Erinnert ihr euch noch an die Zeit, als Dick & Doof im Kinderprogramm liefen? Als über gewisse Filme nur als Geheimtipps im Freundeskreis geflüstert wurde, und man vielleicht Jahre suchen musste, um endlich einen Film zu sehen? Womöglich noch als rauschige Videocassette der x-ten Generation? Oder als ihr in der Schule auch noch mit einem Film malträtiert wurdet, nachdem ihr schon die ganzen Wochen vorher das Buch nicht ausstehen konntet? Dann sind die 7 Fragen dieser Woche genau das Richtige für euch! Und wenn ihr ein Nachwuchsfilmfröschchen seid und das alles vor eurer Zeit war: Tjaahaa, so schwer hatten wir das damals! Ihr habt ja gar keine Ahnung, wie gut ihr es habt! :)
Diese Woche hat Ripley1 unseren Fragebogen beantwortet und ich hoffe, er inspiriert den ein oder anderen dazu, seine eigene Geschichte erzählen zu wollen. Wenn dem so ist, und ihr es vor Schreiblust kaum noch aushalten könnt, gebt mir, dem Kängufanten, einfach kurz Bescheid, und ich schicke euch umgehend den Fragebogen zu. Soviel zur Werbung in eigener Sache. Ran an den Speck, Ripley1, die Klasse gehört ganz dir!
Was ist deine erste Erinnerung an Film, Kino oder Fernsehen? Womit fing alles an?
Meine erste Erinnerung an eine Kinovorstellung fällt in die siebziger Jahre, in meine Grundschulzeit. Auf dem Dorf, in dem ich groß wurde, gab es kein Kino. Was es aber gab, waren mobile Kinovorstellungen in einer Gaststätte. Für Kinder wurde eigens ein Programm zusammengestellt aus Zeichentrick, alten Slapstick-Kurzfilmen oder Ausschnitten; und als Höhepunkt gab’s: Der Schatz im Silbersee, allerdings stark gekürzt auf die Action-Höhepunkte. Aus heutiger Sicht mag so ein Programm nicht sehr verlockend erscheinen. Aber wenn es nur zwei Fernsehprogramme gibt und keine Videorekorder, dann ist so eine Filmvorstellung schon ein Event. Wenn mich die Erinnerung nicht täuscht, dann war die Stimmung riesig. Am besten gefielen mir Dick und Doof.
Welcher Film, welche Serie hat dein Leben verändert? Was war danach nie wieder so wie vorher?
Ganz klar: Wild at Heart. Als der Film ins Kino kam, habe ich ihn im Laufe einiger Monate mehrfach gesehen, zusammen mit Freunden, allein, mit anderen Freunden, mit denselben Freunden nochmals… Und wir haben bestimmt ein Jahr lang über den Film diskutiert und die verschiedensten Deutungen versucht. Heute weiß ich nicht mehr, worüber wir im Einzelnen geredet haben, und mittlerweile habe ich ja auch alle Lynch-Filme gesehen und Einiges gelesen (Am besten gefällt mir das Buch von G. Seeßlen über David Lynch), so dass meine Erinnerungen überlagert sind. Aber eines war klar: Lynch war anders, Wild at Heart war schön und schrecklich zugleich, die Narration unzuverlässig, aber ein Erlebnis, das sich nicht so einfach in Worte fassen ließ.
Was ist das schönste, bzw. was ist das schlimmste Erlebnis, das du jemals in einem Kino hattest?
Noch mal Lynch: Wir schreiben das Jahr 1991. Es gab kein Internet und keine DVDs. Filme sah man im Kino, im Fernsehprogramm oder auf VHS. Ein Film, der nirgends erhältlich war, war Lynchs Erstling Eraserhead. Mittlerweile hatte ich viel über den Kultfilm gelesen und hätte einen Liebhaberpreis für eine Kopie gezahlt – die es aber nicht gab. Eines Tages ein Inserat in einem Münsteraner Stadtblatt: Ein privater Filmclub in Oberhausen zeigt Eraserhead. Also bin ich mit einem anderen Filmbekloppten aus meinem Freundeskreis losgefahren und habe diesen obskuren Filmclub ausfindig gemacht. Dann die Enttäuschung: Die Filmvorführung fiel aus, weil die Verantwortlichen doch keine Kopie herbeischaffen konnten. Das war hart. Schließlich musste ich noch bis zum Oktober ’93 warten, als dann der Film in einem Dortmunder Kino gezeigt wurde. Als Filmfan braucht man manchmal Ausdauer.
Herr Verteidiger, Sie haben das Wort: Welcher Film, welche Serie hat, deiner Meinung nach, eine viel zu schlechte Bewertung auf moviepilot?
Hitchcocks Der Fremde im Zug: Was ich zu diesem Film sagen kann, habe ich bereits in einem Kommentar auf moviepilot beschrieben. Warum dieser Film bei den Usern so schlecht wegkommt, muss an den veränderten Sehgewohnheiten jüngerer Zuschauer liegen: Vielleicht ist es sogar nur der Tatsache geschuldet, dass der Film in Schwarzweiß gedreht wurde. Die besondere Qualität der Schwarzweiß-Fotografie, die ja sehr viel artifizieller ist als die Farbfotografie, weil sie weiter von unserer alltäglichen Wahrnehmung entfernt ist, erschließt sich wohl nicht jedem ohne Weiteres.
Mit welchem Genre oder welcher Filmgattung kannst du überhaupt nichts anfangen?
Anime. Ich weiß auch nicht… Ob Prinzessin Mononoke, Chihiros Reise ins Zauberland oder Das wandelnde Schloss, ich habe mich wirklich bemüht und will diesen Filmen ihren künstlerischen Rang auch gar nicht absprechen. Aber ich selbst bleibe ratlos und kann die große Faszination an diesen wirren Geschichten nicht so ganz nachvollziehen.
Guilty Pleasure – welchen ‘schrecklichen’ Film findest du insgeheim toll? Beichte, Sünder! Und vielleicht kannst du uns überzeugen…
Hannibal: Okay, der Film ist inkohärent, manchmal unfreiwillig komisch und Julianne Moore ist nicht Jodie Foster. Aber hey: Die Schauspieler sind hervorragend (am besten gefiel mit – neben Anthony Hopkins natürlich – Giancarlo Giannini als ehrgeiziger Kommissar), und die Höhepunkte sind krass bis trashig. Meine Lieblingsszene ist, als Kommissar Pazzi von Lector erhängt wird: „Gedärme drinnen oder draußen?“…
Was ist die größte Sünde, die man beim Filmegucken begehen kann? Was bringt dich so richtig auf die Palme?
Filme im Schulunterricht: Es gibt nichts Schlimmeres. Schüler (und oft auch Lehrer) sind zwar immer bereit, sich einen Film anzusehen statt Unterricht zu machen; das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich um einen Missbrauch handelt.
Variante 1: Lehrers Favourites: Gerne wird zum Abschluss einer Unterrichtseinheit ein Film als Bonbon zugegeben, z.B. eine Literaturverfilmung (Faust in der Fassung von Gustaf Gründgens, oder Homo Faber). Auf eine eingehende Analyse wird dabei in der Regel verzichtet, stattdessen kommt man schnell zum Schluss, dass die Buchvorlage auf jeden Fall besser ist als der Film. Beliebt sind auch Filme mit geschichtlichem Hintergrund (Das Leben der Anderen, Schindlers Liste), die aber nur zur Veranschaulichung des sowieso schon hinreichend durchgekauten Stoffs dienen.
Variante 2: Der Lehrer als Cineast. Manche (wenige) Pädagogen fühlen sich berufen, ihren Schülern die Filmkunst näherzubringen, und zeigen Klassiker von Der dritte Mann bis 2001: Odyssee im Weltraum, manche lassen sich gar zu Ingmar Bergman oder Federico Fellini hinreißen, um ihren Zöglingen Gegenerfahrungen zum Hollywood-Kommerzkino zu ermöglichen. So ehrenwert das Ansinnen, so katastrophal oft das Ergebnis: Der Klassenraum ist nun mal kein Kino, ein Fernsehgerät keine Leinwand und der 45-Minuten-Takt ist auch nicht spielfilmfreundlich. Die Schüler sind gelangweilt, die Klasse unruhig, und die wenigen, die für eine neue Filmerfahrung empfänglich wären, werden übertönt von den Wortführern, die generell Filme ablehnen, die älter als drei Jahre sind und keine Special Effects beinhalten.
Variante 3: Die Notlösung. Es ist kurz vor den Ferien, die Zensuren stehen fest, und man muss die Zeit totschlagen. Zufällig hat irgendein Schüler irgendeinen Film im Rucksack, der dann in den DVD-Player geschoben wird. Der Film als Hintergrundgeräusch und –geflimmer, manchmal wird auch einfach abgebrochen, wenn die Stunde vorbei ist.
Fazit: Schule und Kino, das passt oft nicht so recht. Die wahren Bildungserlebnisse hat man oft gerade nicht in der Schule, aber manchmal, in gewissen Sternstunden, im Kino.