Shia LaBeouf - Ist das Kunst oder kann der weg?

15.02.2014 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Shia LaBeouf: Ist das Kunst oder kann der weg?
Concorde Filmverleih/moviepilot
Shia LaBeouf: Ist das Kunst oder kann der weg?
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Von Lars von Trier kennt man es nicht anders, aber seit der dänische Regierabauke mit Shia LaBeouf drehte, scheint auch dieser von Enfant terrible-Virus angesteckt worden zu sein. Schlimmer noch, er sieht sich als wandelndes Kunstobjekt.

Es gab mal eine Zeit, da wäre der Gedanke, das Gesicht von Shia LaBeouf von einer Papiertüte verhüllt zu sehen, äusserst erfüllend gewesen. Man denke da an seinen Auftritt als Indiana Jones Jr. (Jr.) oder seine Rolle als Sam Witwicky. Eine Papiertüte hätte eine merkliche Aufwertung mit sich gebracht. Doch als letzte Woche LaBeouf im Zuge seiner neuesten Rolle als virales Schreckgespenst auch in Berlin für einige Schlagzeilen sorgte, wollte sich keine rechte Freude einstellen. Tatsächlich wurde ich daran erinnert, warum sich bei mir keine echte Nymphomaniac 1 -Vorfreude einstellen will. Unlängst ist Lars von Trier zum Walt Disney des Arthouse verkommen. Ein Meister des Verkaufs und der Selbstdarstellung. Provokation im Dienste des Marketings. Doch das “Art” steht längst nicht mehr an erster Stelle. Unter Von Triers Führung wurde LaBeouf zum neuen Liebling der Boulevardblätter. Ein Mini-Lars. Nicht halb so smart, nicht halb so talentiert, dafür viraler, dauerpräsenter und enervierender als es der Echte je sein könnte. Ein Aufreger der Woche über sich in marketingtechnische Selbstdarstellung verlierende Filmemacher und Medien, die sich im dauersexualisierten 21. Jahrhundert über das älteste Verkaufsargument der Welt künstlich entrüsten. Sex sells, schön und gut. Und weiter?

Shia LaBeouf – chronisch kontrovers
Einst war er ein artiger Junge. Damals als er als Disney-Kinderstar groß rauskam. Auch später, während seiner Adoleszenzphase hatte er zwar nicht unbedingt ein verlässliches Händchen für Filmprojekte, aber war zumindest ein Filmgesicht, dem man stressfrei zusehen konnte. Doch irgendwann machte Shia LaBeouf plötzlich seinem Namen – den vertauschten Vokalen zum Trotz – alle Ehre und wurde zum regelrechten Ochsen. Er zeigte sich in seiner ganzen nackten Pracht in einem Sigur Rós-Musikvideo, wurde im Internet als Plagiator enttarnt (vielleicht der Höhepunkt seiner Karriere), brachte mit seinen Körperausdünstungen Brad Pitt gegen sich auf und ging schließlich in den Ruhestand, um wenige Tage später seinen Rücktritt vom Ruhestand bekannt zu geben. Doch woher kommt dieser Wandel zum Rotzbängel?

Die gesprengte Pressekonferenz zu Nymphomaniac 1 ist beispielhaft für den Einfluss, die eine gewisse Person – so scheint es – auf LaBeouf ausübt. Der Einfluss einer “Persona non grata”, die Pressekonferenzen fern bleibt und stattdessen von ihren Schauspielern vertreten wird. Ein Mann, dem Hitler-Sympathiekundgebungen wie Bonbons rausrutschen, um sie dann eilig wieder zurückzunehmen. Ist es Zufall, dass sich Shia LaBeoufs mediales Skandalverhalten just dann professionalisierte, als dieser mit dem nymphomanischen Regisseur zusammentraf? Zufall, dass er an der Berlinale nicht nur die Pressekonferenz frühzeitig verließ (an wen erinnert uns das bloß), sondern mit seinem Papiertüten PR-Party der angestaubten Berlinale-Veranstaltung so viel Publicity bescherte, wie es zehn belanglose George Clooney -Filme nicht könnten?

Von Trier ist bekannt dafür, seine Darsteller zu instrumentalisieren und PR-technisch wirksam auszuschlachten. LaBeouf soll er aufgrund seines besten Stücks gecastet haben, die Schauspieler ließ er bereits vor Drehbeginn die alte Mär von echten Sexszenen erzählen. Danach kamen orgastische Fratzen. Uma Thurman, Christian Slater, Charlotte Gainsbourg, Stellan Skarsgård beim Coitus, das Internet stand Kopf. Kaum ein Social Media-Stream war nicht vollgepflastert mit den sündigen Blicken der Schauspieler. Ich verstand die Erregung damals und heute nicht. Wären es die Pressebilder zu einem Steven Spielberg -Film gewesen, hätte ich es verstanden. Ein Spiel mit den Erwartungen. Kokettieren mit dem Image. Aber beim dänischen Skandalregisseur gehören solche Bilder bloß zum üblichen Buschklopfen. Da war selbst die kürzlich erschienene Meldung über LaBeoufs Peniskamera – die aber wohl dem Regisseur zu weit ging – zumindest in ihrer Verdrehung der Rollen spannender.

Nympho-Maniacs
Es wird gerne über Hollywoods millionenschwere, global operierende und keinen Stein auf dem anderen lassende PR-Maschinerie gelästert, ohne die Blockbuster längst nicht mehr funktionieren würden. Doch unter diesem Aspekt sind auch die Lars von Trier -Tricks nichts anderes als eine überkandidelte, unterfinanzierte Nachahmung dieser. Nichts wird dem Zufall überlassen, jede Information, jeder Bildschnipsel minutiös geplant und vorproduziert. Was in Berlin noch wie ein in Papier vertüteter Nervenzusammenbruch wirkte, entpuppte sich wenige Tage später als plumper Werbeschachzug. So nymphomanisch alle Beteiligten auch wirken, am Ende geht es immer um das eine: PR.

So gespannt ich auf Nymphomaniac 1 und Nymphomaniac 2 auch bin, diese kalkulierte Skandalpresse und Zurschaustellung völlig hanebüchener Aktionen kostet das Projekt ein Teil seiner Faszination. Insbesondere, wenn das finale Werk, wie die ersten Kritiken prophezeien, soviel mehr ist, als nur eine bloße Provokation mit kopulierenden Hollywoodstars. Und was Shia LaBeouf betrifft, dieser genießt zur Zeit sein Dasein als menschliches Kunstobjekt, womit wir wieder bei der Frage wären: “Ist das Kunst oder kann der weg”?

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