Heidewitzka, die Welt geht unter!

03.10.2011 - 08:00 Uhr
Kirsten Dunst erwartet das Ende der Welt
Concorde
Kirsten Dunst erwartet das Ende der Welt
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Habt ihr euren Bunker schon eingerichtet? Wie sieht es mit den Vorräten an Büchsensuppen und Daumenkinos aus? Hurtig! hurtig! Glauben wir aktuellen Kinofilmen, lauert der Untergang der Welt an jeder Ecke.

Ladies & Gentlemen, lehnt euch zurück, genießt die Aussicht und nippt ein letztes Mal an eurem Tannenzäpfle, denn der Untergang der Welt ist nahe. Nein, der vorliegende Beitrag wird nicht von der Wachtturm-Gesellschaft gesponsert. Davon abgesehen solltet ihr euch darüber im Klaren sein, dass die Menschheit am Ende ist. Sie hat ausgedient. Basta! Wie eine Flasche leer! Meine verlässliche Quelle? Die Kinostarts.

Ob die Maya davon wussten?
Wirklich überraschend kommt der Weltuntergang nicht, ist der diese Woche startende Melancholia von Skandälchenregisseur Lars von Trier doch nur einer von vielen Vorboten der kommenden Apokalypse. Geht LvT wie auch Kollege Abel Ferrara in seinem Venedig-Film 4:44 Last Day on Earth das Thema mit unverblümter Offenheit an, wandeln andere Werke auf nicht ganz so augenfälligen Pfaden. Das Spektrum der Apokalypsenfilme ist nämlich vielfältig und die verschiedenen Facetten traten und treten alle im Jahr 2011 in gehäufter Form zu Tage.

Zu den wiederholten Hinweisen auf das nahende Ende aller Tage (im Folgenden der Einfachheit halber dnEaT genannt) im aktuellen Blockbusterkino gehören die Invasionsfilme und damit meine ich nicht Justin Bieber 3D – Never say never. Gleich in den ersten Zügen des Kinojahres schwappten die Alieninavsionsstreifen Skyline und World Invasion: Battle Los Angeles durch die Kinos. Dazu gesellen sich dieses Jahr Cowboys & Aliens, Attack the Block und The Thing. Sollten wir und die Welt es soweit schaffen, warten in den kommenden Monaten Darkest Hour und Battleship darauf, uns vorzuwarnen.

Zur den weiteren Manifestationen des Apokalypsenfilms gehören Endzeitfilme, die entweder schildern, wie es zur besagten Endzeit z.B. einer Spezies kommt (Planet der Affen: Prevolution) oder schon der Zustand der Postapokalypse ins Auge fassen (Hell). Und dann finden wir natürlich noch jene Werke, die sich mit dem tatsächlichen oder drohenden Weltuntergang beschäftigen, etwa introspektiv und im Kleinen wie Melancholia, Take Shelter – Ein Sturm zieht auf und Das Turiner Pferd. Oder aber sie ziehen die Bedrohung global auf wie der kommende Pandämie-Thriller Contagion von Steven Soderbergh.

I want to believe
Alieninvasionen und ähnliches sind nicht erst dieses Jahr beliebt, doch das auffällige an den oben genannten Filmen, bleibt, dass sie allen möglichen Genres, Ländern und Preiskategorien zuzuordnen sind. Jüngere amerikanische Independentfilme wie Take Shelter und Bellflower arbeiten ebenso mit dem Motiv des Weltuntergangs wie europäischer Arthouse (Das Turiner Pferd, Melancholia) und deutsche Genrefilme (Hell). Die Apokalypse macht offenbar weder vor Budgets, noch vor dem künstlerischen Anspruch halt.

Solche Wellen von Filmen eines bestimmten Genres gibt es immer Mal wieder in der Filmgeschichte und häufig verlaufen sie parallel oder leicht zeitversetzt zu bestimmten gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen, so dass der gewiefte Filmhistoriker 1 + 1 zusammenrechnen kann, um schwupsdiwups eine Kausalität herzustellen. Ein bekanntes Beispiel sind die Science Fiction-Filme der 50er Jahre, in denen die Aliens die “rote Gefahr” aus der Sowjetunion ersetzen. Nun stehen wir Kinozuschauer einer ähnlichen, mehrere Kontinente umschwappenden Flut an Untergangsfilmen gegenüber, während wirtschaftliche und politische Krisen, die Zerstörung der Umwelt sowie Naturkatastrophen für Verunsicherung in der realen Welt sorgen.

Therapie im Kino
Invasions- und andere Apokalypsenfilme bieten den Filmemachern, aber auch uns Zuschauern, die Möglichkeit, sich an fiktiven Bedrohungssituationen abzuarbeiten. Dabei bewältigen die Streifen oftmals das massiv ins Wanken geratene Vertrauen in staatliche Autoritäten. So ist es in Attack the Block eine Gruppe von Jugendlichen, die sich in ihrem heruntergekommenen Viertel gegen Aliens wehren muss. Demgegenüber stehen Exponate wie Contagion und World Invasion: Battle Los Angeles, die ihr Vertrauen ganz in staatliche Schutzmechanismen wie kompetente Gesundheitsbehörden und mutige Militärs setzen.

Der Weltuntergang stellt in den Filmen, selbst wenn er abgewendet wird, einen Sandkasten dar, in dem Krisensimulationen durchgespielt werden. Das kann aus der Sicht von Kleingruppen und Einzelnen geschehen, wie es häufig im Zombiefilm der Fall ist. Ebenso gut kann die Zivilisation als Ganzes in ihrer Reaktion auf die Krise thematisiert werden. Manchmal gerät das Menschsein selbst ins Fadenkreuz, wie im großartigen Das Turiner Pferd von Béla Tarr, manchmal stehen die zusammenbrechenden oder funktionierenden Strukturen im Mittelpunkt.

Vertrauen ist besser
Eine einheitliche optimistische oder pessimistische Linie ist bei den genannten Filmen nicht auszumachen. Interessant ist in diesem Kontext die Einschätzung von Contagion als politischer Thriller der Obama-Ära, der die Paranoia-Thriller der 70er Jahre mit seinem Vertrauen in die Autoritäten auf den Kopf stellt. Doch womöglich müssen wir die nächsten Monate abwarten, bevor wir in unseren Bunkern bei kalter Bohnensuppe und mit verstrahlten Mutanten vor der Tür ein Urteil fällen können.

Wenn es ein sicheres Zeichen für die kommende Apokalypse und dnEaT gibt, dann ist es die Tatsache, dass ausgerechnet der neue Film von Roland Emmerich ganz ohne Weltuntergangsszenario auskommt. Bevor ich das Wort an die Propheten der 80er übergebe, seid ihr dran:

Seht ihr in den Weltuntergangsfilmen einen Trend oder ist ihre Häufung purer Zufall?

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