The Deuce - Staffel 1, Folge 6: Schöne neue Porno-Welt

17.10.2017 - 08:50 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
The Deuce - Staffel 1, Folge 6 im RecapHBO
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Nachdem wir zuletzt eines der niederschmetterndsten Kapitel aus The Deuce erlebt haben, offenbart sich diese Woche die schöne neue Welt der Pornoindustrie. Ein Traum für das Geschäft, doch die schmutzigen Filme bleiben für die Ewigkeit.

Langsam, aber sicher wird es kalt in New York City, sehr kalt sogar, denn der Winter hat Einzug in die ewigen Häuserschluchten der Großstadt gehalten und Weihnachten steht vor der Tür. Das Fest der Liebe soll in der 6. Episode der 1. Staffel von The Deuce Anlass zum Hausputz werden, so lautet die Bekanntmachung im Polizeirevier des 14. Distrikts. Sowohl die Prostituierten auf der Straße als auch ihre Zuhälter, die sich ins Warme geflüchtet haben, sind ab sofort einzusammeln, was geradezu einer Einladung zur Eskalation gleichkommt. Doch die Zeiten ändern sich und so eröffnen sich neue Möglichkeiten, wie die Jahreszeiten fließend ineinander übergehen. Es fühlt sich beinahe so an, als existiere irgendwo in den unendlichen Weiten dieser Stadt eine ausgleichende Kraft, die zwar für alles andere als Gerechtigkeit sorgt, dennoch stets daran interessiert ist, dass die Dinge nicht ins Stocken geraten. Willkommen, in der schönen neuen Welt der Pornoindustrie.

Eine kurze Szene im Gerichtssaal besiegelt das Schicksal, das sich nun seit einigen Wochen ankündigt hat. Der Film darf in der Kamera bleiben, was nicht nur Regisseur Harvey (David Krumholtz), sondern auch Gangsterboss Ruby (Michael Rispoli) in ekstatische Aufregung versetzt. Während der eine fortan mit ruhigem Gewissen seine Schmuddelfilme drehen kann, ohne befürchten zu müssen, das wertvolle Material gleich im Anschluss wieder zu verlieren, bekommt Ruby riesige Augen in Anbetracht der unerschöpften Geldquelle, die er ab jetzt ohne Bedenken ausschöpfen kann. Die Gerichte kapitulieren vor der Definition der Pornografie und legalisieren somit deren Verbreitung. Ausgehend von diesem Urteil scheint in New York nichts mehr wahrhaft schmutzig zu sein, heißt es kurz darauf, als sich die Geschäftsmänner die Hände schütteln, wobei sie sich lieber auf die eigene Schulter klopfen würden, denn jetzt geht es um das richtige Geld.

The Deuce

Auch Candie aka Eileen (Maggie Gyllenhaal) ist in The Deuce nach wie vor bemüht, ihren Fuß in die Tür der Industrie zu bekommen, obgleich sie aufgrund ihres Geschlechts und ihrer Vergangenheit von keinem Mann als das gesehen wird, was sie sein könnte. Als Partnerin will sie niemand haben. Lediglich als Schauspielerin - als Star - ist sie gut genug, vorausgesetzt sie drücke sich einfach aus. Bitte nichts Elaboriertes in die Kamera sagen, denn damit wäre das Publikum überfordert. Wie in jeder anderen Branche herrscht auch im Metier der Sex-Filme das verhängnisvolle Credo der Ungeduld: Ob sie nicht endlich kommen könnte, mault Harvey seine Regieanweisung in den Raum, als wäre er gleichermaßen genervt wie gelangweilt von dem inszenierten Vorspiel, das sich der Kulisse eines Klassenzimmers bedient. "I will not talk back", steht im Hintergrund in säuberlicher Schreibschrift mit weißer Kreide auf der Tafel geschrieben; welch tragischer Kommentar.

Genau diese Tragik ist es aber, die The Deuce so spannend und aktuell macht. Wenngleich die 1970er Jahre inzwischen weit in der Vergangenheit liegen, kämpft Eileen gegen eine Gesellschaft an, die sich selbst vier Dekaden später kaum gewandelt hat. Gleich mehrmals zeigt The Deuce diese Woche schmerzliche Szenen, in denen schlicht über Frauen verhandelt bzw. mit Frauen gehandelt wird, als wären sie nicht mehr wert als die Münzen, denen Ruby hinterherjagt, da er sich von jedem seiner vermeintlichen Partner betrogen fühlt. Es ist eine Skorpion-Armee, die New York überfällt. Keiner der Frösche auf dem nassen Asphalt wird eine der von Reklametafeln erleuchteten Nacht überleben, wenn er weiterhin so naiv seinen Anteil vom Kuchen runterschluckt, ohne zu hinterfragen, ob dieser nicht bedeutend größer sein könnte. Unter dieser Einstellung leiden aber vor allem die Frauen, die von den Männern nur noch als Mittel zum Zweck getauscht werden.

The Deuce

Dabei sind es die Frauen, die die größte Last tragen und den Männern ihre Fantasien ermöglichen, seien es die sexuellen oder jene der wunderbaren Geldvermehrung. Ausgerechnet Vincent (James Franco) fragt am Ende der Episode, warum er ausgewählt wurde. Nach sechs intensiven Stunden in der Welt von The Deuce sollten aber die Frauen diese Frage stellen. Frauen wie Eileen, die sich trotz aller Widerstände ihrer Mutter (und sich selbst) einredet, dass schlussendlich doch alles gut wird und sie in einem Jahr sorgenfrei das Haus bezahlen kann, ohne an die düsteren Orte ihrer bisherigen Geschichte zurückkehren zu müssen. Und Frauen wie Darlene (Dominique Fishback), die aufgrund der Verlagerung ihres Arbeitsumfelds sprichwörtlich in eine Ecke gedrängt wird, aus der es kein Entkommen mehr zu geben scheint, während von allen Seiten die Wände drohen, unter dem Stöhnen der Lust auf sie einzustürzen.

Trotzdem träumen beide Frauen (heimlich) von einer Zukunft, in der sie sich nicht für andere verkaufen müssen, sondern über ihren eigenen Besitz verfügen, sei es nur ein ideeller. Wenn Eileen später von Harvey aufgesucht wird, der sich entgegen aller Erwartungen als verlorene Seele und verlegener Freund offenbart, entgegnet The Deuce der unangenehmen Stimmung dieser nervenaufreibenden Vorweihnachtszeit mit einem stillen Moment der Befreiung. Auch Darlene träumt von ihren Kindern, selbst wenn sie sich momentan noch vor der Ewigkeit des Bildes fürchtet. Zu einer anderen Zeit und an einem anderen Ort gesteht Chris (Lawrence Gilliard Jr.) derweil, dass der radikale, anfangs erwähnte Hausputz gewissermaßen nur einer Laune der Polizei entspricht, also nicht für die Ewigkeit bestimmt ist. Selten lagen das Verlangen nach einer Rückkehr zur Beständigkeit und dem Aufbruch Richtung Veränderung so nah und so erschreckend beieinander.

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Parallel zur wöchentlichen Ausstrahlung auf HBO ist die Serie in der Nacht von Sonntag zu Montag wahlweise Deutsch synchronisiert oder im Original über Sky Ticket, Sky Go und Sky On Demand zu sehen. Einen Tag später läuft die erste Staffel auf Sky Atlantic HD. Jeden Dienstag ist sie dann außerdem als digitaler Download bei Amazon, Deutsche Telekom, Google Play, iTunes, Maxdome, Sony Playstation und Xbox erhältlich.

Alle Recaps zur ersten Staffel von The Deuce:


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