Unglaublich, aber wahr: Die berühmte Krankenhausserie Grey's Anatomy meldete sich gestern Nacht in den USA mit ihrer 21. Staffel zurück. Der "Serien-Ausstieg" von Hauptdarstellerin Meredith ist mittlerweile vergessen. Ellen Pompeo ist in 7 der 18 Episoden dabei und damit weiterhin fester Teil ihrer eigenen Serie.
Frischen Wind soll das Karussell scheidender und zurückkehrender Figuren bringen – aber wer erinnert sich nach 17 Jahren Pause noch an eine fast vergessene Figur? Am Ende entpuppt sich eine andere Wendung als interessantester Grund fürs Dranbleiben.
Grey's Anatomy Staffel 21 holt Serienfigur nach 17 Jahren zurück und macht Heldin zum Bösewicht
Die 20. Staffel Grey's Anatomy wurde im Zuge des Hollywood-Streiks auf zehn Folgen gekürzt und drohte im Staffelfinale alles niederzubrennen. Die Massenentlassung der gesamten Belegschaft bleibt zum Start von Staffel 21 zwar aus, aber Lücken bleiben trotzdem bestehen, wenn Catherine Fox (Debbie Allen) die kostengünstigen Assistenzärzt:innen behält, dafür aber an der Kündigung gestandener Mediziner:innen wie Dr. Altman, Dr. Hunt, Dr. Shepherd und Dr. Bailey festhält. Catherine mag das Grey Sloan Hospital einst heldenhaft revolutioniert haben, aber jetzt macht die Serie sie zur Schurkin, der Geldersparnisse und Rechthaberei wichtiger sind als Menschen.
Zumindest Dr. Miranda Bailey (was wäre Grey's Anatomy ohne die Konstanz von Chandra Wilson?) lässt sich aber nicht einfach so vertreiben. Dank eines Schlupflochs arbeitet sie weiter ihrer Klinik im Krankenhaus, darf aber nicht länger operieren oder den Nachwuchs anleiten. Deshalb kommt für die jungen Assistenzärzt:innen, die mittlerweile seit Staffel 19 die Besetzung aufmischen, eine neue Führungskraft ins Spiel. So neu ist Dr. Sydney Heron (Kali Rocha) allerdings gar nicht, denn die war in Staffel 2 bis 4 schon in acht Folgen Teil der Serie dabei. 17 Jahre später ist sie zurück, um als Gegenentwurf zu Bailey die irritierten Auszubildenden mit Kichern, Umarmungen und Inkompetenz an die Hand zu nehmen.
Und Dr. Heron ist nicht die einzige Rückkehrerin in Staffel 21: Jackson Avery (Jesse Williams), der sich nach Staffel 19 aus der Serie verabschiedete, schaut für einen Gastauftritt vorbei, um Meredith im Namen seiner Mutter Catherine Feuer untern Hintern zu machen. Außerdem kehrt Ben Warren (Jason George) nach dem Ende des Grey's Anatomy-Spin-offs Seattle Firefighters endgültig ins Krankenhaus zurück. Denn was bedeuten schon wankelmütige Karriereentscheidungen (Arzt, Feuerwehrmann, jetzt wieder Arzt), wenn man dadurch am altbekannten Personal festhalten kann?
Grey's Anatomy nimmt die eigenen Eskapaden in Staffel 21 mit Humor
Wenn klimaschützende Bungee-Jumper in Auto-Windschutzscheiben eingeliefert werden und eine Patientin abhandenkommt, weil sie sich in der Zimmerdecke des Krankenhauses verläuft, ist eigentlich alles beim Alten in Staffel 21. Oder wie Dr. Heron es ausdrückt: "Das ist hier noch nie zuvor passiert – was seltsam ist, weil hier ständig seltsame Dinge passieren." Zumindest beweist Grey's Anatomy zum Auftakt Humor zu seinen gewohnt abgedrehten Unfällen und Figurenentwicklungen, die Langeweile mit Absurditäten bekämpfen.
Und ansonsten? Jo (Camilla Luddington) sagt Link (Chris Carmack) endlich, dass sie schwanger ist, während der anderen nützliche Ratschläge mit Harry-Potter-Quidditch-Metaphern erteilt. Kwan (Harry Shum Jr.) trifft auf seine Ex-Verlobte, die ihn nach einem Gedächtnisverlust vor Jahren vergessen hat. Richard Webber (James Pickens Jr.) zweifelt im Alter an seinen Fähigkeiten, wird aber von Dr. Ndugu (Anthony Hill) nicht zur Bloßstellung in eine OP gezwungen, sondern weil der nur Tipps von ihm will.
Vom angekündigten Ausstieg von Schmitt (Jake Borelli) und Yasuda (Midori Francis) in Staffel 21 ist noch nichts zu spüren, wenn er eine seiner besten Freundin Jo noch Beziehungsratschläge erteilt und die andere zum wiederholten Mal mit Jules (Adelaide Kane) rumknutscht.
Staffel 21 von Grey's Anatomy startet mit einer Erpressung, die auch uns zum Dranbleiben verführt
Die schockierende Trailer-Ohrfeige von Bailey gegen Catherine entpuppt sich in Folge 1 lediglich als Traumsequenz. So weit, handgreiflich zu werden, will Grey's Anatomy dann wohl doch nicht gehen, wenn Miranda sich kampfbereit macht. Der wahre und bislang interessanteste Kampf von Staffel 21 findet allerdings teil hinter den Kulissen statt: Als die frischgekrönte Bösewichtin Catherine Fox vor Meredith zusammenbricht, wird klar, dass ihr aggressiver Krebs zurück ist und sie ihrem Mann Richard und ihrem Sohn Jackson nichts davon gesagt hat.
Catherine erpresst Meredith daraufhin, niemandem etwas von ihrer verschlechterten Gesundheit zu erzählen, weil sie sonst alle endgültig feuert. Doch die Erpressung fließt offenbar nicht nur in eine Richtung: Am Ende verkündet Meredith, dass alle ihre Jobs zurückhaben, auch wenn ihre kontroverse Alzheimer-Forschung jetzt in eine "andere Richtung" gehen wird. Hat die sonst so unbeugsame Grey's Anatomys Hauptfigur damit ihre eigenen Werte verraten? Und hat sie umgekehrt die Berufe ihrer Kolleg:innen mit ihrem Schweigen zu Catherines Krankheit erkauft?
Hier begibt sich Grey's Anatomy zum Start von Staffel 21 in eine interessante moralische Grauzone. Denn an der Oberfläche liefert die Serie mit ihren gewohnten Eskapaden und Liebeleien wohl genau das, was die meisten Fans nach fast 20 Jahren Serienlaufzeit immer noch sehen wollen. Darunter aber schlummert plötzlich das Potenzial für eine neue Ära: ein vielversprechender Pakt mit dem Teufel. Wer könnte da nicht weiterschauen wollen?
In Deutschland hat Grey's Anatomys 21. Staffel noch keinen Starttermin bei Disney+, Joyn und ProSieben. Wir erwarten die Rückkehr mit gewohntem Abstand zur US-Ausstrahlung, also im Frühjahr 2025.