Prometheus & die Religion in Hollywood-Filmen

06.08.2012 - 09:07 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Wer hat hier wen erschaffen?
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In Prometheus wird endlich die Herkunft der Aliens ergründet. Ridley Scotts neuer Film befasst sich allerdings auch mit handfesten Glaubensfragen und steht damit nicht allein.

Religiöse Themen müssen nicht zwangsläufig mit dem Holzhammer unters Volk gebracht werden. Bibelfilme wie Die Passion Christi und Es begab sich aber zu der Zeit… bilden im neuen Jahrtausend eher die Ausnahme von der Regel. Trotzdem überrascht die Offenheit, mit der The Tree of Life, Der Plan und jüngst Prometheus – Dunkle Zeichen Glaubensfragen angehen. Zum Kinostart des Alien-Prequels von Ridley Scott bietet es sich an, den Umgang mit Religion in jüngeren Hollywood-Filmen in Augenschein zu nehmen.

Raus mit dem Teufel!
Der Guardian, wie so oft seiner Zeit voraus, kannte schon vor rund zwei Jahren die Antwort auf die Frage nach der Religion im Film. Damals machten sich Genrefilme mit reichlich biblischer Symbolik im Kino breit, etwa Legion, The Book of Eli und Black Death. Anne Billson setzte diese in den Kontext zyklischer Krisenzeiten wie sie zum Ende der ersten Bush-Administration und der Jahrtausendwende zu beobachten waren. Florierende Endzeitvisionen (End of Days – Nacht ohne Morgen, Book of Eli, Legion) greifen mit schöner Regelmäßigkeit auf religiöse Motive zurück. So lässt sich auch die Zahl der Weltuntergangs- und Invasionsfilme erklären, die in den letzten Jahren Hand in Hand mit den biblisch angehauchten Genrebeiträgen gingen. Die wirtschaftlichen Krisenzeiten hinterlassen ihre Spuren im Kino.

An semi-gruseligen Exorzismus-Filmen fehlt es in jüngerer Zeit nicht. Es seien hier nur Der letzte Exorzismus, Devil Inside – Keine Seele ist sicher und The Rite – Das Ritual erwähnt. Trotzdem wird das diesen Filmen innewohnende Unbehagen an religiösen Praktiken über die Genregrenzen hinaus immer präsenter. Im Horrorbereich entfernte sich Kevin Smith in Red State von den Exorzismus-Klischees und ging hart mit fundamentalistischen Christen ins Gericht. Abseits der filmischen Gruselkabinette wird Religiosität vermehrt im Zusammenhang mit einer übersteigerten Irrationalität, ja sogar psychischen Krankheiten behandelt. Take Shelter – Ein Sturm zieht auf rückt die Weltuntergangsvisionen eines einfachen Mannes in die Nähe der Schizophrenie und Martha Marcy May Marlene behandelt die fatalen Auswirkungen eines strengen Kults auf die seelische Verfassung seiner Protagonistin. In ihrem Regiedebüt Higher Ground – Der Ruf nach Gott beginnt Vera Farmiga an der strenggläubigen Religionsgemeinschaft zu zweifeln, in der sie seit Jahren lebt. The Master, der neue Film von Paul Thomas Anderson, steigt hinab in die Gründungsgeschichte von Scientology und nimmt sich einen mutmaßlichen Alkoholiker zum Helden.

Rein in den Kult!
Hauptfiguren, die von ihrem Glauben abfallen, esoterisch abgeschottete Gemeinschaften, die eine destruktive Dynamik entwickeln und Helden, von denen wir nicht wissen, ob Krankheit oder Religion sie antreiben – Christentum und Co. scheinen in den genannten Filmen im besten Falle mit einem blauen Auge davon zu kommen. Die Furcht vor den Kräften religiöser Radikalität, die insbesondere das amerikanische Kino heimsucht, mag sowohl als Reaktion auf die teils unsinnig verhärteten Fronten der politischen Lager in den Staaten gelesen werden (Stichwort: Tea Party). Ebenso kann sie als großer Aufatmer nach dem Ende der zweiten Bush-Administration und der mit ihr einhergehenden neokonservativen Ideologie betrachtet werden. Zwei Amtszeiten voller Kreuzzug-Rhetorik müssen erst einmal verarbeitet werden.

Der Umgang mit Glaubensfragen im Kino der letzten Jahre kann nicht allein auf die Kanalisierung von lange bestehenden Ängsten heruntergebrochen werden. Obwohl es sich beispielsweise der diese Woche anlaufende Prometheus klar im Universum von Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt gemütlich macht, ist seine Heldin Elizabeth Shaw (Noomi Rapace) keine Ellen Ripley. Shaws wissenschaftliche Neugier geht mit einem tief verankterten Religiosität einher. So ist Prometheus auch ein großer Glaubenstest, der mehr mit der Hiobs-Geschichte gemein hat, als mit den eher pragmatischen Abenteuern der Ellen Ripley.

So wie Prometheus die Gottesvorstellungen des Menschen auf einer harte Probe stellt (mit ernüchternden Resultaten), so eindringlich wendet sich Terrence Malick in The Tree of Life dem gläubigen Menschen selbst zu. Dabei sind, und das unterscheidet sie von den Exorzisten- und Bibelstreifen, die genannten Filme weniger Werke über das Christentum bzw. Religion an sich. Im Mittelpunkt von The Tree of Life, Prometheus, Take Shelter, aber auch Der Plan steht der Mensch, der mit einer Welt ins Reine zu kommen versucht, die manches Mal seine Wahrnehmung und Vorstellung überfordert. Ob diese zeitlose Thematik auch Noah von Darren Aronofsky durchzieht, werden wir in einigen Monaten erfahren. Der nächste große Bibelfilm verspricht jedenfalls einen reflektierteren Umgang mit Glaubensthemen, als dies noch vor ein paar Jahren der Fall war. Er befindet sich in guter Gesellschaft.

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