Dass Filme für den deutschen Markt häufig seltsame neue Titel erhalten, dürfte ein bekanntes Phänomen sein. In den letzten Jahren lässt sich allerdings zusätzlich ein besonderer Trend bei Animationsfilmen hin zu verrückten (Zusatz-)Titeln beobachten. Diese sind von den Verleihfirmen sicherlich humorvoll und spritzig gemeint, reichen dabei allerdings von wenigen kreativen Ideen bis zu erschauderndem Zehennagel-Hochroll-Niveau, die sich die alten Disney-Zeichentrickfilme niemals hätten einfallen lassen.
Baymax - Riesiges Robowabohu (im Original: Big Hero 6) ist nur einer der Animationfilme, bei dem sich die Übersetzer wohl dachten, sie könnten gleich im Titel schon einen Witz verbraten. Es gibt noch viel mehr solcher Filme. Wir geben euch einen Überblick über die künstlerischen deutschen Titel-Errungenschaften der letzten Jahre - die selten an die Zielgruppe der Kinder gerichtet zu sein scheinen.
Animationsfilme wie Die Eiskönigin: Wortspiele mit Handlungselementen im Titel
- Chicken Run - Hennen rennen (2000)
- Bee Movie - Das Honigkomplott (2007)
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Wall-E - Der Letzte räumt die Erde auf (2008)
- Rapunzel - Neu verföhnt (2010)
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Niko - Ein Rentier hebt ab (2010)
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Thor - Ein hammermäßiges Abenteuer (2011)
- Ice Age 4 - Voll verschoben (2012)
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Die Eiskönigin - Völlig unverfroren (2013)
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Die Schneekönigin - Eiskalt verzaubert (2013)
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Sam O'Cool - Ein schräger Vogel hebt ab! (2015)
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Ice Age 5 - Kollision voraus! (2016)
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Sausage Party - Es geht um die Wurst (2016)
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Vaiana - Das Paradies hat einen Haken (2016)
- Störche - Abenteuer im Anflug (2016)
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Überflieger - Kleine Vögel, großes Geklapper (2016)
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Coco - Lebendiger als das Leben! (2017)
- Hotel Transsilvanien 3 - Ein Monster Urlaub (2018)
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Onward: Keine halben Sachen (2020)
Während Pixar noch intelligent aus dem sicher auch Kindern geläufigen Spruch "Der Letzte macht das Licht aus/die Tür zu" eine nachdenkenswerte "Der Letzte räumt die Erde"-Botschaft herausholt, gehen die anderen Filme dieser Kategorie deutlich (holz)hammermäßiger vor: Bei Ice Age 4 wird vielleicht noch Plattentektonik für eine jüngere Generation heruntergebrochen, aber ohne Titanic-Vorwissen ist "Kollision" schon ein ziemliches Fremdwort. Und wer lässt für das neu verfilmte, Verzeihung: "verföhnte", Rapuzel denn bitte noch ein müdes "Ha Ha, Haar" hören?
Das Paradies hat einen Haken, Maui auch, ja, wir haben's verstanden. Vögel (und Rentiere) heben sowieso immer ab. Dass es bei der versauten Sausage Party um die Wurst geht, erspart dem erwachsenen Zielpublikum als punktgenaue Handlungszusammenfassung zumindest die Qual, sich den Film überhaupt erst ansehen zu müssen.
Animationsfilme: Titel-Anspielungen auf andere (erwachsene) Filme
- Gnomeo und Julia (2011)
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Free Birds - Esst uns an einem anderen Tag (2013)
- Sherlock Gnomes (2018)
- Shaun the Sheep Movie: Farmageddon (2019) - im Deutschen ausnahmsweise weniger verspielt: Shaun das Schaf - Der Film: UFO-Alarm
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Die bunte Seite des Monds (2020)
Die Gnom-Filme ersparen sich gleich völlig ihre Zusatztitel und konfrontieren die lieben Kleinen mit klassischer Literatur - aber ob sie in diesem Alter schon mal von Romeo und Julia und Sherlock Holmes gehört haben? Gleiches gilt für Actionfilm-Anspielungen wie Armageddon und James Bond 007 - Stirb an einem anderen Tag. An wen richtet sich die Referenz hier wirklich?
Baymax & Co. - Wortklang, Redewendungen und Rechtschreib-Fallstricke deutscher Filmtitel
- Baymax - Riesiges Robowabohu (2014)
- Home - Ein smektakulärer Trip (2015)
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Ferdinand - Geht STIERisch ab! (2017)
- Smallfoot - Ein eisigartiges Abenteuer (2018)
- Mister Link - Ein fellig verrücktes Abenteuer (2019)
- A Toy Story: Alles hört auf kein Kommando (2019)
Eine Gemeinsamkeit, die so einige Animationsfilme in ihren Zusatztiteln teilen, sind solche, die mit dem Gleichklang von Worten spielen: spektakulär/smektakulär - tierisch/stierisch - einzigartig/eisigartig - völlig/fellig. Das mag Freunde des Kalauers und Flachwitz-Verfechter freuen. Kinder werden im schlimmsten Fall zu falscher Rechtschreibung und dem falschen Gebrauch von Redewendungen animiert.
Während der Spruch "Alles hört auf mein Kommando" noch geläufig sein mag, darf außerdem bezweifelt werden, dass das immer weniger verbreitete deutsche Wort "Tohuwabohu" den Kleinen sofort etwas sagt bzw. durch die Verfremdung überhaupt erlernt werden kann.
Begreifen Kinder die lustig gemeinten Zusatztitel?
Die große Frage ist also, ob die häufig auf Wortspielen fußenden Zusatztitel bei Animationsfilmen von ihrer Haupt-Zielgruppe überhaupt verstanden werden? Unterm Strich erweckt es definitiv den Anschein, als wäre die Unsitte der peinlichen Zusatztitel eher für die erwachsene Begleitung der vorrangig an Kinder adressierten Animationsfilme gedacht.
Vielleicht ist der Beisatz also lediglich eine Angel, die ausgeworfen wird, um Eltern davon überzeugen, dass der neuste Animationsstreich Köpfchen hat und deshalb vom Nachwuchs gesehen werden sollte?
Zum Glück wird die Qualität eines Animationsfilms nicht (nur) über seinen zusätzlichen Titel definiert. Ohnehin sollten wir das alles vermutlich nicht so ernst nehmen - die deutschen Titel-Schmiede tun es ja offensichtlich auch nicht.
Findet ihr Zusatztitel bei Animationsfilmen lustig oder eher zum Kopfschütteln?