Zum 100. Geburtstag von Don Siegel

26.10.2012 - 10:02 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Clint Eastwood und Don Siegel am Set von Dirty Harry
Warner
Clint Eastwood und Don Siegel am Set von Dirty Harry
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Er schilderte die Invasion der Körperfresser und verwandelte Clint Eastwood in Dirty Harry. Der vielseitige, aber längst nicht unumstrittene Regisseur Don Siegel wurde heute vor hundert Jahren geboren.

Über die künstlerische Handschrift des Regisseurs Don Siegel streiten sich die Gelehrten bis heute. Dennoch hinterließ der am 26. Oktober 1912 in Chicago geborene Donald Siegel seine Spuren im Genrekino aus Hollywood, ob es sich nun um Science Fiction, Western oder Kriminalfilme handelte. Mit seiner Wandlungsfähigkeit schmiegte er sich jedem Thema an, was nicht zuletzt dank seines Verzichts auf unnötiges Beiwerk oft genug zum Erfolg führte. Bei Don Siegel gingen Größen wie Sam Peckinpah und Clint Eastwood in die Lehre, doch das ist nicht der einzige Grund, sich heute vor dem 1991 verstorbenen Filmemacher zu verbeugen.

Effizienter Arbeiter
Don Siegels Weg auf den Regiestuhl führte über einige Umleitungen. Nach dem Studium in Cambridge und Paris fand er 1934 eine Anstellung bei Warner Bros, wo er zunächst im Archiv, dann als Schnittassistent und schließlich im Montage Department arbeitete. Dort war er auf Titelsequenzen spezialisert, die damals noch aus einer Mischung aus Archivmaterial und neugedrehten Szenen entstanden. So war Don Siegel für den Vorspann von Klassikern wie Die wilden Zwanziger von Raoul Walsh und Casablanca von Michael Curtiz verantwortlich. 14 Jahre lang arbeitete er bei Warner, wechselte von den Titelsequenzen zu Kurzfilmen wie Hitler Lives? und Star in the Night, die jeweils mit dem Oscar ausgezeichnet wurden. Der Sprung in den Spielfilm war nicht mehr weit, obwohl noch einige Jahre dauern sollte, bevor sich Don Siegel von Warner lossagte und den damals noch ungewöhnlichen Pfad als unabhängiger Regisseur einschlug. 1946 lieferte er mit dem in London angesiedelten Krimi Hier irrte Scotland Yard mit Sydney Greenstreet und Peter Lorre (Die Spur des Falken) sein Regiedebüt ab.

In Zeiten, in denen die großen Studios in Hollywood ihr Personal über Jahre hinweg vertraglich an sich banden, begab sich Don Siegel Ende der 1940er Jahre in Unabhängigkeit. Zwar konnte er so eine größere Kontrolle über seine kommenden Filme ausüben. Phasen ohne Beschäftigung oder der Arbeit im aufsteigenden Fernsehgeschäft gingen mit diesem Wunsch nach Eigenständigkeit jedoch fast zwangsläufig einher. (Senses of Cinema) Schon früh hing seinen Filmen die raue Härte der Realität an, etwa Terror in Block 11 über einen Gefangenenaufstand, der im berüchtigten Folsom Prison gedreht wurde und die Zustände der Inhaftierten anprangern sollte. Der Einsatz der Handkamera sowie natürlicher Lichtquellen und die auf die Figurenbewegungen konzentrierte Inszenierung verlieh Don Siegels Filmen schon in ihrer Frühzeit eine Kinetik, die später zu seinen Markenzeichen gehören sollte. Bis heute wird er schließlich für seine Actionszenen verehrt.

Gewalt ist sein Geschäft
1956 drehte er mit Die Dämonischen (Invasion of the Body Snatchers) einen der prägenden Science Fiction-Filme der 50er Jahre, der die Paranoia der McCarthy-Ära perfekt einzufangen vermochte. Später wurden die Filme Don Siegels vermehrt in die reaktionäre Ecke gerückt, insbesondere seine berühmten Arbeiten mit Clint Eastwood. Der 1971 veröffentlichte Dirty Harry wurde von seinen Kritikern mit ‘faschistischer Propaganda und sadomasochistischen, feuchten Träumen’ verglichen (Senses of Cinema), in der die Gewalt des Vigilanten Harry (Eatwood) filmisch sanktioniert und überhöht wird. Überhaupt durchziehen Brutalität und Gewalt Siegels Filme, ob nun im Gefängnisaufstand in den 50ern, im Kriegsfilm Die ins Gras beißen mit Steve McQueen oder in der Hemingway-Adaption Der Tod eines Killers, in der Lee Marvin und Clu Gulager zu Beginn in eine Blindenschule spazieren und unvermittelt den Lehrer John Cassavetes erschießen. Erzählte Robert Siodmak in Rächer der Unterwelt dieselbe Geschichte noch als düsteres Noir-Drama, ist es in Siegels Film die entschlackte Klarheit der Bilder, die Tod und Verderben umso heller und kalter aufscheinen lassen.

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Die Einzelgänger, etwa Clint Eastwood als Harry Callahan oder als Gefangener in Flucht von Alcatraz sowie John Wayne in Der letzte Scharfschütze, die sturr durch Don Siegels Geschichten wandern, reiten und schießen, dürften prototypisch für das Ende der Studioära sein, in der sich der Western auf dem absteigenden Ast befand und seine lone gunfighter in modernen Szenarien ein neues Filmleben begannen. Kein Wunder also, dass sich ihre Brüder in den Werken von Sam Peckinpah wiederfinden, der für Siegel in den 50ern als Assistent arbeitete. Schwingt bei Sacramento und The Wild Bunch – Sie kannten kein Gesetz stets die Trauer über eine aussterbende Art des Helden mit, finden wir diese in den Filmen von Don Siegel noch in ihrer vollen, anachronistischen Blüte. In seinem Neo-Western Erbarmungslos zollte Clint Eastwood deswegen passenderweise zwei prägenden Einflüssen Tribut. Darin lautet die Widmung nämlich: Für Don Siegel und Sergio Leone.

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