Wong hat bisher um die 200 Filme gedreht und die Mehrzahl davon war wirklich furchtbar. Er hat in Erotic Ghost Story 2 mitgespielt, in Raped By An Angel 4, Gen-Y Cops, Hong Kong History X, Rape Trap, (dem anderen) Armageddon, ja sogar in Die Mumie: Das Grabmal des Drachenkaisers! Hochwertiges wie Hard Boiled und Infernal Affairs – Die achte Hölle sticht selten aus seiner Filmografie heraus. Anthony Wong könnte weitere 200 Mist-Filme drehen. Womöglich macht er das sogar. Ich würde ihm das trotzdem nicht übel nehmen. Darauf angesprochen, gibt er gerne zu, wie deppert seine Filme sind und diese Ehrlichkeit sich und seiner Arbeit gegenüber verleiht selbst den schlimmsten Auswüchsen seiner Filmografie eine gewisse Würde. Es hilft allerdings, dass er als Dauer-Scene-Stealer durch die Nebenrollen des Hongkong-Kinos fleucht, vom lächerlich übertriebenen Bad Guy (siehe Black Mask: Mission Possible und Heroic Trio) bis zum unscheinbaren Otto Normalverbraucher (siehe Princess-D, Ordinary Heroes) wirklich alles spielen kann und im Großen und Ganzen eine verdammt coole Sau ist.
Mit welchem Genre oder welcher Filmgattung kannst du überhaupt nichts anfangen?
Horrorfilme. So einfach ist das. Da ich mich seit jeher sehr stark einfühle beim Filmegucken, werde ich seit jeher sehr leicht von Filmen gegruselt. Ich hatte früher Albträume von Jack Nicholsons Joker in Batman, konnte nach Episoden von Akte X – Die unheimlichen Fälle des FBI nicht schlafen und sogar die Aliens in Independence Day haben mir einen ordentlichen Schrecken eingejagt. Albträume von der säuerlichen Grinsekatze bekomme ich zwar nicht mehr, aber Horrorfilme gehen mir zu nah. Da ich weder dem Gefühl der Angst während des Films noch jenem unmittelbar danach etwas abgewinnen kann, schaue ich sie mir nur an, wenn sie wirklich sehr sehr sehr verdammt nochmal vielversprechend sind. Oder wenn ich muss. Andere Leute erfreuen sich wohl gerade an diesem Thrill. Mir geht das nicht so. Ich habe Angst und ich mag es nicht, wenn ich Angst habe.
Guilty Pleasure: Welchen ‘schrecklichen’ Film findest du insgeheim toll? Beichte, Sünder! Und vielleicht kannst du uns überzeugen…
Bei einigen fürchterlichen Filmen fallen mir unheimlich clevere Begründungen ein, warum ihr ihnen eine Chance geben solltet. Im Falle von Ghost Rider ist das… natürlich ebenfalls so! Nein, im Ernst. Niemals würde ich behaupten, dass Ghost Rider ein guter Film ist oder auch nur ein mittelmäßiger. Alles an diesem Werk ist falsch. Nicolas Cage spielt, als würde er sich als schusseliger Leading Man für die nächste Kate Hudson -RomCom bewerben. Wes Bentley kommt anscheinend gerade von einer Kinder-Halloween-Party hereingestolpert und bemüht sich um die Krone des unglaubwürdigsten Bösewichts aller Zeiten. Peter Fonda ist Peter Fonda und Mark Steven Johnson steckt immer noch im Dreh von Ein verrücktes Paar fest. Wenn das Beste an einem Film Eva Mendes ist, dann dürft ihr das als Warnsignal sehen. Für mich ist Ghost Rider wie ein unterhaltsamer Autounfall ohne Schwerverletzte.