Die neue Game of Thrones-Serie House of the Dragon ist fantastisch, aber eine Figur fehlt schmerzlich

19.08.2022 - 09:04 UhrVor 1 Jahr aktualisiert
House of the Dragon
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Am Montag startet die neue Game of Thrones-Serie House of the Dragon. Lohnt sich die Fantasy-Saga über die Targaryens? Hier gibt's die spoilerfreie Antwort.

Drei Jahre nach dem umstrittenen Ende von Game of Thrones kehren wir mit House of the Dragon nach Westeros zurück. Es fühlt sich an, als wären wir nie weggewesen – obwohl die neue Fantasy-Serie rund 200 Jahre vor den Ereignissen um Jon Snow und Daenerys Targaryen spielt.

Das GOT-Rad wird von House of the Dragon nicht neu erfunden, geschweige denn gebrochen. Was die Serie von Ryan J. Condal (Colony) und Westeros-Erfinder George R.R. Martin in den ersten Episoden allerdings bastelt, sind reizende Game of Thrones-Intrigen, mit einem klaren Fokus auf Kernthemen der Reihe, die unter dem Blockbuster-Krawall von Staffel 7 und 8 verloren gingen. Nur eine Figur der Originalserie hinterlässt eine klaffende Lücke.

House of the Dragon zeigt die Targaryens auf ihrem Höhepunkt – und am Abgrund

105 Jahre nachdem die Targaryens auf ihren Drachen Westeros eroberten, führt ihr Nachkomme König Viserys I. (Paddy Considine) ein gemütliches Leben. Seine Herrschaftszeit ist eine des Friedens. Dieser König hat sogar ein Hobby, das weder die Jagd noch Wein beinhaltet: Er werkelt in seinen freien Stunden an Modellen mythischer Städte.

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Ein Problem treibt Viserys um: Er hat keinen männlichen Erben, "nur" eine Tochter namens Rhaenyra (zunächst Milly Alcock) und einen zügellosen Bruder (Matt Smith), den niemand für herrschaftstauglich hält. Viserys' Berater drängen auf die Produktion eines männlichen Erben. Eine Frau auf dem Thron bleibt für sie unvorstellbar. Der König freundet sich dennoch mit der Idee an, die Tradition der männlichen Erbfolge zu brechen. Andere Fraktionen am Hof von King's Landing bringen währenddessen ihre menschlichen Schachfiguren in Stellung, um einer möglichen Herrschaft Rhaenyras vorzugreifen.

So wird der Tanz der Drachen vorbereitet, ein katastrophaler Bürgerkrieg, den George R.R. Martin in der fiktiven Geschichtserzählung Feuer und Blut schildert. Wer mit der Serie schnellstmöglich in epische Schlachten ziehen will, sollte sich aber lieber nochmal die 8. Staffel von Game of Thrones anschauen. House of the Dragon hat einen feurigen, aber langen Atem.

Die Serie nimmt sich in mehrfacher Hinsicht Zeit für die Eskalation am Hof

Die erste Episode bietet zwar ein Ritterturnier, zermatschte Köpfe, Sexszenen und Drachen (leider nicht alles auf einmal). Das Machtgefüge wird danach jedoch geduldig freigelegt. Wer Game of Thrones zuallererst wegen der vielsagenden Seitenblicke, undurchschaubaren Power Player und Intrigen-Spinnerei in vorzüglich ausgeleuchteten Schlosskammern geschaut hat, wird die Prequel-Serie verschlingen.

Das Autorenteam durchleuchtet gewohnte GOT-Motive, besonders die Rolle(n) von Frauen in einer von Männern beherrschten Welt: als Ware, Gebärmaschine, passives Mittel zur politischen Einflussnahme. Es sind bittere Wahrheiten, die in der Serie von zahlreichen faszinierenden Frauen durchlebt, neu definiert, aber auch untermauert werden. Darunter sind Prinzessin Rhaenyra, ihre beste Freundin Alicent Hightower (zunächst Emily Carey) und die erfahrene Rhaenys (Eve Best), der einst die Königskrone versagt wurde, und die mit ihrem Seefahrer-Magnaten Corlys (Steve Toussaint) das einflussreiche Haus Velaryon führt.

House of the Dragon - S01 Comic-Con Extended Trailer (English) HD
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Wie schon das Original besitzt auch die neue Fantasy-Serie die beeindruckende Gabe, alle paar Minuten eine Figur aus dem Hut zu zaubern, von der man sich freudig in einen Spin-off entführen lassen würde. Man sollte sich allerdings weder an Stars noch Figuren allzu intensiv binden. Erstens weil hier wieder jede:r sterben kann. Und zweitens, weil es in Staffel 1 mehrere Zeitsprünge gibt. Zentrale Figuren werden mittendrin neu besetzt, allen voran Rhaenyra und Alicent, die die Serie als beste Freundinnen beginnen und... nun ja. Wenn Milly Alcock und Emily Carey sich in Emma D'Arcy und Olivia Cooke verwandeln, dann zeichnet das Casting auch ein bedrückendes Bild einer von Machtspielen zersetzten Beziehung.

Eine GOT-Figur fehlt schmerzlich in House of the Dragon

Bei allem Lob über Figuren und Besetzung leidet House of the Dragon aber unter einer humoristischen Abstinenz. Ihr fehlt ein Tyrion Lannister mit seine ironischen Brechung des Standesdünkels. Es ist einerseits löblich, dass (in den zur Sichtung freigegebenen Folgen) kein Klon eines unersetzbaren Fan-Lieblings eingebaut wurde. Andererseits klappert die Serie so viele Bestandteile des Originals ab, dass die Peter-Dinklage-förmige Lücke unübersehbar bleibt.

House of the Dragon wirkt deshalb überraschend trocken, zumindest für eine Serie über eine weißblonde, inzestuöse, auf Drachen reitende Königsfamilie. In ihren besten Momenten jedoch erinnert die neue Fantasy-Saga daran, warum sich Millionen in die grausamen Geschichten aus Westeros verliebten. Game of Thrones ist tot. Lang lebe Game of Thrones!

Grundlage dieses Serien-Checks waren die ersten sechs Episoden von House of the Dragon. Die Serie startet am 22. August bei WOW, über Sky Q und Sky Atlantic. Danach wird jede Woche eine neue Folge veröffentlicht.

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