Nebenniveau - Kommentare

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    ‘The Spy Who Loved Me’ ist der erste Film nach einem langwierigen Streit, den Albert Broccoli als alleinigen Produzent zurückgelassen hat. Und obwohl ‘Man With the Golden Gun’ aus dem 7 Millionen Dollar Budget 97 Millionen herausgeholt hat, wurde er trotzdem als Flop gesehen (was ich nicht verstehe) und man meinte, dass man dringend etwas an der Formel ändern muss. Was dabei rausgekommen ist, ist ein Film mit ein paar netten Momenten und Charakteren, der aber für mich an so vielen Ecken gekränkt hat, dass ich den Film nicht guten Gewissens empfehlen kann.
    Das liegt vor allem an der neuen Direktion, die viel des Charms der Filme geraubt hat. Angefangen mit der Geschichte. Ian Fleming war gar kein Fan des gleichnamigen Werkes und hat verlangt, dass man nur den Titel, aber keine Plot Points oder ähnliches aus der Geschichte nimmt. So hat man mehrere mögliche Drehbücher gebuhlt, bis Richard Maibaums Version als ersten Entwurf angenommen und von Christopher Wood überarbeitet wurde. Das Ergebnis ist ein Film, dem ein roter Faden fehlt. Bei dem die Autoren Szenen und Momente im Kopf hatten und den größeren Plot dann nur drüber stülpt. Es fühlt sich wie eine Fanfiction an, vor allem wenn es um den Protagonisten geht. Denn auch wenn Bond im Grunde aus einer breiten Ansammlung von Tropes besteht, wird er aber auch vor Aufgabe gestellt, die er nicht einfach überwinden kann. Hier geht Bond, trotz gutem Schauspiel von Roger Moore, nie über ein Abziehbild hinaus. Ein gutes Beispiel ist die Szene in der Bond Mr. Fekkesh aufsuchen möchte und eine Frau trifft. Diese verführt er innerhalb von Sekunden, indem SIE sich für IHN opfert. Bond verfolgt den Typen, macht ihn in einer mittelmäßigen Actionszene fertig und dann geht es weiter. Sie war einfach nur eine Frau, die aus IRGENDEINEM GRUND ihr Leben für ihn weggeworfen hat und Bond verschwendet keinen Gedanken an sie. Es hilft auch nicht, dass der größere Plot einfach nur eine lauwarme Kopie von ‘You Only Live Once’ ist: mit U-Booten statt Raumschiffen. Und auch Stromberg ist mit Abstand der schlechteste Bösewicht, den die Serie bis jetzt gesehen hat. Er hat drei Merkmale: ein Unterwasserfetisch, Flossen an den Händen und keine Lust auf Zeitverschwendung. Nicht mal sein Style (dazu nachher mehr) ist erinnerungswürdig. Auch sein Plan, die Welt in den Untergang zu werfen, um glücklich in seiner Unterwasserwelt zu plantschen, ergibt auch nur bedingt Sinn.
    Und wenn wir schon bei Stromberg sind, muss ich mich kurz über das Design auslassen. Wenn es eine Sache gab, in der die Bond Filme immer überzeugten, waren es die Architektur und vor allem die Zentralen der Bösewichte. Ich hasse die Zentrale von Stromberg. Mit diesen Bildern, die man hochfahren kann, um Fischchen zu sehen, ist grausig. Aber das Problem besteht auch über die Zentrale hinweg. Ob es die im KGB ist, oder die Hütte in der Bond am Anfang liegt, es sieht alles so furchtbar kitschig und ramschig aus, als ob Donald Trump das Set Design übernommen hat. Aber was mich persönlich noch mehr gestört hat (und das kann auch nur ein Problem von mir sein) sind Designs der Technologie und Gadgets. Damit meine ich gar nicht die Spielereien von Q, sondern vor allem die Darstellung von Technologie. Nehmen wir die Höhle in Dr. No, die mit gigantischen Konsolen aufwarten, die teilweise nur einen Knopf oder sowas haben. Aber es fühlte sich dennoch designt und charmant an. Hier werden einfach nur Knöpfe und Lichter aneinander gereiht und das wars. Auch wenn sie mechanischen Spielereien gemacht haben, wie das große Zimmer in ‘Goldfinger’, welches sich stück für stück zu einem Diorama seines Plans entwickelt, war das charmant. Wenn hier auf ein unbeschriebenes Tastenfeld eingehämmert wird, öffnet sich ein Tor und eine Karte schiebt sich awkward und ruckelig nach vorne. Man muss doch sehen, dass das nicht so gut funktioniert. Aber ja, vielleicht bin das auch nur ich.
    Aber es gab auch Aspekte an “The Spy Who Loved Me", die ich mochte. Die Vorstellung von Major Amasova fand ich sehr nett. Und sie ist auch ein guter Charakter, die mindestens mit Bond mithalten kann. Im Allgemeinen war die Darstellung, dass West und Ost zusammen gegen diese neue Gefahr kämpfen, sehr schön anzusehen. Ich mochte auch das Oneupmanship zwischen dem KGB und MI6, das gezeigt hat, dass auf beiden Seiten talentierte Menschen sitzen. Ich wünschte mir nur, dass Bond nicht so ein Arsch wäre. Klar, er ist arrogant, fähig und wenn es sein muss auch gnadenlos, aber mit dem Schlüssel rumzuspielen und dann eine “Frau am Steuer, Ungeheuer!” Witz zu machen war mir dann auch zu blöd. Ich mochte auch den Konflikt, dass Bond ihre Liebe im Dienst umgebracht hat, auch wenn er nur auf dem Papier funktioniert. Immerhin ist die letzte Szene mit der Rettungskapsel ganz nett.
    Ein weiterer großartiger Aspekt ist auf jeden Fall Jaws. Wenn man nichts von dem Film behält, bleibt Jaws im Gedächtnis. Der 2 Meter 17 Hühne mit eisigen Beissern ist großartig und wird auch als unaufhaltsame Killermaschine inszeniert. Er ist eine richtige Bestie, die mit seinen gigantischen Pranken alles und jeden ausschalten kann. Ich liebe auch die Szene, als Amasova und Bond von der Ruine flüchten wollen und er das Auto von ihnen öffnet wie eine Blechdose. Ich mochte tatsächlich auch Ägypten und wie es dargestellt wurde. Die Pyramiden und die Ruinen sind großartig in einigen Szenen eingesetzt. Nur dass das Labor von Q in einer uralten Tempelanlage steckt, fand ich dann im Hinblick auf die archäologische Ausschlachtung des Landes etwas zu viel. Aber es soll ja alles spaßig sein. Und auch wenn die Action-Szene mit dem kleinen glanzköpfigen Typ alles andere als gut war, gibt es doch ein paar gute Action-Szenen. Angefangen mit der Ski-Flucht, die dann beeindruckend in der Luft verhängt, bis der Union Jack zeigt, welcher Geheimdienst hinter der Aktion stand. Auch die Verfolgungsjagden waren toll. Vom Motorrad, zum Auto, das im Haus eines Bauers landet, bis hin zum Hornissen Helikopter, die im U-Boot Mode erledigt werden. Auch die finale Szene (wenn sie auch nur eine Kopie des Vulkans aus “You Only Die Once” ist) war tatsächlich sehr spannend und actionreich.
    ‘The Spy Who Loved Me’ ist der erste Bond-Film, mit dem ich einfach nicht warm geworden bin. Für mich ein Schritt zurück auf fast jeder Ebene, aber besonders was das Design und auch die Kamera angeht. Mit einem lauwarmen Aufguss einer Geschichte, die man schon mal gesehen hat. Die Geschichte mit Triple X und Bond ist wirklich nett, aber richtig gut sind höchstens ein paar Szenen und Jaws. Schaut euch einfach die besten Szenen auf YouTube an und spart euch die zwei Stunden.

    • 8

      Wow, was für ein Film! Das erste Mal seit Goldfinger bin ich wieder richtig begeistert von einem Bond-Film. ‘The Man With The Golden Gun’ ist ein durch und durch unterhaltsamer Film mit einem der besten Bösewicht bis jetzt. Es fängt schon bizarr an, als ein Mann mit drei Nippeln von einem Assassin überrascht wird, eingeschleust von seinem kleinwüchsigen Butler. Dieser wird dann durch eine psychedelische Geisterbahn gejagt, die am Ende sein Leben kostet. Was für ein brillanter Einstieg für den Bösewicht, der dies scheinbar aus Sport macht. Die ganze Szene erinnert mich wohlig an den besten Teil von ‘From Russia With Love’, dem SPECTRE Agent Grant. Roger Moore ist für mich hier auch um ein Vielfaches besser als in ‘Live And Let Die’. Er strotzt nur so vor Charm und hat eindeutig mehr Spaß mit der Geschichte und zeigt auch eine Kaltblütigkeit, die sehr gut zu dem Charakter passt. Dazu eine spannende Geschichte, die sich wirklich Stück für Stück aufbaut und Bond durch alle möglichen interessanten Szenarien führt.
      Nicht direkt unter der Jurisdiktion der Krone, macht er sich selbst auf die Suche nach Scaramanga. Mit einem sehr tollen Nebencharakter Lazar, einer Ikone der Waffenspezialisierung, der ohne große Umschweife von Bond mit seiner eigenen Waffe bedroht wird. Der ihn dann zu Andrea Anders führt, die er gnadenlos vor die Wölfe wirft. Dabei trifft er auf den Industriellen Hai Fat, dem Bond in die Quere kommt und deswegen weg muss. Aber 1 Millionen sind immer noch ne Menge Cash und so versucht er es selbst. In einer tollen Szene, in einem Dojo, wo man ganz klar merkt, dass sie sich Talente aus Asien (vor allem Hong-Kong Kino) genommen haben, um ihre Kampfszenen auf ein neues Niveau zu heben. Die Flucht mit den zwei Karate Nichten und der Verfolgungsjagd auf dem Boot ist toll. Auch wenn ich hier auf den rassistischen Sheriff J.W. Pepper hätte verzichten können, aber immerhin nimmt er nur eine sehr kleine Rolle ein. Den Twist mit dem echten Absender der bedrohlichen Kugel fand ich dann doch überraschend, und hat auch gut dazu gepasst, dass die Situation zwischen Scaramanga und Bond immer weiter eskaliert.
      Und für mich gehört er zu den besten Bösewichten, die Bond bis jetzt hatte. Er hat keine großen Ambitionen zur Weltherrschaft oder die Wunschvorstellung von Staaten, die vor ihm zittern. Nein, er ist ein opportunist und absoluter Profi, der in der Solaranlage eine langfristige Lösung für sein potentielles Stromproblem auf der Insel sieht, womit man noch etwas Cash auf der Seite machen kann. Aber im Grunde geht es ihm um eine Sache: Bond. Schon im Intro sieht man eine Plastik von 007 in seinem Spiegelzimmer stehen. Der einzige Mensch auf der Welt, der ihm vielleicht das Wasser reichen könnte. Der locker und souverän durch die Geschichte wandelt und das Beste für ihn vorschlägt. “He always liked that mausoleum, put him in it”. Der seinen Sportwagen in Windeseile zu einem Jet Flugzeug umbaut (hier fand ich vor allem das Armaturen-Design herausragend) und dabei locker den McGuffin und die Agentin Goodnight im Kofferraum packt. Das Finale Duell war auch richtig spannend, mit einem erwartbaren, aber dennoch sehr lohnendem Ende. Und man darf natürlich Nick Nack nicht vergessen, der perfekte Henchman für Scaramanga, der auch selbst einiges auf dem Kasten hat.
      Aber der Film hat auch ein paar Schwächen. Ich hasse es, dass sie den rassistischen Sheriff nochmal auftauchen lassen, auch wenn es diesmal nicht ganz so schlimm war. Schlimmer dagegen ist der Charakter Goodnight, die wie Bond eine Geheimagentin ist. Es gibt einige ulkige, oder zumindest awkward Momente mit ihr, wie zum Beispiel das Versteck im Schrank. Aber gerade gegen Ende wird es echt zu viel, wenn sie nur im Bikini rumhüpft, fast von den einzig anderen Henchman sexuell belästigt wird und dann mit ihrem Po beinahe Bond durch säbelt. Der Film wäre besser, wenn es ohne den Sheriff und irgendwie anders mit Goodnight umgegangen wäre, aber es zieht den Film nicht zu sehr runter.
      Ein Punkt, den ich noch ansprechen muss, ist die Solarenergie und wie man sich das scheinbar damals vorgestellt hat. Von irgendwelchen brodelnden Pötten und tödlichen Lasern. Wie viele Häuser sind schon explodiert, nur weil sich die Temperatur in dem Kochtopf geändert hat? Was für eine gefährliche Art und Weise Energie zu beziehen! Vielleicht kennt Donald Trump das nur von diesem Film und sieht deswegen Solarenergie als kritisch. Ich glaube nicht, dass irgendwelche bösen Intentionen dahinter steckten, aber gerade heutzutage ist diese Darstellung einfach nur lächerlich.
      Bond Raum und Technik Design sind hier auch auf der absoluten Höhe. Von der großartigen Insel, die Scaramanga sein Eigen nennt. Zu kleineren Trips Richtung Macau und Hong Kong. Und das absolut brillante Versteck von MI6, in einem schiefen Schiffswrack, das sie einfach für ihre Zwecke umgebaut haben. Thailand war auch toll dargestellt, mit beeindruckender Landschaft und Architektur. Ich mochte auch, dass sie, wie bei ‘You Only Live Twice’ eine Kampfarena als Übergabeort genutzt haben. Der Film hat auch einige wirklich tolle Actionszenen. Gerade die Stuntfahrer haben hier wirklich großartige Arbeit geleistet. Mit einem spannenden Gegenspieler und einem Bond, der für mich voll und ganz funktioniert hat, eingebettet in eine tolle Geschichte mit gutem Pacing. Goldfinger ist für mich der quintessentielle Bond-Film der Sean Connery Ära. Und der Mann mit dem goldenen Colt ist das bis jetzt für Roger Moore. So muss ein Bond für mich sein!

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      • 3
        über Watcher

        Watcher ist ein Film, der recht interessant anfängt, und auch eine ganz interessante Geschichte hat und dann, zumindest für mich, in den letzten fünf Minuten alles kaputt macht. Es geht um ein Paar, das nach Bukarest zieht und einer Frau, die aus Langeweile und Einsamkeit in Paranoia verfällt. Dabei ist der Film handwerklich wirklich nicht schlecht. Er besteht aus vielen ruhigen, aber dennoch intensiven Szenen, die das Gefühl, das sie erzeugen wollten, gut rüberbringen. Auch schauspielerisch ist der Film sehr ordentlich. Und gerade das Sound Design hat mir besonders gut gefallen, bei dem selten wirkliche Stille herrscht und das Rauschen der Stadt die Protagonistin und den Zuschauer ständig begleitet. Wenn man, wie die Protagonistin, auch kein Wort Rumänisch spricht, kann man das Gefühl der Verlorenheit auch gut nachvollziehen.
        Aber da hören die positiven Aspekte leider schon auf. Das soll nicht heißen, dass der Film durch und durch schlecht ist, aber all das Potential, das der Film aufbaut, wird mit einem langweiligen Twists komplett obsolet. Dabei mochte ich die Darstellung der Paranoia. Wie die menschliche Mustererkennung in Overdrive geht. Bei den überall potentiellen Gefahren erkannt werden. Und ich habe gehofft, dass dies der Punkt ist, auf den der Film raus möchte. Vor allem wenn sie beginnt, den Verdächtigen zu observieren und durch verschiedene Leute malträtieren lässt. Und das alles nur weil er etwas sonderbar ist? Weil er ungern Augenkontakt hält? Das Gespräch gegen Ende im Zug fand ich dann auch sehr versöhnlich. Klar ist er nicht ‘normal’ und auch Leute zu beobachten ist nicht wirklich etwas Gutes, aber die Protagonistin macht exakt dasselbe.
        Dabei ist die Paranoia auch wirklich nachvollziehbar. Sie ist in einer fremden Welt, in der sie die Sprache nicht spricht und hat den ganzen Tag nichts Besseres zu tun als auf ihren Mann zu warten, der immer später nach Hause kommt. Aber was hast du dir dabei gedacht? Warum hast du keine Arbeit oder irgendwelche Projekte, an denen du arbeiten kannst? Und warum habt ihr euch nicht abgesprochen. Spätestens nachdem er dich ein zweites Mal versetzt, kann man doch darüber reden und einen Kompromiss finden. Aber nein, sie lungert lieber zuhause rum und dreht verständlicherweise dabei durch. Aber da ist sie selber dran schuld! Wenn es wirklich zu viel wird, hat sie immer noch die Chance nach New York zurückzukehren. Falls sie verfolgt wird, sollte es aufhören. Und wenn es doch nur Paranoia ist, sollte diese auch besser werden! Spätestens nachdem die Paranoia den Alltag so heftig beeinflusst, muss was gemacht werden. Ich verstehe auch die Spannungen zwischen dem Paar, aber die Wut an einem Kellner auszulassen ist auch nicht korrekt.
        Und als sie endlich packt, kommt der Twist. Der sonderbare und wahrscheinlich autistische Mann, der von ihr gestalkt wurde, ist der WAHRE MÖRDER! Fuck this shit! Und das ist genau das, was ich vorhin gemeint habe. Die Erörterung von Paranoia und die Angst im Fremden wird mit diesem Twist komplett zunichte gemacht. Und von allen möglichen Optionen ist das auch mit Abstand die langweiligste. Der Film wäre besser, wenn Irina einfach wieder aufgetaucht wäre und sie erkennen muss, dass es ihr nicht gut geht und sie weg muss. Dass es wirklich eine Eröterung ÜBER Paranoia ist, wie leicht diese sich entwickeln und man sich darin hineinsteigen lassen kann. Und wenn man Action und Twists will, wäre der Ex-Freund von Irina so viel besser. Vielleicht möchte er sich als Copycat Killer von seiner Ex entledigen. Und genau wie es im Film ist, wird er überrascht und sticht auf sie ein, nur um dann am Ende mit dem EIGENEN Revolver erschossen zu werden. Bonuspunkte, wenn gleich die Polizei kommt, da der Nachbar das gesehen und reagiert hat. So wäre ihre Paranoia zumindest in gewissem Maße gerechtfertigt und es würde einen schönen Bogen schlagen mit der Waffe und den Nachbarn. Ich mag das einfach nicht, weil jemand, der sich sonderbar oder nicht sozial konform benimmt, automatisch ein Psycho-Killer ist. Das Ende was man bekommt ist so billig, dass es für mich den ganzen Film kaputt gemacht hat.

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        • 5 .5

          Live and let Die ist der Beginn einer neuen Ära. ‘On Her Majesty’s Secret Service’ hatte dank Lazenby schon ein anderes Gefühl und so war ich gespannt, wie sie Roger Moore sich als neuer Bond inszeniert und profiliert. Und man merkt, dass man endgültig in den 70ern angekommen ist. Alles ist von Anfang an sehr cartoonhaft: Von dem Mord via Kopfhörer, der Beerdigungsprozession und einem Schamanischer Schlangen Hinrichtung. Dagegen ist die Inszenierung von Moore überraschend gesetzt. Statt den Hype immer weiter aufzubauen, wie in Dr. No oder ihn ulkig zu kontrastieren wie bei ‘On Her Majesty’s Secret Service’, liegt er einfach mit einer Frau im Bett. Die Szene mit M und Moneypenny ist ganz lustig, aber gerade Bond wirkt dabei sehr dröge. Das ist auch ein Gefühl, das sich durch den ganzen Film gezogen hat. Roger Moore macht an sich keinen schlechten Job. Er sieht und spricht, wie man sich Bond vorstellt. Aber es fehlt der Charme und Witz, der auch trotz mancher One-Liner einfach nicht rüber kommt. So ist es auch mit dem Fall, der sicherlich mit ein paar Bildern im Kopf bleiben wird, aber auch nicht besonders gut inszeniert oder geschrieben ist.
          Es gibt einige gute Dinge an dem Film. Die Orte, an denen sich Bond rumtreibt, sind wie immer toll und gut in Szene gesetzt. Von der Bronx, nach New Orleans und dem karibischen Phantasialand Saint Monique. Mit tollen Verfolgungsjagden via Bus, Flugzeug und Boot und einem Jump and Run Level auf einer Krokodilfarm. Ich mochte auch die Restaurantkette mit den drehenden Wänden und sinkenden Tischen. Auch der Bösewicht und seine eiserne Hand Tee Hee fand ich ganz interessant. Als König eines Inselreiches fühlte er sich, vor allem was die Henchman angeht, nachvollziehbarer. Mit einem komplexen Plan, den er, bis auf Bonds dazwischenfunken, eigentlich rund läuft. Vor allem in der letzten Szene (klassisch in einer Bösewichten Grotte inklusive Magnetschwebebahn) spürt man, wie clever er ist, auch wenn sein aufgeblasenes Ego sein Ende bedeutet (entschuldigt diesen furchtbaren Pun). Es gibt auch ein paar echt nette Sprüche wie “Names are for tombstones baby”, das hat schon was. Der Titelsong ist auch nicht schlecht, auch wenn ich die Version im Club um einiges mehr mag, sorry Paul. Ich muss auch zugeben, dass ich Solitaire auch ganz interessant fand. Vor allem in dem Spiel von Aberglaube, das Kananga für seine Zwecke nutzt, aber auch nicht ohne kann. Das Verführungsspiel von Bond war auch ganz nett, vor allem wenn sie nach einem gefälschten Tarot-Trick zusammenklappt. Denn was für ihn einfach nur ein weiterer Sieg ist, erschüttert Solitair, sodass zumindest kurz mal etwas Reue in Bonds Augen widergespiegelt wird.
          Der Film hat auch einige Aspekte, die mir negativ aufgestoßen sind, wobei ich mir da auch immer noch nicht sicher bin. Natürlich sollte es egal sein, welche Hautfarbe der Bösewicht hat. Aber die Welt, die sie hier aufbauen, fühlt sich durchtränkt von Vorurteilen und Stereotypen an. Alle dunkelhäutigen Leute in der Bronx unter einer Decke stecken und auch unironisch mit Pimp-Mobilen durch die Gegend fahren. Da hab ich mir noch gedacht, vielleicht ist das eine Anspielung auf Blaxploitation. Und dass sie sehr lose mit exotischen Themen umgehen, ist ja auch nichts Neues. Aber die Voodoo Sachen waren mir dann doch etwas zu viel und haben mehr an eine Minstrel Show als an ein altertümliches Ritual erinnert. Es ergibt innerdiegetisch Sinn, da sie ja gerade vor der Bevölkerung das Bild aufstellen wollen, dass es gefährlich für Leib und Seele ist, sich auf der Insel herum zu treiben. Aber im Grunde gibt es nur einen CIA-Agent, der dunkelhäutig und ein Guter ist. Der Rest sind eigentlich alle böse. Selbst Felix schaut seine Kollegen mit einem kritischen Auge an. Ich glaub nicht, dass es die Intention war, aber das Gefühl hat mich nicht losgelassen. Ein weiteres Problem ist der Plot mit den Drogen. Vor allem wenn man bedenkt, dass die CIA um dieselbe Zeit Drogen auf der Welt angebaut und verteilt haben. Gerade auch, um Gruppierungen wie die schwarze Bevölkerung in den USA unter Kontrolle zu behalten. Das konnte sie damals nicht wissen, fühlt sich aber heute bitter und zynisch an. Während des Anschauen habe ich das alles etwas zur Seite gedrückt, aber im Nachhinein habe ich ein Interview mit dem Schauspieler des Bösewichtes gelesen. Yaphet Kotto hatte probleme mit dem Skript und nicht wie Mantan Moreland (ein Schauspieler der sehr oft stereotypische und rassistische Rollen übernommen hat, dazu gibt es auch ein guten Key & Peele Sketch (Dad’s Hollywood Secret)) enden wollte. Von einem Drehbuch, das nur so von Stereotypen und keinem Verständnis schwarzer Kultur strotzt. Er hat sich Mühe gegen die Rolle so gut wie möglich zu spielen und von seiner eigenen Erfahrung gezehrt (was man auch ganz gut in den Dialogen hört), aber er ist nach wie vor enttäuscht, auf welche Art und Weise Kananga sterben musste. Die Bond-Serie hatte auch einige Probleme mit weißen Stuntmänner, die man in Blackface gepackt hat, anstatt einfach Stuntmänner mit schwarzer Hautfarbe einzustellen. Und dann gibt es noch das Bond Girl Rosie Carver, die einfach nur furchtbar ist. Als CIA und Kananga Doppelagentin mit einer überzogen hysterischen Art, gepaart mit Inkompetenz und Aberglaube. Das EINE mal wo sie etwas Proaktives macht, liegt sie falsch und zeigt mit der Waffe auf Quarrell Junior (den ich sehr gefeiert habe). Immerhin ist sie nicht lange dabei, auch wenn ich nicht verstehe, warum sie nicht Bond erschossen haben, das hätte ihnen viel Zeit gespart. Aber mit dieser Logik darf man nie an Bond Filme herangehen.
          Ich war die meiste Zeit eigentlich bereit, dem Film eine 6 (3 Sterne) zu geben. Aber es gibt einen Charakter, der den Film in meinen Augen gekostet hat. Leute, die den Film kennen, wissen wahrscheinlich wovon ich rede: J. W. Pepper. Mitten in der Verfolgungsjagd wird der Fokus auf eine sonderbare Gestalt gerichtet. Ein rassistischer Sheriff, der aus dem Sabbern nicht rauskommt, wenn er einen schwarz häutigen Mann festnehmen darf. Allein schon das Bild, dass dieser rassistische Sheriff mit seinem Rassismus etwas Gutes macht und einen Bösewicht ausschaltet, ist schon schlimm genug. So ist es am Ende nicht, aber dafür wollen die Szenen mit ihm nicht enden. Für mich hat damit das Pacing eine richtige Bruchlandung hingelegt, von der sich der Film auch nicht wirklich erholt hat.
          ‘Live And Let Die’ ist für mich ein Film, den ich beim nächsten Mal einfach überspringen werde. Eine sonderbare Geschichte, die nicht so viel Interessantes macht. Mit einem Bond, der gut genug ist, aber keinerlei herausstechende Merkmale hat. Schade.

          2
          • 6

            Eternals hat mich lange kalt gelassen. Und wenn man sich so den Umsatz und Zuschauer Zahlen anschaut, war ich damit nicht alleine. Superhero Fatigue ist hier und zwar schon seit ner Weile. Aber mit nichts besserem zu tun, kann man ihn auch mal reinwerfen. Was am Ende dabei rauskam, war ein tatsächlich interessanter, aber auch sehr mittelmäßig inszenierter Film, den man nicht zwingend bereut angesehen zu haben.
            Aber ja, die Eternals fühlen sich komisch an. Vor allem in so einem so etablierten Franchise wie Marvel. Wenn man mit neuen Superkräften um die Ecke kommt, muss das zumindest etwas Sinn im Kontext der Welt machen. Es wird auch erklärt, warum sie sich aus allen Konflikten herausgehalten haben, aber der bittere Beigeschmack bleibt. Aber an sich sind die Eternals gar nicht schlecht. Es hat etwas von “Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen”, mit allerlei Sagen und Heldenfiguren. Und als jemand, der eine Gips Replika einer der Tafeln des Gilgamesch Epos besitzt, bin ich natürlich brennend daran interessiert. Das man sogar noch ein Einblick in das alte Mesopotamien bekommt, war für mich ein highlight. Ich mag auch wie Gilgamesch noch korrekt benannt wird, sie aber dann später etwas vorsichtiger geworden sind. Wobei niemand auf die Namen Thena oder Ikaris reinfallen würde. Für mich die interessantesten waren dabei Thena, Druig und Sprite. Die Szene, wie die Eternals zum ersten Mal auftauchen und Druig nur für eine Sekunde den Verstand der anderen übernimmt, reicht schon vollkommen aus, um ihre Macht zu beweisen. Auch als erster Zweifler hat er bei mir ein Stein im Brett. Thena ist mit ihrer speziellen Form der Demenz ein super interessanter Charakter, die auch noch richtig Arsch treten kann. Und Sprite als Geschichtenerzählerin und Trickster war großartig. Vor allem wenn man bedenkt, wie Geschichte und Legenden die Welt und unser Verständnis von ihr formen. Leider gibt es aber auch einige Charaktere, die eher mittelmäßig sind. Während man mit Kingo noch Spaß haben konnte, waren mir die Quasi- Protagonisten Sersi und Ikaris leider viel zu langweilig. Weder ihr Hintergrund, noch ihre Motivationen waren in irgendeiner Weise interessant.
            Die neue Lore hat mir persönlich sehr gut gefallen. Auch wenn am Anfang nicht genau klar ist, was hier geschieht, findet es dann doch einen tollen Bogen im Verlauf der Geschichte. Von den Deviant, die auf Planeten geschickt werden, um die natürlichen Feinde intelligenten Lebens auszuschalten und die Eternals als Kickstarter für die Zivilisation. Auch dass man sich aus den Kriegen der Menschen raushalten soll, ergibt Sinn, wenn man bedenkt, dass Krieg immer die Wissenschaft beflügelt. Und auch der Grund, warum sie gerade jetzt aktiv werden und bei Thanos nichts gemacht haben, fand ich einleuchtend. Auch Wesen wie die Eternals erkennen, dass sich die Menschen nicht unterkriegen lassen und sich mit Schweiß und Blut zurückgekämpft haben. Nur Icaris ist dabei wieder viel zu langweilig. Und auch wenn ich den Verrat von Spirit am Ende tatsächlich überraschend fand, bleibt dieser konsequenzlos.
            Die Inszenierung ist an sich ganz gut gelungen. Gerade die verschiedenen Hochkulturen zu sehen, war was richtig tolles. Und auch die Kampfszenen sind sehr ordentlich. Wobei man hier sagen muss, dass es manchmal wie eine Cutscene aus einem Videospiel aussieht. Toll inszeniert mit hochwertiger Grafik… aber eben doch nur ne Cutscene. Man bekommt so Mortal Kombat oder Injustice Vibes. Da ich aber keine hohen Ansprüche daran hatte, fand ich es auch nicht besonders schlimm. Das Monster-Design hat mir überraschend gut gefallen. Man hat das Gefühl, dass hier mehr Arbeit eingeflossen ist, als Marvel sonst in ihre CGI Grunts steckt. Vom Pacing her zieht sich der Film leider etwas. Und auch wenn die emotionalen und lustigen Szenen auf dem Papier funktionieren, hat es bei mir nicht gezogen. Aber tatsächlich sind die Charaktere und die Geschichte doch interessant genug, dass ich es nicht bereut habe, den Film gesehen zu haben.

            • 6 .5

              Nach einer kurzen Pause, kehrt Sean Connery als Bond zurück. Und er macht schon vor dem Intro keine Gefangenen. Leute werden durch Papiertüren geworfen, auf Roulette Tischen geprügelt und am steinigen strand gewürgt, um dann einen abermals neuen Blofeld gegenüberzustehen. Ich versteh das es die awkwarde weiterführung des Cliffhangers von “On Her Majesty’s Service” sein soll und sie ihn schnell abreißen wollen. Aber das fühlt sich so aggressiv und abrupt an. Aber der Film hetzt nur am Anfang, später legt er ein sehr ordentliches und unterhaltsames Pacing an. Mit einem Bond der durch den Tod von Blofeld plötzlich losgelöst ist und irgendwelche schmuggel spielchen im namen der Krone veranstalten. Dabei muss er sich mit einer cleveren und verführerischen Schmugglerin, einem Undercover-Einsatz, sonderbaren Bestatter und einem herrlichen Duo stellen. Sie nutzen auch die Location von Las Vegas ziemlich gut. Mit dem grünen Bestattungsunternehmen in der Wüste, dem herrlichen Büro von Mr. Whyte, den Casinos, sonderbaren Freakshows und Glücksjägern wie Plenty O’Toole. Mit einem geheimen Labor in der Wüste, das in zwei wunderbaren Verfolgungsjagden mündet und einer großartig inszenierten Kletterszene, bei der am Ende der wahre Bösewicht enthüllt wird. Bei der anschließend, nach einem Kampf mit Bambi und Thumper der echte Mr. Whyte gerettet. Der absolut amerikanischste Mann, der je auf Erden gewandelt ist. Und das große Finale auf einer Ölplattform, das sicherlich die Inspirationsquelle für Kojimas Outer Heaven war. Bei dem Bond sich die Zeit nimmt, um Blofeld mit gespielter Inkompetenz zu ärgern. Und noch ein letzter Mordversuch der zwei Typen, verraten von Aftershave, geht ihr Plan mit der Cartoon Bombe in der Torte nicht auf.
              Diamantenfieber ist ein sehr ordentlicher Bond-Film. Connery hat auch wieder sichtlich mehr Spaß mit diesem Projekt. Und es gibt schon einige Szenen, die einem im Gedächtnis bleiben. Der plötzliche Kampf im Aufzug, wo Bond sich beim Ausholen verrät. Die Szenen, als er fast verbrannt oder unter der Erde vergraben wird (“Just out walking my rat”). Ich mochte auch die Schnitzeljagd mit Case, die Klon geschichte die auch vor Katzen nicht halt macht, und natürlich das Highlight: die Moon Buggy Verfolgungsjagd. Das Mondset an sich ist schon echt ulkig und der Moon Buggy sieht auch cartoonhaft aus. Aber wie er durch die Wand bricht und dann Offroad geht, um die anderen Autos auszuschalten, ist so unterhaltsam. Genauso auch die anschließende Verfolgungsjagd in Las Vegas, die auf einer schiefen Note endet. Ich mag auch den Plan von Blofeld, die Ideale von Dr. Metz auszunutzen, der mit seiner Erfindung (ähnlich wie Oppenheimer) eigentlich Krieg für immer obsolet machen wollte. Und seine Waffe ist beeindruckend und wird auch richtig stark und ulkig in Szene gesetzt.
              PS: Man weiß ja, dass James Bond es gerne mal übertreibt, aber hier haben sie den Vogel abgeschossen. Wer glaubt, dass es dort draußen schrullige Milliardäre gibt, die mit Edelsteinen ihr Vermögen gemacht haben, Tunnel unter Las Vegas graben, cartoonhafte Fahrzeuge bauen oder irgendwelche Satelliten ins All schießen. Würde es so jemanden wirklich geben, wäre er eine absolute Witzfigur.

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              • 7

                On Her Majesty’s Secret Service hatte schon immer einen schweren Stand. Nach dem etwas sonderbaren ‘You Only Live Twice’ versucht dieser Film die Atmosphäre der “klassischen” Bonds einzufangen, nur ohne den klassischen Bond. Sean Connery ist draußen und dafür übernimmt George Lazenby die Rolle des Geheimagenten mit Charm.
                Nachdem Peter R. Hunt für alle anderen Bond Filme der Filmeditor war, übernimmt er diesmal die Rolle des Regisseurs. Man merkt seine originale Profession in manchen cleveren Übergängen und allen voran am Pacing des Filmes. Denn auch wenn dieser Film einige sonderbare Aspekte hat, ist das Pacing großartig und gibt dem Film trotz Schwächen ein richtig rundes Gefühl. Und eine der größten Schwächen des Filmes sind tatsächlich die Actionszenen. Allen voran der Hand zu Hand Kampf besteht aus viel zu vielen Schnitten von wackeligen Bildern. Es hat mich etwas an “Ein Quantum Trost” erinnert, das ich gerne als Beispiel heranziehe, wie man Action NICHT machen sollte. Aber andere Actionszenen sind dabei ganz gut gelungen. Vor allem die Skiabfahrt macht Spaß. Das liegt aber auch daran, dass die echten Ski Stunts richtig toll aussehen und auch mal atmen dürfen, bevor die Schere angesetzt wird. Dabei ist “On Her Majesty’s Secret Service” (übrigens, was für ein furchtbarer Titel) viel mehr ein Thriller als ein Actionfilm. Mit mehr Raum für spannenden Spion-Kram wie das Klettern an einer Seilbahn oder das Knacken eines Safes. Und ein Aspekt, der mir besonders gut gefallen hat, war die Undercover-Arbeit als Sir Hilary Bray. Und darin lag dann auch die Stärke von Lazenby. Denn auch wenn Connerys Bond sich gerne mal als jemand anderes ausgegeben hat, hat sich Bond der Situation doch kaum angepasst. Dieser Bond geht in der Rolle auf der sonderbaren Bergklinik fantastisch nach. Und es ist ulkig zu sehen, wie alle denken das er entweder Schwul oder Asexuell ist, nur um dann stunde um stunde die verschiedenen Patienten flach zu legen und dabei das selbe Programm abzuspielen. Die ganze Undercover Aktion hat hier auch besser funktioniert. Oftmals werden irgendwelche Szenen reingeworfen, um die Zeit etwas zu strecken oder dem Zuschauer was Hübsches zum Anschauen zu bieten. Aber hier hat sich nichts überflüssig angefühlt. Selbst wenn die Mädels einfach nur Curling spielen, hatte ich Spaß an der Szene und den Dynamiken zwischen den Charakteren.
                Etwas, das mir auch fantastisch an dem Film gefallen hat, war tatsächlich das Bond Girl. Diana Rigg als Contessa Teresa “Tracy” di Vincenzo ist nach sechs Filmen die erste, die mir wirklich im Gedächtnis bleiben wird. Ich mag es auch sehr, wie sie inszeniert wird. Angefangen mit dem Suizidversuch und der flucht danach, lernt man sie endlich im Casino kennen. Sie ist eine bombige und äußerst gefährliche Mischung: Zu attraktiv, zu reich und zu clever für ihr eigenes Wohl oder irgendwelche Konsequenzen. Dazu eine sehr schillernde und einnehmende Persönlichkeit. Jemanden, der Bond tatsächlich die Stirn bietet. Es hilft auch, dass sie nach einem Drittel verschwindet und erst am Ende nochmal auftaucht und dabei richtig Arsch tritt. Ob es jetzt massive Blechschäden oder das Aufspießen eines Bösewichtes ist. Eine komplette Missachtung für ihre Unversehrtheit und die jeder, der ihr in die Quere kommt. Aber auch die Dynamik mit dem Vater von Tracy, Draco, ist wirklich toll. Und mit Telly Savalas gibt es auch die bis dato beste Darstellung von Blofeld. Er bringt das Gefühl, dass Anthony Dawson, dessen Gesicht man nie gesehen hat, sehr gut rüber und ist so viel besser als der passive Donald Pleasence. Er hat eine ähnliche kleine Statur. Aber durch seine tiefere Stimme und souveräner Art und Weise, spürt man die Gefahr, die von ihm ausgeht. Er ist auch bei weitem nicht auf den Kopf gefallen, auch wenn ich immer noch nicht verstehe, warum sie Bond nicht einfach erschießen. Ich mag auch seinen Plan, der über einfache Drohungen hinausgeht. Ein organische Bombe, die auch einfach die Welt zerstören könnte. Epidemics of sterility. Ich mochte auch den Aspekt der Sleeper Agents durch die Mädels in seiner Allergiker Klinik.
                Bond zieht es auch wieder durch die Welt. Doch das meiste spielt sich tatsächlich in der Schweiz auf dem Piz Gloria ab. Ein tatsächlich existierendes Restaurant, das man nur mit Seilbahn erreichen kann und hier als Klinik her hält. Man kann auch über Bond sagen, was man will, aber bis jetzt haben die Unterschlüpfe der Bösewichte noch nie enttäuscht. Und Piz Gloria gehört zu den besten. Vor allem mit der spannenden Kletteraktion im Maschinenraum und der heißen Verfolgungsjagd mit einer wandelnden Anzahl von Skiern. Ich mochte auch die Inszenierung der Lawine, die richtig viel Wumms hatte. Und dass man tatsächlich am Ende auch noch in einen Bob steigt, ist einfach toll. Aber nichts hätte mich auf dieses Ende vorbereiten können. Nach einer schönen Zeremonie taucht Blofeld in einer Zervikalstütze auf und knallt Tracy einfach ab. Ein ziemlicher Dämpfer, der aber die Motivation für den nächsten Film klar macht.
                “On Her Majesty’s Secret Service” ist ein sehr sonderbarer Film. Die Abwesenheit von Connery merkt man, und sie versuchen auch nett damit zu spielen. Aber was am Ende daraus wurde, ist ein sehr anderer James Bond, der mir persönlich gut gefallen hat. Es gibt ein paar negative Aspekte, wie zum Beispiel die wirklich mittelmäßige Action am Anfang, aber diese verblassen mit neuen Stärken. Vor allem was die Charaktere angeht, gehört dieser bis jetzt zu den besten. Schade, dass Lazenby nur einmal Bond mimen durfte, aber immerhin war es eine denkwürdige Darstellung des charmanten Superagenten.

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                  Nach der Bond Persiflage ‘Casino Royale’ bin ich auf Murder by Death gestoßen. Eine Gruppe von Detektiven wird von einem extrenrischen Autor auf sein Herrenhaus eingeladen um dort einen Mord aufzudecken und sich in ihrer Profession zu beweisen. Dabei sind all die Detektive Abziehbilder von berühmten Romanfiguren wie Hercule Poirot, Sam Spade, Miss Marple, Nick und Nora Charles und Charlie Chan, von denen ich zuvor noch nie gehört habe. Die Geschichte die dabei erzählt wird ergibt nur bedingt Sinn. Und wenn man einen ausgeklügelten ‘Who Done It’ erwartet, ist man leider auch fehl am Platz. Und gerade mit modernen Sehgewohnheiten zieht so einiges nicht. Die Besetzung ist von Stars und Sternchen durchzogen. Sie machen es allesamt auch ganz gut. Gerade David Niven, Maggie Smith, Peter Falk und Alec Guinness sind fantastisch. Aber mir hat viel Kontext gefehlt, dass viele Seitenhiebe und Witze an mir vorbeigezogen sind. Und dann gibt es noch Peter Sellers als Sydney Weng. Klar, es war eine andere Zeit, aber bei dem Make-up und Kostümen haben sich mir echt die Fußnägel aufgerollt. So richtig gewöhnen tut man sich nie daran, aber immerhin sind die anderen Charaktere auch überzogene Persiflagen ihrer Vorlage. Aber warum so? Warum seine Glückskeks Sprüche und einen saftigen Gong in der Musik, wenn eine Punchline irgendwie landen soll. Auch Wang hat ein paar lustige Sprüche und sein Job als Detektiv schon drauf, aber das ganze fühlt sich schon echt ungut an. Der Blinde Butler war mein persönliches Highlight. Von den falsch platzierten Briefmarken, dem gemütlichen Feuer auf dem Bett und bei Doras Schrei nur trocken “Ah, the doorbell” sagt und den Raum verlässt. Auch Truman Capote hat die Rolle des exzentrischen Gastgebers toll gespielt. Aber es gibt auch Charaktere wie Miss Marbles, die bis auf den Witz mit ihrer Krankenschwester eigentlich nur genervt haben.
                  Der Fall ist leider auch sehr durchwachsen. Er ist mit Absicht verwirrend und undurchsichtig gemacht, um das ganze Genre vorzuführen. Aber zu sagen, dass etwas schlecht ist und es dann genauso zu machen ist halt bei weitem nicht so clever wie man vielleicht denkt. Da hat sich zum Beispiel ‘Glass Onion’ etwas besser angestellt, mit einem Exzentriker der andere Vorführen möchte und dann selbst zu inkompetent ist. Eine Filmreview zu ‘Death By Murder’ auf Prisma hat es gut zusammengefasst: “Wer diesen Film also ‚verstehen‘ will, sitzt im falschen Boot. Die anderen aber werden sich köstlich amüsieren“. Ich gehöre leider zu ersteren und war dann eher genervt als verzaubert. Der Trick mit dem wechselnden Zimmer grenzt an Magie und die klugen Köpfe brauchen viel zu lange, um da drauf zu kommen. Ich bin auch kein Fan davon, wenn man immer wieder mit den selben Informationen zugeknallt wird. Es macht Sinn, dass die Erkunder der Küche sagen, was sich zugetragen hat, aber es hat sich immer weiter gezogen. Sowas passiert leider oft im Film. Was aber gut funktioniert, ist wenn sich die Detektive etwas anstrengen. Diese Szenen wirken sehr abgekapselt vom Rest, machen aber in sich Spaß. Und auch wenn es eine schlechte Form ist, am Ende mit allen möglichen neuen Informationen raus zu rücken, waren die Twists über Twists was das Motiv und die finale Enthüllung angeht, sehr unterhaltsam. Es gibt auch ein paar großartige Witze: “Excuse him, he’s been shot in the head last week” und “He loved me very much, but he was not very observant. One day, when I was 19, he called me to his study, noticed for first time I was Oriental and kicked me out of house.”, um zwei zu nennen. Aber der Film hat für mich zu viele Schwächen, um am Ende gut dazustehen.

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                    ‘You Only Live Twice’ läutet einen Wandel im Bond-Franchise an. Man merkt sofort, dass ein anderer Regisseur den Agenten inszeniert, mit einem Drehbuch von Roald Dahl. Er hatte scheinbar keine Freude an der Vorlage von Fleming und hat deshalb eine Amalgamation von verschiedenen Geschichten zu dieser verarbeitet. Die Produzenten merkten schnell, dass Dahl zwar die Bücher gut kannte, aber von den Filmen keine Ahnung hatte. Mit Projektor unter dem Arm haben sie ihm einen Bond Crashkurs gegeben, der dann das Drehbuch nochmal beeinflusst hat. Und ich finde das spürt man. Statt mit einem unterhaltsamen Exkurs von Bond beginnt der Film im All, mit einer interstellaren Entführung. Das ganze nimmt sich in der Inszenierung sehr ernst und geht dann auch so weiter, bei einem Gipfel des Westens und Ostens, mit Großbritannien in der Mitte. Als dann endlich Bond zu sehen ist, lässt er ein paar rassistische Sprüche los, um anschließend erschossen zu werden. Das ist schon ein ziemlicher Downer für einen James Bond Film. Und obwohl der Film sich im Verlauf auch noch besser findet, ist diese Atonalität bezeichnend für vieles. Man hat das Gefühl, dass Dahl einen knallharten Thriller schreiben wollte und dann Bond mit seinen Angewohnheiten drauf gesetzt hat. Aus einem eher ernsthaften Thriller, Bonds Eskapaden und der Action. Es ist dabei nicht so, als ob der Film keinen Spaß macht oder die Action einen langweilt. Es ist halt nicht so schön verwoben. Bond fehlt es auch an Charm und coolen One Liner. Wenn man sich aber darüber beliest, wie sehr Connery die Bond Rolle hassen gelernt hat und wie die Presse mit ihm umgesprungen ist, kann ich ihm das auch nicht verübeln. Er spielt die Rolle bei weitem auch nicht schlecht, er ist nunmal ein Profi, aber man spürt, dass alles nicht ganz so gut zusammenpasst. Ein gutes Beispiel ist das bekannte Spiel zwischen Moneypenny und Bond, das hier etwas zahm wirkte. Auch der bekannte Buzzer von M, um Bond aus dem Büro zu jagen, fühlt sich hier eher wie Pflicht an. Und auch wenn man meinen sollte, dass es cartoonhaft ist, wenn Bond als Torpedo auf seine Mission geschickt wird, fühlt sich das auch eher fehl am Platz an.
                    Und auch wenn ich mich sehr freue, wenn ein Auto mit einem riesigen Magneten hochgehoben wird, fühlt es sich sonderbar getrennt an. Dabei sind die Actionszenen auch richtig toll. Von dem brutal möblierten Kampf, dem Gefecht gegen eine Unmenge harter japanischer Hafenarbeiter bis hin zu Konflikten im Himmel. Was in Thunderbolt die Unterwasserwelt war, sind hier die Lüfte. Und natürlich die Vulkanbasis selbst, die scheinbar mehr gekostet hat als das gesamte Budget von Dr. No. Ein Komplex, den man auch von mehreren Meilen entfernt noch gesehen hat. Und man merkt, dass sie sich dort sichtlich Mühe gegeben haben. Mit funktionierenden Aufzügen und Magnetschwebebahn. Ich wünschte mir nur, man hätte es anders inszeniert. Dass man nicht früh alles sieht, sondern erst bei der finalen Schlacht das Ausmaß klar wird. Die ist übrigens gut gelungen, mit unzähligen Extras und wilden Schießereien. Aber leider hat der Film auch ein paar Durchhänger. Man wollte die Gravitas des globalen Konflikts gut rüberbringen, aber die Raketen Szenen der USA und UdSSR ziehen sich. Hier hätte Flexi als Bindeglied noch richtig gut funktioniert. Aber das ist nicht so wild. Was ich aber sehr schade fand, war tatsächlich der große Bösewicht. Blofeld war bis jetzt großartig im Schatten inszeniert, mit einer ruhigen, tiefen und befehlenden Stimme, die das Gefühl des SPECTRE Anführers sehr gut rüber brachte. Pleasant seine Interpretation ist dagegen eher mickrig. Bei Goldfinger haben sie es geschafft, das Würstchen, das er eigentlich ist, mit seiner Grausamkeit kontrastiert und so auch zeigt, wie gefährlich er sein kann. Hier wird nichts dergleichen gemacht. Auch dass er erst Osato erschießt und dann mit Bond noch weiterläuft, will sich mir nicht erklären.
                    Ein Aspekt, vor dem es mich gegraut hat, ist der Schauplatz. Man weiß das Bond Filme sehr gerne in damalig akzeptanten Rassismus sich über fremde Kulturen lustig macht. Und gerade was Yellowface angeht, ist das auch nicht sein erster Verstoß. Aber ich war überrascht, wie überwiegend respektvoll sie mit Japan und ihrer Kultur umgegangen sind. Japan ist wirklich schön in Szene gesetzt, von Neonlichtern der Stadt mit einem beeindruckenden Sumo Ringkampf, einer wunderschönen Insel und Burg Himeji (ein beeindruckendes Bauwerk, das ich selbst auch schon besucht habe). Die Japaner werden auch als sehr kompetent dargestellt und es wird auch etwas japanisch gesprochen (teilweise nicht korrekt, aber immerhin). Ich mochte auch die Szenen des Ninja Trainingscamp, bei dem sie sich merklich ins Zeug gelegt haben. Aber dann muss Bond eine Frau heiraten und wirft sich dafür mächtig in Schale. Dabei hat sich bei mir alles zusammengezogen und ich war froh als er die Verkleidung endlich abgelegt hat. Wobei ich sagen muss, das ich die Zeremonie wirklich schön inszeniert fand. Komplett ohne Worte mit einem sehr zärtlichen Pacing. Aber dann gibt es solche Szenen: “Why do Chinese girls taste different from all other girls?”, “You think we better”’, “No, just different. Like Peking duck is different from Russian caviar, but I love 'em both.”, “Darling, I give you very best duck”... immerhin wird er anschließend erschossen. Aber auch bei der Ankunft in der Höhle des Tigers: “But tonight, consider my house yours. Including all of my possessions, naturally.” wo er natürlich über Frauen redet, die gleich um Bond schwärmen. “In Japan, men always come first. Women come second. [...] Your English girls would never perform this simple service.” objektiviert die Frau noch weiter. Und das wird hiermit auf den Punkt gebracht: “Now, massage. Which girl do you select?”, “I'll settle for this little old lady here.”, “Good choice. She's very sexyful.” find ich eher peinlich. Die Produzenten wollten auch, dass die Mädchen im Dorf, wo Bond via Yellowface untertaucht, im Bikini rumlaufen. Man sollte es ja langsam gewohnt sein, aber es schockiert mich immer noch.
                    You Only Live Twice ist ein sonderbarer Eintrag in der Bond Serie, der seine stärken hat, aber auch gravierende Schwächen.

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                      Casino Royal ist der erste von zwei Filmen, die nicht von EON produziert wurden. Aus rechtlichen Gründen gehörte dem Filmstudio alles außer Casino Royale. Diese lagen bei dem Produzent Charles K. Feldman, der die Chance genutzt hat, um eine Bond-Parodie auf die Beine zu stellen. Das Ergebnis ist ein chaotischer und unvollendeter Film. Wer hätte gedacht, dass zehn Drehbuchautoren und fünf Regisseure die Sache schwerer machen. Statt eines kohärenten Filmes, ist es eher ein lose zusammenhängendes Flickenteppich, bei dem ganze Teile einfach fehlen. Es war auch echt nicht einfach, der Geschichte zu folgen. Selbst beim Lesen der Handlung auf Wikipedia wurde ich nicht immer schlau. Was auch kein Wunder ist, wenn man sich die turbulente Entstehungsgeschichte durchliest. Von Streitereien, Anspannungen, körperlichen Auseinandersetzungen und dem Entlassen eines Hauptdarstellers.
                      Und da der Film so zerstückelt ist, wird auch meine Kritik etwas zerstückelt. Angefangen mit allen Szenen in James Bond's Haus und dem Schloss von M in Schottland, gedreht von John Huston [5]. Mit dem originalen Sir James Bond, einem Gentleman Agenten der alten Schule, der auf ulkige Gadgets verzichtet. Er lebt einen ehrenhaften, konzentrierten und zölibatären Lebensstil, der so gar nicht zu Sean Connerys Bond passt. Die größten Geheimdienste brauchen seine Hilfe, nachdem unzählige Agenten das Zeitliche gesegnet haben. Um ihn zu überzeugen, jagt M Bonds Haus in die Luft und geht dabei selbst drauf. Bei der Trauerfeierlichkeit auf M’s Schloss in Schottland wird Sir James von unzähligen Frauen umgarnt, mit denen er souverän zurecht kommt. Die Rolle des Sir James Bond wird dabei von David Niven verkörpert, dem Schauspieler, den Ian Fleming ursprünglich als Bond im Kopf hatte. Und er spielt die Rolle fantastisch. Der etwas altbackene und exzentrische Spion hat unfassbar viel Charme. Vor allem in all den verschiedenen Kostümen, die er trägt. Der Plan, ihn mit Sexkapaden bloßzustellen, funktioniert bei so einem Gentleman nicht. Das Drehbuch hat einige richtig gute Witze. Aber es gibt auch Witze und Szenen, die einfach nicht zünden wollen und sich dann ewig ziehen, sodass man nichts anderes machen kann, als sie zu ertragen. Es hilft auch nicht, dass man keine Ahnung hat, was eigentlich gerade abgeht. Warum hat M das Haus von Bond zerbomben lassen? Wer sind die sonderbaren Frauen? Was passiert hier eigentlich? Aber immerhin sieht es richtig toll aus. Gerade die Sets und Kostüme sind überragend und machen auch wirklich Spaß. Räume, bei denen jeder Zentimeter mit irgendeinem Kram vollgestellt ist, machen Spaß. David Niven ist richtig gut, aber gerade einige der Frauen sind leider sehr mittelmäßig. Das und das zehrende Pacing machen diesen Abschnitt teilweise sehr schwerfällig.
                      Der nächste Teil dreht sich um Peter Sellers, Ursula Andress und Orson Welles, gedreht von Joseph McGrath [2]. Hier wird es schon etwas schwieriger. Peter Sellers ist ein toller Comedian, und Orson Welles hat auch eine großartige Präsenz. Aber man spürt die Spannungen zwischen den zwei Größen. Welles und Sellers haben sich gehasst und die Szenen, in denen sie eigentlich interagieren sollten, wurden an verschiedenen Tagen gedreht. Des Weiteren hat Sellers scheinbar auch ständig in das Drehbuch und die Inszenierung gepfuscht. Und wo man bei Sir James Bond noch etwas verwirrt war, ist man hier komplett aufgeschmissen. Sellers wird als Baccara-Experte angeheuert und mit dem Titel James Bond 007 ausgestattet. Er soll gegen Le Chiffre spielen und gewinnen. Das klingt relativ einfach, aber alle Szenen ziehen sich ins Unermessliche. Mit einer unnötigen Modeschau, einer Q-Szene die nirgendwo hinführt und dem Spiel gegen Le Chiffre, das ständig von irgendwelchen Zaubertricks unterbrochen wird. Es gibt auch einige gute Witze (im Hintergrund wird jemand verprügelt, nur um dann gleich ne entspannte Teepause einzulegen), aber sie waren leider eher rar, inmitten von Szenen, die einfach nicht enden wollten. Es zieht sich so weit, dass ich mehrmals geistig abgeschaltet hab, ohne etwas zu verpassen. Mit strafferen Pacing und Editing hätte man da auch noch mehr rausholen können. Es fehlen auch einfach Teile. Nach der Szene im Casino flüchtet Le Chiffre und Bond nimmt die Verfolgung auf, nur um dann plötzlich auf einem Folterstuhl aufzuwachen. Robert Parrish, der den nächsten Teil gedreht hat, kann nichts dafür, dass Sellers gefeuert wurde, aber man kann nicht ignorieren, dass hier einfach essentielle Szenen fehlen [1]. Dabei wird Bond auf bizarre Weise gefoltert, mit komischen Licht- und Farbeffekten und einer Riege an Dudelsackspielern mit Peter O’Tool. Man hat keine Ahnung, was das soll oder wo es hin will. Und plötzlich endet die Szene in einem Freeze-Frame. Ohne Seller geht es halt nicht anders, aber ich glaube ich hätte das ganze einfach komplett gestrichen, auch wenn es die einzige Verbindung zum titelgebend Roman ist.
                      Für das Erschiessungskommando für Woody Allen und die Tätigkeit von Sir James Bond als neuer M ist Val Guest verantwortlich [6]. Statt etwas größeres Erzählen zu wollen, sind diese Szenen schön kompakt. Die Witze kommen ohne Pause und der Schnitt lässt auch keine Szene zu lange hängen. Die kurze Woody Allen Episode hat eine klasse Pointe und alle Agenten ab sofort James Bond 007 zu nennen, ja, auch die Frauen, ist großartig! Nur mit Cooper in seiner Geheimagenten-Ausbildung bin ich nicht wirklich warm geworden. Aber dafür macht die holde Tochter von Sir James viel Spaß. Vor allem in der Berlin-Episode, die von Ken Hughes gedreht wurde [9]. Von Ost-Berlin, das komplett in Rot getüncht ist, inklusive der Fahrzeuge. Und West-Berlin, das nichts weiter als ein Sündenpfuhl ist (Die Striptease Raserei!). Und dort geht Mata an eine Art Spion Internat, das sich architektonisch von Robert Wienes “Das Cabinet des Dr. Caligari” inspirieren lassen hat. Mit sonderbaren Gestalten, einer illegalen Auktion mit immer abstrusen Gegenwerten und einem in Zeit gefrorenen Zimmer, inklusive mumifizierten Geliebten mit einem lockeren Zeigefinger. Das dann im herrlichen Chaos untergeht (“Hey, it’s war!”) bei dem Mata richtig Arsch tritt und dann mithilfe eines Taxis das Chaos hinter sich lässt. Mit einem Nachspiel, das die Mauer zwischen West und Ost einreißt. Wenn man auch sonst kein Interesse an dem Film hat, sollte man sich die Berlin-Episode anschauen. Das Pacing, die Witze und die Musik erreichen hier eindeutig ihren Höhepunkt.
                      Und nach all dem Chaos erreicht man dann das Finale, das tatsächlich nochmal einiges bereit hält, gedreht von Richard Talmadge [6]. Von der Entschleierung des großen Bösewichtes. Seinem brillanten Plan alle Frauen hübscher zu machen und alle größeren Männer zu töten. Und das alles in einem herrlich überzogenen Set. Ich bin kein Woody Allen Fan und für mich hat sich das etwas gezogen. Aber das wirkliche Finale war es dann wert! Bei dem die Amerikaner in Form von Cowboys und Indianer zu Hilfe eilen. In einem heillosen Chaos inklusive Seehunde, Affen, fliegenden Roulet, Pfeilen, Kugeln und Seifenblasen. Das Ganze ist ein herrlicher Klamauk, der passend mit einer Explosion endet.
                      Es ist gut, dass der Film mit diesem Finale endet und all die schlechten Szenen einfach aus dem Gedächtnis purzeln. Aber empfehlenswert ist leider echt was anderes. Der Film ist ein kaum vollendetes Durcheinander, das aber vor allem durch seine Entstehungsgeschichte und im Kontext seiner Zeit auch sehr interessant ist. Man sieht an den Schauspielern, dass sie sich da auch nicht lumpen lassen haben. David Niven ist absolut großartig in diesem Film. Sein Sir James Bond hat mit all seinen Marotten echt was an sich. Orson Welles bringt auch seine Präsenz mit. Und Woody Allen macht halt Woody Allen. Aber es wäre schön gewesen, wenn das alles etwas kohärenter wäre. Nicht nur in der Erzählung, die mich mehrmals komplett verwirrt zurückgelassen hat. Sondern auch in den verschiedenen Story-Strängen, die in Qualität und vor allem Pacing massive Differenzen aufweisen. Würde man alle Aspekte des Casino Royale Vorlage wegstreichen, wäre der Film ein besserer. An sich mag ich Peter Sellers, aber seine Geschichte zieht sich extrem und ist auch tonal querbeet. Mit so viel Zeitaufwand für irgendwelche rassistischen Witzchen ohne wirkliche Pointe. Wenn man Bond-Fan ist, sollte man sich den Film schon anschauen. Für alle anderen empfehle ich die besten Szenen auf YouTube. Und weil ich es nirgendwo unterbringen konnte, noch einer meiner Lieblingssprüche aus dem Film: “I did not come here to be devoured by symbols of monarchy”

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                        Thunderball ist ein Bond-Film, den ich gar nicht auf dem Schirm hatte. Der Titel klingt schon so herrlich cartoonhaft, als ob AC/DC das Intro singen müsste. Ganz so krass ist es nicht, aber Bond ist immer noch kein bierernster Thriller. Es beginnt mit einer Beerdigung, einem Raum voller Fallen und einer frischen Witwe der Bond eins aufs Fressbrett gibt. Stilsicher wirft er noch Blumen auf die frische Leiche und flüchtet mit einem Jetpack. Anschließend bekommt man einen interessanten Einblick in die Schandtaten von SPECTRE, inklusive elektrischen Stühlen. Diesmal möchten die Schurken Atombomben rauben, um die USA und England zu erpressen. Durch ein paar Zufälle zieht es Bond nach Nassau, wo er Nummer Zwei trifft und seiner Organisation und Geliebte auf den Zahn fühlt.
                        Man merkt dem Film auch das höhere Budget und Ambitionen an. Die Sets sind abermals großartig, vor allem das Innere des Fliegers hat mir besonders gut gefallen. Aber der Fokus lag eindeutig auf den Unterwasserszenen. Einige der großen Momente finden dort statt und dafür haben sie sich wirklich ins Zeug gelegt. Mit toller Kameraarbeit, die einem ein wirklich gutes Gefühl der schwebenden Schwerfälligkeit gibt. Ich habe auch noch nie so eine Schlacht unter Wasser gesehen. Von spitzen Harpunen, die durch das Wasser schießen, Messer an den Schläuchen und Bond, der mit einem Jetpack etwas später nachkommt und richtig aufräumt. Das Problem ist, so toll diese Szenen an sich auch sind, zieht es sich schon sehr. Dass man ein Flugzeug mit einer Plane bespannt, hätte man nicht unbedingt so ausführlich zeigen müssen. Im Allgemeinen hätte es dem Pacing des Films gut getan, wenn man 20 - 30 Minuten weggeschnitten hätte. Das war auch das erste Mal, dass mir der Soundtrack negativ aufgefallen ist. Was sonderbar ist, denn John Barry hat bei “Liebesgrüße aus Moskau” gute Arbeit geleistet. Aber hier war es so störend, dass es mich regelmäßig aus der Szene geholt hat. Bond ist nach wie vor ein ziemlicher Creep. Gerade auf die Szene mit der Krankenschwester hätte ich verzichten können… auch wenn er anschließend auf einem sonderbaren Gerät malträtiert wurde. Aber sonst ist der Film nicht groß anders als seine Vorgänger. In gewohnter Bond Manier schlängelt sich der Agent geschickt voran mit vielen spannenden Szenen. Nur über Nummer Zwo muss ich noch kurz schwärmen. Der mit seiner Augenklappe und einem Pool voller Haie schon sehr ikonisch ist. Ein ordentlicher Bond, der sich leider nicht wirklich hervorhebt.

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                          Ich bin nicht der größte Bong Joon-Ho Fan. Parasite ist ein absolutes Meisterwerk. Aber mit Filmen wie Okja, Memories of Murder und vor allem Snowpiercer, wurde ich nie wirklich warm. So war ich auch etwas vorsichtig, was Mickey 17 angeht. Aber meine Sorgen wurden schnell weggeblasen. Das liegt vor allem daran, dass sich Bong Joon-Ho mit der Buchvorlage Mickey7 eine wirkliche nette Prämisse herausgesucht hat. Von Klonen, dem Besiedeln des Universums, über Identität, Liebe und den Wert des Lebens. Schwere Themen, die aber sehr leichtfüßig und unterhaltsam inszeniert werden. Ich glaube, es hilft, dass unser Protagonist, Mickey, nicht gerade die hellste Leuchte ist, und deswegen niemals sehr tief in die Konzepte eingeht. Aber das soll nicht heißen, dass sie nichts mit diesen Ideen machen. Sie machen sogar ziemlich viel damit im Verlauf des Filmes. Man wird direkt in die Action geworfen, um dann in einem Backflash die wichtigsten Infos zu bekommen. Von dem geplatzten Traum eines Macaron Geschäfts und einem perfiden Kredithai mit dem Hang zu Gewaltexzessen. Wie sie schnell den Planeten und ihre Schulden hinter sich lassen möchte und Mickey sich aus Verzweiflung und mangelnder Verständnis als ‘Expendable’ verschreibt. Mithilfe neuester Technologie und einer köchelnden Suppe aus Bioabfall, kann man Mickey immer wieder zum Leben erwecken. Das ist schon 16 mal passiert und schon zur Routine geworden. Doch diesmal läuft etwas schief und plötzlich steht man vor einem ganz anderen Problem: Multiples.
                          So werden durch Mickey's auf sehr charmante und chaotische Art und Weise Fragen von Persönlichkeit (die sehr unterschiedlich zwischen 17 und 18 sind), Identität, Opferbereitschaft und Liebe erörtert. Über die Arroganz des Menschen, schön zusammengefasst in dem massiven Ego des religiösen Anführers Kenneth Marshall. Dabei macht Bong Joon-Ho keinen Hehl daraus, an welcher Person er sich bei Marshall inspirieren lassen hat. Die absolute Loyalität der Anhänger, die allesamt rote Mützen tragen und sich die Realität so lange zurechtbiegen, bis es passt. Und das alles für eine perfide Utopie, welche Reinheit propagiert und für unsere Protagonisten, im Grunde kein Platz ist. Zumindest bis sie nicht mehr nützlich sind. Als Speerspitze des Niflheim Projekts, soll diese Kolonie den Lebensraum der Menschheit erweitern. Eine schwere Aufgabe, die von allen viel abverlangt, vor allem wenn man sich als Expendable gemeldet hat. Dass man sich bei all dem aber nicht so ernst nimmt, tut dem Film gut. Wenn Mickey immer wieder ausgedruckt wird, ist er im Grunde nicht anders als ein Stück Papier, das auch mal wieder reingezogen und durchgeschüttelt wird. Immerhin sieht man keinen “Papierstau”. Hat man sich am Anfang noch viel Mühe gegeben, stolpert ein Assistent halt auch mal über ein Kabel, während die Erinnerungen übertragen werden. Oder es fehlt ein Tisch und er knallt einfach auf den Boden. Mickey sein Leben hat keinen hohen Stellenwert. Als Timo ihn am Anfang in der Spalte findet, sucht er nach einer Ausrede, um sich nicht mit Mickey rumschlagen zu müssen. Wenn auch bei einem Experiment mal etwas schief läuft, ist das auch nicht so wild. Zeit haben sie ja. Dabei merkt man auch, dass es einen ziemlichen Unterschied zwischen den verschiedenen Mickeys gibt. Etwas, das dann nochmal mit den Creepern kontrastiert wird, bei dem der Tod eines Wesen eine Tragödie ist, wie es sein sollte. Ihr Design finde ich einfach großartig. Eine tolle Mischung aus Niedlich und Verstörend. Die Massen der Kreaturen ist auch sehr beeindruckend und ihre Warnungen sollte man nicht ignorieren. Dabei mag ich auch, dass sie nicht so technologisch entwickelt sind wie die Menschen, aber dafür ein viel harmonisches Leben mit der Welt führen. Mit einem sehr netten Callout zu Verhoevens Starship Troopers: “You're also afraid. We’re both afraid.”.
                          Etwas, das den Film auch so besonders macht, ist der Humor. Selbst wenn das Schicksal es mal gut mit Mickey haben möchte, gerät es immer aus den Fugen. Bei einem Dinner landet er nach einem nassen Stake röchelnd auf dem Boden und das neue Purple Joe scheint auch nicht wirklich zu funktionieren. Auch das Spiel mit den zwei Mickeys und ihrer Freundin Nasha ist wirklich nett. Es fühlt sich alles eh schon so surreal an, und sie hat auch schon einige sterbende Mickeys in den Armen gehalten, das sie jetzt auch gerne mal davon profitieren kann. Eigentlich steckt hinter allen Charakteren mehr als man anfänglich denkt. So lernt man doch einige Gestalten kennen und lieben, ohne das der Rahmen gesprengt wird.
                          Handwerklich ist der Film sehr ordentlich. Vor allem bei den Sets und Requisiten haben sie sich richtig ins Zeug gelegt. Das beklemmende Gefühl ihrer Reise und die harsche Bedingungen auf dem Planeten kommt sehr gut rüber. Entgegen dieser Enthaltsamkeit stehen die Marshalls mit gebleichten Zähnen und einer voll ausgestatteten Kajüte inklusive protzigen Kronleuchter. Die Kostüme sind ebenfalls großartig und geben einem das Gefühl der Klassengesellschaft sehr gut rüber. Und dann sind da noch die Special Effects, die durch den Film her stimmig sind und die adorable Creeper zum Leben erwecken. Das Drehbuch ist ebenfalls klasse und bringt Szene für Szene neue interessante Aspekte mit sich mit. Es gibt auch einige Sprüche und Situationen, die einfach zum wegwerfen sind. Schauspielerisch ist der Film ebenfalls klasse. Allen voran mit Robert Pattinson, der abermals beweist, was für ein Multitalent er ist und dass er auch ein Händchen hat, wenn es um Comedy geht. Und zu guter Letzt, als jemand der Soße nicht besonders mag, habe ich mich in meiner Macke am Ende bestätigt gefühlt. Mickey 17 ist eine sehr unterhaltsame, düstere, sci-fi Komödie, die für mich den richtigen Ton getroffen hat. Nichts Weltbewegendes, aber ausgezeichnet für das, was es sein möchte.

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                            über Flow

                            Ich muss zugeben, dass ich vor dem Oscar-Gewinn nichts von Flow gehört habe. Ein äußerst ambitioniertes Projekt eines kleinen lettischen Teams, das mithilfe kostenloser Produkte wie Blender etwas ganz besonderes aufgestellt hat. Eine Geschichte, die ohne Worte auskommt. Mit Tieren als Protagonisten, die nicht komplett vermenschlicht werden. In einem Film, bei dem man sich der Strömung hingeben muss.
                            Meine erste Assoziation mit den Bildern und der Geschichte waren Indie-Spiele wie: Journey, Abzû, Spiritfarer oder Stray. Das Eintauchen in eine fremde, aber nicht unbekannte Welt, bei der man mit seinen eigenen Fähigkeiten überleben muss. Man folgt einer Katze, die bis jetzt ein bequemes Leben hatte, und nun einer schleichenden, unaufhaltsamen Flut gegenübersteht. Irgendwann muss sie ihr Haus verlassen und sucht immer höhere Orte, doch das Wasser steigt unerbittlich. Bis ein Boot vorbeikommt und sie dort endlich zuflucht findet. Dort trifft sie ein entspannten Capybara der sie gerne mitnimmt. Im Verlauf gesellen sich ein Lemur mit Sammelfetisch, ein verspielter Hund und ein Sekretär Vogel dazu. Letzterer folgt der Katze schon länger und verteidigt sie auch vor ihren Artgenossen, was schwere Folgen nach sich zieht. Und auch wenn es mit der Kommunikation nicht immer so gut läuft, merkt man einen Bund zwischen den Tieren. Manchmal reicht es, wenn man jemanden hilft oder einfach nur beiseite steht. Auf einem Turm kommt es zu einem sonderbaren Ereignis, welches den Vogel mit sich nimmt und die Katze zurück lässt. Und genau so schnell wie die Flut gekommen ist, verschwindet sie auch wieder. Dabei ist die Welt kompakter als unsere. Mit Tieren aus Südamerika, Madagaskar und Afrika, die allesamt auf dem Boot Zuflucht finden. In einer Welt, in der die Menschen klare Spuren hinterlassen haben, aber man kein einziges Menschen zu Gesicht bekommt. Dafür macht sich eine ganz eigene Welt über den Planeten breit. Das Boot ist ständig begleitet von großen Fischschwärmen und ein gigantischer Wal taucht auch immer wieder auf. Ein trauriger Moment, als das Wasser endlich wieder nachlässt und der Wal gestrandet im Wald liegt. Von etwas, das über das gesehene und erlebte hinausgeht. Das merkt man vor allem durch den Sekretär, der tatsächlich ein Ziel verfolgen scheint. An den höchsten Punkt der sichtbaren Welt, bei dem die natürlichen Gesetze ausgeschaltet werden und der Sekretär in den Himmel aufsteigt.
                            Der Film ist ein wirklich schönes und beeindruckendes Abenteuer. Aber ich bin mir immer noch nicht sicher, wer die Zielgruppe für den Film ist. Ich und meine Frau haben den Film im Kino angeschaut und es gab mehrere Stellen, wo kleinere Kinder in Panik geraten sind. Und mir ging es da nicht anders. Ich habe wirklich mit der Katze und ihren Reise-Kumpanen (bis auf die anderen Hunde!) mit gefühlt und hatte mehrmals klamme Hände. Jedes Mal, wenn etwas oder jemand aus dem Schiff gefallen ist, blieb mein Herz stehen. Und obwohl ich mit den Charakteren mitfühlen konnte, hat der Film nicht wirklich erreicht. Ich weiß nicht, was es mit den fehlenden Menschen auf sich hat, mit den gigantischen Statuen und dem sonderbaren Ritual am höchsten Punkt der Welt. Vielleicht bin ich auch einfach zu verkopft an die Sache rangegangen. Vielleicht waren das Aspekte, die ich einfach nehmen sollte. Einfach der Strömung folgen hat bei mir leider nicht funktioniert.
                            Handwerklich muss ich etwas ausholen. Wenn man die Limitationen des Films betrachtet, ist es Wahnsinn, was die Macher aus Blender rausgeholt haben. Aber es gibt ein paar Stellen, bei denen der Film visuell nicht ganz rund ist. Sie haben beim Charakterdesign einen tollen Spagat aus Realismus und Stilisierung gefunden. Die Tiermodelle sind nicht alle gleich ausgearbeitet. Wenn man den Golden Retriever mit dem Sekretär vergleicht, ist der letztere um einiges detailreicher. Die Charaktere und die Umwelt reagieren leider auch nicht immer aufeinander. Wenn sich die Katze im Bett niederlässt oder ihre Krallen am Boot austesten, wäre es schön gewesen, wenn sie einen Stoff geknetet hätte oder die Krallen kleine Spuren hinterlassen würden. Aber das sind so kleine Details, die ich nicht unerwähnt lassen wollte, aber im Grunde nicht sehr wichtig sind. Das Weltdesign ist auch sehr faszinierend. Sie nutzen auch die Umgebung, um etwas Storytelling zu betreiben. Und der Film schafft es auch, mehrmals atemberaubende Szenen zum Leben zu erwecken. Eine Stadt, durch die sich die Gruppe bewegt, ist wirklich großartig inszeniert. Ein wunderschönes Spiel aus Wassermasse und deren Spiegelung im Licht und Schatten, der Architektur und des Wals. Auf akustischer Ebene bietet der Film auch so einiges. Der Soundtrack bleibt einem nicht wirklich im Gedächtnis, bringt aber die Stimmung und Atmosphäre der Szenen wirklich toll rüber. Und das wirklich großartige Sound Design, das gerade im Kino richtig toll war. Von den echten Klängen der Tiere, mit denen sie sich verständigen, zu den klackernden Geräusche der Gegenstände auf dem Boot und tosende Regenschauer, die über einen hereinbrechen.
                            Flow ist ein besonderer Film, der einen auf eine andere Art ergreift als vergleichbare Filme. Mit keinem wirklichen Ziel und dem fehlenden Verständnis von dem, was passiert. Als jemand, der gerne Filme analysiert, habe ich das Gefühl, dass ich einiges nicht verstanden habe. Aber ich weiß nicht, ob meine Herangehensweise dabei einfach die falsche war. Eine Kino-Erfahrung, die ich nicht missen möchte, auch wenn sie mich etwas verwirrt zurückgelassen hat.

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                              Goldfinger ist der dritte Film der James Bond Reihe, der für mich der erste Quint essentieller Bond ist. Man hat zwar kein SPECTRE, aber dafür einen sehr interessanten Bösewicht mit einem der berühmtesten Henchman: Oddjob.
                              Ich mag, dass der Film gleich klar macht, dass man sich auch diesmal nicht zu ernst nimmt. Bevor die ikonische Titelmelodie erklingt, folgt man Bond bei einer kleinen Mission. Mit einer Möwe auf dem Kopf schleicht er sich zu ein paar Silos, um sie in die Luft zu jagen. Unter dem Tauchanzug ist natürlich ein schnieker Anzug, in dem er einen Mordanschlag via elektrischen Heizer verhindert. Shocking indeed Mr. Bond. Ich mag diese kleinen Episoden, es beginnt mit Spannung und Action und man bekommt ein Gefühl für den Alltag von Bond. Der Goldfinger Song ist auch großartig! Und obwohl sie abermals Namen auf Frauen projizieren, wirkt es viel geschmackvoller als bei “Liebesgrüße aus Moskau". Und es geht auch klasse weiter. Ich mag Goldfinger als Bösewicht. Er wirkt wie ein kleines Würstchen. Übergewichtig, mit hellen Haaren und knallroten Kopf. Ich bin keine Stilikone, aber Gold ist sicherlich nicht seine Farbe. Aber davon lässt er sich nicht abschrecken. Er macht das, was er möchte, mit brutalen Konsequenzen, wenn man sich gegen ihn stellt. Bond macht sich über ihn lustig, führt ihn vor, was die arme Assistentin Jill dann ausbaden muss. Die mit Gold ermordete Frau sieht nicht nur toll aus, sondern bringt auch das Maß an Durchtriebenheit, die in Goldfinger stecken, rüber. Etwas, das auch Bond spüren muss, der für sein Verhalten gerügt wird und trotz cooler Fassade in diesem Moment schon fast verletzlich wirkt. Aber er kann es dann doch nicht lassen und triezt Goldfinger beim Golfen ein weiteres Mal. Eine Szene, die mir viel zu lange ging. Ich weiß das er gerne betrügt und ich weiß das man ihn gut vorführen kann. Aber wahrscheinlich hatte Connery einfach Lust etwas Golf zu spielen. Und man lernt den enigmatischen Oddjob noch etwas besser kennen.
                              Die Verfolgung leitet einen dann in die Schweiz, was auch wirklich toll inszeniert ist. Mit einer hysterischen Frau, die mich am ehesten an die “Honk if you’re Horny” Sketch von “I Think You Should Leave” erinnert. Aber dass man alles nicht zu ernst nehmen sollte, zeigt die Maschinengewehr Oma, die ich schon gefeiert habe. Und dann der ikonische Laser! “Do you expect me to talk? No Mr Bond, I expect you to die!”, ist einfach ne Banger Line! Aus dem etwas exzentrischen Loser entwickelt sich immer mehr ein kaltblütiger Wahnsinniger. Er sammelt eine Gruppe von Mafiosis, von denen er Geld geliehen hat, um seinen großen Plan darzustellen. Das Ganze findet in einem gigantischen Raum statt, der sich ständig wandelt. Und der Plan ist ein guter! Statt Gold aus Fort Knox zu rauben, möchte er die Goldreserve wertlos machen und so sich und sein Gold unabdingbar für die Weltwirtschaft machen. Und wie es als Superschurke nunmal so ist, überlebt keiner der Mafiosis. Ich war erst verwirrt, warum er all diesen Aufwand gemacht hat, um alle, die seine Show gesehen haben, zu töten, aber es geht einfach um sein Ego. Auch die Mafiosis nehmen ihn nicht ernst und er möchte einfach zeigen, wie sehr er sie in seiner Hand hat.
                              Und das Finale bei Fort Knox ist auch richtig gut gelungen. Von der Fliegerstaffel des Sandmanns, zu dem gigantischen Laser um die Türe aufschmelzen und der Atombombe, an die Bond gefesselt wird. Es ist wirklich spannend gemacht, mit einem Timer der gnadenlos abläuft. Mit einer plötzlichen Schießerei außerhalb des Tresors. Und selbst als Bond sich von der Bombe lösen konnte, tritt Oddjob auf. Ich mag auch, dass der Superheld Bond ihn auf klassische Weise auch nicht besiegen kann und deswegen Austricksen muss. Was mir dabei auch gefallen hat war das Sounddesign. Statt lauter Musik tickt die Uhr unabdingbar weiter. Richtig toll gemacht. Auch das Finale, bei dem die ausgiebige Erklärung von Bond, was passieren kann wenn sich ein Schuss in so einem Jet löst, ist klasse. Im allgemeinen hab ich das Gefühl das in Goldfinger das Drehbuch nochmal eine Ecke besser ist, als bei den Vorgängern. Der Bösewicht wird toll aufgebaut im direkten konflikt mit Bond. Manche Aspekte werden früh aufgebaut und zahlen sich dann später aus. Bond ist auch smoother und cleverer. Vielleicht liegt es daran das Goldfinger ein einfacheres Opfer ist, aber die One Liner haben diesmal wirklich gezogen. Die Sets und Architektur ist auch abermals großartig. Von dem Diorama Raum Goldfingers, dem Laser Raum, zu seinen dekadenten Privatjets und dem Nachbau von Fort Knox.
                              Aber ein paar Sachen sind leider nicht so gut gealtert. Ganz oben stehen dabei die sexuellen Eskapaden von Bond. Das Flirten mit Jill ist noch okay, hat aber ein tragisches Ende, das nicht hätte passieren müssen, wenn er sich zurückgehalten hätte. Moneypenny ist dabei wie immer eine Ausnahme. Die Dynamik zwischen den beiden ist herrlich. Aber bei Tilly geht es schon hart an die Grenze und diese wird mit Pussy Galore klar übertreten. Sie ist eine absolute Powerfrau, die ihren Job gut macht. Mit einer Fliegerstaffel von blonden Busenwundern, bin ich davon ausgegangen, dass sie und Bond in dieser Hinsicht für dasselbe Team arbeiten. Es muss ja nicht mal explizit gesagt werden. Aber ihre Fliegerstaffel war IHR Ding, nicht das von Goldfinger. Das Bond sich dann an sie ranmacht fand ich schon sehr befremdlich. Bis die beiden Handgreiflich wurden und es damit endet das Bond sie überwältigt. Das hat sich schon sehr nach Vergewaltigung angefühlt. Aber schlimmer wird es, dass Bond sein Penis aktiv daran schuld ist, dass Goldfingers Plan scheitert. Klar redet er ihr auch zu, aber dass sie dann wirklich Goldfinger hintergeht und das Gas mit etwas Harmlosen austauscht, fand ich dann etwas viel. Das ganze legt so ein düsteren Schatten über den Film, der echt nicht hätte sein müssen. Klar, es war eine andere Zeit, heute würde man das nicht mehr so machen. Aber Kritikwürdig ist es dennoch.

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                                Die James Bond Retrospektive geht weiter. Diesmal wird Bond in einen (damaligen) brandaktuellen Konflikt geworfen, welcher den Westen und Osten gegeneinander ausspielt, damit SPECTRE sich die Hände nicht dreckig machen muss. Der auf den ersten Film aufbaut, aber viel dynamischer und actionreicher als das Debüt ist.
                                Diesmal beginnt der Film direkt mit SPECTRE. Es gibt quasi drei Schurken, die sich Bond irgendwie stellen muss. Rosa Klebb, die immer noch tiefe Verbindungen mit der Sowjetunion hat, und die Honey Trap Tatiana aufstellt. Kronsteen das Strategische Genie. Und einer meiner Lieblings-Aspekte des Films: “Red” Grant. Ein amerikanischer Mörder, der unter SPECTRE zum Superschurken ausgebildet wird. Und all das unter dem Banner eines mysteriösen Anführer, von dem man nur das Kätzchen sieht. Es ist alles herrlich überzogen und hat deswegen einen ganz besonderen Charme. Dabei wird auch der Plan des Filmes durchgesprochen, schön illustriert mit ein paar aggressiven Fischen. Bond bekommt den Auftrag nach Istanbul zu gehen und ein heiß begehrtes Crypto Instrument zu stehlen. Endlich lernt man auch Q kennen, der Bond mit einem Koffer voller Goodies ausstattet. In Istanbul lernt er dann die Möchtegern Spion Tatiana und den britischen Kontaktmann Kerim Bey kennen. In dem Abenteuer explodieren hier und da mal eine Bombe und ein ganzes Gypsy Lager wird hopps genommen. In einer äußerst spannenden Zugfahrt spitzt sich das Spiel dann zusammen, bei dem Grant, der zuvor die Fäden im Hintergrund gezogen hat, plötzlich direkt in Erscheinung tritt. In einem netten Katz und Maus Spiel, das mit viel zu viel Exposition, aber dann auch einer grandiosen Action-Szene übergeht. Die endet mit einer letzten heißen Verfolgungsjagd und einem letzten kläglichen Versuch von SPECTRE in Istanbul endet.
                                Wie man schon an der Zusammenfassung lesen kann, geht hier schon einiges mehr ab als im ersten Film. Die Thriller-Elemente nehmen ab, um mehr Raum für spannende Szenarien und Action zu machen. Der Konflikt Ost gegen West wird hier direkt in Bezug genommen, aber alles mit weniger Ernsthaftigkeit. Das Periskop in das “Sichere” Zimmer der Sowjetischen Botschaft ist schon etwas übertrieben. Der Konflikt wird auch noch weiter entschärft, weil sie beide von SPECTRE gegeneinander ausgespielt wurden. Das Spiel von SPECTRE ist manchmal auch etwas undurchsichtig und chaotisch. Aber das wird von dem direkten Bösewicht Grant gut zusammengeführt. Er ist ein richtig tolles Gegenstück zu Bond, der durch den Film hinweg bedrohlich wirkt, ohne wirklich den Hintergrund zu verlassen. Es hilft auch, wie brutal und rau der Kampf zwischen Bond und Grant ist. Die Action ist einfach gut inszeniert! Der Kampf gegen den Helikopter am Ende ist auch richtig toll gemacht. Ich mag auch, dass sie sich solche Späße erlauben, wie die ulkige Flucht aus dem Mund. Und dass man dort tatsächlich auch andere Sprachen hört, bei denen man als Zuschauer kein Wort versteht, finde ich auch klasse. Und die Inszenierung der Schauplätze ist auch toll. Gerade Istanbul hat mir besonders gut gefallen, mit einem Blick in die Vergangenheit.
                                Ähnlich wie bei Dr. No muss ich hier auch auf ein paar Aspekte eingehen, die einfach nicht gut gealtert sind. Bond ist ja ein ziemlicher Frauenheld, und er macht in diesem Film auch keinen Hehl daraus. Aber wo ich diese Aspekte noch als erotisch bezeichnet habe, ging der Film mir hier sehr schnell an die Schmerzgrenze. Ich finde es okay, wenn beide Parteien richtig Lust aufeinander haben. Das macht die Interaktionen zwischen Bond und Moneypenny so charmant. Aber hier wird das durch die Rolle von Tatiana als Bondgirl etwas schwieriger. Aber noch schlimmer finde ich die Gypsys. Dabei hält sich der mitschwingende Rassismus tatsächlich in Grenzen, da sie ja immerhin als Alliierte von Bond inszeniert werden. Aber dieser ewig lange Bauchtanz, der im Intro schon Fremdscham ausgelöst hat, erfüllt in der Geschichte auch keinen Zweck. Aber das hätte man auch noch verzeihen können, wenn sie es mit dem Catfight nicht übertrieben hätten. Und auch die Lösung des Problems, dass zwei Frauen auf einen Mann stehen, damit zu lösen, dass sie jetzt gemeinsam auf einen anderen Mann stehen sollen, ist schon echt peinlich. Was im ersten Film erotisch war, fühlt sich hier fetischisierend an. Auch der brutale Umgang mit Tatiana. Oder die Szene, in der die alten weißen Männer sich mit dem Tape von Tatiana aufgeilen. Das ist doch echt eher peinlich.
                                From Russia With Love ist ein ordentlicher James Bond Film, der mich mit seinen Thriller Aspekten ziemlich kalt gelassen hat, aber dafür mit einem klasse Bösewicht und Action punkten kann.

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                                  Persönlich war ich noch nie ein großer Bond-Fan. Golden Eye trägt einen besonderen Platz in meinem Herzen und Skyfall ist einfach ein Meisterwerk. Aber an Interesse mangelt es nicht, und es wird mal Zeit, alle Filme von Anfang an zu sehen, um sich ein volleres Bild rund um den britischen Spion zu bilden.
                                  Die Jagd auf Dr. No ist auf jeden Fall ein Spektakel. Eine spannende Geschichte um dunkle Mächte, brandaktuell und in enger Zusammenarbeit mit der CIA. An einem wunderschön exotischen Ort, von dem Kinogänger rund um die Welt wahrscheinlich nur träumen konnten. Die durch so schön klare Bilder und lebhafte Farben richtig schillern kann. Ein klasse Abenteuer mit Charm, Sex und Action. Man spürt auch, dass an dem Film viel Herzblut und Geld kleben geblieben ist. Und dafür, dass er der erste James Bond Film ist, bereitet er schon einiges vor, wofür die Serie so bekannt ist. Allein schon das super ikonische Bond Theme und die ganzen kleinen Leitmotive in der Musik wirken einfach. Aber auch den Martini in der richtigen Zubereitung, sein magnetischer Charm, der jegliche Frau betört, seine Kaltblütigkeit wenn es um den Job geht. Der auch seine Macken hat, die von M sofort durchschaut werden (her mit dem Revolver und Finger weg von Moneypenny). Tolle Action, Verfolgungsjagden und richtige Thriller-Elementen. Und über alldem ein herrlich überzogener Superschurke der ersten Güte.
                                  Es war nicht umsonst so ein Schock, als Daniel Craig mit einem geerdeten Bond um die Ecke kam. Schon in “Jagd auf Dr. No” hat eine herrlich überzogene Darstellung, die sich vor allem in den Kostümen und Sets widerspiegelt. Von der krassen Fetischisierung des Exotischen (dazu später mehr) bis hin zum großartigen Einsatz von brutalistischer Architektur für die Schaltzentrale der Schurken. Und besonders ulkig ist die Schaltzentrale, was ich hier als absolutes Kompliment meine. Die gigantischen Maschinen, mit überdimensionalen Konsolen, die nur aus einem Knopf bestehen und einem Steuerrad, das alles in die Luft fliegen lassen kann. Auch der furchteinflößende Drache, der über die Insel wacht, ist wirklich niedlich, bis der Flammenwerfer etwas zu nah dran war. Aber trotz dieser überzogenen Elemente ist der Film viel mehr ein Thriller als ein astreiner Actionfilm. Das macht sich auch im Pacing bemerkbar. Es hetzt nicht von Szene zu Szene, sondern legt ein gemütlicheres Tempo vor, das den Szenen und Charakteren Luft zum Atmen gibt. Sie nehmen sich Zeit, dass Bond das Büro ausführlich in seinem Zimmer überprüft, sich Tricks der alten Schule bedient und ein Haar an die Schranktür klebt. In den Bonds, die ich bis jetzt gesehen habe, gibt es immer wieder die klassische Szene, dass Bond auf jemanden im Dunkeln wartet und sie dann überrascht. Aber hier nimmt er sich tatsächlich ein Kartenset gegen die Langeweile mit, was ich sehr charmant fand. Auch die finale Szene hat eine richtig schleichende Entwicklung, wie man es heutzutage nicht mehr gewohnt ist. Wie er erstmal verwirrt durch den Raum flaniert, ein bisschen zuschaut und am Schluss das Rad auf “DANGER LEVEL” dreht. Ich mag auch, wie die Kämpfe inszeniert sind. Mit einem größeren Fokus auf Nahkampf, der auch ne richtige Wucht hat. Die Verfolgungsjagd (solange man die Innenansicht mit Bond und der Leinwand im Hintergrund ignoriert) ist auch richtig stark gemacht. Etwas, womit sich dieser Film auch nicht zurückhält, ist Erotik. Ich war tatsächlich überrascht, WIE Horny dieser Film ist. So viele Frauen, die einfach nur kurze Exkurse sind, ohne jegliche Relevanz. Aber dafür schön in Szene gesetzt (z.B. die ikonische Bikini mit Messer Kombi).
                                  Aber auch die Inszenierung lässt sich nicht lumpen. Der Film beginnt tatsächlich nicht mit Bond. Man folgt drei blinden Mäusen, die kaltblütig und akkurat arbeiten. Zu den daraus entstehenden Kommunikationsprobleme, die man sich heutzutage gar nicht mehr vorstellen kann. Erst dann wird Bond langsam eingeführt. Man hört nur den Namen und die Kamera bewegt sich durch den Raum, zu einem Blackjack Tisch. Hier sieht man ihn immer noch nicht, immer von etwas bedeckt oder gerade außerhalb des Frames. Der gemütlich Karten verteilt und etwas flirtet, bis er nach seinem Namen gefragt wird und er endlich mit der Zigarette im Mundwinkel enthüllt wird. Auch dass die legere Art und Weise, wie Bond seinen Namen sagt, von dieser Szene kommt, und auch nur ne Reaktion darauf ist, dass die Frau sich komisch vorgestellt hat, finde ich lustig. Aber so wird scheinbar Geschichte geschrieben. Er ist auch einfach eine coole Socke. Die Prügelei mit dem Chauffeur, das Stellen eines Assassinen, der nicht zählen kann und der smoothen Art, mit der er sich durch den Film schlängelt. Sein Gegenspieler ist aber auch toll inszeniert. Man hört nur den Namen Dr. No. Bevor man ihn sieht, hört man seine Stimme kalt und bestimmend. Nachdem Bond durch einen entkoffeinierten Kaffee ausgeknockt wurde, sieht man eine Gestalt mit glänzenden Lackschuhen, einem strengen Outfit und metallischen Händen. Er ist auch der Inbegriff eines Superschurken. Exzentrisch, die Fäden in der Hand mit großen Weltmacht-Fantasien.
                                  Eine Sache habe ich bis hierher aufgeschoben. Ich weiß das es eine andere Zeit war und deswegen verteufele ich den Film jetzt auch nicht. Aber ich kann es nicht ignorieren. Mir fällt kein besseres Wort dafür ein, als Cringe. Es ist schon ein extrem konservativer, männlichgeprägter, westlicher aber allen voran britischer Blick auf die Welt. Fangen wir erstmal mit den Jamaikanern an, die allesamt sehr wild dargestellt werden. Vor allem Quarrell, wenn er dann nochmal einen Schluck aus der Flasche nimmt und dann via dem Soundtrack ins Lächerliche gezogen wird. Aber für mich noch mehr Cringe ist der Orientalismus in dem Film.
                                  Schön, dass es ein paar Asiaten in die Schergen-Rolle eines asiatischen Kingpins geschafft haben. Aber da hört es leider schon auf. Miss Taro ihr Make Up tut schon weh, aber der Vogel wird mit ihrer Wohnung abgeschossen. Dass dort kein Gong stand, der immer wieder geschlagen wurde, war ein Wunder. Es wird auch nicht besser, wenn Miss Taro Bond kurz etwas Chinesisches zubereiten möchte. Bei Dr. No ist immer noch der Fakt, dass er halt Deutsch ist, aber auch hier war es mir, mit meiner modernen Sehgewohnheit, etwas zu viel. Aber das gehört eben dazu. Es ist ein Kind seiner Zeit. Deswegen will ich den Film auch nicht zerreißen, aber ich kann mich auch nicht dagegen wehren, dass es einfach altbacken und lächerlich wirkt.

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                                    Eigentlich habe ich gedacht, dass ich meine Kritik zu Brooklyn 99 schon geschrieben habe, aber scheinbar ist sie irgendwo abhandengekommen… Amy wäre das nie passiert und wo ist Jake, wenn man ihn mal braucht?
                                    Einer der Co-Creator von B99, Michael Schur, kennt man ja langsam. Als noch sonderbarer Verwandter von Dwight in The Office, hat er auch einige Episoden für die Show geschrieben. Und dann tatsächlich mit zwei verschiedenen Dans Parks and Rec und Brooklyn Nine-Nine aus dem Boden gestampft. Und wenn man ihn und seine Art von Humor kennt und mag, fühlt man sich sofort willkommen. Ein bunter Cast aus interessanten Charakteren, die einem mehr im Gedächtnis bleiben als jeder Nebencharakter aus Big Bang Theory. Es geht, wie der Titel schon sagt, nach Brooklyn, zur Polizeistation 99. Hier erleben Jake, Amy, Rosa, Terry, Charles, Gina und Holt so einige Abenteuer. Die Folgen sind dabei, wie es bei so einer Art Comedy der Fall ist, nur lose miteinander verbunden. Mit der seltenen Ausnahme, die meistens das Ende und den Anfang einer Staffel markierte. Und all die Charaktere wachsen einem auch ans Herz. Gerade bei Gina hatte ich die Hoffnung fast aufgegeben, bis sie mich dann doch irgendwann gepackt hat. Die Show macht auch richtig viel mit dem Polizei Thema und wird auch nach unzähligen Staffeln nicht langweilig. Inklusive wiederkehrender Ereignisse wie dem Heist.
                                    Ich glaube, viel mehr muss man dazu auch gar nicht sagen. Eine super lustige Show mit viel Charme, die eine perfekte Unterhaltung bietet. Und mit so vielen tollen Charakteren und Szenen auch im Gedächtnis bleibt.

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                                      High Potential nimmt sich ein gewinnendes Konzept und schafft daraus eine unterhaltsame Show. Ähnlich wie Sherlock Holmes, House und vor allem Monk, geht es hier um eine hyper intelligente Protagonist:in, die mit ihrer Aufmerksam- und Kombinierfähigkeit hilft, unzählige Geheimnisse und Rätsel aufzudecken. In diesem Fall sind es Morde oder andere Verbrechen. Ein Vorteil von dieser Trope ist, dass man den Protagonisten so exzentrisch machen kann, wie man möchte. Und unsere Protagonistin macht dies ganz toll, mit einem kleinen Kniff. Statt wie Monk, Sherlock oder Gregory House, die quasi nur für die Fälle und Rätsel leben und lieben, hat sie es etwas schwerer. Ein verschwundener Mann, eine Teenager-Tochter und ein noch jüngerer Sohn. Das gibt dem ganzen schon genügend Raum, etwas anders zu sein. Und es hilft auch, dass ich Kaitlin Olson sehr mag (auch wenn die Differenzierung zwischen Morgan und Sweet Dee vor allem am Anfang schwer fiel) und sie Morgan auch toll spielt. Mit ihren Klamotten, ihrer Körperhaltung und einfach gerechtfertigter Arroganz. Und die Charaktere um sie herum sind auch allesamt ganz Spaßig. Vom grummeligen Partner wider Willen, zu der Tochter, die gerade voll im Teenagerwandel steckt, zu der Chefin, die ihr nebenbei hilft, einen persönlichen Fall zu klären.
                                      Das Herzstück einer solchen Serie sind die Fälle. Und auch hier kann ich sagen, dass sie allesamt interessant und spannend sind. Es gibt nichts, was einen wirklich aus dem Hocker haut, aber das, was es macht, macht es gut. Die Machart ist mir manchmal etwas übertrieben. Zu laut und aufgedreht. Vor allem im Schnitt übertreiben sie es gerne mal. Aber das ist alles nicht so wild. High Potential ist einfache und seichte Unterhaltung und es möchte auch nicht mehr sein. Perfekt, um gemütlich etwas Zeit tot zu schlagen.

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                                        Ich mag die Dragon Ball Serie. Schon als kleiner Steppke habe ich die Originalserie und anschließend Z auf Deutsch geschaut. Die Faszination ist immer noch vorhanden und so freue ich mich natürlich auf jeden neuen Film und Serie. Und so war meine Vorfreude auf Daima sehr groß und auch etwas schmerzhaft, da es das letzte Werk ist, in dem Akira Toriyama Hand angelegt hat, bevor er leider von uns gegangen ist. Und ich muss sagen, Dragon Ball Daima bietet einen sehr schönen Abschluss für ihn, mit all dem was eine Akira Toriyama Geschichte ausmacht.
                                        Dragon Ball Daima schrumpft nicht nur unsere Protagonisten, es bringt auch sehr schön das Feeling der Original Dragon Ball Serie mit sich. Es geht um ein Abenteuer. Um kleine Hindernisse, die aus dem Weg geräumt werden müssen. Und das alles mit dem Charm, wofür die Serie bekannt ist. Aber natürlich gibt es auch einige Kämpfe, die allesamt nicht nur super unterhaltsam, sondern auch noch wunderschön gezeichnet und animiert sind. Als Dragon Ball Fan wird man auch mit viel neuer Lore entlohnt. Über Dämonen, Namekianer und so viel mehr! Bei dem die Dragon Balls auch mal wieder Relevanz haben. Und man auch mit vielen neuen unterhaltsamen Charakteren Bekanntschaft macht. Wenn ihr Dragon Ball Fans seid, schaut es euch an! Es lohnt sich! Und mal schauen, wie die Zukunft der Serie jetzt wohl weitergeht…

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                                          Ich habe nicht viel Gutes über den Film gehört. Vor allem die Fans der Bücher scheinen wirklich nicht glücklich damit zu sein. Die Bücher habe ich nie gelesen, aber dafür schaue ich gerade die Serie und nach der ersten Staffel wollte ich mir selbst ein Bild von dem Film machen. Und ich muss sagen, es war weniger schlimm als ich gedacht hatte. Aber das liegt wahrscheinlich daran, dass ich die erste Staffel als Vorbereitung gesehen habe. Denn “Der Goldene Kompass" schreitet in einem mörderischen Tempo voran, das einen kaum Zeit zum Atmen lässt.
                                          In typischer Young Adult Fashion gibt es eine mutige Protagonistin, die sich in verschiedenen Aufgaben beweisen muss, und ganz nebenbei noch die Welt umkrempelt. Eine Geschichte mit viel Auf und Abs, mit einer menge Charaktere, Orte und Geschichten. Man spürt, dass der über 400 Seite lange Ronan, auf etwas unter zwei Stunden heruntergebrochen wurde. Aber man fühlt auch eine ehrliche Liebe und Faszination zu der Geschichte und ihren Charakteren. Hingeschludert ist es auf jeden Fall nicht. Aber es ist gehetzt. Der Film hat kaum Zeit zu atmen, geschweige denn zu verarbeiten, was gerade passiert ist. Wenn man das Buch gelesen oder die erste Staffel der Serie gesehen hat, geht es. Man weiß schon was passieren wird und die Konzepte sind auch schon recht klar. Wenn ich jetzt gar keine Ahnung gehabt hätte, hätte der Film mich komplett überrannt. Allein die Exposition am Anfang sprintet an einem vorbei. Viele Aspekte, die man besser langsam herausfinden sollte, werden hier einem vor den Latz geknallt. Das führt zu einigen Szenen die einfach nur aus Exposition bestehen. Wenn man weiß was passiert, kann man gut mitgehen. Aber das lässt dann auch solche Szenen, wie den Streit von Lyra und Mrs Coulter um eine Tragetasche, die plötzlich von 0 auf 100 geht, besser verstehen.
                                          Ein weitere negative Nachwirkung, welche die gehetze Narrative mit sich zieht, ist die fehlende Ausarbeitung der Charaktere. Sie sind allesamt sehr eindimensional und eintönig. Gerade bei Lyra finde ich das schade. Sie hat eigentlich keine Zeit sich zu entwickeln. So wird sie leider zu einem Abziehbild einer YA Protagonistin. Es hilft halt auch nicht, dass sie in typischer YA-Protag manier solche Slogan raushaut wie “No one can make me a lady”. Aber auch andere Charaktere kommen viel zu kurz. Das ist besonders schade, weil das Casting nämlich wirklich großartig ist. Nicole Kidman als Mrs. Coulter bringt etwas sehr manipulatives mit sich. Ruth Wilson aus der Serie ist ebenfalls brillant, aber auf eine andere Art und Weise. Und auch wenn ich James McAvoy als Lord Asriel mag, hatte Daniel Craig doch etwas mehr Flair und Kalkül. Und auch als bekennender Lin-Manuel Fan, ist Sam Elliott einfach perfekt für Lee Scoresby. Mir tut vor allem Dakota Blue Richards leid, die die Rolle der Lyra sehr gut spielt, aber kaum Raum zum Atmen hat. Wenn sie von einer Bildeinstellung zur nächsten plötzlich Tränenüberströmt ist und diese Tränen genauso schnell wieder wegwischt, wirkt es einfach nicht. Und dadurch, dass alles so schnell abläuft, wirken die Konflikte nicht. Das wiedersehen von dem komplett katatonischen Billy mit seiner Mutter war zwar da, aber man hat nichts dabei verspürt. Und gerade Lyra stolpert ja wirklich rasch von Szene zu Szene. Es stellt sich gar nicht die Frage, ob man das jetzt machen soll oder nicht, dafür hat man keine Zeit. Aber sie verliert auch einfach nicht, weswegen man auch das Gefühl von Plot Armor bekommt. Nie ein gutes Zeichen für die Immersion. Für die Geheimnisse und Rätsel der Welt hat der Film auch keine Zeit. Entweder wird es direkt in der Exposition abgeklärt oder die Charaktere brauchen eine Sekunde, um hinter das Geheimnis zu kommen. Das bringt aber auch mit sich, dass wenn man kurz nicht aufpasst, echt schnell aufgeschmissen werden kann. Etwas, das auch noch durch das preschen der Geschichte herausstehen war, ist der Soundtrack. Er ist an sich nicht schlecht. Alexandre Desplat hat sich hörbar Mühe gegeben. Die Musik ist unglaublich wichtig, um den Szenen die nötige Emotionalität zu geben, da sie keine Zeit für Ausarbeitungen haben. Aber dadurch, dass sich teilweise auch die Stimmung so schnell wandelt, hat man am Ende auch ein musikalisches Schleudertrauma.
                                          Und es ist echt schade, dass der Film so hetzen muss. Denn an sich macht er einiges gut. Über das Casting habe ich ja schon geschwärmt. Aber auch die Sets und Requisiten waren großartig und haben einem das Gefühl der Parallelwelt richtig gut rübergebracht. Die verschiedenen Gruppierungen sind auch sehr klar (und vielleicht etwas überzogen) dargestellt. Das liegt unter anderem an den sehr guten Kostümen. Ich mochte auch das Magistrat, das hier im Film einen eher geerdeten Ton und ist auch in der Motivation nicht ganz so überzogen wie in der Serie. Das CGI ist für 2007 auch voll in Ordnung. Ein guter Kompromiss zwischen Realismus und Abstraktion. Einzig die Eisbären wirken heute etwas ulkig. Aber nur wenn sie reden, den der Kampf toll inszeniert. Auch die finale Schlacht ist ziemlich gut gelungen, bei der alle nochmal etwas glänzen konnten. Als Lee den gefangenen Iorek freigeschossen hat, ist mein Herz schon aufgeblüht. Und auch die Hexen waren wirklich toll in Szene gesetzt.
                                          Ich verstehe, warum der Film so einen schlechten Ruf hat. Aber das ist echt schade. Ich denke, wenn Chris Weitz mehr Ressourcen und Zeit von New Line Cinema bekommen hätte, hätte er auch hier etwas ordentliches auf die Beine stellen können. In dieser gehetzten Form funktioniert der Film leider am besten als “flotte” Zusammenfassung des ersten Buches. Wenn man noch gar keine Berührung mit der Serie hat, würde ich auf jeden Fall die Serie ans Herz legen.

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                                            Adolescence ist ein fantastisches Kleinod, das innerhalb von vier Episoden auf inszenatorisch sehr interessante Art ein Verbrechen und dessen Konsequenzen erörtert. Angefangen mit einem Einsatz eines Sonderkommandos, das ein Haus stürmt und die Waffen auf ein kleines Bübchen richtet. Von dort an lernt man Stück für Stück mehr über Jamie, das, was er getan haben soll, und wie seine Umwelt darauf reagiert.
                                            Bevor ich auf die Geschichte eingehe, möchte ich erst nochmal über One-Takes schwärmen. Es ist eine längere Szene, die aus einem kontinuierlichen Kameraeinstellung besteht. Natürlich bleibt die Kamera dabei nicht still. Sie nimmt den Zuschauer auf eine in sich kohärente Reise mit, bei der man ständig zwischen Personen und Situationen hin und her webt, und einen zusammenhängende Perspektive eines langen Moments erlebt. Es gibt solche Szenen immer wieder in Filmen und Serien. Aber selten besteht eine Folge oder Film nicht nur aus einer Einstellung. Die Macher von Adolescence wollten das aber nicht nur in einer Folge machen, sondern in allen Folgen der Serie. Und das gibt Adolescence ein ganz besonderes Gefühl von Zeitlichkeit. Wenn Detektive Bascombe sagt, dass die Verhaftung vor ungefähr 25 Minuten stattgefunden hat, können wir auf unsere Uhr schauen und das tatsächlich bestätigen. Und all diese Momente werden in ihrer Gänze dargestellt. Es gibt keinen einfachen Schnitt, der das Pacing engmaschiger hält. Das erlaubt vielen Szenen, richtig atmen zu können. Wenn Jamie ins Präsidium überführt wird, kann er nichts anderes machen als zu weinen und panisch nach hinten zu schauen. Und dem Zuschauer bleibt nichts anderes übrig, als ihn in diesem sehr verletzlichen Moment zu begleiten. Aber das macht die Inszenierung nicht langweilig. Es kann auch sein, dass man irgendwann vergisst, dass wir quasi immer noch in der ersten Szene stecken. Das braucht ein wirklich gutes Drehbuch und ein sehr gut eingespieltes Team, um nicht nur die Szene am Leben zu erhalten, sondern auch noch interessant zu gestalten. Es muss ein wahnsinniger Aufwand gewesen sein, all das zu koordinieren, geschweige denn das Beste aus den Schauspielern herauszuholen. Aber Stephen Graham, Jack Thorne und Philip Barantini haben es tatsächlich geschafft. Mit wirklich fantastisch durchdachten Szenen, die nicht nur in der Narrative Sinn ergeben, sondern auch manchmal auf filmischer Ebene viel herausholen. Das Sounddesign muss ich da auch nochmal loben, das manchmal auf sonderbarste Art und Weise etwas Ruhe in das Chaos bringt (das zufriedenstellende Geräusch der Fingerabdruck Maschine!!!), oder die Dinge gerne mal auf den Punkt bringt (der Vater im Baumarkt, wenn die Geräuschkulisse zur Kakophonie wird). Auch in den Übergangen sind sie äußerst clever, um eine sehr vielschichtige und faszinierende Geschichte zu erzählen. Die Geschichte ist nicht nur auf vier verschiedene Momente beschränkt. Sie verwebt auch wunderbar die verschiedenen Charaktere und Elemente miteinander. Als Zuschauer bekommt man einen besonderen Einblick, der nicht direkt mit dem der Protagonisten der Folge oder anderen Charakteren übereinstimmt. So erfährt man in der ersten Folge, dass Jamies Lieblingsfach Geschichte ist. Nur blöd das kein Polizist dabei war und deswegen das sonderbar nervöse Verhalten des Geschichtslehrer an ihnen vorbei zieht. Aber auch Zuschauer ist man nicht allwissend. Für mich war es wirklich faszinierend, in den ersten drei Folgen ein Bild des Vaters und der Familie aufzubauen, nur um dann in der letzten Folge auf etwas ganz anderes zu treffen. Die Drehbuchautoren wissen auch, wie man Charaktere inszeniert. Als Beispiel würde ich da die ersten Momente der ersten Folge nehmen: Man sieht Bascombe, wie er eine Nachricht von seinem Sohn abhört. Er hustet und sagt mit rauer Stimme, dass er etwas mit seinem Magen hat und deswegen nicht kommen kann. Eine eher mittelmäßige Lüge, die Bascombe natürlich sofort durchschaut. Aber in dieser kleinen Inszenierung lernen wir schon viel: Bascombe hat also einen Sohn, mit dem er eine scheinbar nicht sehr innige Beziehung hat. Der ihn klar anlügt, statt offen mit ihm zu reden. Und Bascombe, der die Lüge durchschaut, aber nicht tiefer gräbt. Das, was er als Polizist können muss, kann er wirklich gut. Das zeigt sich auch durch die Folge, bei der er einen bestimmten, aber eher ruhigen Eindruck hinterlässt. Bis er die Brille abnimmt und Jamie konfrontiert. Von der vorigen Weichheit ist nichts mehr da. Die Show versteht es, eine Geschichte zu erzählen, bei der auch einiges zwischen den Zeilen liegt.
                                            Die erste Folge ist für mich ein Meisterwerk. Wenn Adolescence nur aus der ersten Folge bestehen würde, hätte es sich schon gelohnt. Man bekommt einen Blickwinkel, den ich so noch nie erlebt habe. Klar hat man in Filmen schon gesehen, was passiert, wenn jemand verhaftet wird. Aber so wie es hier ist, bekommt man einen wirklichen Eindruck davon. Es hilft auch, dass man erst mal keine Ahnung was los ist und genauso schockiert wie Jamie und seine Familie ist. Die Fahrt zum Präsidium fühlt sich durch die Sehgewohnheiten wirklich ewig und zermürbend an. Und man kann nicht anders als mit ihm zu fühlen, wie er schluchzt und verzweifelt nach hinten schaut. Wie er durch die Schleuse geführt wird und von einem gigantischen Beamten befragt wird. Bei der man auch nicht weiß was als nächstes passieren wird. Man folgt ihm noch in die Zelle, aber dann lässt man ihn dort allein. Es bleibt aber auch nicht bei den Polizisten. Man wandelt im Verlauf ständig den Fokus, aber die Geschichte geht unentwegt voran. Man bekommt auch ein authentisches Gefühl für den Ablauf einer solchen Verhaftung. Von all den Mechanismen und Riten, die zum guten Grund existieren. Die ständigen Fragen, ob man alles verstanden hat, welche Rechte und Pflichten man hat, und was man am besten tun soll, um sich selbst nicht zu sabotieren. Man spürt das Adrenalin in Bascombe, der kaum abwarten kann, etwas Neues von der Spurensicherung zu hören, auch wenn sie noch gar nicht lange bei der Arbeit sind.
                                            Gerade was Jamie angeht, der ja alles gerade durchsteht, stand ich zwiegespalten gegenüber. Man traut ihm nicht wirklich, aber andererseits wirkt auch alles so surreal. War es wirklich nötig, mit einem Spezialkommando das Haus zu stürmen? Warum sagt niemand was genau los ist? Kann dieses Bübchen überhaupt dafür verantwortlich gemacht werden? Aber all das wandelt sich, als plötzlich Bilder auf den Tisch geknallt werden. Schon fast archaisch werden Screenshots von Instagram und Überwachungskameras gezeigt. Das, was er getan hat, und das, was er anscheinend ist, wird plötzlich ganz real. Mit dem Video der Tat, welches jeden anderen Zweifel verblassen lässt. Das endet in einer sehr emotionalen Szene zwischen Vater und Sohn. Im Allgemeinen fand ich es faszinierend, wie Jamies Familie gezeigt wird. Sie sind allesamt extrem überfordert und können keinen klaren Gedanken fassen. An sich ist es keine schlechte Idee, die Tochter zurück ins Haus zu bringen, aber was soll sie dann da machen? Was macht man überhaupt in so einer Situation? Am stärksten betroffen davon ist der Vater. Er möchte so gern etwas für seinen Sohn tun, hat Sorge, dass er irgendetwas falsch macht und fühlt sich im Allgemeinen sehr Machtlos an. Bei der Leibesvisite kann er nichts machen, außer mit einem Ausdruck von Angst, Wut und Scham zuzusehen. Man bekommt auch ein Gefühl für die Beziehung zwischen Jamie und seinem Vater. Es wirkte distanziert, gefüttert durch einen angelernten Sinn für Respekt. Ich hatte das Gefühl dass Jamie seinen Vater als absolute Autoritätsfigur sieht. Der seinen eigenen Sohn nicht in die Arme nehmen kann, und wenn der Sohn es versucht, dieser verzweifelt zurückweicht. Der ihn dann doch in den Arm nimmt, aber dem Zuschauer ein bestimmtes Gefühl gibt. Das sich im Verlauf der nächsten Folgen weiter wandelt.
                                            Die zweite Folge spielt im Umfeld des Täters und Opfers. Die zwei Polizisten sind an Jamies Schule und fragen nach Informationen. Es wird gezeigt, wie unterschiedlich die Erwachsenen und Kinder mit der Situation umgehen. Die Lehrer und Angestellten sind komplett schockiert mit einem brodelnden Gefühl von Schuld, das hier überkompensiert wird. Und die Kinder, für die all das so ungreifbar und absurd ist, dass sie einfach nur lachen müssen. Ein harsches Umfeld, was man am Sohn von Bascombe erkennen kann. Der sich überwindet und den nötigen Incel Tipp mit seiner Expertise beiträgt. Ein Aspekt, der ihnen komplett entgangen wäre. Von einem möglichen Motiv der Extremisierung durch Manosphere Inhalte und Sichtweisen. Bei der tatsächlich die Begriffe wie Incel, Red Pill und ihr Anführer Andrew Tate direkt benannt werden. Die dritte Folge ist dabei fokussierter und konzentriert sich auf ein Gespräch zwischen Jamie und einer Jugendpsychologin. Man merkt gleich in Jamies Art und Weise, dass sich einiges verändert hat. Statt der ständigen angespanntheit gibt es tatsächlich auch kleine Geplänkel zwischen den beiden. Er ist ein cleverer und eigensinniger Junge, der auch engstirnig und aggressiv sein kann. Der gerade beim Reden über seinen Vater, seine Männlichkeit und auch nur den leichtesten Hauch von Homesexualität austickt. Der aber auch ein klareres Bild der Situation zeigt. Von dem zertrümmerten Selbstbild von Jamie. Ein Opfer von Mobbing, der sich selbst als abgrundtief hässlich sieht. Der sein eigenes Verhalten auch gerne rechtfertigt (“Well, everyone else said it… who saw it. That’s not just me.” Doch worum es geht, wird toll von der Psychologin zusammengefasst: “I'm interested in it because what you think is more important to me than what is true, okay?”. In der letzten Folge folgt man der Familie von Jamie. Eine wirklich mächtige Episode, die mit so einer schönen zärtlichkeit die Charaktere und der Einfluss des Mordes erörtert. Mir persönlich hat die Folge richtig gut gefallen, weil sie auf interessante Weise mein Bild der Familie Miller auf den Kopf gestellt hat. Man hat das Gefühl, dass die Mutter keinen wirklich guten Stand hat. Da der Vater sehr kontrollierend ist, mit einer distanzierten Art und dem Verlangen nach außen hin Stärke zu vermitteln (sein perfektes Shirt in der ersten Folge, das stolz seine Arbeit verkündet). Aber so ist es tatsächlich nicht. Natürlich leiden sie allesamt darunter, aber sie versuchen es zu überspielen, damit sie den Zusammenhalt nicht verlieren. Von zwei Highschool Sweethearts, die nach all den Jahren und zwei Kindern sich immer noch lieben und respektieren. Der mit seiner Familie auch über vielleicht beschämende Erinnerungen lachen kann. Bis zu dem Bruch mit dem Incel Verkäufer, der sich auch inszenatorisch toll zeigt, als aus der klaren Klangkulisse eine ungefilterte Kakophonie wird. Der sich dann explosiv bei den Sprayern und der Farbe entlädt. Der das nicht sein möchte, aber doch letztendlich dazu getrieben wird. Dem tollen Gespräch mit Jamie, der eine so wichtige Entscheidung mit der passenden Ruhe und Verständnis mitteilt. Der sich seit der Verhaftung mächtig weiterentwickelt hat. Einer der wichtigsten Hinweise dabei ist der Fakt, dass er wieder zeichnet. Die Polizistin hat es schön in der zweiten Folge gesagt: “All kids really need is one thing that makes them feel okay about themselves.” Ein Schritt der einen Knoten löst. Von einem Gespräch über Schuld und was man nun tun kann. Warum sich Jamie von dem Vater und nicht der Mutter entschieden hat und was das Video mit dem Vater gemacht hat. Über den eigenen Vater und die Unzulänglichkeiten, denen man entkommen wollte. Bei den man auch gelernt hat, wie man im Umgang mit der Tochter sehen kann. Bei der man sich auch eingestehen muss, dass man vielleicht nichts machen konnte, das aber einen nicht von Schuld freispricht. Ein Erwachsener Umgang mit dem Thema, wie ich es gerne öfter sehen möchte. Und ein letzter Zerfall des Vaters, in der Stasis der Situation, repräsentiert durch Jamies Zimmer, das mit dem zärtlichen Zudecken des Teddys endet.
                                            Aber bevor ich zum Fazit komme, muss ich noch zwei Sachen ansprechen, die mich ein bisschen gestört haben. Bei dem Gespräch zwischen den zwei Polizisten in Folge zwei wird darüber geredet, wie unfair solche Fälle sind. Wie frustrierend es ist, dass am Ende der Name von Jamie bleiben wird, während Katie in Vergessenheit gerät. Ein total wichtiger Punkt, der auch direkt ins Schwarze trifft. Nicht nur in fiktionalen Fällen, sondern auch im echten Leben. Kendrick sagt zwar: “Everybody gon' respect the shooter. But the one in front of the gun lives forever”. Aber so ist es leider oftmals nicht. Und gerade hier, wenn sie es schon direkt ansprechen, hätte man es auch besser machen können. Persönlich habe ich kein großes Problem mit der Erzählung der Geschichte. Der Blick auf Jamie und vor allem auf seine Familie ist großartig! Aber es ist komisch, so etwas zu bemängeln und dann selbst mit vollem Anlauf in dasselbe Fettnäpfchen zu treten. Mein zweites kleines Problem ist die Struktur der Show. Dadurch, dass es nur vier Folgen sind, fallen einem natürlich Aspekte auf, die von Folge zu Folge gleich bleiben. Und ich habe ehrlich gedacht, dass man weiter an Bascombe und Frank an dem Fall dran bleibt. Aber nachdem die Kamera in Folge zwei abgehoben hat, sieht man nichts mehr von ihnen. Das hat sich etwas komisch angefühlt und man hätte es vielleicht weniger jarring/schrill machen können, aber das ist Jammern auf hohem Niveau.
                                            Adolescence hat sich auf der Ebene der Geschichte und der Inszenierung viel vorgenommen und es mit Bravour gemeistert. Ich mag, dass man als Zuschauer auch ein integraler Bestandteil der Geschichte ist. Innerhalb der Geschichte ändern sich Standpunkte und Sichtweisen auf Charaktere ständig ändern. Mit einem grandiosen Gefühl der Zeitlichkeit durch die Inszenierung. Das durch die Natur des One-Shots auch beweist, was die Schauspieler drauf haben. Man wird wirklich komplett in die Welt hineingezogen und kauft die Stimmung jeder Szene ab. Gerade Owen Cooper war fantastisch. Vor allem als erste Rolle hat er gezeigt, was er drauf hat. Das Mantra von “Show Don’t Tell” wird hier auch ernst genommen. Man bekommt ein Gefühl für die Charaktere durch das, was sie tun, wie sie reagieren, und nicht nur durch das, was sie sagen. Eine tolle Miniserie, die man nicht verpassen sollte. Und wenn man es schafft, sollte man sich auch Zeit zwischen den Folgen lassen. Aber ich kann es niemandem verübeln, wenn man sich dem Sog einfach nicht entziehen kann.

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                                              Ich erinnere mich noch, als Dr. House im deutschen Fernsehen lief. Wie man ab und an mal eine Folge angeschaut hat und sich irgendwann jeden Dienstag Abend auf die nächste Folge gefreut hat. Und ich glaube, damit war ich auch nicht alleine. Ich glaube fast jeder kann was mit dem Charakter anfangen, auch wenn es nur vom Hörensagen ist. Und durch ein paar House Memes wurde es für mich mal wieder Zeit, alle Folgen anzusehen. Keine Lücken mehr, weil man doch mal etwas vor hatte. Und keine Woche Wartezeit. Und am Ende mit einem besseren Eindruck der Serie im Ganzen. Und es hat sich gelohnt! Dr House ist nicht nur so gut wie ich es in Erinnerung hatte, nein, es ist sogar noch besser geworden, zumindest meiner Meinung nach.
                                              Eine der Stärken von Dr. House ist die qualität der Serie. Selbst die schlechtesten Folgen oder Staffeln sind immer noch ausgezeichnet. Die Serie hat ein Konzept, das einfach funktioniert. Es gibt auch so viele Folgen und Fällen dass es wahnsinnig wäre auf alles einzugehen. Aber ich möchte ein paar Gedanken zu den einzelnen Staffeln loswerden. Ich mag die erste Staffel. Man wird sofort in die Welt, die Charaktere und das Konzept hineingeworfen. Mit einem “Monster of the Week” Format mit einem medizinischen Krimi statt dem Monster. Jede Folge hat einen interessanten Fall mit vielen Twists, die man auch als absolute Medizin Laie irgendwie verstehen kann. Aber neben dem Krimi steht auch noch ein Bösewicht, der ultra-reiche Edward Vogler, der durch den finanziellen Druck House und seine Abteilung lahm legen möchte. Eine Geschichte, die erzählt werden muss, um die Welt etwas glaubhafter zu machen. Das Gleiche mit Tritter, der House über einige Folgen malträtiert. Die zweite Staffel verfeinert das Konzept mit ein paar persönlichen Geschichten dazwischen. Die dritte Staffel wird von Tritter beherrscht und endet in einem Zerfall des Teams. Dafür beginnt die vierte Staffel mit frischer Energie, bei der zwischen den klassischen Krimis verschiedene Ärzte versuchen, sich zu Gunsten von House auszustechen. Mit absolut grandiosen letzten Folgen, die zurecht Fernsehgeschichte geschrieben haben. In Staffel Fünf wird viel von House abverlangt, inklusive eines plötzlichen Todes, der bis heute nicht geklärt wurde. Mit einem unfassbar wichtigen Schritt am Ende, welche dann großartig in den ersten Folgen der sechsten Staffel verarbeitet werden. Mit einem anderen House, der zum ersten Mal von Vicodin loslassen kann. In Staffel 7 ist wieder mehr Endzeitstimmung, bei der alles zerfranst. Mit einem Staffelfinale, das ich, als einzige Folge von Dr. House, wirklich nicht ausstehen konnte. Und dann die berüchtigte Staffel acht, die zwei (meiner Meinung nach sehr spaßige) neue Charaktere mit sich bringt und das Konzept des “Monster of the Week” wieder aufleben lässt. Es hat auch einige sehr schöne emotionale Szenen mit House und Co. Aber die "Medical Investigation of the Week” läuft hier leider sehr parallel zu House ab. Deswegen ist es auch nicht schlimm, dass es ein Ende gefunden hat.
                                              House ist einfach ein fantastischer Charakter. Tatsächlich meine persönliche Lieblings Interpretation von Sherlock Holmes. Getrieben von Interesse und Spaß am Rätseln. Ein Misanthrop wie er im Buch steht, der sich teilweise nur durch Zynismus und Ironie mitteilen kann. Ein Genie in dem, was er macht, ohne dabei übertrieben zu wirken. Er liegt oft genug auch falsch und fällt ab und zu auf die Schnauze, aber am Ende bekommt er doch immer die Kurve. Mit viel Sinn zu extremistischen und kindischen Ideen (House out of Context funktioniert halt auch einfach). Mit seinem besten Freund, der Golden Retriever der zu sich zu einem Krebsexperten entwickelte: Wilson. Und eine ständig wachsende Anzahl von Mitarbeitern, die allesamt auch so einiges erleben. Man kann glaub ich gar nicht anders, als sie alle irgendwie lieben oder hassen lernen. Dabei scheut man auch nicht davor zurück, manche Charaktere auch in einem schlechten Licht zu zeigen. Dazu das Format des Medizin-Krimis, der einfach funktioniert, auch wenn ich selbst keine Ahnung davon habe. Keine Natürlich verstehe ich nur ein Teil von dem was da gesagt wird, aber es reicht auf jeden Fall aus und passt auch, wenn man sich danach einliest. Ich mag auch die Pre-Intro Szene, bei den man nie sicher sein kann, wer jetzt von diesen Leuten als Patient endet. Man hat das Gefühl, dass sich die Autoren schon fast ein Sport daraus gemacht haben, einen möglichst oft in die Irre zu leiten. Meine Frau und ich haben am Anfang einer Folge gerne einen Tipp abgegeben. Von Klassikern wie Krebs, Infektion, Autoimmun und Lupus. Zu Insekten und meinem Lieblings-Tipp ‘Bad Weed’. Dabei stagniert die Show kaum, mit immer neuen und frischen Ideen, die einen auch gerne mal zum Südpol oder zur CIA führen. Aber auch inszenatorisch fordert sich die Serie selbst gerne raus. Von einer Dokumentation, zu der Perspektive eines Lock-In Syndrom -Patienten, und ganzen Folgen zwischen Traum und Realität schweben. Aber auch die Schauspieler darf man nicht unerwähnt lassen. Allen voran Hugh Laurie verkörpert die Rolle perfekt. Ein ziemlicher Schock wenn man ihn davor nur von Blackadder oder ähnlichen Comedy Dingern kennt. Er schafft es, diesen Arsch mit so viel Menschlichkeit, Charm, Arroganz und Spaß zum Leben zu erwecken. Ich mag auch die ganzen Mitarbeiter von ihm, die sich im Verlauf ständig entwickeln. Wenn jemand mal das Team verlässt und später zurück kommt, merkt man erst wie sehr sie sich verändert haben.
                                              Die Show hat echt nochmal viel mehr Spaß gemacht als ich am Anfang angenommen habe. Am Ende der 8ten Staffel war man dann schon schwermütig, auf Wiedersehen zu all den tollen Charakteren und Geschichten zu sagen.

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                                                I’m Thinking of Ending Things ist kein Film für jeden. Wenn man die Drehbücher und Filme von Charlie Kaufman nicht kennt, wird man erst einmal richtig überwältigt. Aber glaubt mir, es lohnt sich dabei zu bleiben. Grob geht es um eine junge Frau, die mit ihrem neuen Freund seine Eltern in der Pampa besuchen möchte. Das alles nicht so ist, wie es scheint, wird sehr schnell klar und ich möchte hier meine eigene Interpretation zum Besten geben. Die Review enthält Spoiler!
                                                Mit einem Charlie Kaufman bekommt man immer etwas Interessantes vorgesetzt. Ich liebe die Filme von Charlie Kaufman. Seine Geschichten strotzen nur immer so vor Neurotik, Introspektion und Absurditäten. Mit wunderschönen Erörterungen über das Menschsein, die auf einer ganz eigenen Ebene erzählt werden. Auch filmisch brechen seine Werke immer mit der Norm und entführt einen in ganz andere Sphären. Das ist hier auch nicht anders, wenn nicht sogar noch verstrickter als sonst. Aber wenn man den Film den Raum und die Aufmerksamkeit bietet, der dieser verlangt, wird man reich entlohnt.
                                                Ich werde jetzt nicht alles nacherzählen. Aber ich finde es wichtig, die Dynamiken im Film zu erklären. Es beginnt mit dem Voiceover der Protagonistin. Ein interessanter Einstieg, bei dem man in ihren Blickwinkel eintaucht und Jake eher von außen betrachtet wird. Der als lieblicher Typ dasteht, der klar was auf dem Kasten hat, aber auch gezwängt wirkt. Das wird auch toll dargestellt, wenn er ständig ihre Gedankengänge unterbricht. Aber auch als Zuschauer nimmt eine spezielle Perspektive ein. Wenn die Protagonistin direkt in die Kamera schaut, fühlt man sich schon fast ertappt. Eine fahrt die so undurchsichtig ist, das man nicht weiß wann sie enden wird, bis es plötzlich vorbei ist. Und sobald sie das Haus betreten, findet deutlich ein Perspektivwechsel statt. Ihre Gedanken verstummen und Jake wird aktiver. Im Haus warten sie überraschend lange auf die Eltern, bis sie abermals plötzlich erscheinen. Es wird über einen Hund geredet, er taucht für den Bruchteil einer Sekunde auf und verschwindet wieder. Mit dem Zimmerwechsel verändert sich wieder etwas. Die Eltern scheinen jünger zu sein, und auch unsere Protagonistin ist irgendwie anders. Die Dynamik am Tisch ist bizarr. Die Mutter schwankt zwischen komplett überzogenem Euphorismus und Niedergeschmettertheit. Und der Vater ist absolut oldschool und ohne jegliche Kompetenz was Kunst oder Abstraktion angeht. ”How can a picture of a field be sad without a sad person looking sad in the field?” Ein Umfeld, das sicherlich nicht leicht für Jake war. Es scheint, als ob mehrere Ebenen übereinander laufen. Am besten dargestellt mit den Kleinigkeiten, die sich von Szene zu Szene ändern. Ein anderes Kleid, eine andere Frisur, andere Schmuckstücke. Die Eltern altern und verjüngen sich auch gerne mal von Szene zu Szene. Und man kann auch nicht davon ausgehen, dass dieselbe Rolle ständig von demselben Schauspieler übernommen wird. Das gibt dem Film ein sehr fließendes Gefühl, bei dem man leider die meiste Zeit sehr verwirrt ist. Aber ich persönlich liebe sowas. Mit jeder Information oder jeder kleinen Veränderung kann man seine Theorie anpassen. Und das Schöne dabei ist, dass der Film so ambig ist, dass auch jede Interpretation valide ist. Es ist auch faszinierend, wie verzahnt alles miteinander ist. Während Musik im Elternhaus erklingt, sieht man mit einem Hausmeister perfekt gestylte Tänzer durch die Gänge schwingen. Oder die Schnulze (perfekt Kreditiert an Robert Zemeckis, der bei dem Spaß sofort dabei war), die nicht nur schnöde Unterhaltung ist, sondern auch die Narrative beeinflusst. Nicht nur wird das Meet Cute direkt übernommen, sondern die Schauspielerin aus dem Film übernimmt auch mal die Rolle unserer Protagonistin. Ein fließen der Grenzen von Erlebten und Internalisierten. Das durch die Diskussion über Kunst und deren Einfluss auf den Menschen ad absurdum geführt wird. Man steckt in einer Amalgamation aller Dinge, die sich ständig in ihrer Abstraktion wandeln. So wird aus Jakes Childhood Bedroom nicht nur ein physischer Ort, sondern ein Sammelsurium, der dieser widerspiegelt. Bei dem auch irgendwann klar wird, das unsere Protagonistin eine Projektionsfläche von vielen ist, die alle etwas ähnliches erlebt haben. Die jetzt gesammelt mit Jake das durchleben, was sie durchleben. So kommen gegen Ende all die verschiedenen Stränge zusammen. Bei der unsere Protagonistin ein rührendes Gespräch mit (ich vermute das zumindest) aktuellen Jake. Bei dem der aktuelle Jake eine Narrative erstellen möchte, wo er das Gruselige an ihm abstößt und am besten dasteht. Ausgedrückt im Tanz statt Worten. Von einem Laientheater mit herrlich überzogenen Make Up, bei dem Jake endlich das bekommt wonach er sich sehnt: Anerkennung. Der seine Lebensabschnitte nochmal kompakt zusammenfassen möchte. Bei dem der aktuelle Jake auf sein bisheriges Leben schaut, mit dem Versuch einer äußeren Perspektive, ein internes Aushandeln mit sich selbst. Nur für Zuneigung und Verständnis. Doch gerade aus der Sicht der Protagonistin wirkt er sehr distanziert. Als ob er seine eigenen Gefühle runterspielen oder ausschalten möchte. Eine bizarre und dennoch sehr nahbare Erfahrung, eines scheinbar verschwendetes Leben. Das hat mit den Gedanken des Filmtitels angefangen und endet mit einem Versuch..
                                                Handwerklich ist der Film eine Bombe. Eines, das einem als erstes auffällt, sind die Seitenverhältnisse des Bildes. Statt dem klassischen 1,85:1, oder dem Fernsehformat 16:9 wird hier ein mit einem 1,37:1 Verhältnis ein sehr beengendes Gefühl erzeugt. Das gibt dem Film ein besonderes Gefühl, das durch die ständigen kleinen Veränderungen noch vertieft wird. Auch der Einsatz der Kamera gibt dem Film etwas diffuses, traumhaftes, fast esoterisches. Das und die verschiedenen Ebenen und sich beeinflussenden Narrativen kommen wunderbar zusammen. Da hilft auch der kleine aber feine Ensemble Cast, welche die Absurdität mit Stolz getragen haben. All das, zusammen mit dem fantastischen Drehbuch, hat Charlie Kaufman abermals etwas ganz besonderes erschaffen. Ein Kunstwerk, in das man eintauchen muss. Das eine an sich kleine Geschichte mit sehr tiefgreifenden Mitteln erzählt. Wenn man Kaufmann kennt und mag, geht eh kein Weg an diesem Film vorbei.

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                                                • 10

                                                  Possession stand schon ewig auf meiner Liste, und ich bin sehr froh, dass ich dieses faszinierende Werk über Kontrolle, Verlust, soziale Rollen, Normen und abgefahrenen Body Horror endlich selbst erlebt habe. Ein Film, der mich wirklich berührt hat, mit einer Szene, die ich wahrscheinlich nie wieder aus meinem Kopf bekommen werde. Die Review enthält Spoiler!
                                                  Der Film beginnt recht ruhig und theatralisch, was auf den ersten Blick etwas befremdlich wirkt. Aber sobald er loslegt, gibt es kein Zurück mehr. Die Geschichte ist in ihren Grundzügen auch sehr einfach. Ein Mann gibt seinen Job für seine Familie auf, doch die Familie (allen voran die Frau) möchte nicht mehr. Ein ständiges hin und her zwischen Schuldzuweisungen, Scham, Wut und Wahnsinn. Ich habe auch das Gefühl das man im Film mehrere Versionen von Anna sieht. Die Frau Mark liebt, die besorgte Mutter, die Frau die sich von Mark nicht gehört fühlte und deswegen zu Heinrich flieh, und der Frau die von den sonderbaren Wesen/Parasit besessen ist. Man kann oft an ihrer Mimik und Körperhaltung erkennen wie sie zwischen diesen (ich nenne sie mal) Alter wechselt. Dabei ist aber nicht genau klar, ob es jetzt tatsächlicher Wahnsinn ist, oder einfach ein Ausbruch einer Person mit bipolarer Störung. Denn auch wenn es später noch Wild zu geht, könnte die Ansicht, die wir sehen, aus einer Überspitztes stammen. Der Kampf zwischen Selbstbestimmung, Ver- und Misstrauen. Dem Verlangen nicht allein zu sein. Das Verlangen nach Gerechtigkeit und dem was einem Zusteht. Oder ob es doch echt ist was dort von statten geht. Von einem Wahnsinn von außen gesteuert, mit ihr als Opfer und Wirt von etwas anderen. Nehmen wir als Beispiel die Szene in der sie Hackfleisch zubereitet und er verzweifelt mit ihr redet. Man spürt einen Konflikt in ihr, als ob sie falsch verkabelt ist. Und irgendwann kommt die Realisation, was das Wesen mit ihr macht, und sie möchte lieber sterben als so weiter zu leben. Davon, wie sich Mark anschließend mit demselben Messer in den Arm schneidet und sie zu ihm sagt: “It doesn’t hurt” und er darauf nur lethargisch mit “No” antwortet. Eine Taubheit die sich durch ihr ganzes Sein zieht und nun auch auf ihn übergeht. Von den Streits, die immer wieder plötzlich ausbrechen und teilweise ungeahnte Grenzen überschreiten. Der Film bleibt auch undurchsichtig, was eigentlich los ist. Was möchte Mark erreichen? Was möchte Anna erreichen? Welche Rolle spielt Bob dabei? Er fühlt sich zumeist an wie eine Schachfigur, um die gekämpft wird. Es gibt sehr zärtliche Szenen wie Bob mit der Marmelade. Aber im Verlauf des Filmes verliert seine Existenz im Großen und Ganzen seine Bedeutung. Hier kann man auch auf die “Grün Augen” zu sprechen kommen. Dass die Kindergärtnerin genauso aussieht wie Anna, kann man in einem so subjektiv betrachteten Film hinnehmen. Es ist sonderbar, aber vieles an dem Film ist sonderbar. Dass es dann in den letzten Szenen noch so eine Bedeutung bekommt, war überraschend. Ähnlich wie Anna schien sie auch ferngesteuert zu sein. Eine verschönerte und perfekte Version von dem, was Anna eigentlich sein sollte: ein Engel. Ein Erörtern einer Traumvision und die Umstände herum. Die dann auch die ständigen Tauchübungen und Sirenenklänge von Bob im letztendlichen Kontext setzt. Etwas Fatalistisches, das man auf keine Weise verhindern hätte können. Das dann vor ihren Augen entschleiert wird und ihr oder uns allen eine Horrorvision schenkt. Auch der Konflikt mit Heinrich ist faszinierend. Mark ist verständlicherweise wütend auf ihn, aber er hat auch eine so sonderbar offene Art, die entwaffnend wirkt. Ein Herz, das außerhalb der Brust getragen wird und ihm eine solche Stärke bietet, die Anna scheinbar anziehend fand. Ein Typ, der ihn in vielem übertrumpft. Und dessen er sich nur durch seine Cleverness und Fähigkeiten aus seinem Berufsleben entledigen kann. Eine Cleverness, die auch in seinem “Grün Auge” hängt und dessen Ende er dementsprechend entgegen rennt.
                                                  Der Film hätte auch ohne den Body Horror funktionieren können, erschafft aber damit eine ganz neue Ebene. Als Ort zwischen Heimat und Dort (Heinrich), der außerhalb des Konfliktes liegt, aber doch genau im Zentrum steht. Mit einem sonderbaren Wesen im Bett und einer Kreatur im Dunkeln, die Normalsterbliche erblinden lässt. Wesen, die nicht direkt eingreifen, aber durch ihre Proxy in Anna, doch deutlich unter die Haut gehen. Monster mit großen Klauen sind Geschichten für Kinder. Dieses geht tiefer als jede Wunde und greift Anna direkt am Kern ihres Seins an. Man braucht keine Waffen und man kann sich nicht davor retten. Ich persönlich finde nichts verstörendes als plötzliche Wesensveränderungen. Mein Großvater litt an Alzheimer und ich konnte einfach nicht verstehen, wie aus dem sanften Riesen ein so wütender und plötzlich paranoider Mensch werden konnte. Denn wenn man sich selbst nicht mehr hat, ist man verloren. Und das passiert mit Anna. Genau das ist der Konflikt, der sich durch die verschiedenen Alter zeigt und in ihrem Verhalten widergespiegelt wird. Von der Grausamkeit zu der Anna scheinbar fähig ist, welche durch ein verstörendes Homemovie eines Ballett Trainings auf die Spitze getrieben wird. Sie blickt immer wieder in die Kamera, während die Position derselben sich ständig wechselt. Sie blickt und quält ein junges Mädchen, weit über jegliche Grenze hinaus. Aber selbst das hat mich nicht für die große Szene des Filmes vorbereitet. Von einem Besuch in einer Kirche, in dem sie das Schwesterchen Glaube empfängt. Zu dem stolpern und schwanken durch die Tunnel. Die sich immer weiter auflädt, bis zu einer schier nie endenden Tour de Force. Eine brutale Kakophonie aus Schreien und dem immer weiter verkrampften Verzweiflung, die sich durch Annas Körper wölbt. Man möchte am liebsten wegschauen, aber das geht nicht. Durch die Länge der Szene gräbt es sich immer tiefer ein. Ich hatte beim Anschauen tatsächlich Angst, dass die Nachbarn bei uns klingeln und fragen, ob alles in Ordnung ist. Es trifft auch den Kern von etwas Wahren. Ich habe schon Leute in der U-Bahn gesehen, die ähnlich manisch gelacht haben wie sie am Anfang. Das soll nicht heißen, dass diese Leute schlecht oder gar gefährlich sind, aber dass es ihnen wahrlich schlecht geht. Die Szene ist so lang und grausam, dass man dem Gehirn genügend Raum und Zeit gibt, alle möglichen Bilder und Assoziationen aufzurufen. Es fühlt sich wie Nietzsches Abgrund an, der einen entwaffnet und direkt konfrontiert.
                                                  Etwas, das mir persönlich noch sehr gut gefallen hat, war tatsächlich Berlin. Ich lebe jetzt schon seit einigen Jahren hier und ich habe auch einiges wiedererkannt, obwohl der Film über 40 Jahre alt ist. Es bietet auch die perfekte Grundlage für diesen zwiespältigen Tiefgang. Der Film ist auch handwerklich absolut herausragend. Nehmen wir nur mal die Szene, als er seinen Job an den Nagel hängt. Man befindet sich in einem Raum und sieht Mark einer Reihe sonderbarer Gestalten gegenüber sitzen. Während des Gesprächs bewegt sich die Kamera und zeigt einem, wie sonderbar der Raum gestaltet ist und wie viel Platz de facto verschwendet wird. Aber es bringt das Gefühl der Szene sehr gut rüber. Aber nicht nur das. Die Kamera unterstreicht ebenso die Dynamik im Gespräch. Wenn er sagt, dass er nicht mehr möchte, bewegt sich die Kamera immer weiter weg, und bei den Versuchen, ihn doch zu überzeugen, kommt sie wieder näher an das Geschehen, bis sie dann auch die Gestalten direkt zeigen. Sowas ist Wahnsinn und fällt vielleicht nicht jedem auf. Aber es gibt einem ein besonderes Gefühl, das man nicht mal rationalisieren muss. Und der Film steckt voll davon. Auch das Zimmer im kühlen Blau, als er feststellt, dass sie weg ist, spiegelt mehr wider als nur eine Standort. Wenn Mark und der Detektiv zusammen nervös auf ihren Stühlen hin und her wackeln, gibt es dem Charakter, seinen Intentionen und Ängsten ein eindrückliches und irgendwie absurdes Bild. Jede Szene baut geschickt aufeinander auf und bietet den Neuen dann den nötigen Untergrund.
                                                  Die Geschichte ist auch sehr spannend geschrieben und erzählt. Dafür das so vieles, so chaotisch und unzusammenhängend anfühlt, ist es doch sehr kohärent. Dabei scheut sich Andrzej auch nicht davor, die Welt in der Inszenierung auf den Kopf zu stellen. Man trifft sich an einem schön neutralen Ort um über die Zukunft zu sprechen. Das bedeutet meistens das es in der Öffentlichkeit ist und man sich dort gut unterhalten kann, ohne das viele Menschen zuhören. Hier sitzen sie in einem fast leeren Restaurant, an zwei Tischen, und schreien sich gegenseitig an. Die damit endet das Anna kreischend vor Mark flüchtet und er Stühle und Worte durch den Raum wirft, um am Ende von einem sehr bunten Gefolge von Kellnern und Köchen überwältigt zu werden. Es ist übertrieben, aber in seiner Inszenierung und vor allem im Sounddesign doch irgendwie realistisch. Die zuvor erwähnte Beziehung zwischen Mark und Heinrich gehört auch dazu. Dieser extrem exzentrischer Charakter, der sich teilweise durch die Szenen windet, aber dann doch eine klaffende Wunde zurück lässt, zumindest für seine Mutter. Der Film ist sonderbar und auch etwas abstoßend, aber genau das lässt ihn die antrainierten Sicherheitsmechanismen des Zuschauers ausschalten. Deswegen auch die eher Theatralische Art. Sie schafft eine Distanz zur Realität, welche dann aber brutalst mit sehr eindrücklich und verstörenden Bildern ausgehebelt wird. Ich musste auch immer wieder an David Lynch denken, der sicherlich auch von diesem Film beeinflusst wurde. Auch er schafft es in seiner Inszenierung, sich von realistischen und logischen Darstellungen abzugrenzen und mit seinen Bildern und Geschichten einen tieferen Kern zu treffen.
                                                  Possession ist ein Film, den man mal erlebt haben muss. Der es schafft, über das Medium hinaus zu transzendieren und einen auf tiefgründige Art und Weise zu berühren. Ein Film, der handwerklich und inszenatorisch eine absolute Wucht ist. Mit einer Darstellung von Wahn, wie ich ihn noch nie gesehen habe. Mit Sam Neill und allen voran Isabelle Adjani, die hier eine absolut phänomenale schauspielerische Leistung erbracht hat. Ein Film, der bei mir direkt ins Schwarze getroffen hat und ich auch guten Gewissens als Meisterwerk bezeichnen kann.

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                                                    Ich mag diesen Film. Ich habe ihn damals im Kino gesehen und war weggeblasen. Es war wirklich eine sehr besondere Kino-Erfahrung, an die ich mich gerne erinnere. Ganz so weggeblasen war ich diesmal nicht, aber Birdman (oder die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit) ist und bleibt ein faszinierender Kommentar über Kunst, Popularität, der Bloßstellung seiner selbst in einem faszinierend, inszenatorisch kreativen Gewand.
                                                    Ich bin auch ein Fan von Meta-Ebenen, die allesamt mit einer Art Traumlogik zusammengehalten werden. Birdman ist ein Film, der sich im magischen Realismus sehr wohl fühlt. Der Film spielt in unserer Welt, mit all den Beschränkungen und Freiheiten, die man aus dem Alltag kennt. Nur ein paar Elemente sind etwas anders. So sieht man unsere Protagonisten zuerst schwebend meditieren und wenn er mal entzürnt ist, wirft er auch gerne telekinetisch mit Dingen um sich. Ob das alles wirklich passiert, liegt dann im Auge des Betrachters (Checkt meinen Podcast ‘IADB’ aus). Als Zuschauer erlebt man viel aus Riggans Perspektive. Inklusive surrealen Stressfaktoren, die in rauer Stimme zu ihm redet. Er nimmt auch einen Schritt von der Kante und fliegt über der Stadt, nur um nach dem landen einen wütenden Taxifahrer zurückzulassen. Ich bin einfach ein Sucker, wenn es um unreliable Narrator geht, die mit ihrem subjektiven Empfinden die erzählte Geschichte beeinflussen. Das ganze wird auch auf die zuvor beschriebenen Ebenen aufgeteilt. Man hat zum einen das Stück an sich, was es für Riggans bedeutet, was es für Mike oder Tabatha bedeutet. Man hat die Umstände um das Stück, um das es hauptsächlich im Film geht. Von verletzten Laien- Schauspielern zum Meltdown auf und hinter der Bühne. Dazu gibt es die Ebene von Riggans Erbe. Er ist nämlich ein gefallener Star, der früher Millionen von Menschen mit seinem Kostüm in die Kinos getrieben hat. Wofür er heute noch am meisten erkannt wird, auch wenn einer der talentiertesten Theaterschauspieler daneben steht. Und dann natürlich noch den Kontext aus dem Zeitgeist, in dem der Film entstanden ist. Bei dem Marvel die Welt regiert hat und man scheinbar nur solche Dinge wertschätzen kann oder sich komplett gegen sie stellt, um “wahre” Kunst zu erschaffen. Riggans als Vorreiter für den gigantischen Erfolg, an dem er selbst nicht teilnehmen möchte oder kann. Davon, was wirklich wichtig ist! Erfolg? Kunst? Ab wann ist es Kunst? Wie viele Leute muss man mit dem Stück berühren, das es wertig wird? Würde es auch reichen, wenn er einfach eine Show macht oder muss es ein Serienerfolg werden? Und welcher Kulturkampf wird dort eigentlich betrieben? Muss es ein Erfolg werden, weil er all sein Geld dort hineingesteckt hat? Für sein Ego oder Erbe? Von der Kritikerin Tabatha, die aus Prinzip gegen das Stück ist, weil es für sie so viele Aspekte von denen, was heutzutage schiefläuft, in sich vereint. Und dann gibt es noch die Ebene des Filmes selbst. Warum er gemacht wurde, warum gerade so. Michael Keaton selbst hat gesagt, dass der Charakter von Riggan Thomas zwar von der Biographie sehr ähnlich ist, aber sie sonst nichts gemein haben. Ob das stimmt, liegt abermals im Auge des Betrachters (beim Podcatcher eurer Wahl). Mike Shiner ist auch einfach eine leichte Abwandlung von Edward Norton, mit all den Freuden und Macken, die diese mit sich bringen. Jemand, der seinen Job extrem ernst nimmt und wenn nötig alles in deren Dienste stellt. Der einem mit seiner Art sehr auf die Nerven gehen kann, aber leider auch recht hat. Dazwischen hat man noch den Kampf um jeden Dollar, damit die Show nicht eingemottet werden muss. Die Tochter von Riggans, die selbst gerade in einer Sinnkrise steckt.
                                                    Dabei verwebt der Film all diese Aspekte wunderbar miteinander und schafft mit seinen illustren Charakteren eine wirklich schöne und faszinierende Dynamik untereinander. Das liegt an der Riege fantastischer Schauspieler, die hier allesamt ihre Rollen großartig spielen. Mit einem cleveren und sehr gut durchdachten Drehbuch. Und eine großartige Lebendigkeit in seiner Inszenierung. Denn bis auf ein paar kleine Schnitte am Anfang und am Ende, besteht der Film aus einer zusammenhängenden Einstellung. Natürlich ist es nicht ganz so krass wie in “Mads” oder “Victoria”. Aber das Gefühl des One Shots wird sehr gut genutzt. Vor allem in der besonderen Zeitlichkeit der Dinge, welche zwar fließend zusammenkommen, aber innerhalb der Szene und der Geschichte nicht gebrochen werden. Da muss man auch die Direktion und den Schnitt loben, die aufgrund des rigorosen Planung ausgezeichnet aufgegangen ist. Und das Ganze wird auch noch von einem phänomenalen Soundtrack begleitet, der den wilden Herzschlag des Werkes widerspiegelt.
                                                    All das schafft eine wirklich tolle, filmische Erfahrung. Und wie ein gutes Kunstwerk, kann sich sicherlich jeder in irgendeiner der Facetten erkennen. Und wird dabei auch noch richtig gut unterhalten.

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