Ghost Rider mit Nicolas Cage: So schön bekloppt wird Marvel leider nie wieder

24.04.2020 - 15:30 UhrVor 4 Jahren aktualisiert
Ghost RiderSony Pictures
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Heute Abend zeigt RTL ZWEI beide Ghost Rider-Filme mit Nicolas Cage. Es folgt eine kleine Liebeserklärung und warum Marvel wieder mehr verrückte Filme mit Leuten wie Nicolas Cage machen sollte.

Welch wunderbare Gelegenheit, einmal reinen Tisch zu machen: Ghost Rider und Ghost Rider 2: Spirit of Vengeance laufen nacheinander im TV und Nicolas Cage darf als Geist der Rache abdrehen. Darum will ich hier eine Lanze für einen sicher nicht ganz absichtlich trashigen, aber unglaublich unterhaltsamen Marvel-Film brechen. Ein Marvel-Film, wie wir ihn so bald nicht mehr bekommen in der Welt von Disney und dem MCU.

Dabei brauchen wir gerade nach Avengers 4: Endgame wieder viel mehr Filme dieser Art.

Comicverfilmungen und vor allem die Marktführer in dem Bereich (also Disney und sein MCU) sind ein ernstzunehmendes Medium geworden, um erwachsene und emotionale Geschichten zu erzählen. Selbst die humorvolleren Varianten wie Guardians of the Galaxy kreisen am Ende um wichtige Fragen nach Identität oder Familie.

Ghost Rider: Marvel-Verfilmungen dürfen auch mal bescheuert sein

Aber es gab eine Zeit, zwischen dem finsteren Mittelalter von Daredevil und dem Start des MCU mit Iron Man, da erschien Ghost Rider (damals noch unter Sony). Der vielleicht irgendwo im Hinterkopf auch eine moralische Botschaft hatte, diese aber schwungvoll über Bord warf, um einfach nur eins zu sein: richtig schön bekloppt.

Das hier ist eine Story um einen Typen, der einen Pakt mit dem Teufel geschlossen hat. Ein Typ, der sich jetzt in ein brennendes Skelett in Nieten und Lederkluft auf einem Höllenbike verwandelt. Und dieser Typ kann Leute fertigmachen, indem er sie böse anguckt und alles mit hirnrissigen Onelinern kommentiert. Warum um alles in der Welt sollten wir ein schlechtes Gewissen haben, daraus sinnfreie Unterhaltung zu machen? Comicverfilmungen müssen sich nicht immer ernst nehmen. Manchmal dürfen sie auch einfach Spaß machen.

Ghost Rider

Ghost Rider funktioniert ein wenig wie Aquaman im DCEU. Doch wo DC nichts mehr zu verlieren hatte, muss Marvel inzwischen gewisse Ansprüche erfüllen. Ghost Rider ist kein Meisterwerk, und Milliarden einspielen könnte er nie. Er hätte keinen Platz im aktuellen Plan.

Doch wie schön wäre es, wenn in der genormten Disney-MCU-Welt neben dem einzigen Blödelkopf Taika Waititi noch Platz wäre für die schön-dummen Momente von Ghost Rider? Für Zeitlupen-Motorradsprünge über Helikopter? Für Nicolas Cage, der halbnackt vor dem Spiegel mit den Zähnen klappert und Geleebohnen trinkt? Für Eva Mendes, die ein Billiardkugel-Orakel befragt?

Hätte dieser wundervolle Trash genug Geld gehabt, seine großen Momente wirklich groß zu machen, wäre er vielleicht doch ein eigenwilliges Meisterwerk geworden.

Nicolas Cage als Ghost Rider: Risikocasting, wie es Marvel nicht mehr erlaubt

Das MCU wird häufig dafür gelobt, noch keine einzige Figur fehlbesetzt zu haben. Doch augenscheinliche Fehlbesetzungen bergen viel Potential für bizarre Unterhaltung. Das beweist Nicolas Cage hier immer wieder aufs Neue. Er verkörpert seinen Charakter nur so halb, den Rest der Zeit ist er eben Nicolas Cage. Er springt wild zwischen den Stimmungen hin und her, mal wie auf Valium, mal wie auf Speed oder Schlimmerem. Das ist fesselnder als jegliche Actionszene mit dem Motorrad.

Ghost Rider

Hier wurde niemand in eine Figur gepresst, sondern die Figur lose dem Darsteller übergeworfen. Das Ergebnis ist eine unheimliche Verschmelzung von abgefahrenen Comicmotiven und überdrehtem Schauspiel. Wann haben wir so etwas in einem Marvel-Film zuletzt zu sehen bekommen? Der einzige Charakter, der in den neueren Filmen so frei drehen durfte, war Jeff Goldblums Grandmaster in Thor 3. Und das auch nur, weil Jeff Goldblum vermutlich wirklich einem kosmischen Göttergeschlecht entsprungen ist.

Ohne den Druck eines ganzen Marvel-Kinouniversums entfaltet sich hier die Schönheit der abgefahrenen Persönlichkeiten:

  • Nicolas Cage zwischen Superman-Fantasie und Irrsinns-Schluckauf.
  • "Niemand versteht mich!"-Goth-Wes-Bentley.
  • Sam Elliott, der endlich ein ZAUBER-Cowboy sein darf.
  • Und eine Eva Mendes, die keine Ahnung hat, was abgeht, aber irgendwie trotzdem froh ist, da zu sein.

Momente ohne Selbstreferenz: Ghost Rider braucht kein MCU

Die epischen Höhepunkte (zwei brennende Ghost Rider in der Prärie sind einfach episch) dieses Films stehen für sich. Auf sie arbeitet dieser eine Film ganz allein hin, ohne mehrere Schwesterfilme im Gepäck. Keine Referenzen auf andere Helden, keine Infinity-Steine, keine kosmischen Himmelsportale oder asgardische Artefakte. Einfach nur ein Rider und ein launischer Höllenteenager.

Wes Bentleys Blackheart: Sooo düüüüster.

Das versteht jeder und es funktioniert vor allem dank Nicolas Cage, der sich völlig losgelöst in einer eigenen Bizarro-Welt bewegt. Da wird keine Enzyklopädie an Marvel-Wissen verlangt. Ghost Rider hat sich jedes Grinsen, das er seinem Zuschauer ins Gesicht zaubert, ganz fleißig selbst verdient. Wenn auch manchmal unabsichtlich. Das ist ebenso hirnlos wie erholsam. Und sollte Mut machen, mal wieder ein paar eigenständige Filme herauszubringen.

Übrigens schafft Ghost Rider durch seinen episch-trashigen Mischmasch etwas, was die disneyfizierten Marvelfilme nicht können: Er spricht gleichzeitig drei (wenn auch etwas spezifische) Zielgruppen an. Kids und Teens, die sich nicht zu sehr gruseln, haben ihre spaßige Comicbuch-Freude. Teenager mit "Keiner versteht meine dunkle Seite!"-Syndrom können alles vollkommen ernst nehmen und sich ausnahmsweise mal verstanden fühlen. Und die Älteren müssen nichts mehr ernst nehmen und können sich an den gelegentlichen Ausbrüchen epischer Schauwerten erfreuen.

Ach ja, und einen zweiten Teil gibt es auch. Idris Elba spielt mit. Und es wird noch irrer. Doch dazu sollte dann vielleicht ein Bierchen mehr geöffnet werden.

Die beiden Ghost Rider-Filme laufen heute Abend ab 20:15 Uhr auf RTL ZWEI, natürlich in chronologischer Reihenfolge.

Wie gefallen euch die Ghost Rider-Filme mit Nicolas Cage?

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